Table Of ContentPlessner in Wiesbaden
Tilman Allert • Joachim Fischer (Hrsg.)
Plessner in Wiesbaden
Herausgeber
Tilman Allert Joachim Fischer
Goethe-Universität TU Dresden, Deutschland
Frankfurt am Main, Deutschland
ISBN 978-3-658-05451-9 ISBN 978-3-658-05452-6 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-658-05452-6
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Inhalt
Tilman Allert & Joachim Fischer
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Helmuth Plessner
Selbstdarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
***
Monika Plessner
» Weil ich ein Wiesbadener bin … « –
Plessners 60. Geburtstag 1952 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
Christa Allert
Plessners Wiesbaden –
Kindheit und Jugend in der » Weltkurstadt « . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
Tilman Allert
Zu Plessners 120. Geburtstag in Wiesbaden –
drei » Geburtstagsgäste « . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
Walter Sprondel
Stationen auf dem Weg zur Philosophie als Beruf.
Von Wiesbaden über Heidelberg und Erlangen nach München . . . . . . . 77
6 Inhalt
Joachim Fischer
Die » Kölner Konstellation «.
Scheler, Hartmann, Plessner und der Durchbruch
zur modernen Philosophischen Anthropologie . . . . . . . . . . . . . . . 89
Jan Glastra van Loon
Plessner – Wanderer in Holland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
Heike Delitz
Ein Bau für die moderne Philosophie und Soziologie:
Plessner in Göttingen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
Christian Graf von Krockow
» Arbeitsfreude « – Die Anfänge der Soziologie in Göttingen . . . . . . . . . 145
Karl-Siegbert Rehberg
Hochschulreform und Demokratisierung.
Universität und Wissenschaft im Wirken Helmuth Plessners . . . . . . . . . 151
Katharina Günther
Helmuth Plessner in Göttingen.
Erinnerungen aus der Familie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
Thomas Luckmann
Erinnerungen an Plessner in New York . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173
Christoph Dejung
Plessner in Zürich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
Claudia Schmölders
Erfahrungen mit Helmuth Plessner in Zürich . . . . . . . . . . . . . . . . 187
Hermann Lübbe
Erinnerungen an Helmuth Plessner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
Joachim Fischer
Für einen » Wiesbadener Helmuth Plessner Preis « . . . . . . . . . . . . . . 201
Inhalt 7
Textnachweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209
Bildnachweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213
Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215
Vorwort
Tilman Allert & Joachim Fischer
Denker haben ihre Orte, » Exzentrizität « hat ihre » Positionalität « – um gleich mit
einem Schlüsselbegriff Helmuth Plessners zu beginnen. Der Philosoph und Sozio-
loge Plessner ist 1892 in einem Wiesbaden geboren, das sich damals zum Höhe-
punkt einer » Weltkurstadt « entfaltete. Seine Kindheit und Jugend fielen in eins
mit dem Aufschwung einer der reichsten und geselligsten Städte des damaligen
Deutschen Reiches – und Plessner hat diese Dynamik von innen her erlebt, da
sein Vater, der getaufte Jude Dr. Fedor Plessner, als Kurarzt und Sanatoriums-
direktor mit zu den Trägern dieser eigentümlich europäischen Urbanität gehörte.
In dieser Atmosphäre hat Plessner bis zu seinem 20. Lebensjahr als Bürger der
Stadt gelebt, bevor er dann um der akademischen Studien der Medizin, Biologie
und Philosophie willen zu andern Orten aufbrach. Aber auch als er bereits seit
Anfang der Zwanziger Jahre Privatdozent und Hochschullehrer für Philosophie
an der Universität Köln war, ist Plessner während der Semesterferien wiederholt
zurückgekehrt, um am Esstisch der elterlichen Wohnung seine Texte zu schreiben
und für die Veröffentlichung vorzubereiten. Insofern ist Wiesbaden nicht nur der
Geburtsort und nicht nur – angesichts des unaufgeklärten Tod des Vaters 1933 im
Zuge der nationalsozialistischen Machtergreifung – auch prekäre Heimat Pless-
ners, sondern auch die Werkstatt seiner Schlüsselwerke geworden.
Von Wiesbaden aus ist der junge Plessner in die Welt aufgebrochen – und zwar
mit der für das 20. Jahrhundert so charakteristischen Brüchigkeit der intellektu-
ellen deutschen Biographie, die ihn durch selbstgewählte akademische Wechsel
und fremdbestimmte politische Umbrüche an verschiedenste Orte geführt und
verschlagen hat. Als er 1972 im Alter von 80 Jahren zu einem Projekt » Philoso-
phie in Selbstdarstellungen «1 eingeladen wurde, hat er die ausführliche Skizze sei-
1 Helmut Plessner: » Helmuth Plessner * 1892 «, in: Ludwig J. Pongratz (Hg.): Philosophie in
Selbstdarstellungen, Bd. 1, Hamburg 1975, 269 – 307. Wiederabgedruckt in diesem Band. Die-
T. Allert, J. Fischer (Hrsg.), Plessner in Wiesbaden,
DOI 10.1007/978-3-658-05452-6_1, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
10 Tilman Allert & Joachim Fischer
nes Denk- und Lebensweges in Zwischenüberschriften entlang von Orten ange-
legt: » Wiesbadener Kindheitsszenen «, » Heidelberg «, » Erlangen «, » Göttingen «,
» Köln «, » Groningen «, » Göttingen «, » New York « und » Zürich «. Diesen Orten
ordnet er im Rückblick spezifische Erfahrungen, wegweisende Begegnungen, ent-
scheidende Denkeinfälle und Werke zu, angereichert um zahlreiche Anekdoten.
Dem Denkorte-Prinzip der Plessnerschen Selbstdarstellung die diesen Band
eröffnet, folgt die Idee des Aufbaus des Bandes, der damit zugleich seinen Titel
» Plessner in Wiesbaden « sprengt: In 15 Beiträgen werden die verschiedenen Le-
bens- und Wirkungsstationen Plessner abgeschritten. In je eigenem Darstellungs-
modus – als Essay, Rede, gelehrte Abhandlung, persönliche Erinnerung – werden
einzelne Lebens- und Denkorte Plessner ausgelotet. Damit bietet der Band einen
doppelten Durchgang durch Plessners Biographie2: Entlang seiner eigenen auto-
risierten Darstellung sowie entlang verschiedener einfühlsamer Distanzbeobach-
tungen, die seine Selbstdarstellung über- und unterbieten, sie unterlaufen, sup-
plementieren und anreichern zur Biographie eines der interessanten deutschen
Intellektuellen des 20. Jahrhunderts. Deutlich wird neben seiner Wiesbaden-Prä-
gung Plessners Umweg zur » Philosophie als Beruf « in Heidelberg und Erlangen,
der auch durch eine kurzzeitige politische Partizipation an der Münchener Räte-
republik führte; sein intellektueller Durchbruch Mitte der Zwanziger Jahre zu einer
modernen Philosophischen Anthropologie in einer » Kölner Konstellation « zwi-
schen Max Scheler und Nicolai Hartmann, die in ihrer Spannung von Tragik nicht
frei ist; sein 1933 erzwungenes, in den Kriegsjahren nach 1940 gefährdetes Exil in
Groningen und den Niederlanden; sein erneuter Aufbruch mit 60 Jahren 1952 als
remigrierende Gründungsfigur der Soziologie in Göttingen – ein Aufbruch, der
sich in einem eigenen Hausbau im Bauhausstil spiegelt; seine bundesrepublikani-
sche Präsenz in der Verantwortung für Universitäts- und Wissenschaftsstrukturen
und -kulturen, die ihn zur Doppelpräsidentschaft der Deutschen Philosophischen
und der Deutschen Soziologischen Gesellschaft führt; seine Zeit als erster Inhaber
der Theodor-Heuss-Professur an der New School of Social Research in New York
1962; seine nochmalige Lehr- und Publikationstätigkeit als 70-jähriger an der Uni-
versität Zürich Mitte der unruhigen 60er Jahre.
Der Band folgt bei allem Bestreben, Fragmente des ganzen Lebens- und Denk-
weges Plessners zu versammeln, allerdings der Titelintention – nämlich dem
ser Text ist unter dem Titel » Biographisches: Selbstdarstellung « auch enthalten in: Helmuth
Plessner, Gesammelte Schriften I – X, hg. v. Günther Dux, Odo Marquard, Elisabeth Ströker,
Frankfurt a. M. 1980 – 1985, Bd. X, 302 – 343.
2 Es gibt drei Biographien zu Plessner: Kersten Schüßler: Helmuth Plessner. Eine intellektuelle
Biografie, Berlin 2000; Christoph Dejung: Plessner. Ein deutscher Philosoph zwischen Kaiser-
reich und Bonner Republik, Zürich 2003; Carola Dietze: Nachgeholtes Leben: Helmuth Pless-
ner 1892 – 1985, Göttingen 2006.
Vorwort 11
langfristigen Vorhaben, Plessner nach Wiesbaden zurückzubringen, die Erinne-
rung an diesen bedeutenden Intellektuellen im Stadtbewusstsein zu verankern:
In sofern » Plessner in Wiesbaden «. Setzt die intellektuelle Plessner-Renaissance
ziemlich genau nach 1989 an, im Zuge einer Wiederentdeckung seiner modernen
Philosophischen Anthropologie, seiner natur-, sozial- und kulturphilosophischen
Schriften, so hat die Stadt Wiesbaden seit einigen Jahren gewürdigt, dass sie mit
diesem Denker über einen ungehobenen intellektuellen Schatz verfügt. Schritt für
Schritt beteiligt sie sich daran, diesen Schatz freizulegen: durch die Unterstützung
einer Pilotveranstaltung 2009 » Helmuth Plessners Gesellschaftstheorie – Alterna-
tive zur Frankfurter Schule ? « in der Villa Clementine; durch eine Gedenk tafel für
Vater und Sohn am ehemaligen Kursanatorium in der Sonnenberger Allee (2010);
durch die Unterstützung des von der Helmuth Plessner Gesellschaft (HPG) 2012
veranstalteten V. Internationalen Helmuth Plessner Kongresses in Wiesbaden
(» Deutschland – Europa – Welt. Helmuth Plessners › Verspätete Nation ‹ in der
Diskussion «). Besonders zu erwähnen sind hier das Engagement des seinerzei-
tigen Oberbürgermeisters Dr. Helmut Müller und der Kulturdezernentin Rose-
Lore Scholz. Auf beider Initiative hat der Magistrat der Stadt 2013 die Stiftung
eines » Wiesbadener Helmuth Plessner Preises « beschlossen, der erstmals – und
dann im dreijährigen Rhythmus – an Plessners Geburtstag, dem 04. September
2014 verliehen wird.
Mit diesem Band wollen die Herausgeber auch das bürgerschaftliche Engage-
ment in Wiesbaden beflügeln. Sie danken der Dresdner Soziologin Nina Brötz-
mann für ihre umsichtige und kompetente Organisation des Bandes. Sie danken
zudem der Lektorin des VS-Springer-Verlages, Cora Mackrodt, die sich persön-
lich sofort dafür begeistert hat, dass in einem großen Wiesbadener Verlag ein
Buch zu einem aus Wiesbaden stammenden Denker publiziert wird.