Table Of ContentLectu re Notes
in Economics and
Mathematical Systems
Operations Research, Computer Science, Social Science
Edited by M. Beckmann, Providence, G. Goos, Karlsruhe, and
H. P. KUnzi, ZUrich
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G. Fandel
Optimale Entscheidung
bei mehrfacher Zielsetzung
Springer-Verlag
Advisory Board
H. Albach· A. V. Balakrishnan' F. Ferschl . R. E. Kalman' W. Krelle . G. Seegmuller
N. Wirth
Dr. Gunter Fandel
Institut fur Gesellschafts- und
Wirtschaftswissenschaften der
Universitat Bonn
Betriebswirtschaftliche Abteilung I
53 Bonn, Adenauerallee 24-42
AMS Subject Classifications (1970): 90A05, 90D35
TSBN-13:978-3-540-06064-2 e-lSBN-13:978-3-642-80nO-6
DOl: 10.1007/978-3-642-80nO-6
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© by Springer-Verlag Berlin· Heidelberg 1972. Library of Congress Catalog Card Number 72-9311l.
Softcover reprint of the hardcover 1s t edition 1972
Vorwort
Die vorliegende Arbeit behandelt ein aktuelles Thema der Entschei
dungstheorie: die Frage nach der optimalen Entscheidung bei mehr
facher Zielsetzung. Mit mehrfachen Zielsetzungen setzte sich zu
erst die Entscheidungstheorie bei Unsicherheit auseinander. Ge
winnerzielung und Risikominderung sind die beiden Ziele eines
Akteurs, der eine Entscheidung bei Unsicherheit zu treffen hat.
Die Entscheidungstheorie ging bei der Lasung dieses Problems zu
nachst von der Existenz einer Risikopraferenzfunktion aus. Spater
wurden Zweifel an der Operationalitat dieses Konzepts und seiner
axiomatischen Begrundung laut, und zumindest in der Unternehmens
forschung resultierte daraus der Verzicht auf die Ableitung von
optimalen Lasungen zugunsten von Risikoprofilen aller "zulassigen
Lasungen".
Mit der Formulierung des Vektormaximumproblems wurde ein neuer the
oretischer Ansatz zur Lasung des Problems optimaler Entscheidungen
bei mehrfachen Zielsetzungen gefunden. Fandel stellt die Entwick
lung dieses theoretischen Ansatzes klar und anschaulich dar. Er un
terscheidet dabei die Zielprogrammierungsmodelle und die Nutzen
modelle. Aus der Kritik an diesen Lasungsansatzen folgt die eigene
Lasung. Sie beruht auf dem Nachweis der Aquivalenz von Vektormaxi
mumproblem und K-parametrischer Programmierung. Damit ist die the
oretische Basis fur eine operationale Lasung des Entscheidungspro
blems bei mehrfacher Zielsetzung gefunden, die Fandel im Rahmen
seines Konvergenzmodells entwickelt. Die Leistungsfahigkeit dieses
Modells wird an einigen konkreten Entscheidungsproblemen nachgewie
sen.
Die Arbeit von Fandel geht von der These aus, da£ die Voraussetzung
von Nutzenfunktionen oder Risikopraferenzfunktionen in einer be
stimmten Entscheidungssituation ein Irrweg der Entscheidungstheorie
war. Entscheidungssituationen sind dadurch gekennzeichnet, da£ mit
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der Entscheidung mehrere Ziele gleichzeitig erreicht werden sollen
und da~ die Bewertung dieser verschiedenen Ziele ~nd ihre Verbin
dung in einer libergeordneten Nutzenfunktion noch nicht vorliegen
und auch nicht vorausgesetzt werden konnen. Die Arbeit von Fandel
schlie~t aber mit der These, da~ am Ende des Entscheidungsprozesses
mit der optimalen Entscheidung auch die Nutzenfunktion gefunden
ist. Sie e n t s t e h t in einem institutionalisierten Argumen
tationsproze~, der im Konvergenzmodell formalisiert ist. Subjektive
Phanomene, wie sie in die Bewertung von mehrfachen Zielen im Rah
men einer Nutzenfunktion eingehen, werden daher von Fandel weder
vorausgesetzt noch axiomatisch eliminiert. Sie werden vielmehr in
einen rationalen Entscheidungs pro z e ~ eingebunden und damit
der Diskussion zuganglich gemacht. Hierin liegt meiner Ansicht
nach die Leistungsfahigkeit des Ansatzes von Fandel begrlindet.
Bonn, im September 1972 Horst Albach
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Inhaltsverzeichnis
1. Vorbemerkungen 7
2. Formalisierung des problems mehrfacher Zielsetzung
durch das Vektormaximumproblem 11
2.1. Definition des Vektormaximumproblems 11
2.2. ~konomische Interpretation 13
2.3. Losungsbegriffe des Vektormaximumproblems 15
3. Losungsansatze zum Vektormaximumproblem 17
3.1. Begriff des Ersatzproblems 18
3.2. Optimallosungen von Ersatzproblemen des Vek
tormaximumproblems 19
3.2.1. Zielprogrammierungsmodelle 19
3.2.1.1. Abstandsfunktion als Ersatz
zielfunktion 19
3.2.1.2. Losungsansatz von CHARNES
und COOPER 22
3.2.1.3. TSCHEBYSCHEFF - Approxima
tion 26
3.2.1.4. Zielprogrammierungsansatz
von IJIRI 27
3.2.2. Nutzenmodelle 32
3.2.2.1. Das parametrische Programm
ais Standardmodell 32
3.2.2.2. Bestimmung der Zielgewichte
bei MARGLIN 35
3.2.2.3. Konvergenzmodell von GEOFFRION 40
3.3. Kritik an den bisherigen Losungsansatzen 44
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4. ~quivalenz zwischen Losungen eines Vektorrnaxi
rnurnproblerns und der Optirnallosung eines K-para
rnetrischen Prograrnrnierungsproblerns 50
4.1. Vorbernerkungen 50
4.2. Beweis der ~quivalenzbeziehung 51
5. Konvergenzrnodell zur Bestirnrnung der Optirnallosung
bei rnehrfacher Zielsetzung auf der Grundlage eines
pararnetrischen Progra~~ierungsproblerns und der
Trennebenentechnik 56
5.1. Vorbernerkungen 56
5.2. Modellaufbau 57
5.3. Diskussion des Modells 63
5.4. Nachweis der Konvergenzeigenschaft 80
6. SchluBbernerkungen zurn theoretischen Konzept des
Entscheidungsproblerns bei rnehrfacher Zielsetzung 85
7. Anwendungsgebiete des Entscheidungsproblerns bei
rnehrfacher Zielsetzung 88
7.1. rvlakrookonornische Amlendungsrnoglichkeiten 88
7.1.1. Allgerneiner liberblick 88
7.1.2. Behandlung der Zielantinornie von okono
rnischer Effizienz und Verbesserung der
Einkornrnensverteilung in der Nutzen
Kosten-Analyse 93
7.2. f1ikrookonornische Anwendungsrnoglichkeiten 102
7.2.1. Zielkatalog des Unternehrnens 102
7.2.2. Urnsatz und Gewinn als Elernente eines
rnehrdirnensionalen unternehrnerischen
Zielkatalogs 107
7.3. Losung von Zielkonflikten bei Mehrpersonen
Entscheidungsprozessen 113
7.4. Errnittlung der Losungsstruktur zur Entschei
dungsvorbereitung bei unbekannter Zielrnenge 116
8. Literaturverzeichnis 118
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1. VorbemerkuAgen
Das Entscheidungsproblem der optimalen Alternativenauswahl bei
mehrfacher Zielsetzung als Interpretation des Vektormaximumpro
blems 1) ist nicht allein von spezifisch wirtschaftstheoreti
scher, sondern vielmehr von ganz allgemeiner Bedeutung 2). Die
Diskrepanz zwischen der Vielfalt konkurrierender Ziele und der
Begrenztheit der zu ihrer Erreichung zur Verfligung stehenden
Mittel konfrontiert in der Regel jeden Entscheidenden mit der
Tatsache, daB keine der moglichen AlternBtiven eine simultane
maximale Erflillung aller von ihm gesteckten und gleichzeitig
verfolgten Ziele gestattet 3). Da dies insbesondere fUr den Be
reich der wirtschaftlichen Aktivitat gilt, andererseits aber das
durch den Zweck des wirtschaftlichen Handelns implizierte Gebot
der rationellsten Verwendung beschrankt vorhandener Ressourcen
operationale Kriterien zur Ermittlung eines bezliglich mehrerer
Ziele optimalen Wahlaktes erforderlich macht, ist das Problem
der mehrfachen Zielsetzung denn Buch hauptsachlich bei der neu
eren Konstruktion von Entscheidungsmodellen auf dem Gebiet der
Makro- und Mikrookonomie immer st~rker in den Mittelpunkt des
1) Das Vektormeximumproblem erscheint erstmals in: KUHN, H.W.
und TUCKER, A. W.: No nl ine ar Pr ogr amming , in: NEYMAN, J.:
Proceedings of the Second Berkeley Symposium on Mathematical
Statistics and Probability, Berkeley/California 1951, S. 481
bis 492.
2) VgI.: DINKELBACH, W.: tiber einen Losungsansatz zum Vektor
maximumproblem, in: BECKMANN, M.: Unternehmensforschung Heute,
Berlin-Heidelberg-New York 1971, S. 1.
3) In gegenteiligen Fallen ist das Entscheidungsproblem bei mehr~
facher Zielsetzung offensichtlich irrelevant, so daB nur die
Losung von Zielkonflikten Gegenstand des Vektormaximumpro
blems sein wird.
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Interesses gerlickt 1).
Der AnstoS zur wachsenden wirtschaftstheoretischen Beachtung des
Vektormaximumproblems liegt dabei vornehmlich in den Umstanden
begrlindet, daE
(1.1) Zielkonflikte in der Gestalt von magischen Vielecken 2)
und deren Losung in der Wirtschaftspolitik eine wesent
liche Rolle spielen 3);
(1.2) betriebswirtschaftliche Untersuchungen liber Mehrziel
Entscheidungsmodelle die Charakterisierung des Ziel
katalogs eines Unternehmens allein durch die Gewinn
maximierung als unzureichend erscheinen lassen 4);
1) VgI.: MARGLIN, S.A.: Objectives of Water-Resource Develop
ment: A General Statement, in: MAASS, A. und andere: Design
of Water-ResoBXce Systems, Cambridge/Massachusetts 1966,
S. 17 - 87; GAFGEN, G.: Theorie der wirtschaftlichen Ent
scheidung, Tlibingen 1963, S. 95 ff.; JOHNSEN, E.: Studies in
Multiobjective Decision Models, Lund 1968, s. 389 ff.;
DINKELBACH, W.: Entscheidungen bei mehrfacher Zielsetzung
und die Problematik der Zielgewichtung, in: BUSSE v. COLBE
und MEYER-DOHM: Unternehmerische Planung und Entscheidung,
Bielefeld 1969, S. 55 - 70; HEINEN, E.: Das Zielsystem der
Unternehmung, Wiesbaden 1966, S. 133 ff.
2)
VgI.: OTT, A.E.: Magische Vielecke, in: OTT, A.E.: Fragen der
wirtschaftlichen Stabil~sierung, Tlibingen 1967, S. 93 - 114.
3) So ist flir den Entscheidungstrager in der offentlichen Wirt
schaft neben anderen Zielen beispielsweise die Frage nach der
Hohe des Sozialprodukts von ebensolcher entscheidungstheore
tischen Relevanz wie die nach dessen Verteilung. Zur Konstruk
tion von Entscheidungsmodellen, die sich speziell mit der Lo
sung dieser Problematik befassen, siehe u. a.: MARGLIN, S.A.,
a.a.O., S. 62 - 87, insbesondere S. 70 - 82; WEISBROD, B.A.:
Income Redistribution Effects and Benefit-Cost Analysis, in:
CHASE, S.B.: Problems in Public Expenditure Analysis, Washing
ton 1968, S. 177 - 209; FREEMAN, M.: Income Distribution and
Planning for Public Investment, in: The American Economic
Review 1967, S. 495 - 507.
4)
Vgl.: JOHNSEN, E., a.8.0., S. 68 ff. und S. 387; HEINEN, E.,
a.a.O., S. 59 ff.
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(1.3) in zentral gelenkten Volkswirtschaften schon relativ frUh
die besondere Bedeutung des Problems mehrfacher Zielsetzung
fUr die Wirtschaftsplanung erkannt worden ist 1)
In all diesen und ~hnlich gelagerten F~llen helfen das Vektormaxi
mumproblem und die zu seiner LBsung formulierten Ersatzprobleme,
die Entscheidungssituation logisch zu konzipieren und die Bkono
mische Relevanz der jeweils angebotenen Optimalit~tskriterien an
hand eines Vergleichs der Ergebnisse mit der wirtschaftlichen Re
alit~t zu llberprUfen. Dabei wird sich zeigen, daB manche Ersatz
probleme zwar zu mathematisch durchaus sinnvollen, aber 5k0nomisch
vBllig unbrauchbaren LBsungen fUhren kBnnen 2). Ausgehend von den
in der Literatur Ublicherweise gemachten Voraussetzungen erlaubt
allerdings die Xquivalenzbeziehung zwischen den L5sungen eines
Vektormaximumproblems und der Optimal15sung eines parametrischen
Prograrnrnierungsproblems 3), die Ersatzprobleme als Spezialf~lle
1) Vgl.: KORNAI, J.: Mathematische Methoden bei der Planung der
5konomischen Struktur, in: Die Wirtschaft, Berlin 1967; BOD, P.:
Lineare Optimierung mittels simultan gegebener Zielfunktionen,
in: PREKOPA, A.: Colloquium on Applications of Mathematics to
Economics, Budapest 1963, S. 55 - 60.
2) Dieser Umstand l~Bt sich dadurch erkl~ren, daB die ersten L5-
sungsans~tze zum Vektormaximumproblem rein mathematischer Natur
waren und daher zun~chst jeder VerknUpfung mit Bkonomischen
Problemstellungen entbehrten. Die formale Ubertragung dieser
LBsungsans~tze auf wirtschaftliche Fragenkomplexe ohne gleich
zeitige Untersuchung der damit verbundenen 5konomischen Impli
kationen hat aber dann zu Ergebnissen gefUhrt, die einem Ver
gleich mit der wirtschaftlichen Realit~t nicht mehr standhalten.
3) Die Zielfunktion eines parametrischen Prograrnrnierungsproblems
besteht aus einer Linearkombination der einzelnen Zielelemente,
wobei die Koeffizienten als Zielgewichte bzw. ihr Verh~ltnis
zueinander als Grenzrate der Substitution zwischen den Zielen
identifiziert werden kBnnen. Diese Funktion wird dann Uber dem
Bereich der zul~ssigen Entscheidungsalternativen maximiert.
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eines gemeinsamen Losungsansatzes zu betrachten. Dieses mathemati
sche Argument dient als AnlaB, jenen gemeinsamen Losungsansatz auf
der Grundlage der Trennebenentechnik zu einem Konvergenzmodell aus
zubauen, welches
(1.4) dem Entscheidungstrgger unter BerUcksichtigung seiner
individuellen Interessen 1) und der technischen Gege
benheiten die simultane Bestimmung einer optimalen Lo
sung des Zielkonfliktes und der daraus resultierenden
Zielelementengewichte ermoglicht;
(1.5) als Optimalitgtskriterium eine einer Prgferenzfunktion
entsprechende Ordnungsfunktion besitzt;
(1.6) die okonomischen Mgngel der bisher bekannten Ersatz
probleme weitgehend zu bereinigen versucht und
(1.7) bezUglich der wirtschaftlichen Praktikabilit~t ~hnlichen
modelltheoretischen Ansgtzen zumindest gleichwertig ist.
1) Auf die mangelhafte okonomische Aussagef~higkeit elnlger Lo
sungsansgtze, welche ohne Berucksichtigung der individuellen
Interessen des Entscheidungstrggers auszukommen versuchen, solI
hier nicht weiter eingegangen werden; vergleiche dazu auch
FuBnote 2) auf Seite 9.