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VI, 165 Seiten, 73 Abb. und
37 Tab.
Gebunden: DM 60,-
Satzherstellung: Typoservice,
Alsbach
Druck: Betz-Druck, Darmstadt
Pranatale Dopplerdiagnostik
H. Fendel, A. Funk, H. Jung
(Hrsg.)
Pranatale Dopplerdiagnostik
Dopplersonographie und Morphologie
der uterofetoplazentaren GefaBversorgung
bei Risikoschwangerschaften
SteinkopffVerlag Darmstadt
Anschrift der Herausgeber:
Prof. Dr. H. Fendel
Dr.A. Funk
Prof. Dr. H. lung
Frauenklinik der
Medizinischen FakuWit
der RWTH Aachen
PauwelstraBe 30
5100 Aachen
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Pranatale Dopplerdiagnostik : Dopp1ersonographie und
Morphologie der uterofetoplazentarcn Gefassversorgung bei
Risikoschwangerschaften / H. Fendel ... (Hrsg.). - Darmstadt:
Steinkopff, 1992
ISBN-13: 978-3-642-72487-9 e-ISBN-13: 978-3-642-72486-2
DOl: lO.l 007/978-3-642-72486-2
NE: Fendel, Heinrich [Hrsg.]
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Copyright © 1992 by Dr. Dietrich SteinkopffVerlag, GmbH & Co. KG, Darmstadt
Verlagsredaktion: Sabine Milller - Herstellung: Heinz J. Schafer
Softcover reprint of the hardcover 1st edition 1992
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Satzherstellung: Typoservice, A1sbach
Druck und Weiterverarbeitung: Betz-Druck, Darmstadt
Gedruckt auf saurefreiem Papier
Inhal tsverzeichnis
v
Vorwort. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1. Morphologische nnd tierexperimentelle Grundlagen der
Dopplersonographie
Morphologische und morphometrische Grundlagen der Gefli8versorgung
der menschlichen Plazenta
Kaufmann, P., G. Kosanke, R. Leiser, 1. Scheffen, G. Schweikhart . . . . . . 1
Dopplersonographie und Histomorphologie der uteroplazentaren Zirkulation
Voigt, H. J., V. Becker .................................. 13
Prospektiver Vergleich zwischen Nabelarterienflow und Plazentahistologie
HitschoId, T., P. BerIe, H. Munterfering . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
Pulsdopplersonographische und elektromagnetische Blutflu8messungen am
chronisch instrumentierten Schaffeten
Huneke, B., H. J. Schroder, M. H. Carstensen, H.-P. Leichtweiss ...... 27
2. Dopplerfreqnenzknrven im Schwangerschaftsverlanf nnd
klinische Wertigkeit der Methode
Anatomisch und physiologisch bedingte Anderungen der uterofeto
plazentaren Durchblutung
FendeI, H., A. Funk, 1. Scheffen, H. Jorn, A. Gans . . . . . . . . . . . . . . . . 39
Dopplerflu8untersuchung der uterinen Versorgung in der
Fruhschwangerschaft
Funk, A., H. Fendel, A. Fuhs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
Cw-Dopplersonographie in der Schwangerschaft - diagnostische Wertigkeit
und klinische Anwendung
Grab, D., W. Hutter, 1. Ehmann, T. Keirn, R. Terinde .............. 61
Klinische Wertigkeit der Doppler-Sonographie
Voigt, H. J. ......................................... 71
V
3. Dopplersonographie bei Risikoschwangerschaften
Vergleich hormoneller nnd dopplersonographischer Uberwachnngsmethoden
bei Risikoschwangerschaften
Steiner, H., H. Schaffer, A. Staudach, R. Lassmann ............... 77
Gibt es Beziehnngen zwischen uteroplazentarer bzw. fetaler Perfusion und
miitterlichen Infektionsparametem bei drohender Friihgeburt?
Faber, R., K.-E. Ruckhiiberle, R. Robel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
Klinische Wertigkeit dopplersonographischer Befunde bei Hochdruck
erkranknngen in der Schwangerschaft
Engelmann, B., K.-E. Ruckhiiberle, U. Pilz, R. Robel, R. Faber. . . . . . . 89
DopplerbluttluBmessung bei insulinpflichtigen Diabetikerinnen
Kainer, F., K. Peters, C. Homm ............................ 99
Dopplersonographisch ermittelte Blutstromung bei groBen Feten
Vetter, K., C. Mock, R. Huch, A. Huch ....................... 105
Doppler-Ultraschalluntersuchnngen bei Geminigraviditat mit nnd ohne
Wachstumsdiskrepanz
Jorn, H., H. Fendel, A. Funk, A. Gans ....................... 109
4. Enddiastolischer Null- und Negativtlow in Nabelschnurarterie
und fetaler Aorta
Vergleich des Fetal Outcome von Feten mit diastolischem Null-oder Negativ
flow d~r Nabelarterien mit Feten gleicher Gestationsdauer nnd unauffiilligem
Nabelarterient10w
Weiss, E., S. Ulrich, P. Berle .............................. 121
Diagnostische Wertigkeit des Kardiotokogramms bei dopplersonographisch
enddiastolischem Block in der Nabelarterie
Gonser, M., V. Djukic, H. Tinneberg, J. Dietl ..........•........ 131
Die Bedeutung des enddiastolischen FluBveriustes
Prompeler, H. J., H. Madjar, C. Wilhelm, W. Klosa, H. Schillinger 137
Zwei Faile von diastolischem RiickfluB bei schwerer, friiher IUGR
Medl, M., S. Leodolter, W. Marhold ......................... 147
5. Statistische Verarbeitungsmethoden
Statistisches Vedahren zur Klassitikation eines klinischen Kollektivs von
dopplersonographisch iiberwachten Schwangeren
w.,
Wosniok, C. S. Kurz, P. Harms .......................... 153
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
VI
Morphologische und morphometrische Grundlagen
der GefaBversorgung der menschlichen Plazenta
P. Kaufmann!, G. Kosanke\ R. Leiser2, 1. Scheffen3, G. Schweikhart*
1 Institut fur Anatomie, RWTH Aachen
2 Institut fur Veterinar-Anatomie, Justus-Liebig-Universitat GieBen
3 Frauenklinik, RWTH Aachen
Einleitung
Ober struktureIle und quantitative Aspekte der Vaskularisation der menschlichen
Plazenta liegen zahlreiche Publikationen vor. Ftir diesen Obersichtsbeitrag konnten
wir nur eine Reihe grundlegender Befunde zusammensteIlen. Wir haben sie durch
einige neue Berechnungen zur fetoplazentaren GefaBversorgung erganzt, die uns
von physiologischer und klinischer Relevanz zu sein scheinen.
Uteroplazentare Gefii8e
Die uteroplazentaren Arterien stammen aus zwei paarig angelegten parametranen
Arterienbogen, die beide Aa. uterinae mit den Aa. ovaricae verbinden. Von diesen
Bogen zweigt ein Netzwerk myometrialer Aste ab, die sogenannten Aa. arcuatae,
von denen schlieBlich ca. 100 Radialarterien abstammen. Letztere gehen nach Ab
gabe kleiner basaler endometrialer Arterien in Spiralarterien tiber (Abb. 1) (5).
1m FaIle einer Schwangerschaft machen die Spiralarterien bemerkenswerte Veran
derungen durch (6), die nahe dem intervillosen Raum am ausgepragtesten sind:
a) ihre muskuloelastische Media wird durch Trophoblastzellen und Fibrinoid ersetzt,
so daB ein starres Rohr resultiert;
b) ihr Endothel wird durch intra-arterielle TrophoblastzeIlen ersetzt, die gegen den
Blutstrom aus dem intervillosen Raum eingewandert sind; zum Teil bilden sie um
fangreiche Zytotrophoblast-Polster, die die Lichtung partiell verlegen;
c) ihre Lichtung zeigt am Obergang zum intervillosen Raum ausgepragte, trichterar
tige Dilatationen mit Lumenweiten bis zu 2 mm.
Diese sogenannten "physiologischen Veranderungen" (6) soIlen den maternalen
arteriellen Blutdruck beim Einstrom in den intervillosen Raum soweit senken, daB
der intervillose Blutdruck die mit nur geringem fetalen Druck perfundierten Zotten
nicht komprimiert.
Die Anordnung der uteroplazentaren Venen entspricht weitgehend der der Arte
rien (5). Auch ihre intradezidualen Abschnitte weisen den gleichen Ersatz der musku-
* Mein langjahriger Mitarbeiter und Freund Priv. Doz. Dr. med. Bertfried Schweikhart verstarb nach kur
zer schwerer Erkrankung nach Beendigung der Arbeit an diesem Manuskript. P.K.
1
Abb. 1. Darstellung der raumlichen Beziehungen zwischen Zottenbaum, Zottentypen und miitterli
chern Blutstrom. Das miitterliche Blut gelangt im Bereich der zentralen Kavitat (A) in den intervillo
sen Raum und verHiBt ihn nach Passage der Austauschzone (B) iiber die perilobulare Zone (C). Gro
Bere Stammzotten (Strichraster), unreife Intermediarzotten (Punktraster) und deren kleine mesen
chymale Seitenaste (ungerastert) sind in der reifen Plazenta vorwiegend urn die zentrale Kavitat zu
finden. Reife Intermediarzotten (schwarz) und ihre beerenartigen Endverzweigungen, dieTerminal
zotten (schwarz), bilden die Hauptmasse des dichten Zottengeflechtes der Austauschzone in der Pe
ripherie der Zottenbaume. Diese stellt durch die dichte Lagerung der Zotten gleichzeitig die Wider
stands~one flir die miitterliche Zirkulation dar. (Mod. 11. 3)
loelastischen Wande durch Fibrinoid und Tropoblastzellen auf. Allerdings dringt der
Zytotrophoblast nie in die venosen Lichtungen ein, noch verlegen Trophoblast
Pfropfe die Mtindungen.
Der intervillose Raum
Die menschliche Plazenta entspricht dem hamochorial-villosen Bautyp; d.h. nach
Verlassen der Spiralarterien zirkuliert das mtitterliche Blut frei durch den intervillo
sen Raum und umsptilt dabei direkt die Zottenoberflachen. Untersuchungen zur
Anatomie des intervillosen Raumes werden an geborenen Plazenten durchgeftihrt,
die schon nach der Geburt unkalkulierbar groBe Mengen maternalen Blutes verloren
haben. Deshalb wurde mehrfach das "normale" histologische Erscheinungsbild des
intervillosen Raumes als ein System enger Spalten beschrieben (12, 17). Becker (2)
deutete das gelegentliche Auftauchen von breiteren intervillosen Zwischenraumen in
konventionellem histologischen Material als Folge praparationsbedingter Schrump
fungo Boyd und Hamilton (6) widersprachen dieser Interpretation. Ausgehend von
Befunden von In-vivo-Radioangiographien folgerten sie, daB die schnelle Verteilung
des kontrastmittelmarkierten Blutes im intervillosen Raum mit einem Spaltensystem
2
kapilHirer Dimension nicht vereinbar sei. Wenn wir die liblichen Daten in der Litera
tur (3) flir das postpartale intervillose BIutvolumen (23,3 % bis 37,9 % des Plazenta
volumens von 390 bis 560 g) und flir die ZottenoberfHiche (11,0 m2 bis 13,3 m2) zu
grundelegen, ergibt die Berechnung des mittleren Abstandes zwischen zwei Zotten
(BIutvolumen / Y2 ZottenoberfHiche) Werte zwischen 16,4 [lm und 32 [lm. Dabei muB
die Zottenoberflache durch zwei dividiert werden, weil sie die intervillosen Spalt
raume - grob vereinfacht betrachtet - auf zwei gegenliberliegenden Seiten flankiert.
Man muB bei derartigen Berechnungen allerdings zwei weitere Gesichtspunkte be
rlicksichtigen. Einmal ist die Blutverteilung im intervillosen Raum nicht homogen:
Ein betrachtlicher sogenannter subchorialer Blutsee sowie weite blutgeflillte Zotten
zwischenraume in den arteriellen Einstromgebieten, den sogenannten Plazenton
zentren (siehe Abb. 1), machen das verbleibende "intervillose" Blutvolumen in der
Plazentonperipherie kleiner. Auf der anderen Seite geht wahrend der Geburt und der
Praparation ein erheblicher Anteil maternalen BIutes verloren, der in unseren obi
gen Berechnungen fehlte. Im wesentlichen kann man davon ausgehen, daB beide Ef
fekte sich etwa aufheben und daB die oben genannten Werte von 16 [lm bis 32 [lm der
Wahrheit nahe kommen.
Wigglesworth (26) sowie Schuhmann und Wehler (23) haben die 40 bis 60 Zotten
baume der reifen Plazenta als buschartige Gebilde mit lockerem Zentrum beschrie
ben. Die etwa 100 Mlindungen der maternalen Spiralarterien befinden sich nach die
sem Modell hauptsachlich in der Nahe der locker strukturierten Zentren der Zotten
baume. Die 50 bis 200 maternalen Venen sollen entlang der Peripherie der Zotten
baume den intervillosen Raum drainieren. Danach best~ht jede fetomaternale
Durchstromungseinheit aus einem Zottenbaum und dem korrespondierenden, zen
trifugal durchbluteten Anteil des intervillosen Raumes. Diese Durchstromungsein
heit wurde von Schuhmann und Wehler (23) als Plazenton bezeichnet. Die Plazenton
theorie wird heute liberwiegend akzeptiert, allerdings mit der Einschrankung, daB
die Mehrzahl der 40 bis 60 Plazentone unter In-vivo-Bedingungen - durch breite
Uberlappung der Zottenbaume - miteinander in Kontakt stehen und nur zum Teil die
typische Gliederung in locke res Zentrum und dichte Peripherie aufweisen. Zur Illu
stration dieser Verhaltnisse bietet sich ein Vergleich aus der Botanik an: Einzeln ste
hende Baume weisen eine typische Gliederung in groBkalibrige Aste mit groBen Zwi
schenraumen im Zentrum sowie kleinere, dichter stehende, reich beblatterte Aste
am Rande auf. Sind die Kronen der Baume unter Bildung einer Hecke miteinander
verzahnt, verschwindet diese charakteristische zonale Gliederung. Die Zentren typi
scher, nicht liberlappender Plazentone, wie man sie gehauft am Rand der Plazenta
findet, zeigen locker angeordnete Zotten, hauptsachlich unreife Intermediarzotten,
die einen sehr weiten intervillosen Raum frei lassen und damit einen widerstandsar
men arteriellen Einstrom sicherstellen. Diese von den unreifen Intermediarzotten
umgebene "zentrale Kavitat" (27) wurde von Schuhmann (22) als druckabhangige
In-vivo-Struktur interpretiert, die sehr bald nach der Geburt der Plazenta kollabiert.
Die Existenz solcher zentraler Kavitaten macht Sinn, da durch sie eine schnelle, ho
mogene und widerstandsarme Verteilung des BIutes im Zentrum der Zottenbaume
vor dem Ubergang in die umliegenden, dichter gepackten Zotten (Plazentonperiphe
rie, Widerstandszone) sichergestellt wird (18). Die Plazentonperipherie setzt sich aus
kleineren Zotten, vorwiegend reifen Intermediarzotten und Terminalzotten zusam
men, die dicht gepackt liegen und nur schmale intervillose Spaltraume aufweisen
(vgl. oben). Reduzierte Durchstromungsgeschwindigkeit und minimale Diffusions
strecken zwischen maternal em und fetalem Blut machen diese Region zu einer idea-
3
len Austauschzone. Peripher der Austauschzone folgt wiederum ein Bereich mit wei
teren Zottenzwischenraumen, der benachbarte Zottenbaume trennt und das miitter
liche Blut zu den venosen GefaBostien fuhrt (siehe Abb. 1). Moll (18) hat hierfiir den
Namen "perilobulare Zone" gepragt. Sie ist funktionell mit den Venolen anderer
GefaBbetten vergleichbar.
Die radioangiographischen Studien von Ramsey et al. (19) am Rhesusaffen und
von Borell et al. (4) an menschlichen Plazenten stehen mit dem Plazentonkonzept in
Einklang. Sie demonstrierten schnelle Fiillungen der Zottenbaumzentren, die als
"jets" oder "spurts" bezeichnet wurden. Jiingere physiologische Konzepte zur inter
villosen Zirkulation (18, 21) find en diese Begriffe nicht angemessen, weil die wirkli
che Fiillungsgeschwindigkeit nur wenige cmls betragt, was Begriffe wie "jet" und
"spurt" nicht rechtfertigt. Nach Passage der zentralen Kavitat wurde eine langsamere
zentrifugale Ausbreitung des Blutes in subchoriale und perilobulare Bereiche festge
stellt.
Wallenburg et al. (25) ligierten einzelne Spiralarterien von Rhesusaffen und er
zeugten dadurch eine Obliteration des intervillosen Raumes und eine Degeneration
des entsprechenden Zottenbaumes, d.h. einen Plazentainfarkt. Diese Experimente
zeigen, daB die Zottenbaume von ihren eigenen Spiralarterien abhangen; obwohl der
intervillose Raum ein in weiten Bereichen offenes, frei kommunizierendes System
bildet, sind Zottenanordnung und Druckgradienten so koordiniert, daB die Blut
durchstromung in der Regel nur in der urspriinglich angelegten Richtung moglich ist.
Eine Umkehr der Stromungsrichtung zur "kollateralen" Mitversorgung eines man
gelhaft durchstromten Plazentons durch Spiralarterien von Nachbarplazentonen er
scheint in den meisten Fallen unmoglich.
1m Zentrum der Plazentone, wo, bedingt durch den arteriellen miitterlichen Ein
strom, der hochste p02 im intervillosen Raum vorliegt, finden wir auch noch in der
reifen Plazenta vielfach unreife, proliferierende Zottentypen wie mesenchymale Zot
ten und unreife Intermediarzotten. Die Mitoserate dieser Region ist doppelt so hoch
wie die in der Peripherie (9). Das steht in scheinbarem Kontrast zu experimentellen
und pathohistologischen Befunden, die den SchluB nahelegen, daB geringe Sauer
stoffkonzentration ein Stimulus furTrophoblastenproliferation und Zottenwachstum
ist (1, 8). Wahrscheinlich ist jedoch die Sauerstoffaufnahme in die zentralen, groBka
librigen Anteile der Zottenbaume durch die hohe FlieBgeschwindigkeit des Blutes
und die langen Diffusionsstrecken stark herabgesetzt und darnit auch der intravillose
p02 nur gering, was deren proliferative Aktivitat erklart. Auf der anderen Seite ist in
der Peripherie der Zottenbaume trotz niedrigem intervillosen p02 - dank geringerer
FluBgeschwindigkeit des Blutes und geringerer Diffusionsstrecken - die Sauerstoff
aufnahme in die Zotten und damit der Gewebs-p02 optimal.
Diese Beziehung kann Ausgangspunkt fur die Regulation des Plazentawachstums
sein: Ein weiter intervilloser Raum in den Zottenbaumen unreifer Plazenten, denen
feine und reich verzweigteTerminalzotten noch fehlen, ergibt lange Diffusionsstrek
ken und hohe Blutstromgeschwindigkeiten, woraus eine reduzierte Sauerstoffauf
nahme und ein niedriger intravilloser p02 resultiert. Letzterer fordert die Sprossung
von Kapillaren (20). Gesteigerte Kapillarsprossung ihrerseits fuhrt zur Produktion
von neuen Terminalzotten, die den intervillosen Raum einengen, die Blutstromge
schwindigkeit herabsetzen, die Diffusionsstrecken reduzieren und so im Endeffekt
die Bedingungen fur die Sauerstoffaufnahme in die Zotten verbessert. In dieser Hy
pothese fungieren maternaler BlutfluB, Sauerstoffsattigung und Zottensprossung als
Glieder eines einfachen Feedback-Mechanismus, der das Wachstum des Zottenbau-
4