Table Of ContentGert Pickel · Detlef Pollack · Olaf Müller · Jörg Jacobs (Hrsg.)
Osteuropas Bevölkerung auf dem Weg in die Demokratie
Politische Kultur in den neuen Demokratien Europas
Herausgegeben von
Detlef Pollack
Gert Pickel
Jörg Jacobs
Olaf Müller
Gert Pickel · Detlef Pollack
Olaf Müller · Jörg Jacobs (Hrsg.)
Osteuropas
Bevölkerung auf dem
Weg in die Demokratie
Repräsentative Untersuchungen
in Ostdeutschland
und zehn osteuropäischen
Transformationsstaaten
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek
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detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar.
1.Auflage April 2006
Alle Rechte vorbehalten
©VSVerlag für Sozialwissenschaften | GWVFachverlage GmbH,Wiesbaden 2006
Lektorat:Monika Mülhausen /Nadine Kinne
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Umschlaggestaltung:KünkelLopka Medienentwicklung,Heidelberg
Druck und buchbinderische Verarbeitung:MercedesDruck,Berlin
Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier
Printed in Germany
ISBN-10 3-8100-3615-3
ISBN-13 978-3-8100-3615-5
Inhalt
Detlef Pollack, Gert Pickel, Jörg Jacobs und Olaf Müller
Einleitung – Politische Kultur in Osteuropa...........................................................................7
Gert Pickel
Methodisches Design der Studie...........................................................................................19
Gert Pickel und Jörg Jacobs
Der soziokulturelle Unterbau der neuen Demokratien Osteuropas......................................31
Olaf Müller
Einstellungen zur Wirtschaftsordnung..................................................................................53
Gert Pickel
Demokratie und Rechtsstaatlichkeit......................................................................................79
Jörg Jacobs
Facetten sozialer Ungleichheit – Einstellungen zu Freiheit, Gleichheit und
Gerechtigkeit im postkommunistischen Europa...................................................................97
Detlef Pollack
Nationalismus und euroskeptische Einstellungen in den postkommunistischen
Staaten Mittel- und Osteuropas...........................................................................................123
Detlef Pollack und Gert Pickel
Pessimismus – ein ostdeutsches Phänomen? Politische Einstellungen in
Ostdeutschland im ostmittel- und osteuropäischen Vergleich............................................137
Olaf Müller, Gert Pickel, Detlef Pollack und Jörg Jacobs
Die osteuropäischen Demokratien in der Bevölkerungsmeinung –
Fazit und zusammenführende Analysen.............................................................................155
Literatur...............................................................................................................................167
Autorenverzeichnis..............................................................................................................181
1 Einleitung – Politische Kultur in Osteuropa
Detlef Pollack, Gert Pickel, Jörg Jacobs und Olaf Müller1
1.1 Sinn und Zweck der politischen Kulturforschung
Mit den ersten systematischen Untersuchungen der politischen Kulturforschung in den
späten fünfziger Jahren (Almond/Verba 1963) hat sich die Frage nach der Stabilität von
politischen Systemen und ihre Abhängigkeit von den Einstellungen der Bevölkerungen fest
als Forschungsthema in den Sozialwissenschaften etabliert. Die leitende Frage dieser For-
schungsrichtung lautet, ob und inwieweit politische Systeme der kulturellen Unterstützung
bedürfen, um dauerhaft zu funktionieren.
Den Ausgangspunkt der amerikanischen Wissenschaftler Gabriel A. Almond und Sid-
ney Verba in den sechziger Jahren bildete die Absicht, den einfachen Bürger als eine poli-
tisch relevante Größe zu behandeln. Seine Einstellungen und Wertorientierungen liefern, so
Almond und Verba, entscheidende Informationen über die Möglichkeiten des Weiterbeste-
hens eines politischen Systems (1963: 4). Damit wandten sie sich von einem bis zu diesem
Zeitpunkt vorherrschenden Verständnis des Verhältnisses zwischen politischem System
und Individuum ab, welches die Rolle des Individuums überwiegend passiv definierte. Eine
solche Rolle wurde dem Bürger durch strukturfunktionalistische und institutionalistische
Ansätze der Politikwissenschaft zugewiesen. Almond und Verba knüpften zwar an die
Grundlinien des Strukturfunktionalismus Parsonianischer Prägungen, durch die Integration
eines durch den Behavioralismus eingebrachten Elements gelang es ihnen aber, die struk-
turfunktionale Betrachtungsweise um die Berücksichtigung eines kulturellen Faktors – die
Einstellungen der einzelnen Bürger zum politischen System – zu erweitern. Dabei kommt
nicht dem einzelnen Individuum, sondern dem Kollektiv die entscheidende Bedeutung zu.
Die Frage nach den kulturellen Bedingungen der Stabilität politischer Systeme aufzu-
werfen hei(cid:533)t, die Frage nach der „empirischen“ Legitimation des politischen Systems durch
die Bevölkerung zu stellen. Stabil ist ein politisches System, wenn die Bürger eines Staates
die Prinzipien und Grundstrukturen eines politischen Systems kognitiv erfassen (kognitive
Komponente), eigenständig bewerten (evaluative Komponente) und affektuell anerkennen
(affektuelle Komponente) und nicht in zu großer Zahl in Frage stellen. Vor allem die Ab-
wesenheit von bedeutenden Antisystemgruppen ist für die Stabilität eines politischen Sys-
tems entscheidend (Almond/Verba 1963; Gabriel 1996; Diamond 1999; Pickel/Pickel
2003).
Diese Gedanken wurden von der Transformationsforschung der späten siebziger Jahre
wieder aufgenommen. Die Transformationsforschung dieser Zeit richtete ihre Aufmerk-
samkeit auf die Übergänge von autoritären zu demokratischen Systemen und stellte die
Frage, worin die Rahmenbedingungen bestehen, unter denen junge Demokratien überleben
und nicht in einen autoritären Status zurückfallen bzw. in einen anderen autoritären Status
1 An dieser Stelle sei den studentischen Hilfskräften gedankt, die im Laufe der Projektarbeit an der Entstehung
der Ergebnisse und der Bewältigung der Probleme beteiligt waren. Zu nennen sind hier in alphabetischer
Reihenfolge: Andrea Disterheft, Anja Galeski, Grit Lemke, Sabrina Krebs und Lukas Oldenburg. Letzterem
danken wir für seine kompetente Betreuung der Projekthomepage.
8 Detlef Pollack, Gert Pickel, Jörg Jacobs und Olaf Müller
übergehen.2 Zentral für die Evaluation des Erfolges der Transformationsprozesse ist der
Begriff der Konsolidierung (vgl. Linz/Stepan 1996; Merkel 1999; Beichelt 2001). Er be-
schreibt eine Phase im Prozess der Etablierung junger Demokratien, die nach den Um-
bruchswirren und deren euphorische Akzeptanz eintritt und den Übergang in einen „Nor-
malzustand“ des politischen Systems umfasst.
Mit der Erforschung des „Überlebens“ der jungen Systeme (Demokratien) richtet sich
der Fokus der Transformationsforschung aber genau auf das gleiche Ziel, das auch die
politischen Kulturforschung seit Jahrzehnten im Visier hatte: die Stabilität der politischen
Systeme. So ergab sich im Umfeld der weiteren Ausbreitung von Demokratien in den acht-
ziger und neunziger Jahren (vgl. Lauth u.a. 2000: 7) für die politische Kulturforschung nach
einer Phase des Bedeutungsrückgangs, in der (neo)institutionalistische, handlungstheoreti-
sche und makroakteurstheoretischer Ansätze bei der Erklärung politischer Prozesse Promi-
nenz besa(cid:533)en, die Chance einer Reaktivierung.
Die Analyse des in der Phase der „dritten Demokratisierungswelle“ (vgl. Huntington
1991) vermehrt stattfindenden Wandels autoritärer Systeme zu Demokratien in Lateiname-
rika, Osteuropa oder Asien wurde durch die Frage, wie es um die Stabilität der neuen De-
mokratien bestellt sei (vgl. auch Croissant 2003; Welzel 2002), ergänzt. Erkennbare Dis-
krepanzen zwischen der faktischen Einführung von demokratischen Institutionen bzw. der
Etablierung von marktwirtschaftlichen Organisationen und Prinzipien auf der einen Seite
und deren Funktionieren auf der anderen machten es zwangsläufig notwendig, den Bürger
in die Erklärungsmodelle politischer Abläufe einzubeziehen. Rein institutionalistisch orien-
tierte Erklärungsansätze erwiesen sich genauso wie rein makroakteurstheoretisch argumen-
tierende Konzepte an einigen Stellen als unzureichend, da sie nicht in der Lage waren,
Krisen des Systems, die durch das Verhalten der „Massen“ ausgelöst worden waren, adä-
quat zu erklären. Zudem konnten sie nur begrenzt für sich in Anspruch nehmen, stichhaltige
Aussagen über die Haltbarkeit der jungen demokratischen Systeme zu formulieren.
Doch nicht nur die Belebung der politikwissenschaftlichen Diskussion durch die Trans-
formationsforschung der 1990er Jahre erwies sich als bedeutsamer Faktor für eine Reakti-
vierung der politischen Kultur- und Demokratieforschung. Bereits in den achtziger Jahren
konnte in der Kulturanthropologie und den Sozialwissenschaften eine Rückbesinnung auf
kulturelle Bestimmungsgründe menschlichen Verhaltens festgestellt werden.3 Nachdem in
den 1960er und 1970er Jahren die Beschäftigung mit kulturellen Erklärungsgründen politi-
schen Verhaltens deutlich zurückgegangen war, griffen Forscher seit den 1980er Jahren
wieder vermehrt auf kulturalistische Erklärungen politischer Entscheidungen und Prozesse
zurück. Dabei wurde an Traditionslinien der 1940er und 1950er Jahre angeknüpft, die mit
Namen wie Lucian Pye, Gabriel Almond, Sidney Verba, Alex Inkeles, aber auch Margaret
Mead und Ruth Benedikt verbunden sind. Zusammengefasst wurde diese Entwicklung der
Sozialwissenschaften der 1980er Jahre unter dem Begriff „cultural turn“. Auf die wissen-
2 Der Übergang in einen „anderen autoritären Status“ meint z.B. den Wechsel von einem sozialistischen Re-
gime zu einer Militärdiktatur o.ä., also einen Typuswechsel des autoritären Regimes, welcher über den Um-
weg der Demokratie stattfindet.
3 Eine ausführliche Darstellung der Konzepte, Entwicklungsgeschichte und Kritik der Politischen-Kultur-
Forschung bietet das aktuelle Lehrbuch von Gert und Susanne Pickel (2005) „Einführung in die vergleichen-
de politische Kultur- und Demokratieforschung“.
Einleitung 9
schaftstheoretischen, methodologischen und theoretischen Konsequenzen des cultural turn
sei hier nicht eingegangen.
Auch ein methodischer Aspekt förderte die Reaktivierung der Beschäftigung mit der
politischen Kultur. Die Ausbreitung der vergleichend angelegten Umfrageforschung stellte
eine stetig wachsende Zahl an Daten zur Verfügung, die es ermöglichte, immer detaillierter
und umfassender Dimensionen von kulturellen Werten und Einstellungen in der Bevölke-
rung empirisch zu untersuchen. Durch die Zunahme ländervergleichend angelegter Studien
im Rahmen internationaler Forschungsprogramme trat mehr und mehr eine systematisch
vergleichende Perspektive in den Vordergrund und konnte die Konzentration auf einzelne
Länderstudien überwunden und an die interkulturell vergleichende Tradition Almond und
Verbas angeknüpft werden.
Bezog sich eine erste Welle der Neubeschäftigung, die nicht unwesentlich von der ver-
stärkten Erhebung von Umfragedaten in einer größeren Zahl von Ländern getragen wurde,
auf Lateinamerika, expandierte der Forschungszweig besonders sichtbar in der Auseinan-
dersetzung mit dem Umbruch in Osteuropa (vgl. Plasser/Ulram 1993; Juchler 1994; Fuchs
u.a. 1997; Whitfield/Evans 2000; Jacobs 2004). Die Frage nach der Stabilität von politi-
schen Systemen gewann durch die gestiegene Zahl an jungen Demokratien, die stärker als
ältere Demokratien in ihrer Existenz gefährdet sind, an Virulenz.
Gerade hinsichtlich Osteuropas eröffnet sich die einmalige Möglichkeit, viele seit lan-
gem bestehende Fragen der politischen Kulturforschung exemplarisch zu überprüfen. Ins-
besondere ein eher pragmatischer Aspekt macht sich vorteilhaft für die komparative Anlage
der Forschung bemerkbar: Da man es schlichtweg mit einer größeren Zahl an wirklich für
den empirischen Vergleich verwendbaren Untersuchungsfällen zu tun hat als bisher, wird
die Chance einer breiteren statistischen Analyse eröffnet, ganz gleich ob man sich dabei
eines Designs der kontrollierten Ähnlichkeit oder Differenz (Most-Similar-System-Design;
Most-Different-System-Design) (vgl. Peters 1998; Landman 2000) bedient. Die Vergleich-
barkeit der osteuropäischen Länder erhöht sich noch einmal aufgrund der Tatsache, dass
sich die Umbruchsprozesse in allen Gebieten zu sehr ähnlichen Zeitpunkten und Bedingun-
gen vollzogen haben.4
Bei ersten Betrachtungen zeigte sich interessanterweise eine große Heterogenität in den
Ausprägungsgraden der gesellschaftlichen Unterstützung der neuen Demokratien durch die
Bevölkerung. So verwandelte sich die allgemeine Frage, wie stabil die Demokratien in den
ostmitteleuropäischen Ländern sind, in die spezifischere Frage, warum in einigen Ländern
(z.B. Slowenien, Polen, Estland) die Stabilität fördernde politische Überzeugungen, war in
anderen Ländern (z.B. Russland, Weißrussland, Georgien) eher die Stabilität gefährdende
Bevölkerungshaltungen bestehen. Es wurde rasch erkennbar, dass die osteuropäischen
Staaten nicht als ein monolithischer Block zu betrachten sind und unterschiedliche Ent-
wicklungsprozesse auf ihrem Weg zur Demokratie durchlaufen, wenn dies auch nicht die
Erkenntnis von übergreifenden Mustern ausschlie(cid:533)t.
Diese forschungstechnischen Überlegungen werden durch eine gesellschaftspolitische
Entscheidung großer Tragweite begleitet: Mit dem Interesse der osteuropäischen Nationen,
4 Damit ist keine Gleichheit gemeint, sondern eher eine Ähnlichkeit des strukturellen Umbruchsumfeldes.
Zwischen den Staaten herrschten auch zum Umbruchstermin nicht unerhebliche Unterschiede in den Bedin-
gungsniveaus.
10 Detlef Pollack, Gert Pickel, Jörg Jacobs und Olaf Müller
der Europäischen Gemeinschaft beizutreten, verstärkte sich schlagartig das Interesse der
westeuropäischen Öffentlichkeit, Informationen über den Stabilitätsgrad der jungen osteu-
ropäischen Demokratien zu erhalten. Wie demokratisch sind die Bürger Osteuropas einge-
stellt? Sind die Mentalitäten und Wertmuster der osteuropäischen Bevölkerungen mit denen
der Bürger in Westeuropa kompatibel? Gibt es eine europäische Identifikationsbereitsachaft
in Osteuropa oder stellt die Europäische Union nur ein Erfüllungsgehilfe wirtschaftlicher
Ansprüche dar? Sind die osteuropäischen Länder überhaupt reif für die Europäische Union?
Mittlerweile wurde der Beitritt einer bedeutenden Zahl an osteuropäischen Ländern im
Frühjahr 2004 vollzogen. Damit wurden auf der politischen Ebene Tatsachen geschaffen,
die nicht mehr zu revidieren sind. Diese Entwicklung hat das Interesse „des Westens“ an
der Haltung der osteuropäischen Bevölkerungen zu Demokratie und Marktwirtschaft, zu
westlichen Werten und zur Europäischen Union selbst belebt. Vielerorts stellt man fest,
dass nur ungenügende Informationen über die osteuropäischen Nachbarn vorliegen, und
auch innerhalb der Beitrittsländer besteht Klärungsbedarf. Die Regierungen in den osteuro-
päischen Ländern müssen gleichermaßen die wirtschaftliche Transformation, die komplexe
Institutionenbildung und die mit dem Beitritt zur Europäischen Union eingegangenen Ver-
pflichtungen koordinieren.
Diese vielfältigen Anforderungen sind von den osteuropäischen Ländern, bei im Ver-
gleich zu Westeuropa erheblich schwierigeren Rahmenbedingungen (geringere Wirt-
schaftskraft, Minderheitenproblematiken, geringere Konfliktlösungserfahrung im politi-
schen Sektor), nur schwer zu erfüllen. Bei einer Beurteilung der Effektivität des politischen
Systems überwiegen daher nicht selten die negativen Stimmen. Es ist bislang nicht geklärt,
von welchem Schwellenwert an die Legitimität der Demokratie von Mängeln in der Effek-
tivitätsbeurteilung des politischen Systems und der Regierenden betroffen ist. Wird sie in
Frage gestellt, dann steht – das lehren die Umbruchsereignisse des kommunistischen
Blocks vor 15 Jahren – die Stabilität des demokratischen Systems zur Disposition.
Das impliziert die Frage, wann der Systemwechsel kommunistischer Staaten als abge-
schlossen und die Demokratie als konsolidiert gelten kann. Nach dem Denken der politi-
schen Kulturforschung lautet die Antwort: Nur wenn die neue institutionelle Ordnung nicht
von grö(cid:533)eren Teilen der Bevölkerung oder durch besonders radikale und einflussreiche
Gruppen abgelehnt wird ist die Demokratie „the only game in town” (vgl. Linz/Stepan
1996; Plasser u.a. 1997; Diamond 1999) und damit gegen antidemokratische Bestrebungen
weitgehend gefeit.
Der Kernbegriff in dieser Debatte um die Resistenz gegenüber dem Aufkommen anti-
demokratische Optionen wurde bereits erwähnt: Es ist der Begriff der Konsolidierung. Es
lohnt sich, über ihn einige detailliertere Bemerkungen zu machen. Bei der Definition des
Konsolidierungsbegriffs hat sich in der sozialwissenschaftlichen Diskussion der letzten
Jahrzehnte ein gewisser Konsens herausgebildet, der sich in der Begriffsfassung von Juan
Linz und Alfred Stepan (1996) widerspiegelt. Sie definieren Konsolidierung vom Endpunkt
des Konsolidierungsprozesses her und sehen diesen Prozess dann als abgeschlossen an,
wenn folgende drei Bedingungen erfüllt sind:
1. Auf der Ebene des Verhaltens darf kein bedeutender nationaler, sozialer, ökonomi-
scher, politischer oder institutioneller Akteur wichtige Ressourcen darauf verwenden, Ziele
mit Hilfe eines nicht-demokratischer Mittel zu erreichen (behaviorally).