Table Of ContentSAMMLUNG WISSENSCHAFTLICHER COMMENTARE
OPPIANVS
HALIEVTICA
OPPIAN
DER FISCHFANG
VON
FRITZ FAJEN
B. G. TEUBNER STUTTGART UND LEIPZIG
OPPIANVS
HALIEVTICA
EINFÜHRUNG, TEXT, ÜBERSETZUNG
IN DEUTSCHER SPRACHE,
AUSFÜHRLICHE KATALOGE DER MEERESFAUNA
VON
FRITZ FAJEN
B. G. TEUBNER STUTTGART UND LEIPZIG 1999
Gedruckt mit Unterstützung der Förderungs-
und Beihilfefonds Wissenschaft der VG WORT GmbH,
Goethestraße 49, 80336 München
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Oppianus <Anazarbensis>:
Halieutica : Einführung, Text, Übersetzung in deutscher Sprache,
ausführliche Kataloge der Meeresfauna / Oppianus. Von Fritz Fajen. -
Stuttgart; Leipzig ; Teubner, 1999
(Sammlung wissenschaftlicher Commentare)
ISBN 3-519-04290-8
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung
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© 1999 B. G. Teubner Stuttgart und Leipzig
Printed in Germany
Gesamtherstellung: Druckhaus „Thomas Müntzer" GmbH, Bad Langensalza
INHALT
Einfuhrung VII
Abkürzungsverzeichnis XIV
Siglenverzeichnis XVII
Oppiani Halieutica / Oppian - Der Fischfang 1
Verzeichnis der vorkommenden Fischnamen 332
Verzeichnis der vorkommenden Meeressäuger-Namen 379
Verzeichnis der vorkommenden Namen sonstiger Meerestiere 381
Index der in den vorausgehenden Verzeichnissen notierten
wissenschaftlichen lateinischen Fischnamen 393
Index der in den vorausgehenden Verzeichnissen notierten
wissenschaftlichen lateinischen Meeressäuger-Namen 397
Index der in den vorausgehenden Verzeichnissen notierten
wissenschaftlichen lateinischen Namen sonstiger Meerestiere 397
Index der in den vorausgehenden Verzeichnissen notierten
deutschen Fischnamen 399
Index der in den vorausgehenden Verzeichnissen notierten
deutschen Meeressäuger-Namen 403
Index der in den vorausgehenden Verzeichnissen notierten deutschen Namen
sonstiger Meerestiere 403
Verzeichnis der vorkommenden Landtier-Namen 405
Verzeichnis der vorkommenden Vogelnamen 406
Verzeichnis der vorkommenden Personen- und geographischen Namen . . .. 406
EINFÜHRUNG
Giovanni Battista Marino, in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts bedeu-
tender und einflußreichster Dichter Italiens, widmete in seiner „Galeria"1
neun herausragenden Poeten und Literaten Griechenlands kunstreiche Verse,
unter anderen Homer, Pindar, Sophokles, Aristophanes und — Oppian. Von
solcher Wertschätzung des Autors der Halieutika, des Lehrgedichtes vom
Fischfang, kann in jüngerer Zeit keine Rede sein. Nach zahlreichen Editio-
nen zu Beginn der Neuzeit2 erschien die letzte, halbwegs kritische Ausgabe
Oppians im Jahre 18133; seitdem ist der Text überhaupt nur zugänglich in
unzulänglichen Nachdrucken4 dieser bald zweihundert Jahre alten Edition.
Dazu passen indifferente oder gar abfällige Urteile in modernen Handbüchern;
für manche stehe, was A. Lesky in seiner auch die Kaiserzeit umfassenden
Geschichte der griechischen Literatur schreibt5: „Die fünf Bücher der
Dichtung (...) zeigen einen glatten Versbau, an dem der Spondeenreichtum
auffällt, doch kann diese Versifizierung tradierten Materials trotz manchen
Einlagen unser Interesse nicht wacherhalten." Angesichts so divergenter
Stimmen mag die Hoffnung nicht unbegründet sein, daß die vorliegende
Ausgabe mit gegenübergestellter Ubersetzung neuem Verständnis den Weg
eröffnet.
1 G. B. Marino, La Galeria, ed. M. Pieri, Bd. 1, Padua 1979, S. 160-164.
2 Oppiani de natura seu venatione piscium libri quinque, ed. Ph. Junta, Florenz 1515;
Oppiani de piscibus libri V etc., ed. Aldus (Manutius), Venedig 1517; Oppiani Anazar-
bei De Piscatu libri V etc., ed. A. Turnebus, Paris 1555; Oppiani poetae Cilicis de vena-
tione lib. IIII, de piscatu lib. V cum interpretatione Latina etc., ed. C. Rittershusius,
Leiden 1597; Oppiani poetae Cilicis de venatione libri IV et de piscatione libri V etc.,
ed. J. G. Schneider, Straßburg 1776. Siehe dazu F. Fajen, Uberlieferungsgeschichtliche
Untersuchungen zu den Halieutika des Oppian. Beiträge zur Klassischen Philologie 32,
Meisenheim 1969, S. 22-28.
3 Oppiani Cynegetica et Halieutica, ed. J. G. Schneider, Leipzig 1813. Siehe dazu
F. Fajen, Uberlieferungsgeschichtliche Untersuchungen ... (wie Anm. 2), S. 28—29.
4 Nicander, Oppianus, Marcellus Sideta de piscibus, Poeta de herbis, ed. F. S. Lehrs
graece et latine etc. in Poetae bucolici et didactici, Paris 1846; Oppian Colluthus Try-
phiodorus with an English Translation by A. W. Mair, London — New York 1928. Zu
beiden siehe F. Fajen, Uberlieferungsgeschichtliche Untersuchungen ... (wie Anm. 2),
S. 30-31.
5 A. Lesky, Geschichte der griechischen Literatur, Bern — München 31971, S. 910.
VIII Einführung
Wer war nun Oppian? Wiewohl eine Vita in mehreren Rezensionen
überliefert ist, tut man gut daran, vorab einen Blick auf die Halieutika zu
werfen. Denn was der Dichter über sich selber mitteilt, ist, soweit nicht
Grund besteht zu zweifeln, gegen jeden sekundären Bericht für korrekt zu
halten. Da erfahren wir zunächst etwas über seine Herkunft: Kilikien ist seine
Heimat, wie die Verse 3. 7 ff. zu verstehen geben und die Verse 3. 205 ff.
verbürgen. An der letztgenannten Stelle erwähnt Oppian des weiteren die
Stadt Korykos mit der Insel Eleousa; daraus haben manche den Schluß
gezogen, Korykos sei seine Heimatstadt6. Tatsächlich gibt es dafür keinen
hinreichenden Grund, da die Stadt lediglich eingeführt wird als Ort, wo —
über den Küstenstrich nördlich des Vorgebirges von Sarpedon zu beiden
Seiten der Kalykadnos-Mündung hinaus — besonders geschickte Fänger des
Anthies-Fisches heimisch sind. Sichere Kenntnis können wir weiterhin für
die Lebenszeit gewinnen, jedenfalls für die Spanne, in der das Epos abge-
schlossen wurde. Oppian redet nämlich einen Herrscher Antoninos an (1. 3),
an fünf Stellen diesen allein , an anderen fünf ihn zusammen mit seinem
Sohn8. An zwei dieser letztgenannten Stellen (2. 683, 5. 45) ist der Sohn
Mitregent, eine Konstellation, die allein auf Marcus Aurelius Antoninus
zutrifft, welcher im Jahre 177 n. Chr. seinen Sohn Commodus zum Mit-
kaiser erhob. Und da in den Versen 2. 680—681 vom endlich herrschenden
Frieden berichtet wird, der Kaiser aber 178 sich wieder zu den Truppen an
die Donau begab, sind die Halieutika vermutlich vor 178 vollendet worden9.
6 So noch in seinem Oppian-Artikel des Kleinen Pauly R. Keydell, der es sonst an der
gebotenen Kritik nicht fehlen läßt. Anstoß zu dieser Ausdeutung der Partie ist das Wort
πάτρη (207), das als „VaterStadt" aufgefaßt wird, obwohl Oppian es ebenso wie πατρίς
in 1. 276 an drei weiteren Stellen (1. 278, 693, 695) stets als „angestammte Heimat",
„Heimatland" versteht, wie nicht anders abgeleitetes πατρώος, -τρώιος als „heimatlich"
(1. 274, 3. 9, 4. 530). Im übrigen wird kopulatives θ' in V. 208 vernachlässigt; die An-
nahme, θ sei akzessorisch, ist zwar auch dann, wenn πάτρη „Heimatland" bedeutet, nicht
ohne weiteres abzuweisen - man vergleiche die englische Ubersetzung Mairs, der „father-
land" schreibt und gleichwohl den δσσοι θ-Satz als explikativen Attributsatz an-
schließt -, aber nicht allzu wahrscheinlich, wie ein Blick in einen historischen Atlas
lehrt und darüber hinaus der Kontrast deutlich macht, der mit kopulativem θ' zwischen
dem kilikischen Küstenland und der Stadt Korykos mit Eleousa entsteht, durchaus in
Ubereinstimmung mit der herausgehobenen Stellung der griechischen Städte im Osten.
(Korykos war Münzlegenden zufolge noch im 1. Jahrh. v. Chr. autonome Stadt!) Auf
jeden Fall aber gestattet das akzessorische θ', wie Mair zeigt, nicht weniger, πάτρη als
„Heimatland" zu begreifen.
7 Eben 1. 3; ferner 1. 70, 3. 1, 5. 1, 675.
8 1. 66, 2. 41, 683, 4. 5, 5. 45.
9 Damit stimmen ungefähr überein Ath. 13b, Eus. Hieron. Chron. Ol. 237. 4 = 172
n. Chr. sowie Suid.
Einführung IX
Mehr als dieses wenige weiß die Vita10: Sie nennt als Eltern Oppians Age-
silaos und Zenodote, als Herkunftsort Anazarbos im kilikischen Hinterland.
Ferner sei der Vater von (Septimius) Severus (!) wegen Mißachtung der kai-
serlichen Würde des Herrschers auf die dalmatinische Insel Melita (Meleda,
Mljet) verbannt worden; der Sohn aber habe den Vater begleitet und wäh-
rend der Verbannung die Halieutika verfaßt. Von diesem Werk sei nach dem
Tode Severus' dessen Sohn Antoninus (Caracalla) so angetan gewesen, daß er
Oppians Vater die Freiheit, dem Dichter fur jeden Vers ein Goldstück
geschenkt habe. Nach seiner Heimkehr jedoch sei Oppian alsbald an einer
Seuche gestorben und von seinen Mitbürgern mit einer reichen Bildsäule
geehrt worden. All diese Mitteilungen verwarf R. Keydell in seinem RE-
Artikel von 1939; P. Hamblenne11 dagegen weist sie, soweit nicht Daten aus
dem jeweiligen Gedicht entgegenstehen, überzeugend dem Verfasser der
Kynegetika zu, einem jüngeren Oppian aus Apamea in Syrien12: Allein der
Geburtsort Anazarbos und der Werkname Halieutika seien nachträglich in die
Vita eingefügt, gehörten dem älteren Oppian, dem Autor der Halieutika13.
Das aber gebietet, für den älteren Oppian es mit der kargen Kenntnis seiner
genaueren Herkunft und seiner ungefähren Lebenszeit bewenden zu lassen.
Was war es nun, was einen Kaiser hat veranlassen können, jedenfalls einen
der Oppiane so überreichlich zu belohnen? Um einer Antwort auf diese
Frage näherzukommen, ist es unumgänglich zu klären, welche Stellung
denn dem didaktischen Gedicht in der Bildungswelt jener Zeit zukam.
Eben dieses Genos nämlich war seit Arat14 geradezu ins Kraut geschossen;
selbst die sprödesten Gegenstände waren dem Hexameter anbequemt worden
— man denke nur an Nikander, Grattius und Manilius —, und alle diese
Werke fanden offenbar ihr Publikum, bis hinein ins Mittelalter, wie die
111 Erstmals herausgegeben von A. Westermann (ΒΙΟΓΡΑΦΟΙ, Braunschweig 1845
[Nachdr. Amsterdam 1964]). Siehe ferner A. Colonna, De Oppiani Vita antiquissima,
Boll. Class. N.S. 12, 1964, 33-40 (bequemer zugänglich in A. Colonna, Scripta minora,
Brescia 1981, S. 117—126), Ο. Mazal, Eine neue Rezension der Biographie Oppians,
Wien. Stud. Ν.F. 1 (80), 1967, 115-124.
11 La legende d'Oppien, Ant. Class. 37, 1968, 589-619.
12 Wie Cyn. 2. 125 ff. erkennen lassen.
13 Dies verträgt sich aufs beste mit den Erörterungen der Anm. 6: Erschien schon dort
aus sprachlichen und sachlichen Gründen Korykos als Heimatstadt nicht eben
glaubhaft, so tritt diese Seestadt als Geburtsort eines Dichters, der ein Fischgedicht
geschrieben hat, im Vergleich erst recht zurück hinter das binnenländische Anazarbos,
welches gleichsam der locus difficilior ist. Denn für die Auffassung, daß auch dieser
Name fälschlich aufgekommen sei, läßt sich allenfalls anführen, daß er in der Vita steht,
auf die wenig Verlaß sei.
14 Arats Motive, das Lehrgedicht wieder aufzunehmen, sind in den Vorstellungen des
kallimacheischen Kreises zu suchen. Sein einzigartiger Erfolg aber findet seinen Grund
in den im folgenden dargestellten Verhältnissen.
χ Einfuhrung
bisweilen zahlreichen Abschriften bezeugen. Dies ist alles um so verwunder-
licher, als es am Anfang dieser Entwicklung einen maßgeblichen Zeugen
gab, der eine ganz andere Vorstellung von Dichtung zu haben schien. Im
Unterschied zu Gorgias, welcher als „Poesie" gelten ließ, was immer in
Verse gesetzt war15, hielt Aristoteles für ein entscheidendes Merkmal wahrer
Dichtung die μίμησις16, d.h. die ßktionale Gestaltung der Wirklichkeit. In
einer solchen Konzeption indes findet schon das vorklassische Lehrgedicht
keinen Platz mehr, geschweige denn Nikanders Theriaka oder die Halieu-
tika Oppians. Für Aristoteles haben Homer und Empedokles nur das Vers-
maß gemein; ansonsten aber ist allein Homer ein ποιητής, Empedokles eher
ein φυσιολόγος, ein Naturforscher17. Damit aber wäre dem hellenistisch-
kaiserzeitlichen Lehrgedicht wesentlicher Grund entzogen, und doch
kommt es zahlreich und gefeiert daher, wider alles Erwarten. Warum ist das
so? Nun, zunächst wäre es falsch, aus Aristoteles' poetologischer Konzep-
tion zu schließen, der Theoretiker habe das Lehrgedicht deswegen wenig
geschätzt — er lobt bei anderer Gelegenheit18 vielmehr ausdrücklich Empe-
dokles' kunstgerechte Verwendung poetischer Mittel. Im übrigen mag es
mißlich sein, für ein erstaunliches Phänomen eine einzige Ursache anzu-
führen, und somit ist anzunehmen, daß es für die Blüte der Lehrdichtung in
nachklassischer Zeit manche Gründe gegeben hat, wie beispielsweise das
Bedürfnis, einen Gegenstand eingängiger darzustellen und das Gedächtnis
durch den Vers zu stützen. Die entscheidende Begründung jedoch für den
so weitreichenden Erfolg ist in den Besonderheiten der Erziehung jener
Zeit zu finden: Erst wer sich aufs lebhafteste vergegenwärtigt19, wie mit
dem Aufkommen des Hellenismus die höhere Bildung der Rhetorik an-
heimfiel und ihr über Jahrhunderte verfallen blieb, bekommt eine Idee
davon, wie günstig die Zeiten nach Alexander dem didaktischen Gedicht
wurden. Kein Grieche, kein Römer späterhin, der über bloße Schreib- und
Rechenfähigkeiten hinaus wollte oder sollte, entging dem geregelten Unter-
richt des Grammatikers und des Rhetors. Beide aber waren ausschließlich
15 Vgl. Hei. 9.
16 Vgl. Po. 1447a-b.
17 Um dieser Ungelegenheit abzuhelfen, erweitert der anonyme Aristoteles-Kommen-
tator des Codex Coislinianus den Begriff der ποίησις, unterscheidet er entgegen Aristo-
teles mimetische (μιμητή) und nichtmimetische (αμίμητος) Dichtung; die letztere aber
zerfällt in ιστορική ποίησις und παιδευτική ποίησις. Siehe J. Bernays, Zwei Abhandlun-
gen über die aristotelische Theorie des Drama, Berlin 1880 (Nachdr. Darmstadt 1968),
ferner CGF, S. 50. Dagegen scheinen Plutarch (Mor. 16C) und gewisse Scholien zur
Grammatik des Dionysius Thrax (Gramm. Gr. I 3, 166, 13-15; 168, 10-12 [Hilgard])
gerade in ihrer Ablehnung des Lehrgedichts Aristoteles verpflichtet zu sein.
18 Vgl. Fr. 70 (Rose).
1<; Dabei ist behilflich H.-I. Marrous verdienstvolles Buch „Histoire de l'education dans
l'Antiquite", Paris 71975 (deutsch „Geschichte der Erziehung im klassischen Altertum",
München 1977).