Table Of ContentPhysikalisme Chemie
und ihre remnerisme Anwendung
- Thermodynamik -
Eine EinfUhrung fUr Studierende und Praktiker
Von
Dr. Ludwig Holleck
apJ. Professor fiir Physlkallsme Chemic an der Unlversitiit Frelburg I. B.
Mit 6 Dbersirntsblattern
und 47 Abbildungen
Springer-Verlag
Berlin / Gottingen / Heidelber(!
1950
ISBN 978-3-642-49532-8 ISBN 978-3-642-49823-7 (eBook)
DOl 10.1007/978-3-642-49823-7
AIle Rechte, insbesondere das der Ubersetzung
infremde Sprachen, vorbehalten.
Copyright 1950 by Springer. Verlag ORG.
in Berlin I Giittingen / Heidelberg.
Softcover reprint of the hardcover 1st edition 1950
Vorwort.
Das vorliegende Buch ist aus Bediirfnissen heraus entstanden, die sich im
Zuge physikalisch-chemischer seminaristischer Ubungen an Universitaten heraus
stelIten. Diese Ubungen, die sich allenthalben als notwendig erweisen zur Auf
schlieBung des Verstandnisses fUr physikalisch-chemische Gedankengange, Pro
blemstellungen, GesetzmaBigkeiten und deren mathematische Formulierung und
zur Vertiefung des Lehrstoffes, sollen dem Studierenden auch die Wege weisen,
auf denen unsere Erkenntnisse einer weiteren Forschung oder der Praxis nutzbar
gemacht werden konnen.
Die Erfahrung hat gezeigt, daB der Erreichung dieses Zieles vielfach der
mangelnde Uberblick iiber die verzweigten und damit leicht zu Uniibersichtlich
keit fUhrenden Beziehungen in der Physikalischen Chemie, sowie die Scheu
vor mathematischen Anwendungen, die eben die letzte Prazisierung eigener
Vorstellungen . verlangen, entgegenstehen.
Der Uberblick liber die VielfaIt der Zusammenhange laBt sich zweifellos nicht
leicht aus der iiblichen laufenden Behandlung des Lehrstoffes gewinnen. Bei
dem Nacheinander einer solchen Behandlung kann das Neben-'und Ineinander
gehen. der Beziehungen nicht immer geniigend deutlich werden, dies soll hier
durch eine entsprechende Aufgliederung und graphisch-schematische Darstel
lungen erreicl;lt werden. Bedingt eine Schematisierung zuweilen auch eine ge
wisse Einseitigkeit der Betrachtungsweise -der man dann mit Vorsicht begegnen
soll -, so notigt sie hier zu einer straffen Systematisierung, die im Interesse der
angestrebten Klarheit und Ubersichtlichkeit--liegt. 1st erst der Uberblick ge
wonnen und das mathematische Rlistzeug vorhanden, dann sind auch die we
sentlichen Vora~ssetzungen fUr eine ersprieBIiche Anwendung gegeben.
Beziiglich der Unterteilung des Gesamtgebietes der Physikalischen Chemie
sei auf die EinfUhrung zu diesem Buch verwiesen.
Die vorliegende Thermodynamik bringt der obigen Zielsetzung gemaB nach
einer knappen UmreiBung der Begriffe und der Aufzeigung der theoretischen
Verkettungen den Anwendungsteil mit seinen Beispielen und Aufgaben, der
durch einen Tabellenanhang erganzt wird. Durch letzteren solI erreicht werden,
daB man gegebenenfalls - gerade im Ubungsbetrieb mag dies einen Zeitgewinn
darstellen' - ohne die umfangreichen Tabellenwerke auskommen kann.
Was die mathematische Seite betrifft, so muB die Grundausbildung und da
mit die Kenntnis der Elemente der Differentia'!- und Integralrechnung voraus
gesetzt werden. ErforderIichenfalls sei auf die einschlagig~ Literatur (s. a. Li
teraturhinweis) verwiesen. 1m Rahmen des Tabellenteils sind als mathema
tischer Anhang die fUr die in Frage kommenden Rechenoperationen notigen
Formeln zusammengefaBt. Flir das Zahlenrechnen wird in dem gesteckten Rah-
IV
Vorwort.
men im allgemeinen Rechenschiebergenauigkeit geniigen, doch soll man sich
iiber die gebotenen rechnerischen und die gegebenen experimeJitellen Genauig
keitsgrenzen - schon im Interesse einer selbstkritischen Betrachtungsweise -
jeweils Rechenschaft ablegen.
Bei der knappen Behandlung der Voraussetzungen und Grundlagen muB auf
verbindenden Text weitgehend verzichtet werden. Es geschieht dies bewuBt,
urn im Gebaude der Physikalischen Chemie die Konstruktionselemente ohne
Umkleidung erkennbar zu machen. Das AuBere des Gebaudes mag zwar durch
diese niichterne :barstellung einem Beschauer weniger verlockend erscheinen, es
solI sich aber nicht um ein Bild, nicht urn die Fassade des Gebaudes, sondern urn
einen Bauplan handeln, der eine zweckmaBige Beniitzung erschlieBt und einen
Weiterausbau erleichtert.
Moge das Buch im Sinne der erwahnten Zielsetzung seine Bestimmung fin
den: einerseits zu den speziellen Kapiteln der Lehr- und Handbiicher heran
fiihren und andererseits hinausfiihren zu einer verbreiterten Nutzbarmachung
physikalisch-ohemischer Gesetzliohkeiten.
Bad RippoldsaujSchwarzwald, im August 1948.
L. HoIleck.
Inhaltsverzeichnis.
Seite
Zur Einfiihrung
A. Allgemeine Begriffe und Voraussetzungen. 3
§ 1. Symbolik ........... 3
§ 2. MaLlsysteme, Einheiten, Dimensionen, Konstanten 6
§ 3. Zustande, Phasen, homogene und heterogene Systeme . 7
§ 4. ZustandsgroLlen: (Menge), Temperatur, Volumen, Druck, (Zu.
sammensetzung); die Aktivitat . . . . . . 8
§ 5. Zustandsgleichungen (thermische) .. . . . . . . . 11
a) Gasgesetze, Zustandsgleichung€ll idealer Gase . . . . .'. . . . 12
Allgemeine Zustandsgleichung fUr ideale Gase S. 13. - Losungen und Zu·
standsgleichung idealer Gase S. 13. - Ideales und reales Gasverhalten
S.14.
b) Zustandsgleichung realer Gase. . . . . . . . . . 14
Theorem der iibereinstimmenden Zustande S.15. - Boyle.Temperatur
S.16.
Kalorische oder thermodynamische Zustandsgleichungen 17
§ 6. Arten und Erscheinungsformen der Energie 17
§ 7. Wege der Zustandsanderungen . . . . . . . . . . . . 18
Partielle ..;\nderungen der ZustandsgroBen S. 19. - Jsotherme und adia·
batische Zustandsanderungen idealer Gase S. 20. - Reversible Prozesse S. 21.
- Irreversible Prozesse S. 22.
B. Die energetischen GroSen (Zustandsfunktionen) nDd ihre Verkettung 22
§.8. Die Hauptsatze der Thermodynamik . . . 22
a) Erster Hauptsatz (Energieerhaltungssatz). . . . . . . . 22
b) Zweiter Hauptsatz (Entropiesatz) . . .. . . . . . . . 23
Verbindung des 1. und 2. Hauptsatzes, die Helmholtzsche Gleichung . 23
c) Dritter Hauptsatz (Nemstscher 'Yarmesatz) . . . . . 24
§ 9. Die energetischen GroBen (Zustandsfunktionen) von Einzel"
stoffen (einphasigen Systemen) . . . . . . . .. . . . . . . . . . 25
1. Warmekapazitat, Spezifische Warmen und Molwarmen Cv, cp (Cv, Cp). 25
Spezielles: Ideale Gase S. 27. - Reale Gase S. 28. - Fliissigkeiten S.29.
- FestkOrper S.29. .
2. Energieinhalt (Innere Energie) u, u - Uo (U, U-Uo), Enthalpie h, h-ho
(H, H-Ho) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 34
Spezielles: Ideale Gase S. 36. - Reale Gase S. 37. - Fliissigkeiten S. 38.
- FestkOrper S. 38.
3. Entropie 8 (8) [auch 8p, 8p und 8,-, 8v] • • '. _ _ • • • • • • • • • 38
Nullpunktsentropie und Entropiekon13tante S. 42. - Spezielles: FestkOrper
S. 44. - Fliissigkeiten S. 45 - Gase S. 45.
4. Gebundene Energie = reversible Warme qrev (Q"v) . . . . . 45
5. Freie Energie /, /-/0 (F, F-Fo), Freie Enthalpie g, g-go (G, G-Go) 45
Spezielles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
VI Inhaltsverzeichnis.
Seite
tJbersicht 1. Thermodynamische Ableitungen und Zusammenhange.50/51
§ 10. Die energetischen UmwandlungsgroBen (ReaktionsgroBen) 52
1. Molwarmendifferenz Ll a p, L1 a'll ................. 53
2. Enthalpieanderung, Reaktionsenthalpie L1 H, Energieinhaltsanderung,
Reaktionsenergie L1 U, = Warmetonungen, Reaktionswarmen bei kon
stantem Druck und konstantem Volumen . . . . . . . . . . . . . . 53
Thermochemische Reaktionsgleichungen S. 54. - Bildungsenthalpie und
Bildungsenergie (Bildungswarmen) S. 55. - Kirchhoffscher Satz S.56
3. Entropieanderung, Reaktionsentropie L1 S (= L1 Sp), L1 S,.,und
4. Reversible Reaktionswarme L1 Qrev = T L1 S, bzw. (Ll Qrev)v = T L1 Sv 56
5. Anderung der Freien Enthalpie, Freie-Reaktionsenthalpie L1 G, Anderung
der Freien Energie, Freie-Reaktionsenergie L1 U, (= Maximale Reaktions-
arbeit, Affinitat) ........................ 59
Normalwert der Freien-Reaktionsenthalpie Ll NG, S. 61. - Die Helmholtz
Gibbssche Gleichung S. 61.
§ 11. Die energetischen GroBen von Stoffen in Mischphasen. . . . . 62
Mischphasen S. 63. - Ideale und reale Mischungen S. 63. - Natur der ge
lOsten Partikeln S. 64. - Zusammenhange zwischen den ErscheinungeD bei
Mischphasenbildung realer Systeme S. 64.
1. Partielle GroBen und Partielle molare GroBen . . . . . . . . . . . 65
Die Abhangigkeit der partiellen molaren GroBen ;ren der ZusaJDmensetzung,
dem Molenbruch x; Freie Enthalpie, Entropie, Entralpie, Molwarmen S.67.
2. Die Losungs- und Verdiinnungsenthalpien (-warmen) (differentielle und
integraie) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . '. . . . . . 70
tJbersicht 2. Mischungs-, Losungs- und Verdiinnungsenthalpien und
ihre gegenseitigen Beziehungen. . . . . . . . . . . 72
C. GIeichgewichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
§ 12. Physikalische Gleichgewichte, Phasengleichgewichte 74
1. Einstoffsysteme (Aggregatzustandsanderungen) . . . . . . . . . 74
a) Verdampfen, 'X:ondensieren. . . . . . . . . . . . . . . . . 74
Die Dampfdruckgleichung S. 76. - Die Dampfdruckkonstante, die
Chemische Konstante S.77.
a'l Sublimieren . . . 78
b) Schmelzen Erstarren 79
c) Modifikationswechsel. 80
Das Phasengesetz (die "Phasenregel") 80
2. Zweistoff-, Mehrstoffsysteme (insbesondere Phasengleichgewichte mit
LOsungen) ........................ 80
a) Verdampfungsgleichgewichte binarer Systeme . . . . . . . . 81
al) Der Dampfdruck iiber e!ner fliissigen Mischphase (Losung). . . 81
a) ideales (1) reales Verhalten S. 81. - Die Dampfdruckerniedrigung
(Raoultsches Gesetz) S. 82.
a2) Der Siedepunkt einer fliissigen Mischphase (SiedepunktserbOhung). 82
b) Schmelzgleichgewichte binarer Systeme . . . . . . . . . . . . . 83
Der Gefrierpunkt einer fliissigen Mischphase (Gefrierpunktserniedrigung)
S.84.
c) LOslichkeitsgleichgewichte binarer Systeme . . . . . . . . . . . . 85
Loslichkeit S. 85. - LOsung eines Festkorperl! S. 85. - Temperaturab
hiingigkeit der LOslichkeit S. 86. - Losung einel! Gases (Henrysches
Gesetz) S. 86. - Verteilung eines Stoffes zwischen zwei Losungsmit,teln
(Nernstscher 'Verteilungssatz) S. 87.
§ 13. Chemische Gleichgewichte .................... 88
1. Gleichgewichte in homogenen Systemen . . . . . . . . . . . . ., 88
Das Massenwirkungsgesetz (MWG) S. 88. -Die Gleichgewichtskonstante
S. 90. - Druckabhiingigkeit der Gleichgewichtskonstante S. 91. - Die
Inhaltsverzeichnis. VII
Seitc
Gleichgewichtszusa:mmensetzung S. 92. - Dissoziationsgrad S. 92. - Bil
dungsgrad S. 92. - Temperaturabhangigkeit der Gleichgewichtskonstante
S. 94. - Prinzip des kleinsten Zwanges S. 96. - Freie-Reaktionsenthalpie
Ll G (Affinitat) und Gleichgewichtskonstante S. 96. - Beziehung zum Normal
wert der Freien-Reaktionsenthalpie LI NG (Normalaffinitat) S. 96. -Zusam
mengesetzte chemische Gleichgewichte S. 97.
2.' Chemische Gleichgewichte in heterogenen Systemen. . . . . . . . . 98
Ubersicht 3. Die Konstanten des MW G; Ableitung und Abhangig-
keiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
An wendungsteil:
D. Die praktische Auswertung der energetischen GrOBen und ihrer wechselseitigen Be-
ziehungen ..........................••.... 100
§ 14. Die Ubersichtsdarst,ellung der praktisch benutzten thermodyna
mischen Beziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 100
1. Die Ubersicht fiir Einphasen.Emstoff-Systeme ..,....... 100
Ubersicht 4. Schema der thermodynamischen Beziehungen fiir
ein Einphasen-Einstoff-System ................ 101
2. Die. Ubersicht fiir Reaktions-(Umwandlungs-)groDen. , . . . . . . . 103
Ubersicht 5. Schema der 'thermodynamischen Beziehungen fiir
Umwandlungen, Reaktionen .................. 104
3. Die allgemeine Ubersicht fiir reales Verhalten ........... 105
Ubersicht 6. Schema der thermodynamischen Beziehungen fiir
reale Mischpha~ensysteme ................... 106
§ 15. Die Anwendung der praktisch benutzten thermodynamischen
Beziehungen in einem Modellbeispiel ............... 107
I. Die energetischen Daten der Einzelphasen des Stoffes Z . . : . . . 109
II. Physikalische Umwandlungen. Die energetischen Daten fiir die Aggregat-
zustandsanderungen des Stoffes Z ..... ........ 119
III. Chemische Reaktionen. Die energetischen Daten fiirdie Dissoziations
reaktion des zweiatomigen Gases Z2 . . . . . . . . . . . . . . . 128
Das cbemische Gleichgewicht, . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
IV. Die energetischen GroDen bei bestlmmtem Volumen und Umwandlungen
(Reaktionen) bei konstantem Volumen . . . . . . . . . . . . .. 134
§ 16. Die Anwendung der thermodynamischen Beziehungen bei realem
Mischph8senverbalten in einem "Modellbeispiel Losung" .. 141
1. Die Effekte und energetischen GroDen bei Bildung einer realen Misch-
phase (beim Losen und Verdiinnen) ....... 141
2. Phasengleichgewichte des Mischphasensystems 152
3. Chemische Reaktionenmit Mischphasenkomponenten . 155
E. 'Obungsbeispiele und Aufgaben . . . . 156
F. Tabellenanhang '. . . . . . . . . . . 203
Symbole, Konstanten, Einheiten 203
Energetische Daten von Einzelstoffen, physikalischen Umwand-
lungen und Bildungsreaktionen 212
Gleichgewichtsdaten . . . . . . 220
Mathematischer Formelanhang 224
Literaturhinweis 233
Sachverzeichnis . . . 235
Zur Einfiihrung.
Ais Gegenstand der Physikalischen Chemie lassen sich die Wechselwirkungen
zwischen Stoff (Materie) und Energie anfUhren, denn: k6nnen wir die Physik
als die Wissenschaft bezeichnen, die durch Energie und Energieanderungen ge
kennzeichnet ist, so ist die Chemie durch die stofflichen Erscheinungen, den Stoff
und die Stoffanderungen charakterisiert. Die Physikalische Chemie, als Briicken
glied zwischen den beiden Pfeilern der exakten Naturwissenschaften, la.Bt sich da
nach auf die Energieanderungen bei stofflichen Umsetzungen festlegen .
. Ziel der physikalisch-chemischen Forschung ist es, die Gesetzma.Bigkeiten
des chemischen Geschehens aufzudecken, sie physikalisch zu untermauern und
sie nach M6glichkeit mathematisch zu formulieren.
Die Aufgliederung der PhysikaIischen Chemie lii.Bt sich nach dem Gegenstand
und dariiber hinaus noch nach bestimmten Betrachtungszielen vornehmen.
Gliederung nach dem Gegenstand.
Legen wir den Gegenstand auf die Wechselwirkungen zwischen Stoff und
Energie fest, dann k6nnen wir die GIiederung nach den Energiearten, die bei
Umwandlung chemischer Energie in Erscheinung treten, vornehmen und zwar
chem. Energie in Warme und Arbeit . allg. physikalische Chemie
" elektrische Energie . Elektrochemie
" "
" strahlende Energie . Photochemie
" "
Unterteilung nach unterschiedliehen Betrachtungszielen
(Betrachtungsweise) .
Unterschiedliche Betrachtungsziele bei den mit Energieanderungen verbun
denen stofflichen Umsetzungen sind z. B. die energetischen Verhaltnisse einer
seits und die atomistisch-mechanischen Verhaltnisse bei Stoffen und Stoffande
rungen andererseits, welch letztere wir sowohl yom Standpunkt der Statik, wie
der Kinetik betrachten k6nnen. Wir wollen diese Untergliederung unter "Be
trachtungsweise" zusammenfassen, dies aber im Bewu.Btsein, da.B es sich nicht
urn eine energetische Betrachtung, sondern um eine Betrachtung im Hinblick
auf die energetischen Verhaltnisse und Erscheinungen handelt. (Diese unter
schiedlichen Betrachtungsziele k6nnen auch als oberstes Einteilungsprinzip
herangezogen werden, derart, da.B man das gesamte physikalisch-chemische Ge
schehen erstmals in Energetik, Statik und Kinetik teilt und dann nach gegen
standIichen IGesichtspunkten unterteilt. Diese Art wiirde aber das iiberkommene
und bewahrte GefUge weitgehend auflockern.)
Die fUr uns ma.Bgeblich sein sollende Gliederung mag durch folgende syste
matisierende Skizze veranschaulicht werden.
Holleck, Physikalische Chemie. 1
2 Zur Einfiihrung.
Physikalische Ohemie.
Umwandlung der Energiearten, von ehemiseher (stofflieher)
Energie in:
Einteilungsprinzip:
kalorische, mechanische
(Warme) (Arbeit) elektrische I strahlende
Allg. physikalische
Gliederung nach dem Gegenstand: Elektrochemie Photochemie
Ohemie
Unterteilung nach der Betrachtungs-
weise:
energetisch Ohem. Thermodyna-
atomistisch-roechanisch mik
a) statisch (Chem. Statik)
b) kinetisch Ohem. Kinetik
Der Standort der Chemischen Thermodynamik ist damit auch umrissen; es
handelt sich danach um die energetische Behandlung des chemischen Geschehens,
das mit Energieanderungen auf der Basis von Warme und Arbeit einhergeht.
DaB sich die energetische Betrachtungsweise auf das gesamte chemische und
physikalische Geschehen erstreckt, ergibt sich schon daraus, daB jede Substanz,
jeder Stoff einen ihm eigenen Energieinhalt besitzt und jede stoffliche Anderung,
wi~ auch jede Zustandsanderung mit Anderungen im Energieinhalt - meist
verbunden mit thermischen Effekten - verkniipft ist. Durch eine im Prinzip
stets gleichbleibende Behandlung lassen sich die Gebiete der Chemie und Physik
trotz ihrer stofflichen und zustandlichen Vielfalt in energetischer Beziehung
iibersehen und beherr-schen. Die Thermodynamik bietet uns hierzu die Hand
habe; sie ermoglicht uns Aussagen iiber die Stabilitat von Stoffen und Zu
standen, die Energiebilanz bei physikalischen und chemischen Prozessen, die
Richtung des freiwilligen Ablaufs von Vorgangen, die Gleichgewichtslage und
deren BeeinfluBbarkeit zu machen. Uber Geschwindigkeiten von Vorgangen,
Reaktionsgeschwindigkeiten, laBt sich vom Standpunkt der Thermodynamik
bekanntlich nichts aussagen, desgleichen sind auch Reaktionsmechanismen nicht
auf energetischer, sondern auf kinetischer Basis aufzuklaren.
AIle thermodynamischen Beziehungen fuBen auf den Hauptsatzen der Ther
modynamik, jenen Satzen, die aus der Erfahrung begriindet sind, da sie auf
keine weiteren aIlgemeinen Prinzipien riickfiihrbar sind. Es sind dies der Ener
gieerhaltungssatz (1. Hauptsatz), der Entropiesatz oder Satz von der beschrank
ten Umwandelbarkeit von Warme in Arbeit (2. Hauptsatz) und der Nernstsche
Warmesatz (auch 3. Hauptsatz), der Aussagen iiber den Absolutwert der Entro
pie ermoglicht, auf den aIlerdings die Voraussetzung (Nichtriickfiihrbarkeit auf
aIlgemeinere Prinzipien) nur bedingt zutrifft.
Die Hauptsatze sind in den uns begegnenden, bzw. den von uns behandelten
Erscheinungen auf die Summe der in dem stofflichen System vereinigten Par
tikeln bezogen. (Der zweite Hauptsatz, als statistisches Gesetz, ist iiberhaupt
auf dem Verhalten einer Vielzahl begriindet.) Es handelt sich hier nicht urn die
Verfolgung des atomaren Geschehens, sondern urn das summarisch-energetische
Verhalten der Materie, etwa in molaren Bereichen. Wenn wir also z. B. vom Ener
gieinhalt sprechen, so versteht sich dies fiir die betrachtete Vielzahl der Teilchen,
§ 1. Symbolik. 3
die ihrerseits sehr unterschiedliche kinetische Energie besitzen kannen - so
bei Gasen in Maxwellscher Verteilung.
Vorbedingung fUr die rechnerische Behandlung energetischer Probleme sind
neben der Ubersicht iiber die thermodynamischen Zusammenhange die KIarheit
und Eindeutigkeit der Voraussetzungen. Unter diesen werden gleich zu Beginn
die Zeichen- und Vorzeichengebung behandelt, denn leider lieBen sich diese bis
her noch nicht in dem zu wiinschenden MaB vereinheitlichen, und gerade ein
konsequenter Zeichen- und Vorzeichengebrauch laBt die Fehlermaglichkeiten
bei der rechnerischen Anwendung weitgehend verringern.
Die Ubersichtsblatter (Schemata) iiber die Ableitungen und gegenseitigen
Beziehungen der energetischen GraBen bzw. Zustandsfunktionen bringen gleich
zeitig die ParalleIitat der Behandelbarkeit der volum- und druckbezogenen Gra
Ben bzw. der volum- und druckkonstanten Vorgange zum Ausdruck. Wenn auch
die druckkonstanten Vorgange die weitaus graB ere praktische Bedeutung haben,
so solI durch diese parallele Darstellung die volle Analogie der theoretischen Ver
kettung bei beiden Arten von Vo rgangen deutlich werden.
Einen verhaltnismaBig breiten Raum nehmen in diesem Buch Modellbei
spiele ein, die in die rechnerische Behandlung einfUhren sollen. Da bei ihnen die
Schwankungen experimentell ermittelter Daten, die mitunter bei praktischen
Berechnungen zu unvereinbarlichen Ergebnissen fiihren, wegfallen, eignen sie
sich vornehmlich dazu, die gegenseitigen Beziehungen auch zahlenmaBig und in
allen ihren Auswirkungen zu verfolgen.
Bei Berechnungen miissen wir uns vielfach auf die Bereiche idealen Verhal
tens beschranken bzw. ide ales Verhalten zugrunde legen, dennwenn wir auch im
Prinzip die Behandlung realer Systeme beherrschen, so fehlen meist - vor aHem
bei den realen Mischphasensystemen - die jeweils natigen Unterlagen, da ja
die stoffspezifischen Wechselwirkungskrafte, die von System zu System ver
schieden sind, aus experimentellen Daten ermittelt werden miissen. Die prinzi
pielle Behandelbarkeit - durcli EinfUhrung der Aktivitat unter Beibehaltung
der Form der Beziehungen idealen Verhaltens -wird ebenfalls an einem Modell
beispiel demonstriert.
Der Aufgabenteil mit seinen durchgerechneten Beispielen laBt sich mit Hilfe
der Tabellen durch Analogieaufgaben nach Bedarf ausweiten.
A. Allgemeine Begriffe und Voraussetzungen.
§ 1. Symbolik.
Die in vorliegendem Buch - der Thermodynamik - verwendeten Sym
bole finden sich in alphabetischer Reihenfolge in Tab. 1 im TabellenteiI F ver
zeichnet. Hier sollen die grundsatzlichen Punkte der Zeichengebung zusammen
gefaBt werden, die dem Ziel eiher jeden Symbolik dienen sollen, namlich mit
einem Minimum an Zeichen ein Maximum an Einfachheit, das Optimum an Ein
deutigkeit und Klarheit zu erreichen.
Klein- und GroBschreibung. Die energetischen GraBen werden in ihrer all
gemeinen Bedeutung, fUr eine beliebige Mengeneinheit, mit Kleinbuchstaben
geschrieben (u, h, s, j, g, cv, cp), die grof3geschriebenen Symbole (U, H, S, F, G,
1*