Table Of ContentPatrick Eser
Perspektiven der Regulationstheorie
Sozialtheoretische Reformulierungsversuche
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Patrick Eser
Perspektiven der Regulationstheorie
Sozialtheoretische Reformulierungsversuche
ISBN: 978-3-8366-1404-7
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2008
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INHALTSVERZEICHNIS
1 EINLEITUNG - ZUM METHODISCHEN VORGEHEN 3
2 REKONSTRUKTION DES REGULATIONSANSATZES 7
2.1 Der strukturalistische Marxismus Althussers 8
2.1.1 Wirkung Althussers 8
2.1.2 Der Althussersche Begriffsapparat 10
2.1.3 Die Interpretation des althusserschen Marxismus durch die
Regulationisten: Ihr Verhältnis zum Vermächtnis und die
regulationistische „Aufhebung“ 18
2.2 Abgrenzung der Regulationisten von der neoklassischen
Gleichgewichtstheorie 29
2.2.1 Die neoklassische Wirtschaftstheorie 30
2.2.2 Regulationstheoretische Kritik an der neoklassischen Wirtschaftstheorie 32
2.3 Zusammenfassung der Rekonstruktion 36
3 DARSTELLUNG DER REGULATIONSTHEORIE 38
3.1 Vorbemerkungen 38
3.2 Konzeptionen der frühen französischen Regulationsschule 44
3.2.1 Die Pionierarbeit von Aglietta 44
3.2.2 Regulationstheorie bei Lipietz 52
3.2.3 Boyers Version der Regulationstheorie 59
3.3 Klärung grundsätzlicher Fragestellungen 63
3.3.1 Theorie kapitalistischer Regulation vs. Institutionalistische Theorie der
Ökonomie 63
3.3.2 Konsistenz der Begriffe: Logische Korrespondenz oder historische
Konstellation 70
3.3.3 Zu „objektiven Notwendigkeiten unter kapitalistischen Bedingungen“
und zum theoretischen Stellenwert der Werttheorie: Versuch einer
Synthese 72
3.3.4 Regulationstheorie als „Theorie offener Systeme“ 77
3.4 Der regulationstheoretische Kern 79
4 NEUERE KRITIKEN DER REGULATIONSTHEORIE 82
4.1 Staatstheoretische Defizite in der Regulationstheorie 82
4.1.1 Hirschs Kritik des staatstheoretischen Defizits der Regulationstheorie 85
4.1.1.1 Hirschs Diagnose des staatstheoretischen Defizits 85
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4.1.1.2 Die formanalytische Reformulierung der Regulationstheorie 87
4.1.1.3 Kritik der formanalytischen Reformulierung der Regulationstheorie 96
4.1.2 Staatstheoretische Kritik aus der Perspektive des strategisch-relationalen
Ansatzes von Jessop 99
4.1.2.1 Allgemeines zum staatstheoretischen Ansatz von Jessop 99
4.1.2.2 Die Rezeption der Regulationstheorie durch Jessop 101
4.1.2.3 Grundzüge der Staatstheorie von Jessop 103
4.2 Gesellschaftstheoretische Kritik an der Regulationstheorie 114
4.2.1 Problemaufriss und Vorbemerkungen 114
4.2.1.1 Der Versuch von Lipietz zur Integration des Habitus-Konzepts von
Bourdieu 116
4.2.1.2 „Soziale Grenzen fordistischer Regulation“: Die Kritik von
Mahnkopf 119
4.2.2 Görgs gesellschaftstheoretischer Reformulierungsversuch anhand der
„Theorie der Strukturierung“ von Giddens 121
4.2.3 Hegemonietheoretische Reformulierungen 130
4.2.3.1 Vorbemerkungen 130
4.2.3.2 Die hegemonietheorie Interpretation von Hirsch 133
4.2.3.3 Weitere hegemonietheoretische Reformulierungen (Demirović,
Krebs, Sabloswki) 136
5 ZUSAMMENFASSUNG DER KRITISCHEN EINWÄNDE UND
REFORMULIERUNGSVERSUCHE 147
6 SCHLUSS UND AUSBLICK: 160
7 LITERATUVERZEICHNIS 180
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1 Einleitung - zum methodischen Vorgehen
Vor zehn Jahren wurde eine Studie zur Regulationstheorie mit folgendem Satz eingelei-
tet: „Wo gegenwärtig noch der Anspruch erhoben wird, im Anschluss an die Marxschen
Schriften das Projekt einer historisch-materialistischen Gesellschaftstheorie weiter zu
verfolgen, da stellt die Regulationstheorie einen der wichtigsten Bezugspunkte dar“
(Esser/ Görg/ Hirsch 1994: 7). Diese Einschätzung hat auch heute noch Gültigkeit. Das
regulationstheoretische Projekt scheint mir das ambitionierteste Angebot auf dem
Theorienmarkt zur Erklärung der historisch-spezifischen Konstellationen kapitalisti-
scher Entwicklung zu sein. Hierfür spricht, dass es an den unumgänglichen Erkenntnis-
sen über die spezifische Logik des Kapitalismus, die Marx in seiner „Kritik der politi-
schen Ökonomie“ herausgearbeitet hat, anknüpft und auf dieser methodischen Basis die
Analyse konkreter kapitalistischer Gesellschaftskonstellationen betreibt. Ihre größte
Erklärungskraft entfaltet die Regulationstheorie besteht in der Analyse der dynamischen
Entwicklung von Gesellschaftlichkeit vor dem Hintergrund der spezifisch kapitalisti-
schen Akkumulationsdynamik.
Der Vorteil der Regulationstheorie gegenüber anderen Theorien lässt sich auf der öko-
nomietheoretischen Ebene in einer Gegenüberstellung mit der neoklassischen Wirt-
schaftstheorie zeigen. Die ökonomietheoretische Abgrenzung der Regulationisten von
der Neoklassik war selbst ein zentraler Schritt in der Entwicklung der Regulationsschule
(2.2). Eine weitere, wenn auch bedeutsamere konstitutive Funktion hat die Auseinan-
dersetzung mit dem strukturalistischen Marxismus Althussers (2.1). Dessen Verdienst
war die Entwicklung einer nicht-ökonomistischen Methode zur Analyse der Herr-
schaftsförmigkeit kapitalistischer Gesellschaften. In der Auseinandersetzung sowohl mit
der Neoklassik als auch mit der Althusserschen Spielart von Marxismus gab der Regu-
lationstheorie ihre wesentliche Konturierung. Aus diesem Grund werde ich im ersten
Teil dieser Arbeit (2) die Rekonstruktion der Regulationstheorie vor dem Hintergrund
dieser ideengeschichtlichen Auseinandersetzung betreiben.
Übernahm die Regulationstheorie ihrem Anspruch nach die nicht-ökonomistische
Perspektive Althussers und gab sich dementsprechend die Programmatik, in der Analy-
se kapitalistischer Entwicklung die konstitutive Rolle nicht-ökonomischer Instanzen zu
berücksichtigen, zeigt die Darstellung der Grundbegriffe der Regulationstheorie, die ich
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im zweiten Teil der Arbeit (3) vornehmen werde, dass in den regulationstheoretischen
Entwürfen den kulturellen, ideologischen und politischen Faktoren eine lediglich unter-
geordnete Rolle beigemessen wird.
In der vorliegenden Arbeit werde ich für eine bestimmte Interpretation der Regulations-
theorie plädieren, die die regulativen Instanzen vor allem des kulturellen Bereichs, der
Ideologie aber auch der Politik betont. Die Wirkungen letzterer Bereiche bleiben in den
gängigen Theorien der Regulation, entgegen ihrem breit gefassten Erklärungsanspruch,
nämlich unterbestimmt. Dieses Defizit kauft sie sich durch ihren primären analytischen
Fokus auf ökonomische Fragestellungen ein.
Die folgende Darstellung der Regulationstheorie (3) wie auch die der „neueren Kriti-
ken“ (4) an ihr ist somit weder annähernd vollständig noch standpunktlos. Standpunklos
ist sie insofern nicht als ich mir in meiner Interpretation und Kritik an der Regulations-
theorie die nicht-ökonomistische Perspektive Althussers zu eigen mache. Das erste
Kapitel zum strukturalistischen Marxismus Althussers (2.1) dient als allgemeine Be-
leuchtung der vorliegenden Arbeit. Den vernachlässigten Anschluss der Regulations-
theoretiker an die spezifisch nicht-ökonomistische Perspektive Althussers interpretiere
ich als eine verspielte Möglichkeit.
Die von mir im dritten Teil dieser Arbeit angeführten Kritikpunkte an der Regulations-
theorie beschränken sich folglich auf staats- und gesellschaftstheoretische Kritik- und
Reformulierungsversuche (4.1 und 4.2). Unvollständigkeit bleibt sie dahin gehend, als
die in den letzen Jahren intensiv betriebene Diskussion über die Herausbildung interna-
tionaler Akkumulations- und Regulationsverflechtungen außer Betracht bleiben. Eine
knappe Zusammenfassung zumindest der Herausforderung, die die internationale Ver-
flechtung ökonomischer und politischer Zusammenhänge für die Regulationstheorie
darstellt, soll dennoch aufgrund ihrer aktuellen Bedeutung im Abschnitt zum Resümee
der Kritiken (5) erfolgen.
Positiv formuliert zielt die Auswahl der Kritik darauf ab, solche Reformulierungsversu-
che der Regulationstheorie einzubeziehen, die das theoretische Wiedereinholen kulturel-
ler, ideologischer und politischer Phänomene anstreben. Für eine verstärkte und intensi-
vierte Reflexion auf den Staat innerhalb der Regulationstheorie plädieren die Staatstheo-
retiker Hirsch (4.1.1) und Jessop (4.1.2). Eine im Ansatz sinnvolle gesellschaftstheoreti-
sche Erweiterung stellt der Versuch von Görg dar, die Brauchbarkeit der „Theorie der
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Strukturierung“ (Giddens) für die Regulationstheorie zu prüfen. Des Weiteren stellen
die hegemonietheoretische Interventionen in den regulationstheoretischen Diskurs, wie
sie unterschiedliche Theoretiker (Hirsch, Demirovic, Sablowski etc.) vorgenommen
haben, interessante Erweiterungsversuche der ökonomisch beschränkten Perspektive der
Regulationstheorie dar.
Ungeklärt bei diesen, um die kulturellen, ideologischen und politischen Phänomenbe-
reiche erweiterten Reformulierungen, ist die Frage nach dem Stellenwert der Werttheo-
rie, d.h. der Erkenntnisse der „Kritik der politischen Ökonomie“. Diese grundsätzliche
Frage soll vor der Darstellung der Kritiken und im Anschluss an die Rekonstruktion der
Spielarten der französischen Regulationstheorie erörtert werden (3.3). Hierin werde ich
die These vertreten, dass ohne eine werttheoretische Fundierung die kapitalistische
Spezifik ökonomischer Dynamiken nicht verstanden werden kann. Dennoch ist ihr
Erklärungsanspruch dahingehend einzuschränken, dass sie in der Analyse nicht-ökono-
mischer Phänomenbereiche keine Geltung beanspruchen kann.
Mein Plädoyer für eine stärkere Fokussierung auf die nicht genuin ökonomischen
Aspekte gesellschaftlicher Regulation sieht in denjenigen hegemonietheoretischen
Ansätzen (Demirović, Krebs und Sablowski), die die enge Verknüpfung von Macht und
Wissen herausarbeiten, eine sinnvolle Erweiterung der eingeschränkten Perspektive der
Regulationstheorie. Diese sinnvollen theoretischen Verschiebungen deuten m.E. in die
Richtung der Machtanalysen von Foucault und dessen Untersuchungen zur Entstehung
moderner Subjektivität. Beide Ansätze verfolgen die handlungsanleitenden und herr-
schaftsstabilisierenden Wirkungen hegemonialer Diskurse.
Meine These ist, dass die gouvernementalitätstheoretische Perspektive, die Foucault in
seinen späten Machtanalysen entwickelt hat, eine theoretische Nähe zu den regulations-
theoretischen Fragestellungen aufweist. Die grundlegende Fragestellung Foucaults ist
die Analyse der historisch-spezifischen Formen der Subjektkonstitution. Hierin ist er
von der Ideologietheorie und dem Subjektbegriff seines Freundes und Lehrers Althusser
beeinflusst. Meine Auffassung von der korrektiven Erleuchtung der ökonomistischen
Verkürzungen der Regulationstheorie durch einen verstärkten Bezug auf Althusser
gipfelt in der These, dass die „Genealogie des modernen Subjekts als einer historischen
und kulturellen Realität“, wie sie Foucault betreibt, eine zentrale Verstärkung der analy-
tischen Kraft der Regulationstheorie darstellen kann. Will die Regulationstheorie ihren
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analytischen Fokus um kulturelle und ideologietheoretische Dimensionen erweitern,
stellt die Gouvernementalitätstheorie von Foucault die geeignete theoretische Flankie-
rung dar. Ich werde daher im ausblickenden Schluss (6) versuchen, die These von der
Kompatibilität von Regulationstheorie und Gouvernementalitätsstudien, vor allem im
Hinblick auf den zeitdiagnostischen Gehalt, plausibel zu machen.
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2 Rekonstruktion des Regulationsansatzes
In der folgenden Rekonstruktion des Regulationsansatzes soll herausgearbeitet werden,
welche theoretischen Einflüsse für dessen Entstehung zentral waren. In der wissen-
schaftlichen Diskussion ist man sich einig, dass die Regulationsschule vor allem aus der
Auseinandersetzung mit zwei theoretischen Ansätzen hervorgegangen ist: zum einen
mit dem des strukturalistischen Marxismus, wie er durch Althussers geprägt wurde und
zum anderen mit dem ökonomietheoretischen Ansatz der neoklassischen Gleichge-
wichtstheorie (vgl. statt vieler Röttger 2003: 171).
In der Rekonstruktion des Regulationsansatzes möchte ich dieser Einschätzung folgen
und das kritische Verhältnis der sich herausbildenden Regulationsschule zu diesen
beiden Einflüssen nachzeichnen.
Die Beziehung der Regulationisten zum Althusserschen Strukturalismus charakterisiert
Jessop als sehr ambivalent; ein Verhältnis, durch das sie immer wieder ihre eigene
Position herausarbeiteten. „Properly to understand the regulationist position, therefore,
we must make a detour through the Althusserian school“ (Jessop 1990: 169). Das
Althussersche Lehrgebäude, so eine gängige Einschätzung aus der wissenschaftlichen
Literatur, ist zentraler Referenzpunkt für die weiteren Grundannahmen der Regulations-
theorie (vgl. Wolfsinkler 2000a: 65). Vor allem in den frühen Beiträgen der „Pariser
Schule“ von Aglietta, Boyer und Lipietz spielt die Überwindung und Aufhebung der
strukturalistischen „Kurzschlüsse“ der Althusserschen Spielart von Marxismus eine
wichtige Rolle und stellt somit ein zentrales Moment in der Entwicklung des regulati-
onstheoretischen Ansatzes dar.
Der Bedeutung dieser Absetzungsbewegung gegenüber der althusserschen Variante des
Marxismus wird in der Rekonstruktion der Regulationstheorie Rechnung getragen: im
ersten Teil der Rekonstruktion soll eine Darlegung der zentralen Grundbegriffe des
strukturalistischen Marxismus Althussers erfolgen. Im darauf folgenden Schritt soll das
ambivalente Verhältnis der Regulationisten ihrem „geistigen Erbe“ gegenüber geklärt
werden.
1 „Faktisch wurde in der Regulationstheorie vor allem die Kritik der neoklassischen Ökonomie (Robert
Boyer) und eines wesentlich von Louis Althusser bestimmten strukturalen Marxismus (Alain Lipietz)
akzentuiert“ (ebd.)
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Eine weitere wichtige Akzentuierung gewinnt der Regulationsansatz in seiner theoreti-
schen Abgrenzung gegenüber der neoklassischen Wirtschaftstheorie. Da ein Großteil
der Regulationstheoretiker von der ökonomischen Disziplin herkommt, soll kurz auf
diese ökonomietheoretische Profilierung eingegangen werden, zumal die Einschätzung
Kurt Hübners ernst zu nehmen ist, dass die „théorie de la régulation ihren eigentlichen
Ausgangspunkt in der (Kritik der) Politischen Ökonomie hat“ (Hübner 1990: 12).
2.1 Der strukturalistische Marxismus Althussers
Die von Lipietz geprägte Kennzeichnung der Regulationisten als „rebellische Söhne von
Althusser“ gibt das widersprüchliche Verhältnis (zumindest) der (frühen) Regulatio-
nisten zu ihrer Inspiration durch den strukturalistischen Marxismus althusserscher
Prägung treffend wieder: als Söhne übernehmen sie wesentliche Bestimmungen des
Althusserschen Marxismus, als „rebellische“ brechen sie zugleich jedoch mit den von
ihnen diagnostizierten strukturalistischen „Kurzschlüssen“, die sie in der Konzeptuali-
sierung ihres neuen Ansatzes überwinden wollen.
Im Folgenden geht es darum, die gedankliche Schuld der Regulationisten gegenüber
dem Denken Althussers zu rekonstruieren. Nach einer kurzen Darstellung von Wirkung
und Werk Althussers, die keine systematische Darlegung dessen Theorie liefern kann
und ebenso über die Entwicklung seines Denkens inklusive der berühmten Selbst-
korrekturen hinwegsehen muss, sollen die theoretischen Absetzungsbestrebungen der
Regulationisten von dem „strukturalistischen Korsett“ ihres geistigen Vaters erläutern
werden.
2.1.1 Wirkung Althussers
Die philosophische Praxis Althussers hatte im Frankreich der 70er Jahren eine schulbil-
dende Wirkung: vor allem durch seine frühen Schriften „Für Marx“ (1962) und „Das
Kapital lesen“ (1972) ist es Althusser gelungen, philosophisch den Aufbruch einer
ganzen Generation von Marxisten zu artikulieren, und zwar weit über die eigentliche
Althusser-Schule hinaus. Dieser Aufbruch bewirkte schließlich die Initiierung eines
relativ eigenständigen Feldes ideologie-, diskurs- und literatur- und politiktheoretischer
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