Table Of ContentPharmaceutische
Ue b ungsprapara te.
Allieitullg zur Darstelhmg, Erkellllullg, Prufullg
uud stochiometrischeu Berechuuug
von
officinellen chemisch-pharmaceutischen Praparaten.
Yon
Dr. Max Biechele,
Apotbeker
Berliu.
V e rIa g von J u 1 ius S p r i 11 g e r.
1894.
ISBN-13: 978-3-642-98820-2 e-ISBN-13: 978-3-642-99635-1
001: 10.1007/978-3-642-99635-1
Alle Rechte vorbehalten.
Softcover reprint of the hardcover 1s t edition 1894
Vorwort.
N ach reichsgesetzlicher Bestimmung hat jeder Apotheker
lehrling innerhalb seiner Lehrzeit ein Journal uber die im Labora
toriul11 unter Aufsicht des Lehrherrn odeI' Gehilfen ausgefUhrten
pharl11aceutischen Arbeitell fortgesetzt zu fUhren, welches eine
kurze Beschl'eibung del' vol'geschl'iebenen Operationen und del'
Theol'ie des betl'effenden chemischen Processes enthalten muss.
Dieses Labol'ationsjournal ist del' Meldung ZUl' Gehilfenpl'ufung
beizulegen. Bei dem pl'aktischen Theil del' Gehilfenprufung
hat del' Lehl'ling ein chemisch-pharmaceutisches Pl'aparat des
Al'zneibuehes zu bel'eiten, sowie zwei chemische Praparate auf
deren Reinheit nach Vol'schl'ift des Al'zneibuches zu untersuchen.
Auch bei del' Appl'obationspl'ufung hat del' Kandidat zwei
chemische Pl'aparate anzufel'tigen und uber die AusfUhrung
del' Arbeiten einen schriftlichen Bel'icht abzufassen.
VOl'liegendes Bueh giebt nun eine Anleitung zul' Dal'
stellung, Pl'ufung und stOchiometl'ischen Berechnung chemischer
Pl'aparate, sowie zul' theoretischen Ausarbeitung del' dabei VOl'
koml11enden Operationen und chemischen Pl'ocesse. Das Buch
enthalt die meisten officinellen chemischen Praparate auf diese
Weise beal'beitet, und nUl' die Praparate, del'en Darstellung
mit besonderer Schwierigkeit odeI' Gefahrlichkeit verbunden
ist, odeI' kosttlpielige technische Vorrichtungen bedarf, wurden
nicht berucksichtigt. Die V ol'schriften zur Darstellung del'
Praparate wurden fUr klein ere Quantitaten gegeben, da es sich
hiel' nicht darum handelt, Pl'apal'ate fUr den gewerbsmassigen
Gebrauch, sondern zu Uebungszwecken dal'zustellen. Um die
Praparate mit Hilfe des Buches selbststandig und oIlne weitere
Anleitung darstellen zu kannen, war Verfasser bestrebt, eine
maglichst genaue Beschreibung del' Darstellung zu geben, und
namentlich auf die praktischen Vol'theile hinzuweisen, deren
IV Vorwort.
Beriieksiehtigung zur Gewinnung eines vorsehriftsmassigen Pra
parats nothig ist.
An die Besehreibung del' Darstellungsweise kniipft sieh
die del' Eigensehaften des Praparats an, indem hier haupt
saehlieh die Angaben des Arzneibuehes beriieksiehtigt und
die einsehlagigen ehemisehen Proeesse entwiekelt werden.
Letzteres gesehieht aueh bei del' darauf folgenden genauen
Besehreibung del' Priifung des Praparats naeh Angabe des
Arzneibuehes. Am Sehlusse w~rden die Mengenverhaltnisse
del' auf einander ehemiseh einwirkenden Stoffe, sowie die Aus
beute des Praparats stoehiometriseh bereehnet.
Wenn aueh heut zu Tage del' Sehwerpunkt del' pharma
eeutisehen Thiitigkeit nieht mehr auf die Darstellung von
ehemisehen Praparaten, sondern vielmehr auf die Prufung der
selben gelegt werden muss, indem man in vielen Fallen aus
ehemisehen Fabriken reinere, sehonere und selbst billigere
Praparate bezieht, als man in pharmaeeutisehen Laboratorien
darstellen kann, so darf dennoeh die Darstellung von Pra
paraten zu Uebungszwecken von den lernenden Pharmaeeuten
nicht vernaehlassigt werden. Olme praktisehes Arbeiten im
Laboratorium ist ein erfolgreiehes Studium del' Chemie un
moglich. WeI' eine gewisse Anzahl von Eisen-, Queeksilber-,
Kalium-, Natrium-, Zink- etc. Praparate dargesteUt hat, demo
treten eine Menge von Erseheinungen und Eigensehaften
diesel' Metalle VOl' Augen, so dass ihm das theoretisehe Stu
dium diesel' Stoffe ungemein erleichtert und verstandlicher
wird. Ebenso muss die Priif'ung del' Praparate auf ihre
Identitat und Reinheit praktiseh geiibt werden; zugleich soUte
abel' auf die Kenntniss del' sieh dabei abspielenden ehemisehen
Processe ein Hauptgewicht gelegt werden. So miissen beim
Studium del' Chemie Theorie und Praxis stets vereinigt werden.
Moge das Bueh den jiingeren Fachgenossen eine neue
Anregung zur Darstellung und Priifung del' Praparate in den
pharmaeeutischen Laboratorien geben! Moge sieh das Bueh
hierbei als treuer Berather bewahren!
Eiehstatt, im Marz 1894.
Der Verfasser.
Inhalt.
Selte Seita
Acidum aceticum dilutum Hydrargyrum oxydatum . 123
Acidum benzoicum. n Hydrargyrum oxydatum via hu-
Acidum boricum 10 , mida para tum 127
Aciclum formicicum 13 Hydrargyrum praecipitatum al-
Acidum phosphol'icum 18 bum 130
Aether bromatus 24 Jodoformium 133
Aluminium sulfuricum 28 Kalium aceticum 136
Ammonium bromatum :H Kalium bromatum 139
Aqua Amygdalarum amararum 37 Kalium jodatum 146
Aqua chlorata 43 Kalium sulfuratum 153
Argentum nitricum 47 Kalium tartaricum 155
Auro Natrium chI ora tum GB Liquor Aluminii acetici 159
Bismuthum subnitricum . ,58 Liquor Ammonii acetici 163
Calcium carbonicum praecipi- LillllOr Ferri joclati 165
tatum 64 Liquor Ferri oxychlorati 167
Calcium phosphoricum 69 Liquor Ferri sesquichlorati . 171
Chininum Ferro-citricum 74 Liquor Ferri subacetici 179
Collodium. 77 Liquor Kalii acetici 188
Cuprum sulfuricum 79 Liquor Kalii arsenicosi 190
Emplastrum Lithargyri 82 Liquor Natri caustici . 193
Ferrum carboni cum saccharatulll 84 Liquor PlulIlbi sUbltCetici 197
Ferrum citricum oxydatum . 89 .Magnesia usta 200
Ferrum lacticum 95 Natrium aceticum 203
Ferrum oxydatulll saccharatum 102 Natrium bromatum 207
Ferrum sulfuricum. 105 Natrium jodatum 212
Ferrum sulfuricum siccum 110 Natrium phosphoricum 217
Hydrargyrum bijodatum . 113 Natrium salicylicum 223
Hydrargyrum chloratum . 116 Plumbum aceticum 226
Hydrargyrum cyanatum . 119 Sapo medicatus . . 228
VI Inhalt.
Seite Seitf:'
Spiritus Aetheris nitrosi 230 Tartarus stibiatus 249
Stibium sulfuratum aurantia- TincturaFerri chlorati aetherea 254
cum. 233 Zincum aceticum . 2.57
Sulfur depuratulll. 238 Zincum chI ora tum 260
Sulfur praecipitatulll 241 Zincum oxydatum 264
Tartarus natronatus . 246 Ziucnm sulfnricum 2(19
Anhang.
Seite
Darstellung, Priifung und Verwendung der officin. volulIletri·
schen Fliissigkeiten 275
1. Acidulll hydrochloriculll volumetricum 275
2. Liquor Kali caustici volumetricus 282
3. Liquor Argenti nitrici volumetricus . 289
4. Liquor Natl'ii chlorati volumetricus . 295
5. Liquor Natrii thiosulfurici volumetricus 297
6. Liquor Jodi volumetricus .... 306
Acidnm aceticnm dilntnm.
Acetum concentnttU1n. Verdunnte Essigsaure.
+ +
C2 H4 O2 xH2 0 = CH3 - CO . OH XH2 O.
Darstellung. 200 g krystallisirtes Natriumaeetat bringe man
2/3
in einen Kolben, der etwa damit angefiillt wird, und iibergiesse
dasselbe mit 100 g reiner cone. Schwefelsaure. Den Kolben verbinde
man mit einem Liebig'sehen Kiihler, dureh welehen man wahrend del'
Destillation bItes Wasser laufen lasst, und fiige eine Vorlage an.
Den Kolben sctze man auf ein Sandband und umgebe denselben so
weit mit Sand, als der Inhalt des Kolbens reicht. Man erhitze nun
anfangs gelinde, dann starker, wenn die Destillation nur mehr trage
von statten geht, bis der Inhalt des Kolbens nahezu troeken ge
worden. Das in del' Vorlage angesammelte Destillat priife man auf
seinen Gehalt an wasserfreier Essigsaure.
Da die Starke der Essigsaure, welehe mehr als 430/0 wasserfreie
Essigsaure enthiilt, durch das specifische Gewicht nicht erkannt werden
kann, indem eine 43 proeentige Saure dasselbe specifische Gewicht
besitzt wie die wasserfreie Essigsaure, und eine 55 procentige das
selbe wie eine 96 proccntige, so muss der Essigsauregehalt durch
Sattigen mit einem Alkali bestimmt werden.
Zu diesem Zweeke wiege man 5 g des Destillats genau ab, ver
diinne sie mit 30 cern Wasser, fiige einige Tropfen Phenolphthalein
Iii sung hinzu und dann so viel Normal-Kalilauge, bis die Fliissigkeit
sidl bleibend violett farbt. Die hierzu verbrauchten cern N urmal
Kalilauge multiplicirc man mit 0,06; man crhiilt dadurch die Menge
wasserfreier Essigsiiure, welche in 5 g des Destillats enthalten. Urn
den Procentgelmlt an Essigsaure zu finden, multiplicire man 0 bige
Zahl mit 20. Hat man z. B. 38 cern Normal-Kalilauge bis zur
Sattigung gebraueht, so sind in 5 g des Destillats 38 X 0,06 = 2,28 g
Essigsaurc> enthalten, somit in 100 g 20 X 2,28 = 45,6 g. Man
B i e c he 1 e. Phalmac. U ebungspraparate. 1
2 Acidum aceticum dilutum.
wiege nun das Destillat und berechne, wie viel das Gewicht des
selben betragen miisste, wenn die Same 30 % Essigsaure enthielte.
Man findet dieses durch die Gleichung: der verlangte Procentgehalt
30 verhalt sich zu dem gefundenen Procentgehalt des Destillats wie
das Gewicht desselben zu x. Wiegt das Destillat z. B. 150 g und
besitzt es 45,6% Essigsaure, so hat man die Gleichung.
30: 45,6 = 150: x,
X= 228 g.
Das Destillat ist daher mit 228 - 150 = 78 g Wasser zu
verdiinnen.
Vorgang. Wird krystallisirtes Natriumacetat mit conc. Schwefel
same erhitzt, so wird Essigsaure und Wasser ausgetrieben, und es
bleibt ein Gemenge von saurem und neutralem N atriumsulfat im
Riickstand.
+ + + +
3(C2Hg02Na 3H20) 2H2S04 = 3C2H402 9H20 NaHS04
Natriumacetat Schwefelsaure Essigsaure Wasser Saures
3.136 +2.98 3.60 Natriumsulfat
Na S0
2 4
Neutrales Natriumsulfat.
Wird das Destillat auf seinen Gehalt an Essigsaure gepriift, so
wird eine Probe desselben mit N ormal-Kalilauge gesattigt, wobei sich
Kaliumacetat und Wasser bildet. 1st alle Essigsaure gesattigt, so
wird der nachste Tropfen Kalilauge bei Gegenwart von Phenol
phthaleinHisung als Indikator eine violette Farbung erzeugen.
+ +
KOH C2H402=C2H302K H20
Kaliumhydroxyd Essigsaure Kaliumacetat Wasser.
56 60
1 Molekiil Kaliumhydroxyd (56 Gewichtstheile) sattigt 1 Molekiil
Essigsaure (60 Gewichtstheile).
Normal-Kalilauge Kaliumhydroxyd
1000 ccm enthalten 56 g
1 "enthalt 0,056 g
Essigsanre
1000 " sattigen 60 g
1 sattigt 0,06 g.
"
Man hat daher nur nothig, die zur Sattigung einer bestimmten
Menge Essigsaure verbrauchten ccm Normal-Kalilauge mit 0,06 zu
multipliciren, urn die Menge wasserfreier Essigsaure zu erfahren.
Acidum aceticum dilutum. 3
Aufbewahrung. Die verdiinnte Essigsiiure ist in gut ver
schlossenen Glasem mit Glasstopfen aufzubewahren.
Eigenschaften. Die verdiinnte Essigsaure stellt eine klare,
farblose Fliissigkeit von saurem Gernche und Geschmacke dar, in
100 Theilen 30 Theile Essigsaure enthaltend. Das specifische Ge
wicht sei 1,041.
Priifung.
1. Die Saure muss vollstandig fiiichtig sein. Man verdampfe
ca. 20 Tropfen del' Saure auf einem Uhrglas auf dem Wasserbade;
es darf kein Rllckstand bleiben. Ein Riickstand wiirde fremde Be
standtheile anzeigen.
2. Man versetze 1 cern verdiinnter Essigsaure mit 3 ccm Zinn
chloriirlosung; es darf im Laufe einer Stunde eine Farbung nicht
auftreten.
1st die Saure arsenhaltig, so entsteht eine Braunfiirbung oder
ein brauner Niederschlag von metallischem Arsen.
+ + + +
As 0 3SnCl 6HCl=As 3SnC1 3H 0
2 S 2 2 4 2
Arsenige Zinnchlorilr Chlor- Arsen. Zinnchlorid Wasser.
Saure wasserstoff
3. Man verdiinne 6 g der verdiinnten Essigsaure mit 30 g Wasser
und versetze je 10 ccm dieser Fliissigkeit der Reihe nach
a) mit Baryumnitratlosung,
b) mit Silbemitratlosung,
c) mit Schwefelwasserstoffwasser.
Es soll in keinem Faile cine Veriindernng erfolgen.
ad a) Enthiilt die Saure Schwefelsaure, so entsteht durch Baryum
nitratlosung eine weisse Fallung von Baryumsulfat.
+ +
H2S04 Ba(NOS)2 =BaS04 2HNOs
Schwefelsanre Baryumnitrat Baryumsulfat Salpetersanre.
ad b) Bei Gegenwart von Salzsaure bewirkt Silbemitrat eme
weisse Fallung von Silberchlorid.
+ +
HCI Ag NOs = AgCI HNOs
ChI or- Silbernitrat Silber- Sal peter-
wasserstoff chlorid saure.
ad c) Sind Schwermetalle, wie Kupfer, Blei, zugegen, so entsteht
durch Schwefelwasserstoff eine dunkle Fallung von Metallsulfid.
+ +
Pb(C Hg 02)2 H S = PbS 2C H 02
2 2 2 4
Bleiacetat Schwefel- Blei- Essigsaure.
wasserstoff sulfid
1*
4 Acidum aceticum dilutum.
4. Man vermische 20 ccm der Saure mit 1 ccm Kaliumperman
ganatlosung; es darf die rothe Farbe innerhalb 10 Minuten nicht
verschwinden. Enthalt die Saure oxydirbare Stoffe, wie Empyreuma,
schweflige Saure, Aceton, Ameisensaure, so findet eine alsbaldige
Entfiirbung statt, indem das Kaliumpermanganat Sauerstoff an diese
Stoffe abgiebt.
5. 5 ccm der Saure sollen 26 ccm Normal-Kalilauge sattigen.
5 ccm der Saure verdiinne man mit 10 ccm Wasser, setze ein
paar Tropfen Phenolphthaleinlosung zu, und dann so viel N ormal
Kalilauge, bis die Fliissigkeit bleibend violett roth gefarbt wird.
Formel und Erklarung- siehe beim Vorg-ang-!
26 ccm Normal-Kalilauge entsprechen 26 X 0,06 = 1,56 g Essig
saure. Da das specifische Gewicht der verdiinnten Essigsaure 1,041
betragt, so wiegen 5 ccm derselben 5 X 1,041 = 5,205 g. Diese
sollen 1,56 g wasserfreie Essigsaure enthalten. In 100 g verdiinnter
Essigsaure miissen daher enthalten sein:
5,205: 1,56 = 100: x,
x= 29,97°/0 wasserfreie Essigsaure.
Das Arzneibuch verlangt, dass in 100 g der Saure 30 g Essig
saure enthalten seien.
StOchiometrische Berechnungen.
1. Wie viel 95procentige Schwefelsaure verwendet man zur Zer
setzung von 200 g krystallisirtem Natriumacetat?
3 Molekiile Natriumacetat (3.136 Gewichtstheile) entsprechen
2 Molekiile Schwefelsaure (2.98 Gewichtstheile).
3 (NaC2H3 O2 • 3H20) 2H2S04 NaC2H302• 3H20
408 196 200 x
x= 96,0 g H2S04•
Diese Menge Schwefelsaure entspricht 95 procentiger Schwefel
saure:
95: 100 = 96 : x,
x= 101 g.
Zur Zersetzung von 200 g krystallisirtem Natriumacetat ver
wendet man 101 g 95procentiger Schwefelsaure.
2. Wie viel 30procentige Essigsaure erhalt man von 200 g
krystallisirtem Natriumacetat?