Table Of ContentUwe Raven
Professionelle Sozialisation und Moralentwicklung
Uwe Raven
Professionelle Sozialisation
und Moralentwicklung
Zum Berufsethos von Medizinern
~
Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Raven, Uwe:
Professionelle Sozialisation und Moralentwicklung:
zum Berufsethos von Medizinern / Uwe Raven. -
Zugl.: Freiburg (Schweiz), Univ., Diss., 1988
ISBN 978-3-8244-4007-8 ISBN 978-3-663-14566-0 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-14566-0
© Springer Fachmedien Wiesbaden 1989
Ursprünglich erschienen bei Deutscher Universitäts-Verlag GmbH, Wiesboden 1989
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ISBN 978-3-8244-4007-8
Vorwort
Die in der vorliegenden Arbeit angestrebte Ausdehnung von Konzepten
der Moralerziehung auf das Gebiet der professionellen Sozialisation von
Medizinern dient dem Versuch, aus einer medizinexternen Perspektive
Möglichkeiten zur Verbesserung ärztlicher Handlungsstandards aufzuzei
gen und zur Diskussion zu stellen.
Die Idee zu diesem Versuch kam mir -dem Erziehungswissenschaftler,
den es zufällig und notgedrungen in den medizinischen Ausbildungs- und
Wissenschaftsbetrieb verschlagen hatte - in Gesprächen mit jungen Assi
stenzärzten einer Zahn-, Mund- und Kieferklinik einer deutschen Univer
sität. Diese Gespräche entzündeten sich oft an Problemen des Klinikall
tags, an Fragen der medizinischen Praxis, des Umgangs mit mehr oder
weniger schwierigen Patienten oder an Reibungspunkten des kollegialen
Umgangs miteinander. Als nichtmedizinischer Kollege, der ja mit erzie
hungs- und sozialwissenschaftlicher -wenn nicht gar theurapeutischer -
Kompetenz ausgestattet war, wurde ich häuftg angesprochen, wenn im
Verlaufe fachbezogener Diskussionen deren normativer Kern freigelegt
wurde. Offensichtlich bereitete den Beteiligten der Umgang mit diesem
normativen Kern des professionellen Handeins Schwierigkeiten, und sie
schienen intuitiv zu erkennen, daß sie auf ihre sozialen Alltagskompeten
zen zurückgeworfen wurden.
Welche Kompetenzen aber waren es, die ihnen scheinbar (noch) fehlten?
War da etwa ein sozialisatorisches Deftzit unbemerkt im medizinischen
Ausbildungsgang virulent? Solche und ähnliche erste Fragen führten zu
einer systematischen Neugier, wie denn der Umgang mit normativen Pro
blemfeldern des zahnmedizinischen Berufsfeldes den Studenten nahege
bracht, kurz wie denn die moralische Sozialisation junger Professioneller
betrieben wurde und wird.
Die Folgen und Ergebnisse dieser systematischen Neugier fanden ihren
Niederschlag in den nachfolgenden Kapiteln. Bei der Entwicklung der
Idee zu dieser Arbeit und deren Realisierung war ich selbstverständlich
nicht allein. Den wichtigen Brückenschlag zur kognitiv-moralischen Sozia-
V
lisationstheorie bereiteten intensive Diskussionen mit Detlef Garz vor. Bei
der Konkretisierung des Untersuchungsdesigns gaben Fritz Oser und die
von ihm geleiteten Veranstaltungen am Pädagogischen Institut der Uni
versität Freiburg/Schweiz wesentliche Impulse. Die Durchführung der für
die Arbeit zentralen Interpretationen wäre ohne den Langmut von Stefan
Aufenanger und Detlef Garz nicht möglich gewesen. Dafür gebührt allen
Genannten mein herzlichster Dank. In diesen Kreis der Personen, denen
ich Dank für das Gelingen meiner Arbeit auszusprechen habe, ist vor
allem auch Margot Bräunig miteinzubeziehen. Ihre Ausdauer und Schaf
fenskraft waren mir immer wieder Vorbild. Last not least gilt mein Dank
auch den Zahnärztinnen und Zahnärzten, die ihre Zeit für meine Unter
suchung opferten.
VI
INHALT
1. Einleitung 1
KAPITEL 1: PROFESSIONSTHEORIE UND
PROFESSIONELLE SOZIALISATION
2. Vorbemerkungen: Zum moralischen Defizit im
Handeln und in der Ausbildung der Mediziner 7
3. Die "phylogenetische" Perspektive: Schwierigkeiten mit
dem "Idealtypus" des Professionellen oder die Suche
nach der Relevanz einer professionellen Moral 13
3.1. "Arbeit" -"Beruf" -"Profession" -"Deprofessionali-
sierung": Eine Entwicklungskette (1. Annäherung) 13
3.2 Der klassische Professionsbegriff am Beispiel der
"Profession of Medicine" (2. Annäherung) 19
3.3 Der "subjektnahe" Professionsbegriff (3. Annäherung) 23
3.3.1 Zusammenfassung und Bemerkungen zur restringierten
Rolle der Moral im bisher skizzierten Konzept der
"Professionalisierung" 28
3.4 Der "strukturtheoretische" Professionsbegriff
( 4. Annäherung) 32
3.4.1 Der Arzt als Paradigma des Ansatzes einer reformu-
lierten Professionstheorie 36
3.4.2 Das moralische Bias der OEVERMANNschen
Strukturlogik professionellen Handeins 41
3.5 Erweiternde Überlegungen zum "strukturtheoretischen"
Professionsbegriff 44
3.5.1 Resümierende Bemerkungen zur "phylogenetischen
Perspektive": Das analytisch bestätigte ethisch-
moralische Defizit des Mediziners 52
4. Die "ontogenetische" Perspektive: Professionelle
Sozialisation oder die Genese der mit professioneller
Moral ausgestatteten "Arzt-Person" 55
4.1 Der begrifflich-theoretische Bezugsrahmen professio-
neller Sozialisation 55
4.1.1 "Generative Grammatik" -"Kompetenz" -"Performanz" 55
VII
4.1.2 Der "Habitusbegriff' 59
4.2 Die Konstruktion des "professionellen Habitus" 61
4.2.1 Der zentrale Stellenwert der "sittlich-moralischen
Kompetenz" 62
EXKURS: Zum Verhältnis von ''Jedennann-Moral"
und ''professioneller Moral" 65
4.3 Die Vermittlung der "professionellen Sozialisation" 71
4.3.1 Der formale Rahmen "professioneller Sozialisation"
am Beispiel eines Studienplans für das Zahnarztstudium 71
4.3.2 Probleme der "Didaktik" professioneller Sozialisation 74
4.3.2.1 "Explizite" vs. "implizite" Didaktik 76
4.3.2.2 Eine "Ebene des sozial-moralischen Diskurses": Warum? 79
KAPITEL II: ETHISCH-MORALISCHE SOZIALISATION AUF
DER BASIS VON LAWRENCE KOHLBERGS THEORIE
DER MORALISCHEN EN'IWICKLUNG
s.
Vorbemerkungen 84
6. Zur Kennzeichnung "ethisch-moralischer" Sinngehalte
ärztlichen Handeins 86
7. Zur KOHLBERGsehen Theorie der moralischen
Entwicklung 88
7.1 "Was" ist der Gegenstand der Entwicklung?-
KOHLBERGs Begriff von Moral 88
7.2 "Wie" entwickelt sich Moral? -Die Entwicklungslogik
der Moral -Stufen der moralischen Interaktion 92
7.3 "Warum" entwickelt sich moralisches Bewußtsein?-
Zur Dynamik der Entwicklung" 100
7.4 Moralerziehung im Erwachsenenalter 105
8. Zur pädagogischen Umsetzung der Theorie der Moral-
entwicklung 107
9. Eine für die Konstitution "professioneller Moral"
bedeutsame Weiterung innerhalb des KOHLBERGsehen
Paradigmas • die strukturelle Einheit von
"Gerechtigkeit" und "Fürsorge" 112
VIII
KAPITEL 111: ZUR THEORIE UND PRAXIS EINER
INTERVENTIONSSTUDIE UND DEREN AUSWERTUNG
10. Vorbemerkungen 116
11. Sinn und Zweck der Interventionsstudie 117
12. Beschreibung der Interventionsstudie 119
12.1 Ausgangssituation 119
12.1.1 Amerikanische Studien zur Entwicklung der "profes
sionellen Moral" von Klinikern 121
12.2 Interventionskonzeption und Dilemmakonstruktion 126
12.3 Durchführung der Interventionsstudie 130
12.3.1 Auswahl der Probanden 130
12.3.2 Ablauf der Studie 131
13. Auswertung der Interventionsstudie 132
13.1 Pretest-Posttest-Auswertung der KOHLBERG
Dilemmata 134
13.2 Zur objektiv-hermeneutischen Interpretation von
vertexteten Treatmentsitzungen 135
EXKURS: "Objektive Henneneutik". Das Verfahren
der Interpretation und dessen methodologischer
Hintergrund 135
A Das Verfahren der Interpretation und die
Beschreibung der Interpretationspraxis 136
B Bemerkungen zum methodologischen Hintergrund
des Verfahrens der Interpretation 139
14. Ergebnisse der Interventionsstudie 156
14.1 Zur materialen Durchführung der objektiv-hermeneu
tischen Interpretation 156
14.1.1 Exemplarische Darstellung der sequenzanalytischen
Vorgehensweise: Die Arbeitsweise des objektiv-herme
neutischen Verfahrensam Beispiel der 1. Treat
mentsitzung 158
14.1.2 Ergebnisorientierte Darstellung: Analyse des
"professionellen Habitus" und der "professionellen
Moral" der Probanden A, B, C und D
(1. Treatmentsitzung) 183
14.1.2.1 Analyse des "professionellen Habitus":
IX
Probandin A (I) 183
14.1.2.2 Analyse der "professionellen Moral": Probandin A (I) 188
14.1.2.3 Analyse des "professionellen Habitus": Probandin B (I) 192
14.1.2.4 Analyse der "professionellen Moral": Probandin B (I) 194
14.1.2.5 Analyse des "professionellen Habitus": Proband C (I) 195
14.1.2.6 Analyse der "professionellen Moral": Proband C (I) 198
14.1.2.7 Analyse des "professionellen Habitus": Proband D (I) 200
14.1.2.8 Analyse der "professionellen Moral": Proband D (I) W7
14.1.2.9 Strukturhypothesen (I) von A, B, C und D nach
Ablauf der Interpretation des Textes der 1. Treat-
ment- Sitzung 211
14.1.3 Ergebnisorientierte Darstellung: Analyse des
"professionellen Habitus" und der "professionellen
Moral" der Probanden A, B, C und D
{10. Treatmentsitzung) 216
14.1.3.1 Analyse des "professionellen Habitus" und der
"professionellen Moral": Probandin A (X) 218
14.1.3.2 Analyse des "professionellen Habitus" und der
"professionellen Moral": Probandin B (X) 222
14.1.3.3 Analyse des "professionellen Habitus" und der
"professionellen Moral": Proband C (X) 226
14.1.3.4 Analyse des "professionellen Habitus" und der
"professionellen Moral": Proband D (X) 236
14.1.3.5 Strukturhypothesen (X) von A, B, C und D nach
Ablauf der Interpretation des Textes der
10. Treatmentsitzung 241
14.2 Vergleichende Überlegungen zur "strukturellen Differenz"
im "professionellen Habitus" und der "professionel-
len Moral" (1. Treatmentsitzung -10. Treatmentsitzung) 245
14.2.1 Vergleich Probandin A 245
14.2.2 Vergleich Probandin B 247
14.2.3 Vergleich Proband C 249
EXKURS: Hinweise auf zwei grundsätzliche Typen der
professionellen Arzt-Person 250
14.2.4 Vergleich Proband D 252
14.2.5 Darstellung der "strukturellen Differenz" im
sozial-moralischen Urteil der Probanden A, B, C und D 254
14.3 Effekte der Interventionsstudie 258
KAPITEL IV: KONSEQUENZEN FÜR DIE AUSBILDUNG VON
MEDIZINERN UND DIE MÖGLICHKEIT DER
EN'IWICKLUNG EINER "PROFESSIONELLEN MORAL"
15. Vorbemerkungen 272
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