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Ingo F. Walther
Pablo Picasso
1881-1973
Das Genie des Jahrhunderts
Benedikt Taschen Verlag
UMSCHLAGVORDERSEITE:
Büsteeiner Fraumit gestreiftem Hut (Detail), 1939
Öl auf Leinwand, 81 x 54cm
Paris, Musee Picasso
ABBILDUNGSEITE2:
Selbstbildnis mit Palette, 1906
Öl auf Leinwand, 92 x73cm
Philadelphia, Philadelphia Museum ofArt,
A.E. Gallatin Collection
UMSCHLAGRÜCKSEITE:
Pablo Picasso mitTeigfingern
Fotografie von Robert Doisneau
Vallauris, Villa La Galloise, 1952
Dieses Buch wurde gedruckt auf 100% chlorfrei
gebleichtem Papier gemäßTCF-Norm.
© 1992 BenediktTaschen Verlag GmbH
Hohenzollernring 53, D-50672 Köln
© 1993 VGBild-Kunst, Bonn für die Abbildungen
Produktion: Ingo F. Walther, Alling
Mitarbeit und Redaktion: Matthias Bück, Rainer Metzger,
Bernhard Serexhe
Typographie und Herstellung: Ingo F. Walther
und Hubert K.Hepfinger, Freising
Umschlaggestaltung: Angelika Taschen, Köln
Satz: Filmsatz Schröter GmbH, München
Farbreproduktionen: Repro Ludwig, Zell am See
Schwarzweißreproduktionen: W. Klug, Grafing
Korrekturen: Uwe Steffen, München
Printed by Druckhaus CramerGmbH, Greven
Printed in Germany
ISBN 3-8228-0430-4
Inhalt
6
Kindheit und Jugend 1881-1901
14
Die Blaue und Rosa Periode 1901-1906
28
Picasso alsZeichner und Graphiker
32
Der Kubismus 1907-1917
46
Picasso als Bildhauer
50
Diezwanzigerund dreißigerJahre 1918-1936
64
Picasso als Plakatkünstler
66
Das Kriegserlebnis 1937-1945
76
Picasso als Keramiker
78
DasSpätwerk 1946-1973
90
Pablo Picasso 1881-1973: Leben und Werk
96
Bibliographie
Kindheit und Jugend
1881-1901
SeinWerk alsMaler, Bildhauer, Graphikerund Keramiker-in
seiner Dimension von Qualitätund Quantitätohne Beispielinder
Geschichteder Kunst-hatihm, so möchte man meinen, das Prädikat
»Genie desJahrhunderts« eingebracht. Dashat seine Berechtigung.
Aber hätte erjediesen Mythos erlangt, wäre er nicht Picasso gewesen?
UmalsGeniezu gelten, genügtnichtalleindas revolutionäre, immer
wiederaufs neue innovative, mitallen überkommenen Traditionen
brechendeWerk. Hinzu kommen mußeinecharismatischeAusstrah
lung, die Kritikerwie Bewundererinden Bannschlägt und fasziniert-
und die hat Picasso in reichlichem Maße besessen.
DieAufgabeder Vermittlungübernehmen, wasdas Werk
betrifft,die Kritikerund Kunsthistoriker. Siesind freilichnur selten von
jenenzu trennen, diedie unverzichtbareAuradesGenies weiterrei
chen: die Verwandten, Bekannten, Freunde, Weggenossen-und die
Biographendes Künstlers. SiebringendasMenschlicheam Genie den
Menschen näher. Das Phänomen Picasso, sein Einflußaufnachfol Selbstbildnis: Yo Picasso, 1901
Öl auf Leinwand, 73,5 x 60,5cm
gendeGenerationen von Künstlern undseine Popularitätsindohne
Privatbesitz
siealsBindegliedzwischen dem Künstler, Werkund Menschen
Picasso und seinem Publikum, glühenden Verehrern wie spöttischen
Zweiflern, nicht zu verstehen.
Was nun Picassos Biographie betrifft, so beginntsierechteigent
lichweitvor derGeburt. Denn das Unbegreifliche, Unvorstellbare-
eben Geniale-muß nach Meinungder Biographen seine Ursache
und Quellewoanders haben. Es lagalsonahe, dieSpuren inder
Vergangenheitzu durchforsten. Schon inder Elterngenerationwurde
manfündig. PicassosVater, DonJoseRuiz Blasco,warMaler, wenn
auch nur von rechtmittelmäßiger Begabung. Dieser väterlicheZweig
läßtsich bisindas Jahr 1541 zurückverfolgen. Roland Penrose, der
wohl bekannteste BiographPicassos, charakterisiert dieAhnen dieser »Wenn man ganzgenauweiß, was man
machenwill, wozusoll manes dann
Liniewiefolgt: »Hingebung, Zähigkeit, Mut,Aufgeschlossenheitfür
überhauptnoch machen? Daman esja
die Kunstund Aufrichtigkeit inReligionsfragen waren unterseinen bereitsweiß, istesganzohneInteresse.
Besseristes dann, etwasandereszu ma
Vorfahren immerwiederanzutreffen.« Eigenschaften, die auch für
chen.« PICASSO
ihren berühmtestenAbkömmling, Pablo RuizPicasso, angeführtwer
den können. In gleicherWeisewurdeauch die mütterlicheAbstam
mungdurchforscht. DonaMarfa PicassoyLopezvererbte ihrem Sohn
DieErstkommunion,1895/96
Pablo zumindestihreäußere Erscheinung, und unter ihren Vorfahren
ÖlaufLeinwand, 166 x118cm
fanden sich immerhin zwei Maler. Barcelona,Museo Picasso
»ImGegensatzzurMusikgibtesinder Um seineGeburt, wie könntees anders sein, ranktsich bereits
Malerei keineWunderkinder. Wasman
die erstederzahllosen Legenden. DieHebamme hatte Picasso fürtot
für frühreifeGenialitäthält, istdieGenia
litätderKindheit. Sieverschwindetmit gehalten und sich dahersofort wiederderMutterzugewandt. Allein
fortschreitendemAlter. Eskannsein,daß die Geistesgegenwart Don Salvadors, eines Onkels und qualifizierten
auseinemsolchen KindeinesTagesein
Arztes, rettete das Kindvor dem Erstickungstod. Seine Methodewar
wirklicherMalerwird, sogareingroßer
Maler. Aberermüßtedannganzvorn dabei ebensoeinfach wie wirkungsvoll: Er bliesdem späteren Genie
anfangen. Wasmichbetrifft,sohatteich
den Rauch seinerZigarre insGesicht, woraufder kleine Pablo zu
dieseGenialitätnicht. Meineersten
Zeichnungenhätten niemals aufeiner schreien begann. Das geschah inMalaga, am 25. OktoberdesJahres
Ausstellungvon Kinderzeichnungenge
1881, um Viertel nach elf Uhr am Abend.
zeigtwerden können. MirfehltedieUn
geschicklichkeitdes Kindes,seine Naivi Picasso selbsthat diese Legende immer wiedererzählt, und seine
tät. Mitsiebenjähren machteich akade Biographen überlieferten siegern; begegnetedoch Picasso hier, im
mischeZeichnungen, deren minuziöse
ersten Augenblickseines Lebens, bereitsdem Tod- und besiegte ihn,
Genauigkeitmicherschreckte.« picasso
wenn auch mitfremder Hilfe.DieVitalität,die man noch am 90jähri-
gen Picasso bewunderte und ohnedie seinwohl einmaligesWerk
nichtvorstellbarist, hatsich offenbarschon bei seinerGeburtein
drucksvoll durchgesetzt.
Dieersten zehnJahreseines Lebensverbrachte Picasso inseiner
GeburtsstadtMalaga. Die Familielebte inbescheidenen Verhältnis
sen. Der Vatersicherte mitseinem geringen Einkommen als Konser
vatordesStädtischen Museums und Zeichenlehreran der »Escuela de
San Telmo« den Unterhaltder Familie nur mühsam. Als ihm eine
besser bezahlteStellung im Norden Spaniensangetragen wurde,
nahm er die günstigeGelegenheitwahr, und die Familiezogfürvier
Jahre in die Provinzhauptstadt LaCoruna am Atlantik.
Der Vater wares auch, derdie BegabungseinesSohnesalserster
förderte, obwohl erzunächstnoch umdieschulischen Leistungen
Pablos besorgtwar. Picassoselbsterzähltespäter, daß ihn nur interes
sierte, wie der Lehrerdie Zahlen an die Tafel malte. Er kopierte nur
deren Form, das mathematische Problem wardabeifür ihn eine
Nebensache. Erwundertesich, überhauptdie Grundrechenarten
erlerntzu haben. Stattdessen zeichneteer beijedersich bietenden
Gelegenheit. Diesschien ihmdie einzig angemesseneArtund Weise,
sich auszudrücken.
Die herkömmlicheAusbildungverweigerte das Geniealso, und
seinen künstlerischen Werdegangscheintes vor allem selbst indie
Hand genommen zu haben. Dem Vaterkam dabei zunächstnoch die
Rolle des Vorbildeszu. Gerade 13Jahrealt, hatte Pablo das Können
seines Vatersaber bereits erreicht. Miteinem lakonischen Satzgibter
dieseseinschneidende Ereigniszwischen ihm und seinem Vater
wieder: »Da gaber mirseine Farben und seine Pinsel und hat nie mehr
gemalt.« Dabei hatte Picasso, wie esseinAuftragwar, ineinem
Gemälde des Vaters lediglich die Füße derTauben vollendet. Diese
waren ihm allerdings so natürlich gelungen, daß derVater sein
Handwerkszeug übergab und damitden noch jugendlichen Pablo
zum reifen Künstlererklärte.
Mitdem gleichen Ergebnisendeteauch die Prüfungfürdie
Kunstschule »LaLonja« in Barcelona. Der Vater hattedorteine
Professur erhalten und war mitder FamilieimFrühjahr1895 indie
Bildnis PedroManach, 1901
Hafenstadtgezogen. Erhatteerwirkt, daß Pablo die ersten Klassen
Öl aufLeinwand, 100,5 x 67,5cm
Washington, National GalleryofArt überspringen durfte. DieZulassungsarbeitfürdiefortgeschrittenen
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