Table Of ContentARBEITSGEMEINSCHAFT FUR FORSCHUNG
DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN
82. Si tzung
am 1. Oktober 1958
in Dusseldorf
ARBEITSGEMEINSCHAFT FOR FORSCHUNG
DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN
HEFT 82
Paul Schmidt
Periodisch wiederholte Ziindungen
durch Sto~wellen
Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
ISBN 978-3-663-00902-3 ISBN 978-3-663-02815-4 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-02815-4
© 1959 Springer Fachmedien Wiesbaden
Urspriing1ich erschienen bei Westdeutscher Verl.g • K6ln und Opl.den 1959.
Periodisch wiederholte Ziindungen durch StoBwellen
Von Dipl.-Ing. Paul Schmidt, Miinchen
Zusammenfassung
Die Zeitfolge der Verbrennungen in einseitig offenen, rohrformigen Rau
men mit schwingender Gassaule zeigt eine charakterisnsche Abhangigkeit
von der Eigenschwingung der Gassaule. Die Abhangigkeit ergibt sich aus
der Ziindwirkung einer StoBwelle, welche sich im Ablauf einer Periode am
Ende des rohrformigen Raumes ausbildet und auf das Gemisch zulauft.
Theoretische Untersuchungen nach den gasdynamischen Gesetzen geben
keine Aufklarung iiber die Ziindwirkung. Jedoch er.gibt sie sich aus einer
gasdynamisch-molekularkinetischen Betrachtung des StoBvorgangs.
Da die Ziindungen mit sehr hohen Ziindgeschwindigkeiten verlaufen,
kann mit ihnen ein erheblicher Fortschritt der Verbrennungstechnik erreicht
werden.
In gleicher Weise wie ineinseitig offenen Schwingungsraumen sind auch
in geschlossenen Raumen Ziindungen durch StoBwellen moglich. Praktisch
wichtlig ist die Ausbildung von Resonanz-StoBwellen, die als ebene, zylin
drische oder spharische Wellen erzeugt werden konnen.
Resonanz-StoBwellen durften in der Verfahrenstechnik vorteilhafte An
wendungen finden.
Einleitung
Mitdem Fortschreiten der Technik stellt sich in steigendem MaBe die
Aufgabe, die Zeit fur den Ablauf von Verbrennungsvorgangen zu ver
kurzen. Dies ist sowohl fur den Ablauf stetiger Verbrennungen, zum Bei
spiel in Brennk'ammern von Gasturbinen, wie auch fUr den Ablauf perio
disch aufeinander folgender Verbrennungen der Fall. Bei Verbrennungen
in periodischer Folge tritt diese Aufgabe bei Brennraumen hervor, die nur
teilweise mit Gemisch erfiillt werden, in denen aber trotzdem eine Verbren-
6 Paul Schmidt
nung mit hoher Drucksteigerung erfolgen solI. In dies em FaIle muB eine
sehr kurze Reaktionsz'eit erzielt und die Ziindung mit hoher Geschwindig
keit durch das Gemisch hindurch fortgepflanzt werden. Urn diese Forde
rungen zu erfiillen, sind StoBwellen geeignet.
Erfahrungen
Die folgenden Ausfiihrungen geben einerseits Erfahrungen mit StoB
wellenzundung in periodisch arbeitenden, offenen Brennkammern, und
anderers;eits Erfahrungen mit geschlossenen StoBwellenraumen wieder, in
denen durch wiederholte Reflexion Resonanz-StoBwellen erzeugt werden.
Offene Brennkammern. Die Ziindwirkung einer StoBwelle in einer Brenn
kammer veranschaulicht die Abbildung 1 durch drei Oszillogramme.
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Abb.1
Periodisch wiederholte Ziindungen durd! StoBwellen 7
1m unteren Teil des Bildes ist das Rohr, mit welchem die Drucklinien
gewonnen wurden, wiedergegeben. Es ist nach rechts hin offen und links
durch einen Boden verschlossen. Links befindet sich ii'ber eine Strecke von
500 mm hin eine Gemischfiillung. Das Gemisch ist durch eine diinne Pa
piermembran nach rechts gegen die Umgebung abgegrenzt. Yom Boden des
Rohres aus dringt kurz'zeitig heiBes Druckgas, welches eine StoBwelle aus
bildet, <lurch eine nicht darges~ellte Offmmg von rund 10 mm Durchmesser
in das Brennrohr von 80 mm Durchmesser ein.
1m ersten Fall ergibt sich ein Druckdiagramm, wie es gestrichelt und mit
der Bezeichnung LIM = 0 eingetragen ist. Man erkennt, daB der Druck nach
ungefahr 3 Millisekunden wieder den Anfangsdruck von einer Atmosphare
erreicht. 1m zweiten Fall ist ein offenes Luftrohr von 1 m Lange vor das
Rohr mit der Gemischfiillung gesetzt worden. Man hat damit eine vorge
lagerte Luftsaule, die doppelt so lang ist wie die Saule des Gemisches. Bei
einer gleichartigen Ziindung wie vorher ergibt sich ein Druckverlauf, wie
er durch die ausgezogene Linie dargestellt ist, die nach ungefahr 6 Milli
sekunden auf den Atmospharendruck abfaHt. 1m dritten Fall ist ein Luft
rohr von 2 m Lange vor das Brennrohr gesetzt. Das damit erzielte Ver
brennungsdiagramm gibt die strichpunktierte Linie wieder, die erst bei 11
Millisekunden auf den Atmospharendruck abgefaHen ist.
Diese seinerzeit zur Nachpriifung eigener Versume aus dem Jahre 1932
von Professor Nagel veranlaBten Untersuchungen wurden etwa im Jahre
1937 von Dr. Meurer im Maschinenl1aboratorium der Technischen Hoch
schule Dresden durchgefiihrt.
Aus den Diagrammen ist unter anderem die H6he der Ziindgeschwindig
keitabzulesen. Man erkennt, daB der h6chste Verbrennungsdruck innerhalb
von wenig mehr als einer Millisekundeerreicht wird. Die Gemischsaule von
500 Millimetern muB somit wohl innerhalb dieser Zeit entziindet und ver
brannt sein. Daraus folgt eine Ziindgeschwindigkeit von nahezu 500 m/s.
Eine naher·e Anschauung iiber die Ursache der Ziindung ist aus oszillo
graphischen Druck<aufnahmen vondem periodischen Betrieb eines Rohres
zu gewinnen. Die Abbildung 2 gibt Aufnanmenan sechs Querschnitten eines
2,43 m langen Rohres von 121 mm zylindrischem Durchmesser wieder,
welches mit 82 Perioden in der Sekunde arbeitet. Das Rohr ist senkrecht
stehend dargestellt, die Stromung geht von unten nach oben. Langs der mit
b bezeichneten Linie v,erlauft ein Drucksprung vom Rohrende aus zum
Rohranfang hin. Er trifft in H6he von Querschnitt II bei der mit tz be
zeichneten Stene auf das Gemisch (1).
8 Paul Schmidt
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Ahh.2
Da ,der Drucksprung einen relativ steHen Anstieg hat, kann .Jessen Ver
lauf ,als StoBwelle bezeichnet werden. Es ist nicht festgelegt, wie groB die
Steilh~it eines Druckanstiegs sein solI, urn dessen Vedauf a>ls StoBwelle an
zusprechen. Es liegt deshalb nahe, diese Bezeichnung generell fUr steile
Druckanderungenanzuwenden, zumal eine StoBwelle infolge Warmeleitung
und Diffusionauch nicht im Grenzfall einen unendlich schneHen Druck
anstieg haben kann. Die Bezeichnung driickt somit in cler Hauptsache aus,
daB es s'ich bei der Druckanderung um einen re1ativ steilen Druckanstieg
handelt, durch den bestimmte, sonst nicht eintretende Wirkungen ausgelost
werden.
Aus dem Diagramm, Ahbildung 2, geht hervor, daB das Gemisch bald
nach clem Durchlauf der StoBweHe b verbrennt und Druckanstieg einsetzt.
Sodann geht daraus hervor, daB im Gebiet bei t eine neue StoBwelle ent
z
steht, die nach der Linie c zum Rohrende hin liiuft.
Periodisch wiederholte Ziindungen durch StoBwellen 9
Das Gemisch stromt langs cler unterbrochen gezeichneten Linie ein, die
am Rohranfang bei 7 ms beginnt und bei t endet. Die rechts davon ver
z
laufende Schraffur, die vom Gebiet bei t ausgeht und bei 13 ms den Rohr
z
anfang erreicht, bezeichnet angenahert den mit Ionisationsstrecken gemes
senen Verlauf des Entstehens lei tender Verbrennungsgase.
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Abb.3
Eine nahere Anschauung iiber die Wirkung der nach Linie b verlaufenden
StoBwelle gibt die Abbildung 3. Sie zeigt die Gasbewegungen, die auf Grund
der gemessenen Driicke und weiterer Werte mit technisch zureichender
Naherung herechnet werden konnen. Man erkennt, daB Iangs der Linie b
eine plOtzliche Ablenkung cler Gasstromung stattfindet. Diles tritt besonders
deutlich in Hohe der Querschnittslinien II und III hervor. Die Ablenkung
foIgt aus der Nachstromgeschwindigk'eit, die eine StoBwelle dem durchlau
fenen Gas erteilt (1).
10 Paul Schmidt
Dieses Rohr ausdem Jahre 1938 war eines der ersten, das mit selbst
tatiger Zlindung betrieben wurde.
Die Abbildung 4 gibt eine Flammenaufnahme wieder, die das Auftreten
der Nachstromgeschwindigkeit anschaulich zeigt. Links im Bilde ist das Rohr
gezeichnet, dessen EinlaBventil sich wie beim Rohr der Abbildung 2 und 3
unten befindet. Der AuslaB liegt weit oberhalb der Bildgrenze. Nahe liber
dem EinlaBventil sind zwei schmale Quarzfenster, durch einen Steg ge
trennt, angeordnet, welche die Gasbewegung zu fotografieren gestatten. Die
Flammenaufnahme ergab sich dadurch, daB das Schlitzbild auf einen stetig
fortlaufenden Film aufgenommen wurde. Die Rohrlange,liber di'e hin sich
die Quarzfenster erstrecken, erfaBt den Bereich, in den frisches Gemisch ein
stromt und verbrannt wird. Links im Flammenbild, zu Beginn der Auf
nahme, ist die Einstromung von Gemisch als Dunkelfeld, und rechts die
Stromung der entstehenden Verbrennungsgase zu sehen. Etwas rechts von
der Begrenzung des Dunkelfeldes tritt aus dem Gemischbereich ein heller
Abb.4
Stromkanal hervor. Dieser gibt wahrscheinlich eine teilweise Vorverbren
nung von Gemisch wieder. In Bildmitte oben zeigen sich sodann plotzliche
Ablenkungen der Stromung. Diese haben den gleichen Charakter wie die
entsprech'ende Stromung in Abbildung 3 zwischen den Rohrquerschnitten II
und III; sie zeigen den Durchlauf cler StoBwellen h und can.
Periodisch wiederholte Ziindungen durch StoBwellen 11
Verfolgt man die im oberen Teil ,der Abbildung 4 erkennbaren, wm Ein
laBventil gerichteten Ablenkungen weiter nach rechts unten hin, dann be
obachtet man in Bildmitte einerstes Aufflammen des Gemisches. Dies setzt
sich fortschreitend von cler Bildmitte aus nach unten rechts fort und zeigt
eine faserige Leuchtfront. Die erste Entzundung des Gemisch.es und der Weg
der Flammenfront beruhen offenbar auf dem Weg der im oberen Bild1Jeil
erkennbarenersten Ablenkung der Stromung. Da diese Ahlenkung zweifel
los durchden Lauf einer StoBwelle verursacht wird, die vom Rohrende her
kommt, so erweist sich ,auch durch das Foto die StoBwelle als Ursache der
Entzundung des Gemisches.
Die Flammenaufnahme nach Abbildung 4 wurde in dem Forschungsinsti
tut fur Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren an der TH Stuttgart unter
Leitung von Prof. Kamm gegen 1943 gemacht. Die Abbildung ist einem
Aufsatz von Dr. F. Staab entnommen (2).
Die Abbildungen 2,3 und 4 zeigen, ,daB die Zundung mit dem Eindringen
der rucklaufenden StoBwelle in das Gemisch einsetzt. Da der Ausbildung
der StoBwelle gasdynamische Gesetze zugrunde liegen, so ergibt sich eine
gasdynamisch bestimmte Taktfol~e der Verbrennungen. Dies zeigt sich bei
allen Rohren. Das Gesetz fur den Wellenverlauf ist somit zugleich das Ge
setz fur die Zundfolge.
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