Table Of ContentUni-Taschenbucher 902
UTB
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Vandenhoeck & Ruprecht in G6ttingen und Zurich
Erich Gruber
Polymerchemie
Eine Einfiihrung in die Chemie und
Physikalische Chemie der Makromolekiile
Mit III Abbildungen und 19 TabelIen
Dr. Dietrich Steinkopff Verlag· Darmstadt
Erich Gruber, Dr. phil., geb. 1941, Studium der Chemie an den Universitliten Wien
und Graz, Promotion 1969 am Institut flir Physika1ische Chemie der Universitlit
Graz (Prof. o. Kratky), Priv. Assistent von Prof. J. Schurz, 1971 bis 1977 Dozent am
Institut flir Makromo1eku1are Chemie der Technischen Hochschu1e Darmstadt,
1976 Habilitation flir das Fachgebiet Makromo1eku1are Chemie; seit 1979 Privatdo
zent an der Technischen Hochschule Darmstadt. Seit 1978 in der Privatwirtschaft
tlitig, seit 1979 als Leiter der Forschung und Entwicklung eines kunststotTherstellen
den Untemehmens.
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Gruber, Erich
Polymerchemie : e. Einf. in d. Chemie u. physikal.
Chemie d. Makromolekiile / Erich Gruber. -
Darmstadt: Steinkopff, 1980.
(Uni-Taschenbiicher; 902)
ISBN-13 :978-3-7985-0514-8 e-ISBN-13:978-3-642-85304-3
DOl: 10.1007/978-3-642-85304-3
© 1980 Dr. Dietrich SteinkopffVeriag GmbH & Co. KG., Darmstadt
Aile Rechte vorbehalten. Jede Art der Vervielfaltigung
ohne Genehmigung des Verlages ist unzullissig.
Einbandgestaltung: Alfred Krugmann, Stuttgart
Gebunden bei der GroBbuchbinderei Sigloch, Leonberg
Vorwort
Mehr als die Halfte aller Chemiker arbeiten in ihrer Berufspraxis auf
dem Gebiete der Polymerchemie. Dies beruht auf der tiberragenden und
noch immer zunehmenden Bedeutung der Polymeren auf allen Gebieten
des taglichen Lebens. So wie die biologische Evolution ohne Biopolymere
nicht m6glich gewesen ware, so ist auch eine echte Weiterentwicklung der
Menschheit, ja sogar ihr wei teres Bestehen, ohne intensive Nutzung von
Polymeren nicht denkbar. Allein ihre nahezu unbegrenzte Vielfalt und
Anpassungsfahigkeit macht diese StofTe unentbehrlich. Dazu kommt in
einer Zeit zunehmender Energieverknappung der Vorteil, daB zu ihrer
Herstellung im Verhaltnis zu anderen WerkstofTen viel weniger Energie
ben6tigt wird und daB ihr Einsatz im Gebrauch meistens ebenfalls Ener
gie sparen hilft. Ais Beispiel daftir soli en nur die warmedammenden Bau
stofTe und die gewichtseinsparenden KunststofTe im Fahrzeugbau er
wahnt werden.
1m Gegensatz zu der tiberragenden Bedeutung der Polymerchemie in
der Praxis und im Berufsleben steht die noch immer recht stiefmtitter
liche Behandlung dieses Fachgebietes in der Ausbildung. Ein groBer Teil
der ins Berufsleben hinaustretenden, fertig ausgebildeten Chemiker hat
kein Fach Makromolekulare Chemie oder Polymerchemie studiert. Er
wird erst an seiner Arbeitsstatte "angelernt". Diesem Personenkreis und'
den Chemiestudenten und Chemotechnikern, die keine schulische Gele
genheit hatten, sich tiber die Besonderheiten der Polymeren in Herstel
lung, Charakterisierung und Eigenschaften zu informieren, soli das vor
liegende Taschenbuch eine erste Orientierungshilfe bieten. Es sollte aller
dings aufgrund seines beschrankten Umfangs nicht als Lehrbuch im
Kleinformat betrachtet werden. Studierende, die Makromolekulare Che
mie als Studienschwerpunkt betreiben, soli ten auf die im Anhang ange
gebenen, umfangreicheren Werke zurtickgreifen.
Eine der schwierigsten Aufgaben des Autors einer knappen Darstel
lung eines so umfangreichen Fachgebiets besteht in der StofTauswahl und
der Entscheidung dartiber, welche der behandelten Fragen etwas aus
ftihrlicher erklart werden sollen und bei welchen man sich mit mehr all
gemeinen Feststellungen begntigen darf. Urn dem angesprochenen Leser
kreis am meisten Nutzen zu bieten, wurde versucht, die Schwerpunkte
dort zu setzen, wo der klassische Chemiker am sparlichsten mit Informa
tion versorgt wird. Am wenigsten erflihrt er in der Ausbildung normaler
weise tiber die physikalische Chemie der MakromolekUle und tiber ihre
Charakterisierungsmethoden. Gerade die physikalischen Eigenschaften
v
aber prligen das Bild der Polymers tofTe und die spezifischen Analysenver
fahren sind ebenfalls durchwegs physikalischer Natur. Am leichtesten
iibertragbar sind dagegen die Kenntnisse der niedermolekularen Chemie
auf dem Gebiet der Synthese und der chemischen Modifizierung. Diese
Kapitel wurden daher zugunsten der physikalisch-chemischen Kapitel
besonders kurz gehalten. DafUr wurden auch Randgebiete in knapper
Weise behandelt, die eigentlich schon in das Gebiet der Polymerphysik
gehoren. Damit sollte das Buch genauer "EinfUhrung in die Polymerkun
de fUr Chemiker" heiBen.
Der Autor hom, daB es dieser selbst gestellten Aufgabe einigermaBen
gerecht wird.
Mainz, im Sommer 1980 Erich Gruber
VI
Inhaltsverzeichnis
v
Vorwort . ..
1. Einleitung
2. Autbau der Polymeren. . . . . . . . . 4
2.1. Grundbegriffe......... 4
2.2. Struktur einzelner Makromolekfile 7
2.2.1. Kettenbaufbau......... 7
2.2.2. Copolymermolekiile.. . . . . 7
2.2.3. Verkniipfung der Grundbausteine 8
2.2.4. Taktizitat.. . . . . . . . . . 9
2.2.5. Konformation von Kettenmolekiilen 10
2.3. Chemischer Aufbau . . . . . . II
2.4. Uneinheitlichkeit........ 13
2.4.1. Darstellung der Uneinheitlichkeit 14
2.4.2. Mittelwerte.......... 17
3. Synthese von Makromolekfilen 19
3.1. Polymerisation.... 21
3.1.1. Radikalische Polymerisation . 24
3.1.1.1. Startreaktion . . . 24
3.1.1.2. Wachstumsreaktion . . . . 27
3.1.1.3. Abbruchreaktion . . . . . 28
Abbruch dUTCh Rekombination 28
Abbruch dUTCh Disproportionierung 28
Abbruch dUTCh Obertragung . . . 28
3.1.1.4. Kinetik der Polymerisation . . . . . 29
Kinetische Kettenlange und Polymerisationsgrad 31
Selbstbeschleunigung der Polymerisation 32
3.1.1.5. Thermodynamische Betrachtung . 33
3.1.2. Ionische Polymerisation 34
3.1.2.1. Kationische Polymerisation 35
3.1.2.2. Anionische Polymerisation 37
Lebende Polymere. . . 38
3.1.3. Koordinative Polymerisation (Ziegler-Natta-
Polymerisation) . 39
3.2. Stufenreaktionen. 43
3.2.1. Polykondensation 43
3.2.2. Polyaddition... 46
3.2.3. Polymerisationsgrad bei Stufenreaktionen 47
VII
3.2.3.1. Abhangigkeit vom Umsatz . . . . . . . . 47
3.2.3.2. Verteilungsbreite des Polymerisationsgrads 49
3.2.4. Polyreaktionen mehrfunktioneller Polymerer 53
3.3. Copolymerisation . . . . . . . . . . . . 55
3.3.1. Copolymerisationsgleichung flir die radikalische
Polymerisation 56
4. Reaktionen an Polymeren 64
4.1. Abbaureaktionen 64
4.2. Reaktionen ohne Abbau 67
4.3. Block-und Pfropfcopolymerisation 68
5. Losungen von Polymeren 70
5.1. Thermodynamik von Losungen 70
5.1.1. Beschreibung des Losungsvorganges 70
5.1.2. Ideale Mischungsentropie. . . . . 72
5.1.3. Reale Mischungsentropie . . . . . 73
5.1.4. Mischungsenthalpie (Mischungswarme) 75
5.1.5. Thermodynamische Einteilung der Losungstypen 78
5.1.6. Theoretische Beschreibung des Losungszustandes
und der Loslichkeitsgrenzen ....... . 79
5.2. Fallung von Polymeren aus Losung .... . 82
5.3. Mehrkomponentensysteme (Mischlosungsmittel) 85
6. Gestalt von Knliuelmolekiilen 88
6.1. Idealisierte Valenzkette. . . . . . . . . . . 88
6.2. Einfache Valenzwinkelkette mit freier Drehbarkeit 90
6.3. Valenzwinkelkette mit behinderter Drehbarkeit 90
6.4. Valenzwinkelkette mit beschrankter Drehbarkeit
und ausgeschlossenem Eigenvolumen 93
6.5. Knauelaufweitung und Thermodynamik 93
6.6. Kuhnscher Ersatzknauel . . . . . . . 95
6.7. Persistenzmodell. . . . . . . . . . . 96
6.7.1. Knauelmoleklile mit einfacher Krlimmungspersistenz 96
6.7.2. Knauel mit Richtungspersistenz . . . . 96
6.8. Struktur geladener Knauelmolekiile 96
6.9. Strukturbildung bei Copolymermoleklilen 99
7. Eigenschaften von PolymerlOsungen 102
7.1. Kolligative Eigenschaften 102
7.1.1. Dampfdruckerniedrigung . 102
7.1.2. Osmotischer Druck 104
7.1.3. Messung des osmotischen Drucks 108
7.1.3.1. Membranosmometrie. . . . . . 108
VIII
7.1.3.2. Dampfdruckosmometrie 109
7.2. Transporteigenschaften . 110
7.2.1. Diffusion... 112
7.2.2. Permeation.. 114
7.2.3. Sedimentation. '116
7.2.4. Elektrophorese. 120
7.2.5. Viskositat... 121
7.2.5.1. GrundgroBen zur Beschreibung des FlieBens 121
7.2.5.2. Viskositat von Losungen kompakter Teilchen 123
7.2.5.3. Grenzviskositatszahl = Staudinger-Index. 125
7.2.5.4. Informationsinhalt des Staudinger-Index 126
7.2.5.5. Staudinger-Index von Knauelmolekiilen
und Rotationsellipsoiden . . . . 128
7.2.5.6. Scherabhangigkeit der Viskositat 129
7.2.5.7. Elektroviskose Effekte . . . . 133
7.2.5.8. Stromungsdoppelbrechung . . 136
7.2.5.9. Messung der Losungsviskositat 138
7.3. Optische Eigenschaften . 140
7.3.1. Spektrale Eigenschaften 143
7.3.2. Lichtstreuung..... 145
7.3.2.1. Lichtstreuung an kleinen Teilchen 145
7.3.2.2. Streuung an groBen Teilchen . . 151
7.3.2.3. Konzentrationsabhangigkeit der Streustrahlung 156
7.3.2.4. Streuung von Losungen verschieden groBer Teilchen 159
7.3.2.5. Streuung optisch anisotroper Systeme ..... 161
7.3.3. Rontgen-und Neutronenkleinwinkelstreuung . . 162
7.3.3.1. Aussagemoglichkeiten der Partikelstreumethoden 164
7.3.4. Optische Asymmetrie
(chiro-optische Eigenschaften) . . . 167
8. Struktur und Eigenschaften fester Polymerer 174
8.1. Strukturmodelle......... 174
8.2. Kristalline Phase .. . . . . . . 176
8.2.1. Charakterisierung und Bestimmung der Kristall-
gitterdimensionen . . 176
8.2.2. Kristallitmorphologie... . . . . 179
8.2.3. Textur der Polymeren . . . . . . 180
8.3. Struktur des "amorphen" Zustands 181
8.3.1. Glaszustand....... 182
8.3.2. Plastischer Zustand 183
8.3.3. Gummi-elastischer Zustand 183
8.3.4. Dichtvernetzter Zustand . 184
8.4. Struktur fester Mehrkomponentensysteme 184
8.4.1. Polymermischungen (-legierungen) . 184
8.4.2. Textur fester Copolymerer . . . . . . . 186
IX
8.5. Bestimmung der Kristallinitat . 187
8.5.1. Dichtemessung (Densitometrie) 188
8.5.2. Rontgenbeugung. . . . . . . 189
8.5.3. Magnetische Breitlinien-Kernresonanz 190
8.5.4. IR-Spektroskopie . . . . . . . 190
8.5.5. Reaktionskinetik. . . . . . . . 191
8.6. Untersuchung der Polymertextur 191
8.6.1. Elektronenmikroskopie. . . 191
8.6.2. Bestimmung der Orientierung
durch Rontgenstreuung. . 192
8.6.3. Optische Doppelbrechung 194
8.6.4. Kleinwinkel-Lichtstreuung 194
9. Phaseniibergange in festen Polymeren 197
9.1. Schmelzen und Kristallisieren 197
9.1.1. Kristallisationskinetik. . . . 198
9.2. Glasiibergang und andere Phasenumwandlungen
zweiter Ordnung. . . . . . . . . . . . . . . 200
9.3. Thermoanalyse (Thermogravimetrie, Differential
thermoanalyse und Differential-Scanning-Kalorimetrie) 201
10. Mechanische Eigenschaften von festen Polymeren ond Schmelzen 204
10.1. Spannungs-Deformationsverhalten von Festkorpern 204
10.2. Mechanische Eigenschaften von Molekiilknaueln 207
10.2.1. Entropieelastizitat, Verknauelungs-Riickstellkraft . 207
10.2.2. Verhalten von Molekiilknaueln bei dynamischer
Beanspruchung ............ . 209
10.3. Viskoelastizitat. . . . . . . . . . . . . . 210
10.3.1. Temperaturabhangigkeit der visko-elastischen
Eigenschaften. . . . . . . 212
10.4. Mechanische Spektroskopie . 213
10.5. Thermomechanische Analyse 214
Anhang. 216
Sachverzeichnis 219
x
1. Einleitung
Die Po1ymerchemie ist ein verhaltnismaBig junger Zweig der
Chemie. Organische und Anorganische Chemie hatten schon
einen hohen Stand erreicht, es gab 1angst eine Radiochemie und
eine Quantenchemie, a1s man iiber die chemische Natur der
Baustoffe der Biosphare, unseres K6rpers und der meisten Ge
genstande des taglichen Gebrauchs sowie der Nahrungsmitte1
noch v611ig im dunke1n tappte. Man hatte nicht nur jahrtau
sende1ang bei der Zubereitung der Nahrung und der Herstellung
der K1eidung chemische Reaktionen an Po1ymeren ausgefiihrt,
sondem es waren durch Zufall schon eine Reihe von technischen
Verfahren der Erzeugung po1ymerer Werkstoffe gefunden wor
den, ohne den geringsten Einb1ick in die dabei ab1aufenden Vor
gange zu haben. Seit 1839 kennt man die Vu1kanisation des
Kautschuks, seit der lahrhundertwende die Verfahren zur Iso1ie
rung und Verarbeitung der Cellulose und seit 1910 die Herste1-
lung von Pheno1-Forma1dehyd-Harzen.
Erst 1922 entdeckte Staudinger, daB die Stoffgruppe, die spa
ter unter Riickgriff auf friihere VorschUige den Namen Po1ymere
erha1ten sollte, aus einze1nen "Riesenmo1ekiilen" (Makromo1e
kiilen) aufgebaut ist. Mit dieser Erkenntnis konnte man nun
systematisch den bisher kaum beachteten Wissenskontinent er
kunden.
Historischer Uberblick iiber einige der wichtigsten Entdeckungen
der Polymerchemie und die Einfohrung groBtechnischer Polymerer
1839 E. Simon Beobachtung der Po1ymerisa
tion von Styrol
1839 F. Goodyear Kautschukvu1kanisation
1866 M. Berthelot Einfiihrung der Bezeichnung
"Po1ymerisation"
urn 1900 ViskoseprozeB
urn 1900 Entwick1ung einer "Kolloid
chemie"
urn 1910 technische Herstellung von
Pheno1-Forma1dehyd-Harzen
1922 H. Staudinger Beweis der Existenz von
Makromolekiilen