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Walter Zschokke und Marcus Nitschke (Hrsg.)
Architektur in Niederösterreich 1997-2007
Band 2.1
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ORTE
Architektur in Niederösterreich 1997-2007
Band 2.1
ORTE
Architektur in Niederösterreich 1997-2007
Band 2.1
herausgegeben von Walter Zschokke und Marcus Nitschke
im Auftrag von ORTE Architekturnetzwerk Niederösterreich
Herausgeber und Redaktion: Walter Zschokke und Marcus Nitschke
Redaktionsassistenz und Reinzeichnungen: Susanne Gantner
mit Texten von
Susanne Gantner (SG)
Franziska Leeb (FL)
Anna Lindner (AL)
Marcus Nitschke (MN)
Walter Zschokke (WZ)
ORTE Architekturnetzwerk Niederösterreich
Steiner Landstraße 3
3504 Krems-Stein, Österreich
orte-noe.at
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tung: Sämtliche Angaben in diesem Fachbuch/wissenschaftlichen Werk erfolgen trotz
sorgfältiger Bearbeitung und Kontrolle ohne Gewähr. Eine Haftung des Autors oder des Mit zahlreichen Duotone-Abbildungen und 16 Farbtafeln
Verlages aus dem Inhalt dieses Werkes ist ausgeschlossen.
Titelbild: Campus - Universität Krems, Feichtinger Architectes
Cover und Grafikdesign: atelier Reuter, 67583 Guntersblum, Deutschland Fotografie: Margherita Spiluttini
Druck: Holzhausen Druck & Medien GmbH, 1140 Wien, Österreich
Gedruckt auf säurefreiem, chlorfrei gebleichtem Papier – TCF ISBN 978-3-211-21281-3 SpringerWienNewYork
SPIN: 10993910
ORTE dankt seinen Förderern und Sponsoren
Inhalt
9 Einleitung 50 Erweiterung Pfarrkirche, Matzleinsdorf bei Melk
Walter Zschokke, Marcus Nitschke Richard Zeitlhuber
52 Volksschule, Gänserndorf
Nehrer + Medek Architekten
Sakralbau, Kultur und Bildung 55 Erweiterung Hauptschule, Zwentendorf
Martin Kohlbauer
58 Gymnasium und Realgymnasium, Wolkersdorf
12 Landesmuseum, St. Pölten
Günther Domenig
Hans Hollein, Wolfgang Pfoser
61 Piaristenkollegium, Krems
16 Sammlung Essl, Klosterneuburg
lichtblau.wagner
Heinz Tesar
64 Bundesinstitut für Sozialpädagogik, Baden
20 ORF-Landesstudio, St. Pölten
Riegler Riewe Architekten
Gustav Peichl
66 Fachhochschule Wieselburg
22 Cinema Paradiso, St. Pölten
neu I bau architektur
BWM Architekten
68 Tagesheim für behinderte Menschen, Obergrafendorf
24 Veranstaltungszentrum und Freiwillige Feuerwehr,
Georg W. Reinberg
Weitersfeld
ah3 Architekten 70 Bundesschulzentrum, Horn
Johannes Zieser
27 Burgarena, Reinsberg
Johannes Zieser 72 Naturbad, Amstetten
Zechner & Zechner
30 Temporäres Theater für die Stadt Haag
noncon:form 74 Campus – Universität Krems
Feichtinger Architectes
32 Bibliothekszubau, Kirchbach
Matthias Mulitzer
34 Kulturschmiede, Gresten
Martin Kohlbauer, Manfred Renhardt Wohnen
36 Schloß Reichenau, Reichenau an der Rax
Gerhard Lindner 80 Dach Aichinger, Krems
38 Nationalparkhaus Thayatal, Hardegg Franz Schartner
Ernst Maurer 82 Wohnanlage und Pensionistenheim, Wilhelmsburg
40 Kulturhaus Alter Pfarrhof, St. Andrä-Wördern Roland Hagmüller
Schermann & Stolfa 85 Pflegeheim, Berndorf
42 Schloss Würmla Gerhard Lindner
Johannes Zieser 88 Wohnanlage, Klosterneuburg
44 Ausstellungshalle MBB, Sommerein Heinz Lutter
Friedrich Kurrent 90 Wohnhausanlage Klein-Hain
46 Erweiterung der »Bühne im Hof«, St. Pölten Gottfried Haselmeyer
SOLID architecture 92 Atrium-Reihenhaussiedlung, Krems-Gneixendorf
48 Osterkapelle, Stift Herzogenburg Ernst Linsberger
Ernst Beneder
94 Siedlung »Wohnen am Weinberg«, Perchtoldsdorf 134 Einfamilienhaus Filzwieser, Waidhofen an der Ybbs
Bernhard Holletschek MAGK Architekten Aichholzer Klein
96 Doppelhäuser, Imbach 136 Wohnhaus Rimpler, Winklarn
Atelier Gustav Pichelmann Neururer & Neururer
98 Haus Max 35, Klosterneuburg 138 Passivhaus Haidvogel, Perchtoldsdorf
Dreer2 Poppe*Prehal
100 Badehütte, Greifenstein 140 Einfamilienhaus gh, Münchendorf
Fellerer/Vendl querkraft architekten
102 Niedrigenergiehaus, Purkersdorf 142 Einfamilienhaus P., Baden
Thomas Abendroth Paulus Ramstorfer
104 Haus Graf I, Blindenmarkt 144 Haus Resch, Marbach
Ernst Beneder Rahm Architekten, Werkraum Wien
106 Haus Graf II, Wieselburg 146 Haus Schmircher, Nitzing bei Tulln
Ernst Beneder Franz Schartner
108 Haus P., Mödling 148 Einfamilienhaus Herpel, Klosterneuburg
Christa Buchinger, Judith Eiblmayr Walter Stelzhammer
110 Haus Isolde, Korneuburg 150 Haus Prankl, Spitz an der Donau
Caramel Architekten team_em
112 solar atrium, Breitenfurt 152 Raum Zita Kern, Raasdorf
Georg Driendl ARTEC Architekten
114 Haus am See, Münchendorf 154 Projekt Kammerjoch 25, Klosterneuburg
Eichinger oder Knechtl Andreas Burghardt
116 Einfamilienhaus k_01, Klosterneuburg 156 Haus Eichenauer-Knoll, Rohrbach
gerner°gerner Plus Ceska Priesner, Fellerer/Vendl
118 Einfamilienhaus Haselmeyer, St. Pölten 158 Zubau Haus L., Gablitz
Gottfried Haselmeyer Lichtblau/Spindler
120 Haus am Seitweg, Klosterneuburg 160 Zubau »Einöde«, Pfaffenstätten
Hermann & Valentiny pool Architektur
122 Haus K, Unterolbendorf 162 Haus in Mautern
hochholdinger.knauer Thomas Abendroth
124 BASE, Klosterneuburg
Holz Box Tirol
126 Einfamilienhaus Harrer, Krems-Egelsee Handel und Gewerbe
Katzberger & Bily
128 Wohn- und Atelierhaus, Steinaweg
166 Bürogebäude Isovolta, Wiener Neudorf
Adolf Krischanitz
ATP Achammer-Tritthart & Partner
130 Hanghaus, Hintersdorf
168 Bürogebäude Stelzer, Herzogenburg
lichtblau.wagner
Franz Sam
132 house b., Mödling
170 Wirtschaftskammer Niederösterreich, St. Pölten
limit architects
Rüdiger Lainer
174 Bahnhof Baden 214 Zu- und Umbau Heuriger Lackner, Klein-Engersdorf
henke und schreieck Reinhard Haslwanter, Peter Fellner
176 EVN Kundenzentrum, Wiener Neustadt 216 Hotel Orange Wings, Krems
Katzberger & Bily Josef Weichenberger
178 Feuerwehr und Bauhof, Tattendorf 218 Loisium, Langenlois
Georg W. Reinberg Steven Holl; Franz Sam, Irene Ott-Reinisch
180 Das Dach, Lanzendorf
Otmar Hasler
182 2 Rad Börse, Vösendorf Sonderbauten
Andreas Treusch
184 Wittmann Möbelwerkstätten, Etsdorf am Kamp
222 Scheune Irena Rosc, Primmersdorf
Rüdiger Lainer; Werner Silbermayr
limit architects
186 Rabl-Druck Bürozubau, Schrems
224 Brückenfamilie, St. Pölten
Holzbau Willibald Longin
Erhard Kargel
188 Firmengebäude Johann Will GmbH, Zwettl
226 Talübergang Gernitzbach, Großmotten
WILLL Manufaktur Architektur Möbelkultur
Erhard Kargel
190 Semperit AG, Wimpassing
228 Steg Heiligenstein, Mitterretzbach
Najjar & Najjar
Max Pauly
192 trum – Schlosserhalle mit Bar, Trumau
230 »Himmelsleiter«, Naturpark Hochmoor Schrems
pool Architektur
Manfred Rapf
194 Eybl International, Krems
232 Wehrsteg, Ybbsitz
ATP Achammer-Tritthart & Partner
Robert Kabas, Franz Wahler
197 Billa Märkte
234 »Blindgänger« – Kunst im öffentlichen Raum,
Gottfried Haselmeyer, Heinz Frühwald;
Hof am Leithaberge
Hans Peter Petri
the next ENTERprise architects
200 Merkur Verbrauchermärkte
236 Hauptplatz, Wiener Neustadt
Franz Kaltenbacher, limit architects
Eichinger oder Knechtl
204 Gigasport, Brunn am Gebirge
238 Stadtprojekt, Waidhofen an der Ybbs
Heinz & Mathoi & Strehli
Ernst Beneder
206 Mega-bauMax, Schwechat
241 Kirchenplatz, Herzogenburg
henke und schreieck
Eichinger oder Knechtl
208 Forster Optik
cabs_architektur; Christof Schlegel
Frank und Erschen 243 Farbtafeln
210 Terrasse Schneider, Drosendorf an der Thaya
ah3 Architekten
211 Glaszubau Kunsthalle Krems
Adolf Krischanitz
212 Kloster UND, Krems-Stein
Eichinger oder Knechtl
Einleitung
Walter Zschokke, Marcus Nitschke
In Niederösterreich finden sich zahlreiche hochwertige Architekturdenkmale Aus den zahlreichen Bauten für Bildung und Sport ragt der universitäre »Cam-
aus der Vergangenheit. Vier Statutarstädte und etwa zwei Dutzend Landstädte pus Krems« von Dietmar Feichtinger, Paris und Wien, heraus, während bei den
mit überraschend schönen historischen Stadtstrukturen liegen hingestreut, von Kulturbauten das renommierte Essl Museum in Klosterneuburg, von Heinz
den Voralpen bis ins Waldviertel, entlang der Donau und im Wiener Becken. Tesar, oder viel kleiner, aber nicht weniger engagiert, die Ausstellungshalle
In dieser dezentral gegliederten Weite scheint zeitgenössische Architektur fast MBB in Sommerein, von Friedrich Kurrent, zu nennen sind.
zu verschwinden, obwohl nicht wenig gebaut wird. Wer sich allerdings die Bei den Bürobauten und der gewerblichen und touristischen Infrastruktur weist
Mühe macht, zusammenzutragen, was in den vier Landesvierteln in einem die Wirtschaftskammer Niederösterreich in St. Pölten von Rüdiger Lainer eine
Jahrzehnt an Qualitätsbauten entstanden ist, vermag zwei kräftige Bände zu neue Richtung im Bürohausbau. Die Schlosserhalle in Trumau von pool Archi-
füllen. Ein erster wird hiermit vorgelegt. tektur hingegen weckte etwa so viel internationales Aufsehen wie das Loisium
Aus der architektonischen »Wüste«, wie vor zehn Jahren noch mit einigem in Langenlois von Stephen Holl. Und unter den rigiden Zweckbauten der Ein-
Recht beklagt, ist eine lebendige zeitgenössische Architekturlandschaft heran- kaufsmärkte ist der MegaBaumax in Schwechat, von Dieter Henke und Marta
gewachsen, deren ansprechende Zahl aktiver Knotenpunkte den Vergleich mit Schreieck, architektonisch der dynamischste und ein herausragendes Beispiel,
ähnlich strukturierten Regionen nicht zu scheuen braucht. War dies anfänglich wie auch unter den Bedingungen des globalisierten Kommerzes gute Architek-
dem Impuls zuzuschreiben, der von der ambitionierten Errichtung des neuen tur entstehen kann.
Regierungsviertels in St. Pölten, insbesondere dessen Kulturbezirk ausging, Bezüglich der Gestaltung öffentlicher Räume und der Bauten für den Verkehr
teilen sich heute private und öffentliche Bauherrschaften die Initiative. Eine wagte Waidhofen an der Ybbs mit dem »Stadtprojekt« von Ernst Beneder be-
neue, einfachere Gesetzgebung erleichterte das Bauen für den alltäglichen herzt den Schritt ins 21. Jahrhundert. Großes Engagement erforderten auch
Bedarf an Privatbauten, während von öffentlichen Auftraggebern vermehrt die Hauptplatzgestaltung in Wiener Neustadt von Christian Knechtl und Gregor
Wettbewerbe durchgeführt werden. Zur Hebung der Baukultur haben die Eichinger oder der »begehbare Zaun« namens »Blindgänger« in Hof am Leitha-
Städte Amstetten, Krems, Waidhofen an der Ybbs und St. Pölten Gestaltungs- berge von the next enterprise. Und mit dem neuen Bahnhofsbau in Baden bei
beiräte eingesetzt, jener in Krems steht in der sechsten Amtsperiode. Diesbe- Wien (henke und schreieck) wurde die Messlatte für neue Regionalbahnhöfe
züglich sei festgehalten, dass die architekturspezifische Strahlkraft einer Stadt ein gutes Stück höher geschoben.
etwa so weit reicht, wie der geografische Bereich, aus dem jene Architekten
Die geschilderte erfreuliche Entwicklung wurde von ORTE aktiv begleitet. Neue
ausgesucht werden, die mit der Errichtung wesentlicher öffentlicher und priva-
Bauten wurden »vor Ort« besichtigt, Fachgespräche organisiert, Stellungnah-
ter Bauwerke beauftragt werden.
men erarbeitet und bei der strukturellen Verbesserung der Architekturkultur
Einfamilienhäuser, bei jungen Architekten oft die zuerst realisierte Bauaufgabe, mitgearbeitet. Grundlage dieses Konzepts ist die Spezifik des »weiten Landes«
sind in diesem Buch am zahlreichsten vertreten, darunter mehrere attraktiv Niederösterreich. In der späten Hauptstadt St. Pölten formiert sich erst langsam
gelegene Villen mit hohem Wohnkomfort. Aber qualitätsvolle Architektur ist jenes bürgerliche Milieu, in dem anderswo der Architekturdiskurs beheimatet
nicht abhängig von absoluten Baukosten. So finden sich nicht wenige Häuser ist. Das Arbeitsfeld von ORTE sind daher die Landstädte und Regionen, deren
für ein günstiges Familienwohnen, die als Passivhaus oder mit Niedrigenergie- Protagonisten sich teils unbefangen und dynamisch, teils statisch und ver-
standard auch energetisch den aktuellen Forderungen entsprechen. Im Rah- schlossen der gebauten Umwelt nähern. Dabei kann das Gespräch über Archi-
men der niederösterreichischen »Ortsbildpflege« sind Zubauten zu älteren tektur nicht nur objektbezogen geführt werden. Denn Baukultur definiert sich
Häusern und Häuschen politisch gewünscht und stellen oft eine besondere nicht nur ästhetisch, sondern ebenso gesellschaftlich, und dass Natur und Kul-
Herausforderung für die Planer dar. Hier müssen sich Einfühlungsvermögen, tur gleichermaßen Quellen des Bauens sind, ist genauso Thema wie der ange-
Proportionsgefühl und Verhältnismäßigkeitssinn der Entwerfenden noch klarer messene und selbstbewusste Umgang mit regionalen Bautraditionen. Dafür
erweisen als bei Neubauten. gilt es weiterhin eine Plattform zu bieten und die eigene Geschichte der Archi-
Der Geschoßwohnungsbau in Niederöstereich war seit Jahrzehnten aus sied- tektur zu erzählen und mitzugestalten.
lungsbaulicher Sicht nur als ungenügend zu betrachten. Doch auch auf diesem
Feld wird seit kurzem mit regionalen Gestaltungsbeiräten bei Wohnanlagen ab
einer gewissen Größe die Qualitätslatte angehoben.
9
Sakralbau, Kultur und Bildung
Landesmuseum, St. Pölten
Landesmuseum, St. Pölten
1992–2002 Hans Hollein, Wien mit Wolfgang Pfoser, St. Pölten
Fotografie: Gisela Erlacher
Mitarbeit
Büro Hollein: Franz Madl, Paul Steinmayr
Büro Pfoser: Dieter Krückel, Thomas Schwed
Tragwerksplanung, Statik
Helmut Zieritz, St. Pölten; Bernd Toms, Krems;
Schoderbeck und Mitgesellschafter OEG, Krems
Ausführende Firmen
Baumeister: ARGE Universale-Bau AG,
Ilbau GmbH, A. Porr AG, St. Pölten
Bauherrschaft
NÖ Hypo Leasing Decus Grundstücks-
vermietungs GmbH, St. Pölten
Anschrift
Franz Schubert Platz 2
3100 St. Pölten
Literatur
Paul Jandl: Zwischen Kunst und Künstlichkeit
Neue Zürcher Zeitung, 18. Februar. 2003
Werner Thuswaldner: Braunbär und Schiele
Salzburger Nachrichten, 16. Nov. 2002
Ute Woltron: Naturspaziergang in Architektur
Der Standard, 13. Nov. 2002 Der vielgestaltige Gebäudekomplex zwischen Festspielhaus und ORF-Gebäude dungsgang auf dem Dach des Foyers dient als Skulpturenhalle. Er führt hinüber
Lebendiges Museum, wo sich Kunst und Natur wurde als letzter Bau des Kulturbezirks errichtet. Von außen gesehen erscheint zur Shedhalle mit Werken niederösterreichischer Künstler des 20. Jahrhun-
versöhnen. Die Presse, 13. Nov. 2002 die Anlage collageartig aus einem guten Dutzend einzelner Elemente agglo- derts. Ein zweigeschoßiger Einbau in Form einer begehbaren Raumskulptur
meriert. Sie sind dicht aneinander gestoßen, so dass die Besucher von einem stammt vom Architektenteam BEHF. Freistehend, im gleichen Weiß wie die
Walter Zschokke: Schwebender Fels unter Glas
Raumtypus in einen nächsten wechseln. Der Gebäudeflügel im Westen verlän- Umfassungsmauern, bietet er vielfältige Möglichkeiten, Bilder und Objekte zu
Die Presse/Spectrum, 9. Nov. 2002
gert die vom Festspielhaus vorgegebene städtebauliche Kante. Über einen zeigen. Drei gestaffelte Vierteltonnen überwölben einen vier Geschoße hohen
Verbindungstrakt ist er an den älteren, östlichen Flügel der »Shedhalle« ange- Raum, der hofseitig am Westflügel anschließt. Eine vielfältige, dichte und sorg-
schlossen. Gemeinsam umfassen die drei Trakte den abgesenkten, nach Süden fältig gestaltete Naturschau entlang dem Leitthema Wasser bildet das Glanz-
offenen Gartenhof. Zum ORF-Gebäude hin wird ein mächtiger Trapezblech- stück der Gesamtanlage. Aus dem als Höhle gestalteten Untergeschoß ent-
container von einem massiven, rosa gefärbten Sockel leicht verkantet hoch- wickelt sich der Ausstellungsbereich über Rampen, Terrassen, gewendelte
gestemmt. Er schließt den Komplex ab. Der Hauptzugang zur Foyerhalle im Treppen, Plattformen, Stiegen, Stege und Kanzeln in luftige Höhen unter dem
Verbindungstrakt, mit Kasse, Garderoben usw., befindet sich unter der Glas- Glasschirm. Querverbindungen erlauben individuelle Wege durch das drei-
welle am Schubertplatz. Alle Innenräume sind für ihre Zwecke individuell und dimensional labyrinthische Raumgebilde. Die Ausstellung enthält zahlreiche,
sorgfältig konzipiert. Das Obergeschoß des Westflügels enthält zwei Ausstel- zum Teil sehr große Aquarien mit Fischen und anderen Wassertieren. Eher
lungssäle mit spätmittelalterlicher und barocker Kunst sowie Werke des 19.Jahr- surrealistisch ist in diesem Kontext der »schwebende« Felsblock in schwanken-
hunderts aus Niederösterreich. Ausgerüstet mit flexiblen Wandelementen, der Höhe, in dem ein kleiner Gletscher eingebettet ruht. Damit kippt das ver-
ist die Auswahl und Präsentation der Sammlung leicht zu ändern. Ein Verbin- meintliche Naturobjekt in Konzeptkunst. WZ
12 Sakralbau, Kultur und Bildung