Table Of ContentRudolf Lauber
ProzeBautomatisierung I
Aufbau und Programmierung
von ProzeBrechensystemen
Springer-Verlag
Berlin Heidelberg New York 1976
'--~---'
Dr.-Ing. RUDOLF LAUBER
Professor an der Universitiit Stuttgart
Direktor des Instituts fOr Regelungstechnik
und ProzeBautomatisierung
Mit 125 Abbildungen
ISBN-13: 978-3-540-07502-8 e-ISBN-13: 978-3-642-96302-5
001: 10.1007/978-3-642-96302-5
Library of Congress Cataloging in Publication Data
Lauber, Rudolf.
ProzeBautomatisierung (Hochschultext)
Bibliography: p.
Includes index.
CONTENTS: 1. Aufbau und Programmierung von ProzeBrechensystemen.
1. Process control - - Data processing. I. Title.
TSl56.8.L38 658.5'3'02854 76-1970
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berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zur Annahme, daB solche Namen
im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher
von jedermann benutzt werden dOrften.
Vorwort
ProzeBdatenverarbeitung, ProzeBinformatik, ProzeBautomatisierung - dies sind Be
griffe, die aus verschiedenem Blickwinkel ein neues Fachgebiet der Ingenieurwissen
schaften umschreiben. Es befaBt sich sowohl mit der Gerate- und Programmierungs
technick des ProzeBrechners als auch mit den Verfahren seines Einsatzes bei der Au
tomatisierung technischer Prozesse. In diesem Buch wird der ProzeBrechner unter dem
Blickwinkel des anwendenden Ingenieurs als Automatisierungs-Hilfsmittel gesehen. Da
her wurde bewuBt der Titel "ProzeBautomatisierung" gewahlt.
Mit dem Siegeszug des ProzeBrechners, der gegenwartig durch den Ubergang zu de
zentralen Strukturen mit Mikroprozessoren in ganz neue Anwendungsbereiche vorst6Bt,
hat die Erarbeitung einer methodischen Lehre des neuen Fachgebiets nicht Schritt ge
halten. In Ermangelung einer solchen Lehre sind die bisherigen "ProzeBrechner-Ex
perten" als Autodidakten anzusehen, die sich ihr "Know-How" teils durch das Studium
weitgehend produktabhangiger Ver6ffentlichungen (in F achzeitschriften und F achbii
chern), teils durch eigene Erfahrungen erworben haben.
Dieses Buch will hier einen Wandel schaffen. Es versteht sich als Lehrbuch mit
dem Ziel, ein solides Fundament an Grundwissen und gesicherten Methoden zu vermit
teln.
Der gesamte Stoff wird in zwei Banden dargeboten werden. Band I behandelt den Aufbau
und die Wirkungsweise des ProzeBrechensystems. Ein spater folgender Band II wird
den Verfahren beim Einsatz von ProzeBrechnern zur Uberwachung, Steuerung, Rege
lung, Optimierung und Sicherung technischer Prozesse gewidmet sein.
Die Einteilung, Auswahl und Darstellung des Stoffes wurde maBgeblich durch die Tat
sache bestimmt, daB sich das Buch an die Automatisierungs-Ingenieure (und nicht et
wa an Gerateentwickler oder Systemprogrammierer) wendet. Daher werden Kenntnisse
der Gerate- und Programmierungstechnik nur in dem Umfang vermittelt, wie sie fUr
IV Vorwort
eine sinnvolle Anwendung des ProzeBrechners erforderlich erscheinen. Manche Ver
einfachung oder verklirzende Darstellung erklart sich aus diesem Gesichtspunkt her-
aus.
Der hier vorgelegte B and I des Werkes gliedert sich in drei Teile, die jeweils vier Ka
pitel umfassen.
In Teil A "Einflihrung in die ProzeBautomatisierung" werden die verwendeten Begriffe
erlautert und die Strukturen und Funktionseinheiten von ProzeBrechensystemen ein
flihrend behandelt. AuBerdem wird in sehr knapper Form das Vorgehen beim Entwurf
von ProzeBautomatisierungssystemen betrachtet (eine ausflihrliche Darstellung dieses
Themas ist dem Band II vorbehalten) .
Der Teil B "Geratetechnischer Aufbau von ProzeBrechensystemen" bringt eine Ver
tiefung der in Teil A gelegten Grundlagen. Neben der Zentraleinheit wird hier vor al
lem auf die Strukturen von ProzeBperipheriesystemen und auf die Funktionseinheiten
zur Ein- und Ausgabe von ProzeBsignalen eingegangen. Auch den - flir den Anwender
besonders wichtigen - MaBnahmen gegen Storbeeinflussungen der ProzeBsignale ist ein
eigenes Kapitel gewidmet.
Der Teil C "Programmierung von ProzeBrechensystemen" stellt den - nach Meinung
des Verfassers erstmalig unternommenen - Versuch dar, die grundsatzlichen Metho
den der Echtzeit-Programmierung in systematischer und verstandlicher Form aufzu
zeigen und damit "lehrbar" zu machen. Dabei wird die Wirkungsweise von Echtzeit
Betriebssystemen nicht nur in allgemeinen, abstrakten Worten geschildert. Vielmehr
wird an Hand eines stark vereinfachten Anwendungsbeispiels ein "Mini-Betriebssy
stem" entwickelt und schrittweise erweitert. Der Verfasser glaubt, daB eine solche
exemplarische und trotzdem systematische Beschreibung bisher in der Literatur fehlt
und daB auf Grund dieser nachvollziehbaren Darstellung mancher "erfahrene" ProzeB
ner-Anwender, dem das Wort "Betriebssystem" als Schlagwort gelaufig liber die Lippen
geht, noch lernen kann, was ein solches Organisationsprogramm eigentlich ist.
Ein weiterer Schwerpunkt des Teils C ist das Kapitelliber Echtzeitprogrammierspra
chen. Hier wird insbesondere die Anwendung der ProzeBrechnersprache PEARL an
Hand eines konkreten Beispiels deutlich gemacht. Zusammen mit dem Anhang, in dem
die Grundzlige dieser neuen und zukunftsweisenden Sprache in kurzer (und gelegent
lich stark vereinfachter) Form erlautert sind, wird hier praktisch ein einflihrender
Kursus in den Gebrauch dieser Sprache geboten.
Als Grundlage des Werkes wurde das Manuskript einer zweisemestrigen Vorlesungs
reihe "ProzeBautomatisierung I und II" verwendet, die der Verfasser seit 1970 an der
v
Vorwort
Universitiit Stuttgart hiilt. Der Band I gibt in erweiterter Form den Stoff des ersten
Teils dieser Vorlesung wieder. Bei den Horern dieser Vorlesung wird die Teilnahme
an einer Vorlesung mit Seminar "Datenverarbeitung I" vorausgesetzt. Die gleiche
Voraussetzung - niimlich das Vorhandensein von Grundkenntnissen der Datenverar
beitung und der elektronischen Rechenanlagen - wird auch an die Leser dieses Buches
gestellt .
Ftir zahlreiche wertvolle Anregungen und insbesondere fUr die Ausarbeitung einer
ersten Version des "Mini-Betriebssystems" bin ich Herrn Dr .-Ing. B. Eichenauer
zu groBem Dank verpflichtet. Ohne seine intensive Mitarbeit ware der Teil C des Bu
ches wohl nicht in dieser Weise gelungen. Mein Dank gilt auch Herrn Prof. Dr .-Ing.
W. Kaiser fUr die Durchsicht des Abschnitts 6.4 tiber ProzeBperipheriesysteme mit
Datentibertragung. AuBerdem danke ich allen meinen Mitarbeitern, vor allem den
Herren Dipl.-Ing. H. Stocker, Dipl.-Ing. O. Neff, Dipl.-Ing. A. Ghassemi, Dipl.
Ing. W. Koch und Dipl. -Ing. W. Schweizer, die mich bei der Abfassung einzelner Ab
schnitte und bei der Durchrechnung der Beispiele untersti.itzt haben.
Auch dem Verlag danke ich fUr die bewiesene Geduld und die gute Ausftihrung des
Buches.
Stuttgart, im Oktober 1975 R. Lauber
Inhalt
Teil A: Einfiihrung in die ProzeBautomatisierung . • • • • • • • . . • • . • • • • • • • • • 1
1. Von der Steuerungs- und Regelungstechnik zur ProzeBautomatisierung • • • • • 1
1.1 Die ProzeBautomatisierung als Weiterfiihrung und Verallgemeinerung
der herkommlichen Steuerungs- und Regelungstechnik • • • • • . • . • • • • • 1
1.2 Grundtypen technischer Prozesse ••••••... 4
1. 3 Stufen des Einsatzes von ProzeBrechnern ••.. 7
1.4 Die Verkntipfung von Teilprozessen bei der ProzeBautomatisierung. • • .• 13
2. Struktureller Aufbau von ProzeBautomatisierungssystemen • • . • . • • • • • • .• 20
2.1 Dezentrale Struktur der Automatisierungssysteme bei der
Einzelgeratetechnik • • . • • . . • • . . . • • • • . • • • . . . • . • • • . • • . • • •. 20
2.2 ProzeBautomatisierungssysteme mit zentraler Informations-
verarbeitung • • . • • . • . • • . • • • . • • • . . . • • • . • • . . • . .•.• 21
2.3 ProzeBautomatisierungssysteme mit dezentraler Informations-
verarbeitung • • • . • . • • . • • • . • • • . • • • • • • • • . . . • • • • . . . • • . . .• 28
3. Die Bestandteile eines ProzeBautomatisierungssystems • • • . . • . • . . . . • •• 34
3.1 tibersicht tiber die Teilsysteme eines ProzeBautomatisierungssystems •• 34
3.2 Das ProzeBrechner-Geratesystem (Einrechnersystem) • • • . . • • • • . •• 35
3.3 Verbindungsglieder zwischen dem ProzeB und dem ProzeBrechensystem. 43
3.4 Das ProzeBrechner-Programmsystem. • • • . . • • • • . . . • • • • . . • • • .• 45
4. Entwurf von ProzeBautomatisierungssystemen • • • • • • . . . • • . • • • • • . • .• 50
4.1 Der "Lebenslauf" eines ProzeBautomatisierungssystems. • • • • . . • • . •• 50
4.2 Tatigkeiten und Ergebnisse der Entstehungsphasen. • . . • • • • 52
4.3 Beschreibungsebenen . • • . • • . • . • . . . . • • . • . . . . • • • • . 57
Teil B: Geratetechnischer Aufbau von ProzeBrechensystemen • • • . . • • • • • • •• 61
5. Die ProzeBrechner-Zentraleinheit .•••••. 61
5.1 Informationsdarstellung ••.•.••.••• 61
Inhalt VII
5.2 Funktionseinheiten der Zentraleinheit • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •• 65
5.3 Arbeitsweise der Zentraleinheit • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •• 72
5.4 Programm unterbrechung. • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •• 81
5.5 Arbeitsweise des E/A -Werks. • • • • • • • • • • • • • . • • • . . • • • • • • . • •• 87
5.6 Kennwerte von ProzeBrechner-Zentraleinheiten • • • • • • • • • • • • • • • •• 93
6. ProzeBperipheriesysteme • . • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • . • • • • • • • • •• 96
6.1 Informations-Anpassung • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • . • • • •• 96
6.2 ProzeBperipherie-Strukturen. • • • • • • • • • • • • • • • • . • . • • • • • • • • •. 99
6.3 ProzeBperipheriesysteme mit zentraler Struktur. • • • • • • • • • • • • • • •• 105
6.4 ProzeBperipheriesysteme mit dezentraler Struktur und Sammelleitung
(Bus) •••••••••••••••••••••••.•••••••••••••••••••••• 114
6.5 ProzeBperipheriesysteme mit Datentibertragung ••••••••••••••••• 120
7. Funktionseinheiten zur Ein- und Ausgabe von ProzeBsignalen • • • • • • • • • •• 128
7.1 Arten von Funktionseinheiten zur ProzeBsignal-Ein/A usgabe. • • • • • • •• 128
7.2 Digitaleingabe. • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •• 129
7.3 Digitalausgabe •••••••••••••••••••••••••••••••••••••••• 132
7.4 Analogeingabe •••••••••••••••••••••••••••••••••••••••• 133
7.5 Analogausgabe. • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •• 138
7.6 Impulseingabe und Zeitgeber • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •• 140
7.7 Impulsausgabe. • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • . • • • • • • •• 142
8. Storsichere Signaltibertragung zwischen ProzeB und ProzeBeinheit •••••••• 143
8. 1 Arten der Signaldarstellung • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •• 143
8.2 Entstehung von Storbeeinflussungen. • • • • • . • • • • • • • • • • • • • • • • • •• 145
8.3 MaBnahmen gegen Storbeeinflussungen. • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •• 150
8.4 MaBnahmen zur nachtraglichen Beseitigung von MeBwertverfalschungen • 155
Teil C: Programmierung von ProzeBrechensystemen • • • • • • • . • • • • • • • • • •• 157
9. Grundbegriffe der Echtzeit-Programmierung • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •• 157
9.1 Problemstellung •• • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • . • • • •• 157
9.2 Echtzeit-Programmierungsverfahren • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •• 160
9.3 Rechenprozesse (Tasks) • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •• 167
10. Echtzeit-Betriebssysteme. • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •• 173
10.1 Begriffsbestimmung • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •• 173
10.2 Organisationsaufgaben eines Echtzeit-Betriebssystems. • • • • • • • • • •• 175
10.3 Beispiel fUr die L6sung der Organisationsaufgaben
(" Mini-Betriebssystem" ) •••••..•••••••••••••.•••••••.•• 176
10.4 Erweiterung des exemplarischen Mini-Betriebssystems ••••••••••• 183
VIII Inhalt
10.5 Gliederung von ProzeBrechner-Betriebssystemen in anwendungs
bezogene Programmbausteine ..•..•................•.•. 191
10.6 Beschreibung von ProzeBrechner-Betriebssystemen durch ein
Schichtenmodell •...................•.•........•.... 196
11. Echtzeit-Pro
. . . . . .
.•.•..••••• 200
~----~--~--------~------~
11 . 1 Grundbegriffe .•.....•......• .• 200
11. 2 Hohere Programmiersprachen fUr ProzeBrechner .207
11.3 Die Verfahren-orientierte ProzeBrechner-Programmier-
sprache PEARL . . . . . . . . . . • . . . . . • . .... . . .•. 213
11.4 Beispiel fUr die Anwendung von PEARL ........... . •...• 216
12. ProzeBprogrammiersysteme ...•.. . ... 232
12.1 Problemstellung . . . . . . . ...... . . . 232
12.2 Verfahren-orientierte ProzeBprogrammiersysteme .233
12.3 Anwendungsspezifische ProzeBprogrammiersysteme . .234
12.4 Programmiersysteme mit Entwurfs-und Entwicklungsunter-
sttitzung . . . . . . . . . . • . . • . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241
Anhang: Grundztige der ProzeBrechner-Programmiersprache PEARL ..••... 244
A1. Aufbau eines PEARL-Programms ... . · 244
A2. Syntax des Systemteils ...... . · 245
A3. Datenelemente ..... . ••....••.•. .247
A4. Operatoren und Ausdrticke . · 249
A5. Anweisungen ....... . · 250
A6. Anweisungsgruppen .. . .252
A7. Anweisungen zur Vereinbarung und zur Steuerung von Tasks .255
Sachverzeichnis .........•.............................••. 260
TElL A: Einfuhrung in die ProzeBauto
matisierung
1. Von der Steuerungs- und Regelungstechnik
zur ProzeBautomatisierung
1.1 Die ProzeBautomatisierungals WeiterfOhrung und
Verallgemeinerung der herk6mmlichen Steuerungs- und
Regelungstechnik
Die technische Entwicklung ist durch das Bestreben gekennzeichnet, technische Vor
gange moglichst effektiv durchzufiihren. 1m Zuge dieser Entwicklung wurden immer
mehr selbsttatig arbeitende Einrichtungen zur MeBwerterfassung, Steuerung und Re
gelung eingesetzt. Dies fiihrte zur Entstehung der weitgehend selbstandigen Fachge
biete der MeBtechnik, Steuerungstechnik und Regelungstechnik.
Heute ist nun zu beobachten, wie diese Fachgebiete wieder zusammenwachsen und zu
Teilgebieten der ProzeBautomatisierung werden. Dieses neue Fachgebiet laBt sich be
ztiglich der betrachteten Vorgiinge, beztiglich der verwendeten Informationsverarbei
tungsgerate und beziiglich der behandelten Aufgaben als Weiterfiihrung und Verallge
meinerung der herkommlichen Steuerungs- und Regelungstechnik auffassen [1J •
Von Einzelvorgangen zu technischen Prozessen
In der Steuerungs- und Regelungstechnik gibt es den Begriff der "Strecke". Nach
DIN 19226 ist dies derjenige Teil des Wirkungsweges, welcher den aufgabengemaB
zu beeinflussenden Bereich einer Anlage darstellt. In dies em Sinne wird etwa in ei
ner Kraftwerksanlage der Drehstromgenerator als Regelstrecke aufgefaBt, dessen
Spannung zu regeln ist. Ebenso stellt in einem Gebaude jeder Raum eine eigene Re
gelstrecke dar, deren Temperatur und Luftfeuchtigkeit zu regeln sind.
Bei der ProzeBautomatisierung werden nun nicht mehr nur Teile von Wirkungswegen
einer technischen Anlage einzeln betrachtet. Vielmehr wird versucht, auch ihr Zu-
2 1. Von der Steuerungs- und Regelungstechnik zur ProzeBautomatisierung
sammenwirken mit in die Betrachtung einzubeziehen und die Gesamtheit aller Vor
gange so zu analysieren, zu organisieren und zu steuern, daB eine optimale Nutzung
der Produktions-, Stoff- und menschlichen Hilfsquellen ermoglicht wird [2J • Daher
spricht man nicht mehr von "Strecken", sondern von "Technischen Prozessen". Ein
technischer ProzeB ist definiert als Vorgang, der nach DIN 66203 durch Umformung
oder Transport von Materie, Energie oder Information charakterisiert ist und bei
dem sich durch geeignetes Einwirken auf EinfluBgroBen bestimmte ErgebnisgroBen
erzielen lassen (B ild 1.1.) •
St6reinfiusse
(nicht steuerbare Eingangsgr6flen)
Einfiuflgr6flen Technischer Prozen
(s teuer bare Ergebnisse
(Materie, Energie oder Information
Eingangsgroflen)
wird umgeformt oder transportiert)
Bild 1.1. Definition des Begriffes "Technischer ProzeB".
Der Begriff des technischen Prozesses tritt damit als Verallgemeinerung an die Stelle
des Begriffs der Strecke. Bei den oben erwahnten Beispielen stellt die Gesamtheit
aller Vorgange in einem Kraftwerk oder in einem Gebaude jeweils einen technischen
ProzeB dar.
Von der Einzelgeratetechnik zur ProzeBrechentechnik
Die herkommliche Steuerungs- und Regelungstechnik ist dadurch gekennzeichnet, daB
E j n z e I g era t e zur Informationsverarbeitung fUr E in z e I auf gab e n eingesetzt
werden. So dienen z.B . RegIer zur Konstanthaltung oder Sollwertnachfiihrung einzel
ner RegelgroBen. Steuerungen fiir Einzelablaufe - wie etwa die Steuerung der Phasen
rot-gelb-griin bei Signalampeln im StraBenverkehr - sind fest verdrahtete Einzelge
rate.
Bei dem zuletzt genannten Beispiel der Verkehrsampelsteuerung laBt sich sehr an
schaulich eine nachteilige Eigenschaft der Einzelgeratetechnik erkennen: Wenn in ei
ner Stadt mehrere StraBenkreuzungen mit Verkehrsampeln ausgeriistet werden, so
entsteht die Notwendigkeit, den VerkehrsfluB durch "Griine Wellen" in Gang zu halten,
d.h., die Einzelsteuerungen an den StraBenkreuzungen miissen durch eine iibergeord-