Table Of ContentEva Prader
Urs Andelfinger
Andrin Rüedi
Projekte
spielend zum
Erfolg führen
Orientierungshilfen (und Irritationen)
für erfahrene Projektverantwortliche
Projekte spielend zum Erfolg führen
Eva Prader · Urs Andelfinger · Andrin Rüedi
Projekte spielend zum Erfolg
führen
Orientierungshilfen (und Irritationen) für
erfahrene Projektverantwortliche
Eva Prader Urs Andelfinger
Worb, Bern, Schweiz FB Informatik, Hochschule Darmstadt
Darmstadt, Hessen, Deutschland
Andrin Rüedi
Einsiedeln, Schweiz
ISBN 978-3-658-26768-1 ISBN 978-3-658-26769-8 (eBook)
https://doi.org/10.1007/978-3-658-26769-8
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Geleitwort
Der Mythos von „Der Schönen und dem Biest“ ist unsterblich und weit verbreitet. In
der Geschichte ziehen sich zwei Gegensätze an, nachdem sie anfänglich gegeneinander
gekämpft haben. Ähnlich finden im Projektspiel das Zweckrationale und das Emotionale
zueinander und machen damit ein IT-Projekt erfolgreich. Intelligent und leichtfüßig las-
sen die Autoren viele weitere gegensätzliche Strategien wie z. B. „Win the princess“ und
„Beat the dragon“ vom „Entweder-oder“- in den „Sowohl-als-auch“-Modus schaukeln.
Um was geht es genau in diesem Buch? Warum ist der Einbezug der Emotionen für
den erfolgreichen Abschluss eines IT-Projekts so grundlegend wichtig? Meist läuft ein
IT-Vorhaben folgendermaßen: Auf den begeisterten Aufbruch folgt Ernüchterung mit
roten Köpfen, wobei sich die Akteure unerklärlich irrational verhalten. An diesem Punkt
tritt zutage, dass man zuvor nicht alle wichtigen Fragen durchdenken oder klären konnte.
Denn im Laufe der Projektreise tauchen immer wieder neue Aspekte auf. Und wenn die
Probleme plötzlich handfest brennen und die Konsequenzen des Projekts die bisherige
bequeme Routine allzu konkret stören, dann regt sich bei den Beteiligten Widerstand.
Dazu gesellt sich meines Erachtens, dass vor allem Verlustängste den Frust und den
Widerstand schüren – Emotionen, die unweigerlich auftreten müssen, wenn anfängliche
Begeisterung zu viel versprochen hat.
Der zweckrationale Teil des Buches kombiniert elegant verschiedene Methoden und
Praktiken. Damit das Prozedere wenigstens von der rationalen Seite her für möglichst
wenig Irritation sorgt, erarbeitet der Spielplan des Buches die Ziele und Absichten glas-
klar. Bis danach, wie schon erwähnt, die menschliche Seite für reichlich Sprengstoff
sorgt, sobald die Möglichkeiten und Konsequenzen der Veränderung zutage treten. Und
an diesem Punkt möchten die Autoren das Change Management, welches sich um die
menschlichen Probleme kümmert, nicht auslagern, sondern als wichtigen Teil in das Vor-
haben integrieren. Es entsteht dadurch eine Kultur für optimale Entscheidungen, denen
der Postenlauf im Buch eine lockere Spielwiese zur Verfügung stellt, welche die Akteure
auf den Ernstfall beim realen IT-Projekt vorbereitet. Erst in der Kombination von Ratio
und gebändigter Emotion entscheiden wir uns genügend optimal, sodass die zwischen-
menschlichen Probleme nicht bösartig werden.
V
VI Geleitwort
Womit fängt man menschliche Schwierigkeiten auf? Die Autoren geben darauf eine
eindeutige Antwort. Im Gespräch mit den Beteiligten sprechen sie die Emotionen an und
nehmen diese mit hinein in die Problemlösung: Es geht darum, „sich vielmehr mit dem
eigenen Widerstand auseinanderzusetzen, dass (jemand) eine eigene „innere“ Meinung
und möglichst positive Haltung dazu entwickelt. Für einen Dialog dieser Art muss man
verstehen. Dies wiederum bedingt, dass man sich der eigenen Perspektiven und Hand-
lungsstrategien bewusst ist. (…) Widerstände und Emotionen erhalten so eine andere
Dimension. Sie (…) werden von einer Störung zu Ressourcen, welche zum Projekterfolg
beitragen. (…) In Anlehnung an die Methoden der Ressourcenaktivierung auf der Grund-
lage der Hypnotherapie von Milton Erickson.“
Wenn es darum geht, Emotionen zu steuern und aus ihnen Ressourcen zu for-
men, setzen die Autoren in der konkreten Schrittfolge fast eins zu eins meine Hypno-
tische Gefühlsmeditation (HGM) um. Die HGM habe ich, ebenfalls auf der Grundlage
von Milton Ericksons Arbeit, als effektive und meinen Praxisalltag prägende Methode
der Psychotherapie konzipiert. Es ist für mich erstaunlich, wie leicht und elegant sie die
Prinzipien der HGM in den Kontext des IT-Vorhabens einfügen.
Durch die HGM werden sich meine Klienten ihrer emotionalen Beweggründe
bewusster. Damit können sie ihre emotionalen Reaktionen effektiver regulieren und ent-
wickeln ihre Persönlichkeit. In der Meditationsform gelingt dies durch Innehalten und
Fokussierung auf eine gewählte Emotion, bis sich eine konstruktive und kreative Ant-
wort im Innern regt, welche die Verarbeitung der Lebensgeschichte und Gestaltung des
Alltagsverhalten erleichtert. Milton Ericksons höchst komplexe Strategien breche ich in
der HGM hinunter auf ein wiederholendes doppeltes Konzentrieren auf eine Emotion
und ein dazu passendes Bild. Meine unkomplizierte HGM-Technik bündelt jedoch viele
psychologische Lösungsstrategien. Darum finde ich es besonders bewundernswert, wie
die Autoren im Kontext des IT-Projekts die Beteiligten im natürlichen Gespräch mit in
die „Meditation“ nehmen, ohne dass es sich nach kontemplativer Versenkung anhört. Die
Übersetzung der HGM in die zweckrational geprägte, professionellen IT-Branche, stellt
aus meiner Sicht ein Novum dar, welches sich lohnt noch weiter erforscht zu werden.
Mein Ziel und meine Neugierde war, mitzuerleben, wie sich meine Methode in ein ande-
res Gebiet adaptieren lassen. Die Ansätze, die ich nun in diesem Buch finden, geben eine
hoffnungsvolle Ahnung, wohin diese Reise führen könnte – so könnte die Verlinkung der
HGM mit ihren ericksonschen Grundsätzen und zweckrationalen Methoden dazu führen,
dass zweckrational professionelles Arbeiten und Menschliches nicht als Gegensatzpaar,
sondern durchaus als sich ergänzende Einheiten behandelt werden können.
Eine wichtige Rolle spielt in diesem Buch z. B. die Scham, die bei Misserfolgen oder
Bloßstellung auftritt. Im Gleichschritt mit dem bewussteren Umgang der Scham und
ihrer zeitlich gestaffelten Verarbeitung verwandeln sich bösartige in zahme Probleme fast
wie von selbst. Dann wird die nun leichte Scham als ein belebendes, angenehmes Krib-
beln verspürt, welches motiviert und das Erlebte noch mehr zum Abenteuer mutieren
lässt. In meinem medizinischen Rahmen kann ich dann natürlich noch weiter gehen und
Geleitwort VII
die darunterliegende Verletzlichkeit ansprechen, welche im mehr öffentlichen Prozess
eines IT-Projekts vielleicht weniger Platz finden sollte.
Mit der weitherum praktizierten Achtsamkeitsmeditation teilt die HGM den Aspekt
der aufmerksamen Gelassenheit. Doch die HGM verstärkt die gewünschten Effekte
noch, dank der zusätzlichen hypnotischen Umwandlungskraft und dem Fokussieren auf
eine der wichtigsten menschlichen Ressourcen überhaupt, nämlich den Emotionen. Mit-
hilfe dieser potenzierten Wirksamkeit erweist sich die HGM in meinem klinischen Alltag
als wunderbare Unterstützung auch in den untersten Tiefen der menschlichen Abgründe,
dort wo wir unter der Scham die furchtbarsten Versagensängste erleben, das Gefühl der
absoluten Unfähigkeit und der Selbstsabotage. Im Kontext des IT-Projekts kann man es
natürlich geruhsamer angehen. Ganz bestimmt eignen sich die HGM und ihre Adapta-
tionen, wie die Autoren diese konzipieren und umsetzen, hervorragend dazu, dass man
sich bei den Emotionen wirklich auskennt und sich mit ihnen wohlfühlt. Mit diesem Vor-
gehen gewinnen wir viel Gesundheit, Erfolg und Wohlbefinden.
Die Zähmung der Emotionen öffnet das Tor zum sogenannten Hemisphären-Modell,
welches die linke und rechte Hirnhälfte aufeinander abstimmt und zusammenarbeiten
lässt. Lassen Sie mich kurz ausholen. Laut dem Persönlichkeitsmodell von Julius Kuhl
ist die Zähmung der negativen Emotionen die Voraussetzung für diese Kooperation und
ermöglicht den wichtigen intuitiven Beitrag zu gelungenen Entscheidungen. Zusätzlich
unterstützen geeignete Metaphern den Weg zu ganzheitlichem Verständnis an vorderster
Front. Aus diesem intuitiven Modus entstehen sogar immer mehr kreative Metaphern,
welche bei künftigen Veränderungen wertvolle Dienste leisten. Denn Metaphern kom-
binieren die beschränkte rein subjektive oder objektive Sichtweise und überwinden sie.
Einzig subjektiv oder objektiv wahrnehmen verurteilt einen Menschen zu vielen blinden
Flecken. In der HGM leistet ein einfaches passendes Bild die nötige metaphorische Arbeit
zum Verständnis der Emotionen.
Nach Julius Kuhls Persönlichkeitsmodell denken wir dreidimensional, wenn wir im
intuitiven Selbst angekommen sind, dann, wenn der eigene persönliche Raum auch unter
Belastung aufgespannt bleibt. Die drei Dimensionen können z. B. aus der leeren und der
vollen Hälfte eines Glases bestehen. Die volle Hälfte entspricht der mehr euphorischen
linken Hirnhälfte, die leere Hälfte eher der etwas düsteren, aber kreativen rechten Hemi-
sphäre. Im Raum unseres Selbsts benfi den wir uns dann, wenn sich die beiden Hirnhälften
die Waage halten. Überreaktionen, zerstörerische Taten oder Worte bleiben dann aus.
Dann kann ich auch aus der Perspektive der dunklen Hälfte des Glases den hoffnungs-
vollen Silberstreifen am Horizont erkennen. Und in der Euphorie der linken Hälfte muss
ich mich dann nicht ins Schönfärben üfl chten, ich blicke auch den härteren Tatsachen
gelassen ins Auge, wenn ich den Zugang zur rechten Hemisphäre behalte.
Im Selbst halte ich Ungewissheit aus und nutze die entstehende Zeitlücke, bis ich
eine Antwort finde für neue Ideen. M. Gladwell erzählt in seinem Buch Blink! von
einem Kommandoposten in einem Dorf während des Vietnamkriegs. Es ertönt in der
Umgebung eine Explosion und der Kommandant ruft den Vorposten in der Nähe der
VIII Geleitwort
Explosion an, ob alles in Ordnung sei. Falls seine Leute dort etwas erkennen können,
sollen sie zurückfunken und informieren, oder auch dann, wenn neue Gefahren auf-
tauchen. Damit ist die Vorgehensweise geklärt. Ein nervöser Kommandant würde sofort
eine Auskunft verlangen, was passiert sei, und weil die Soldaten vor Ort es auch nicht
wissen, würden sie ihm eine Lüge auftischen. Um sich selbst zu rechtfertigen oder sich
dank Selbsttäuschung zu beruhigen, einem Thema, dem im Projektspiel ein eigenes
Kapitel gewidmet wird.
Sobald Selbsttäuschung als handlungsanweisende Akteurin ins Spiel tritt, kommt mir
Don Quijote in den Sinn. Don Quijote merkt nicht, dass er der Emotion des Misstrauens
aufsitzt, welche ihm angeblich die umfassende Wahrheit einflüstert. Übertrieben miss-
trauisch hält Don Quijote vergeblich die Windmühle für einen Riesen, und er wird von
ihren Flügeln brutal auf die Wiese zurückgeschleudert. Und die Behauptung hilft ihm
nichts, der feige Riese habe sich in eine Windmühle verwandelt, weil er den Kampf
gegen ihn scheue. Ein angemessenes, berechtigtes Misstrauen hingegen verleiht uns
gebührende Vorsicht vor den realen Gefahren, ohne dass die Gefahr zum einzigen, ein-
dimensionalen Aspekt mutiert, wir jedoch die Emotion nicht für die Wahrheit halten und
unsere eigenen Entscheidungen fällen sollen. Das ist Bewusstheit.
Die Autoren erwähnen Don Quijote als ein Beispiel, wenn sich jemand von der Frus-
tration nicht unterkriegen lässt. Auch hier hilft das Prinzip der goldigen Mitte bei den
Emotionen: Die Frustration soll weder so stark sein, dass sie mich völlig niederdrückt
und blockiert. Andererseits kann mich ein gänzliches Ignorieren meines Frusts auch über
existierende Probleme so stark hinwegtäuschen, dass ich auf die Nase falle.
Dieses Buch ist, wie bereits erwähnt, von Milton Erickson inspiriert. Dieser erläutert
sein Kooperationsmodell mit folgender Geschichte: Ein herrenloses Pferd rennt zum
Vorplatz der Scheune seines Vaters, als Erickson noch ein Bub ist. Niemand weiß, wohin
das Pferd gehört. Der kleine Milton schwingt sich aufs Ross und sagt hüh hott, treibt das
Pferd immer wieder an und hält es auf dem Weg, wenn es Gras fressen möchte. Irgend-
wann biegt es in einen Seitenweg ein und beim Bauernhof meint der Farmer, also sei
sein Pferd wieder zurückgekehrt. Woher Milton denn gewusst habe, wo das Pferd zu
Hause sei. Milton antwortet, er habe es nicht gewusst, aber das Pferd habe den Weg
gekannt. Milton habe nur dafür gesorgt, dass das Tier auf der Straße blieb. Ich finde,
diese ist eine nette erzählende Metapher für das geglückte Zusammenspiel im Hemi-
sphären-Modell.
Beim Thema IT-Projekt würde man nicht erwarten, dass ein solch hochpräzises Buch
mit einer Prise Poesie erscheint. Das Neue an seiner überzeugenden Botschaft lautet,
dass ein Projekt nicht nur effektiv und erfolgreich zum Abschluss kommen kann, son-
dern dass die Beteiligten an der Aufgabe wachsen und sie sogar begeistert sind. So
haben sich die im ersten Moment inkompatiblen Gegensätze Ratio und Emotion positiv
gewandelt – und sie finden zueinander – wie auch fortan die Schöne und das verwandelte
Biest als glückliches Königspaar lebt.
Dr. med. Christian Ziegler
Vorwort
Um eines vorweg zu nehmen: Dieses Buch ist widersprüchlich. Es geht um Metho-
den, aber Sie werden darin keine neue Methode finden. Es geht um das Menschliche in
Projekten, gleichzeitig wird auf messbare Ergebnisse fokussiert. Es beinhaltet Praxis-
tipps, Sie werden jedoch vergeblich nach eindeutigen Anweisungen im Sinne von „man
nehme…“ suchen. Es erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, aber lädt Sie ein über-
greifend zu denken.
Für das Projektspiel benötigen Sie Projekterfahrung und Methodenwissen. Ohne die
Erfahrung, dass Ihnen das eine oder andere nicht gelungen ist, wird Ihnen das Spiel aber
wenig Nutzen bringen. Sie werden einiges aufgrund Ihrer Praxiserfahrung (hoffentlich)
wiedererkennen, anderes mag Sie irritieren und zum Widerspruch anregen. Dazu erzäh-
len wir Geschichten und beginnen mit einem fiktiven Fallbeispiel, das stellvertretend für
Problemstellungen steht, die uns im Projektspiel interessieren.
In folgender kleiner Geschichte geht es um das Spital „Süd“. Genauso gut könnte es
sich um eine Versicherung, einen IT-Provider oder einen Industriebetrieb handeln. Die
Kernaufgabe des „Süd“ ist Patienten zu behandeln und diese – im Idealfall – gesund
nach Hause zu entlassen. Dazu benötigt es Ärzte, Sekretärinnen, Haustechniker, einen
Spitaldirektor, Köche und – und jetzt beginnt unsere Geschichte spannend zu werden
– eine IT-Abteilung. Diese betreibt die IT-Infrastrukturen, kümmert sich um die Fach-
applikationen und führt die IT-Projekte für die medizinischen und administrativen
Bereiche durch. Der langjährige Spitaldirektor vertrat die Ansicht, dass es sich bei IT um
ein notwendiges Übel handelt. Er sorgte mit einem moderaten IT-Budget und mäßiger
Euphorie dafür, dass sich die Digitalisierung im „Süd“ in Grenzen hielt. IT und Klinik-
personal passten sich an und folgten dem Prinzip „leben und leben lassen“. Die IT tat
nach bestem Wissen und Gewissen ihr Bestes und die Anwenderinnen und Anwender
arrangierten sich mit den IT-Mitteln, die man ihnen zur Verfügung stellte.
Mit dem Eintritt des neuen IT-affinen CEO kommt Bewegung in die Sache. Er lässt
sich vom Verwaltungsrat beauftragen, „Süd“ ins digitale Zeitalter zu führen und legt los.
Das IT-Projektportfolio wird zur Chefsache, das IT-Budget aufgestockt und die Klinik-
leiter werden nervös und stimmen ein mehrstimmiges, wenn auch dissonantes Wunsch-
konzert an. Im Lichte der neuen Digitalisierungsstrategie wirkt die IT plötzlich verstaubt
IX
X Vorwort
und erschreckend wenig agil. In der Aufbruchsstimmung und der gleichzeitigen Rat-
losigkeit, wie man an die Sache herangehen soll, gelangt man rasch zum Schluss, dass es
der IT an Kompetenz mangelt und das Business in die Bresche springen muss. Ein paar
lösungsorientierte Führungskräfte bringen Cloudcomputing ins Spiel und verbreiten die
Überzeugung, dass zusammen mit DevOps der Digitalisierung von „Süd“ nichts mehr im
Wege stünde.
Die Geschichte der „Süd“-Digitalisierung ließe sich auf vielerlei Art und mehr oder
weniger anekdotenhaft weitererzählen. Als dramatischer Höhepunkt würde sich das
Thema überhöhte Erwartungen und die unsanfte Landung auf dem Boden der Realität
eignen. Sei es, weil man merkt, dass das Nutzen von innovativer Technologie ein Weg
voller Schweiß und Tränen ist oder weil sich ein IT-Team nicht von heute auf morgen
in ein agiles, serviceorientiertes DevOps Team wandeln lässt. Nicht, weil die IT das
ablehnt, sondern, weil sie mit der Betreuung der Legacy Systeme bereits alle Hände voll
zu tun hat. Vielleicht erahnt der eine oder andere Klinikdirektor, dass Digitalisierung
weniger ein IT-Problem ist, sondern sehr viel mehr mit der Zusammenarbeit in und zwi-
schen den verschiedenen Fach-Teams zu tun hat.
Ganz sicher wird es in den Geschichten um Technologie und um Knacknüsse gehen,
die das Business lösen muss. Und ganz sicher werden die Geschichte von Menschen
handeln. Es wird Menschen geben, die von den Veränderungen betroffen sind, und
andere, die Entscheidungen treffen und agieren. Einige Projekte werden unerwartete
Wendungen nehmen, Konflikte entstehen und es werden unweigerlich Emotionen ins
Spiel kommen.
Darum geht es in unserem Buch: Uns beschäftigt die fachlich kompetente Durch-
führung von (Digitalisierungs-)Projekten und uns interessieren die beteiligten Menschen
mit ihren Interaktionen und Emotionen. Erlebnisse wie die „Süd“-Geschichte haben uns
auf die Idee des „Projektspiels“ gebracht.
Uns scheint nämlich, dass inmitten der oft epischen bis verbohrten Diskussionen über
die richtige Methode häufig Wesentliches vergessen geht, nämlich, wie man ein (Digita-
lisierungs)-Projekt von Anfang bis Ende führen kann ohne den roten Faden zu verlieren.
So trivial dies klingt, so schwierig ist dies in der Praxis. Aus diesem Grund haben wir
unserem Projektspiel zwei Richtungen gegeben.
Es geht es um eine Orientierungshilfe im Dschungel der IT-Methoden. Wir bieten
keine pfannenfertige Lösung und schon gar nicht noch eine neue Methode. Vielmehr
kombinieren wir Methoden, die wir als zweckmäßig erachten, zu einem durchgängigen
Staffellauf mit Posten, die wir in praktisch in allen unseren Projekten durchlaufen haben.
Mindestens ebenso sehr interessiert uns der Faktor Mensch. Uns stört, die oftmals klare
Trennung zwischen zweckrationalen Vorgehensmethoden und dem Change-Management,
das sich um die weichen Faktoren kümmern darf. Heute bestreitet zwar niemand mehr,
dass es menschliche und soziale Veränderungsprozesse zu beachten gilt. In der Projekt-
praxis nfi den die Workshops und Coachings, wo es ums Menschliche geht, aber meist los-
gelöst oder nur lose verbunden mit dem eigentlichen (Digitalisierungs)-Projekt statt – wo
die Post abgeht. Wir erachten diese Trennung als wenig zweckmäßig, sondern sehen beide