Table Of ContentSebastian Bukow
Uwe Jun Hrsg.
Parteien unter
Wettbewerbsdruck
Parteien unter Wettbewerbsdruck
Sebastian Bukow · Uwe Jun
(Hrsg.)
Parteien unter
Wettbewerbsdruck
Herausgeber
Sebastian Bukow Uwe Jun
Heinrich-Heine-Universität Universität Trier
Düsseldorf, Deutschland Trier, Deutschland
ISBN 978-3-658-16599-4 ISBN 978-3-658-16600-7 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-658-16600-7
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbiblio-
grafie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Springer VS
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die
nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung
des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen,
Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem
Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen
im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und
daher von jedermann benutzt werden dürften.
Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und
Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt
sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder
implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt
im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten
und Institutionsadressen neutral.
Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier
Springer VS ist Teil von Springer Nature
Die eingetragene Gesellschaft ist Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany
Inhaltsverzeichnis
Parteien unter Wettbewerbsdruck .................................. 1
Sebastian Bukow und Uwe Jun
Teil I Programme und Positionen
Zum Einfluss des Parteienwettbewerbs auf politische Entscheidungen ... 15
Reimut Zohlnhöfer
Krisenbedingte Reaktionsmuster der deutschen Wirtschaftspolitik ..... 39
Julia Kiesow
Links-rechts und darüber hinaus – eine Neuvermessung der deutschen
Parteienlandschaft mit einem auf die MARPOR/CMP-Daten
angewandten IRT-Modell .......................................... 57
Thomas Däubler
Wie schädlich sind große Koalitionen? Zum Zusammenhang von
Regierungs-Oppositionskonstellation und ideologischer Polarisierung .... 89
Johannes Schmitt und Simon T. Franzmann
Teil II Wettbewerbsmuster und parteiliche Folgen
Stadt, Land, Partei – neue Asymmetrien im Parteienwettbewerb? ...... 123
Oliver D’Antonio
Grüne Farbenspiele. Neue Koalitionen von Bündnis 90/Die
Grünen auf Länderebene .......................................... 151
Niko Switek
V
VI Inhaltsverzeichnis
Die FDP in der außerparlamentarischen Opposition:
Innerparteiliche Willensbildung und Einstellungen der
Parteitagsdelegierten .............................................. 181
Florian Glock
Der Lohn der Kooperation. Vorzeitige Regierungsbeendigungen als
erfolgreiche Strategie im Parteienwettbewerb? ....................... 203
Michael Angenendt und Johannes Schmitt
Autorenverzeichnis
Michael Angenendt Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Sebastian Bukow Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Oliver D’Antonio Universität Kassel
Thomas Däubler Ludwig-Maximilians-Universität München und Universität
Mannheim
Simon T. Franzmann Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Florian Glock Universität Trier
Uwe Jun Universität Trier
Julia Kiesow Justus-Liebig-Universität Gießen
Johannes Schmitt Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Niko Switek Universität Duisburg-Essen
Reimut Zohlnhöfer Universität Heidelberg
VII
Parteien unter Wettbewerbsdruck
Sebastian Bukow und Uwe Jun
1 D ie repräsentative Parteiendemokratie als Basis
des Parteienwettbewerbs
Politischen Parteien kommt in der repräsentativen Parteiendemokratie eine
Schlüsselstellung zu. Sie sind die zentrale Instanz zur Vermittlung zwischen staat-
lichen Institutionen und gesellschaftlicher Sphäre und erfüllen unterschiedliche
Systemfunktionen wie beispielsweise politische Sozialisation und Mobilisie-
rung. Darüber hinaus realisieren Parteien die politische Repräsentation über die
Durchdringung sozialer Gruppen sowie die Rekrutierung von Mitgliedern und
vermitteln sowohl in programmatisch-inhaltlicher als auch organisatorischer Hin-
sicht politische Interessen und Meinungen (Poguntke 2000). Parteien tragen dazu
bei, politische Themen, Positionen und Interessen zu analysieren, zu artikulie-
ren und zu aggregieren (Jun 2013). Dabei ist entscheidend, dass Parteien jeweils
spezifische Themen vertreten und deren Durchsetzung anstreben. Für ebendiese
Durchsetzung sind die parteilichen Repräsentanten in Regierung und Parlament
zuständig. Das heißt, die (partei-) politischen Eliten transformieren idealtypisch
durch ihr Handeln gesellschaftliche Anliegen in politische Entscheidungen. Aus-
gangspunkt dieser Entscheidungen sind häufig innergesellschaftliche Konflikte,
die etwa durch Interessensdifferenzen, Wertunterschiede und/oder Effizienz- und
S. Bukow (*)
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland
E-Mail: [email protected]
U. Jun
Universität Trier, Trier, Deutschland
E-Mail: [email protected]
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017 1
S. Bukow und U. Jun (Hrsg.), Parteien unter Wettbewerbsdruck,
DOI 10.1007/978-3-658-16600-7_1
2 S. Bukow und U. Jun
Effektivitätsprobleme in den unterschiedlichen gesellschaftlichen Teilbereichen
wie Politik, Zivilgesellschaft, Wirtschaft oder Kultur entstehen. Erst durch Par-
teien werden gesellschaftliche Konflikte politisch wirksam zu Alternativen ver-
dichtet und somit für den politischen Wettbewerb fruchtbar gemacht. Dabei
basiert das Modell der repräsentativen Parteiendemokratie auf der Annahme
spezifischer Repräsentationsvorstellungen (zur Unterscheidung politischer und
sozialer Repräsentationen Jun et al. 2016). Eine differenzierte Repräsentation
gesellschaftlicher Themen und damit verbundener Konfliktlinien, die politisch
durch Parteien transformiert und transportiert werden, hängt dabei maßgeblich
von den Rahmenbedingungen des jeweiligen Parteiensystems, etwa der ver-
fassungsmäßigen Ordnung oder der institutionellen Struktur eines politischen
Systems, ab (Eith 2001; van Biezen und Borz 2012). Damit sind bereits zwei Ker-
nelemente der repräsentativen Parteiendemokratie angesprochen: der Repräsenta-
tionsanspruch politischer Parteien sowie der Konflikt divergierender Interessen.
Der Konflikt um Inhalte ist ein zentrales Element der Parteiendemokratie und
kulminiert im politischen Wettbewerb zwischen Parteien um Positionen und letzt-
lich Wähler. Es wäre verkürzt, diesen Wettbewerb und die zugrunde liegenden
Konfliktlinien auf eine zwar oft gebräuchliche, allerdings stark vereinfachende
Links-rechts-Dimension zu reduzieren. Das in Abb. 1 skizzierte Wettbewerbsmo-
dell zeigt auf, dass eine Ausdifferenzierung jenseits von „rechts“ und „links“ für
die inhaltliche Analyse von Parteiensystemen sinnvoll ist, um die Parteipositionen
im Raum politischer Auseinandersetzung präziser verorten zu können (dazu u. a.
Däubler in diesem Band).
Abb. 1 Konfliktdimensionen im Parteienwettbewerb. (Quelle: eigene Darstellung)
Parteien unter Wettbewerbsdruck 3
Ausgangspunkt dieser Konfliktdimensionen des Parteienwettbewerbs sind die
Analysen und konzeptionellen Überlegungen zu Konfliktlinien nach Seymour
Lipset und Stein Rokkan (1967). Konfliktlinien innerhalb von Gesellschaften
entwickeln sich aufgrund historisch spezifischer Anpassungsformen der gesell-
schaftlich relevanten Akteure an Umweltbedingungen und ihrer Politisierung
durch Organisationen, primär durch Parteien. Politische Parteien repräsentieren
dabei die Interessen unterschiedlicher sozialer Milieus oder Gruppen: „A clea-
vage not only requires social stratification and group conciousness (according to
different values and/or preferences) but also a certain organization which helps
the group to realize their interests and/or beliefs“ (Bértoa 2014, S. 16).
Parteien sind also einerseits der organisatorisch notwendige Kern jedweder
nachhaltigen Interessenrepräsentation, andererseits lassen sich Werte und Inter-
essen parteilich repräsentierter Gruppen in Parteiprogrammen beziehungsweise
Wertvorstellungen, Interessenbekundungen oder Meinungsäußerungen wieder-
finden. So institutionalisieren Parteien den Konflikt im politischen System und
sind in diesem programmatischen Sinne als Repräsentanten sozialer Gruppen zu
verstehen: Parteien artikulieren und aggregieren Interessen und formulieren auf
dieser Basis Politik. Die Institutionalisierung von Parteiensystemen wird also
wesentlich mitbestimmt durch die Art und Weise der parteilich-programmatischen
Interessenvertretung, deren Konfiguration und Ausprägung.
Die unterschiedlichen Konflikte können wie angesprochen zu Wettbewerbsdimen-
sionen verdichtet werden (Abb. 1), von denen für den westeuropäischen Kontext die
sozio-ökonomische und die sozio-kulturelle hervorzuheben sind (Kitschelt 1994;
Kriesi et al. 2012). Zu erwähnen ist zudem noch die Konfliktlinie Zentrum vs. Periphe-
rie, wie sie jüngst in den Autonomiebestrebungen einzelner Regionen (z. B. Schottland,
Katalonien) zum Ausdruck gekommen ist und zum Erstarken regionalistischer Parteien
geführt hat (nicht abgebildet; Alonso et al. 2015).
In der sozio-ökonomischen Wettbewerbsdimension positionieren sich die Par-
teien entlang des Kontinuums zwischen Marktliberalismus und Staatsinterventi-
onismus, wobei die Schwerpunkte in den Feldern Wirtschafts- und Sozialpolitik
sowie jüngst zunehmend auch in der Umwelt- oder Familienpolitik liegen. In der
sozio-kulturellen Wettbewerbsdimension – die durch von Globalisierung, Migra-
tionsbewegungen und religiös motivierte Konflikte oftmals bedeutsamer gewor-
den ist (Kriesi et al. 2012, S. 324) – stehen sich libertäre und autoritäre Werte
gegenüber. Am libertären Ende dieser Achse sind Toleranz, Selbstentfaltung, kol-
lektive Freiheitsrechte, Emanzipation, Pazifismus und kulturelle sowie politische
Inklusion, am autoritären Pol hingegen der Vorrang innerer und äußerer Sicher-
heit, kultureller Mehrheitsidentitäten oder restriktiver Kriminalitätsbekämpfung
zu verorten. Die sozio-kulturelle Konfliktdimension umfasst zudem den Konflikt
Integration vs. Demarkation (Kriesi et al. 2012). Dieser Aspekt basiert auf der