Table Of ContentForschungsberichte des Landes Nordrhein-Westfalen
Wilfried Steinheuer · Eckhard
Bergmann · Christian Kastrop
Öffentliche
Haushalte und
Risiko
FORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN
Nr. 3243 / Fachgruppe Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
Herausgegeben vom Minister fur Wissenschaft und Forschung
Dipl.-Volksw. Eckhard Bergmann
Dipl.-Volksw. Christian Kastrop
Dipl.-Volksw. Wilfried Steinheuer
Finanzwissenschaftliches Forschungsinstitut
an der Universitat zu Koln
Geschaftsfuhrender DireKtor: Prof. Dr. K.-H. Hansmeyer
Öffentliche Haushalte und Risiko
Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 1990
CIP-Titelaufnahme der Deutsehen Bibliothek
Offentliehe Haushalte und Risiko I Eekhard
Bergmann ; Chrlstlan Kastrop ; Wilfried
Steinheuer. - Opladen : Westdt. Verl., 1990
(Forsehungsberiehte des Landes Nordrhein
Westfalen ; Nr. 3243 : Faehgruppe Wirt
sehafts- und Sozialwissensehaften)
ISBN 978-3-531-03243-6 ISBN 978-3-663-14354-3 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-14354-3
NE: Bergmann, Eekhard; Kastrop, Christian;
Steinheuer, Wilfried; Nordrhein-Westfalen:
Forsehungsberiehte des Landes ...
© 1990 by Springer Fachmedien Wiesbaden
Urspriinglich erschienen bei Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen 1990.
Herstellung: Westdeutscher Verlag
Lengericher Handelsdruckerei, 4540 Lengerich
INHALTSVERZEICHNIS
Eckhard Bergmann:
Budgetrisiken: Der offentliche Haushalt unter Risikoaspekten
1. U nsicherheit und Risiko 2
2. Offentliche Haushalte und Risiko 5
Eckhard Bergmann:
Budgetrisiken -Haushaltsplanung unter Unsicherheit 11
1. Haushaltsgrundsatze 11
2. Die Aufstellung des Budgets: Ausgabenplanung und Einnahmenschatzung 13
2.1. Ausgabenplanung 13
2.2. Einnahmenschatzung 17
3. Ausgabe-und Einnahmerisiken: Ein systematischer Uberblick 19
3.1. Griindc fUr Haushaltsrisiken 20
3.2. Ausgabcrisiken 25
3.2.1. Personalausgaben 26
3.2.2. Sachausgaben 28
3.2.3. Transfcrzahlungen 34
3.3. Einnahmerisiken 42
Eckhard Bergmann:
Risikopolitik iiber offentliche Haushalte 49
1. Mogliche Begriindungsmuster fiir eine staatliche Risikoiibcrnahme 49
2. Instrumente ciner Risikopolitik 52
2.1 Zuschiisse und Stcuervergiinstigungcn 56
2.1.1. Zuschiisse 56
2.1.2. Slcuervergiinstigungcn 57
2.2 Beteiligungsgesellschaftcn 58
2.3 Die Kredithilfen: crleichterter Zugang zu Frcmdkapital 60
2.3.1. Offcntliche Darlchen -dircktc Zufiihrung von Fremdkapital 61
2.3.2. Schuldendiensthilfcn 63
2.3.3. Biirgschaften und Garantien 63
3. Begriindung und Ausgcstaltung slaatlichcr Risikopolitik in einzelnen
Einsatzfeldern 65
3.1. Staalliche Forderung von Forschung und Entwicklung 66
3.2. MittcJstandspolitik 81
3.3. Regionale Wirlschaftspolitik 91
3.4. Umwellpolilik 97
IV
Wilfried Steinheuer:
Sparkassen und Risikotransfer 105
1. Rechtliche Grundiagen der Risikoiibernahme 105
2. Ursachen und Motive der Risikoiibernahme 108
2.1. Zur Entstehung Offentlich getragener Sparkassen 108
2.2. bffentlicher Auft rag der Sparkassen no
3. Inanspruchnahme der Gewiihrtriiger in der Vergangenheit 115
4. Risiken der Geschiiftstiitigkeit von Sparkassen und Landesbanken und
ihre mogliche Bedeutung fUr die Haushalte der Gewiihrtriiger 116
4.1. Risiken des Bankgeschiifts und einzelwirtschaftliche Maf3nahmen zu
ihrer Begrenzung 116
4.2. Risikopolitische Besonderheiten der Institute des Sparkassensektors 119
4.3. Sicherungsfonds der Sparkassenorganisation 122
5. Zur Dimension des von den offentlichen Haushalten zu tragendcn Risikos 124
5.1. Umfang der Haftungsiibernahme 124
5.2. Einige Risikokennziffern der Institute des Sparkasscnscktors
im Vergleich mit anderen Kreditinstitutsgruppen 125
5.3. Die Bedeutung der Eigenkapitalprobleme von Sparkassen und
Landesbanken fUr die Risikoposition der Gewiihrtriigcr 128
6. Ausblick 130
Christian Kastrop:
Biirgschaften • Universelles Instrument der staatIichen Risikoiibernahme 131
1. Die Staatsbiirgschaft ais Instrument der Finanzpolitik 131
2. Rechtliche Aspekte der Biirgschaftsgestaltung 136
3. Grundiagen der Biirgschaftsgewahrung in Nordrhein-Westfalen 141
3.1. Haushaltsrechtliche Normen 141
3.2. Die Biirgschaftsrichtlinien 143
3.3 .. Die "Allgemeinen Bestimmungen" 151
4. Die Geschichte der Biirgschaftspolitik in Nordrhein-Westfalen 152
4.1. Staatsbiirgschaften im Zeichcn unterentwickclter Kapitalmarktc 152
4.2. Staatsbiirgschaften im Zeichcn der Strukturpolitik 158
4.3. Quantitativer Uberblick 167
5. Biirgschaftspolitik im Verbund 177
5.1. Die Lastenausgleichsbank (LAB) 177
5.2. Die Kreditgarantiegemeinschaften 178
6. Chancen und Grcnzcn dcr Biirgschaftspolitik in Nordrhein-Westfalen 183
Literaturverzeichnis 192
BUDGETRISIKEN: DER OFFENTLICHE HAUSHALT UNTER
RISIKOASPEKTEN
Risiko ist eine ubiquitare Erfahrung geworden. Zwar hat die Menschheit im
mer mit Risiken gelebt, aber die Risiken haben teilweise eine andere und
neue Qualitat gewonnen. Insbesonders Chemie-und Atomenergieunfiille ha
ben gezeigt, daB bestimmte Modernisierungsrisiken und -folgen nicht mehr
lokal und gruppenspezifisch begrenzt werden konnen: "Sie enthalten eine
Globalisierungstendenz, die Produktions-und Reproduktionssphiiren ebenso
iibergreift wie nationalstaatliche Grenzen unterlauft.,,1) Dariiber hinaus hat
eine neue Sensibilitiit in der Wahrnehmung spezifischer Risiken das Gefiihl
verstarkt, in einer "Risikogesellschaft" zu leben.
Auch wenn Risiko zum aktuellen Thema geworden ist, spielen diese "spekta
kuliiren" Risiken (obwohl auch sie zu Belastungen des Budgets fiihren) im
folgenden nUT am Rande eine Rolle: es stehen vielmehr generell die Auswir
kungen von Unsicherheit und Risiko auf die offentlichen Haushalte im Vor
dergrund. Das Handelsblatt bemerkt etwa zu den Haushaltsrisiken des Bun
deshaushalts 1989: "So werden nach Berechnungen des Bundeswirtschafts
ministeriums die vom Kabinett Anfang Juli flir 1989 beschlossenen Mittel flir
Kokskohlenbeihilfe von 2,9 Mrd. DM kaum reichen. Der Mehrbedarf wird
auf rd. 600 Mill. DM geschatzt. Wegen der schwierigen finanziellen Lage
lateinamerikanischer und osteuropiiischer Lander wird der bereits auf 2,8
Mrd. DM Etatansatz flir Biirgschaftausfalle voraussichtlich weiter auf 3,5
Mrd. DM aufgestockt werden miissen. Die Hilfen flir Aussiedler, die den
Etat 1989 kassenmiiBig mit etwa 300 bis 400 Mill. DM belasten, wollen die
Haushaltspolitiker der Koalition zwar vornehrnlich dUTCh Umschichtungen
finanzieren, aber zugleich werden in der Koalition der Airbus, die Welt
raumprojekte und auch die EG als weitere Haushaltsrisiken genannt.,,2)
Aber auch die Korrektur der Steuerschiitzung des Bundes, die Gewahrung
von Zuschiissen durch das Land Nordrhein-Westfalen flir Gemiiseerzeuger,
1 U. Beck, Auf dem Weg in eine industrielle Risikogesellschaft? Eine Argumentationsskizze,
S. 145, in: R. Erd u.a. (Hrsg.), Strukturwandel in der Industriegesellschaft, Frankfurt/Main
und New York 1986, S. 143 ff.
2 R. Uhlmann, Oiimme gegen die neue Begehrlichkeit, Handelsblatt vom 5.9.1988, S.2. Siehe
auch bspw. die Mitteilung des Bundesministers der Finanzen vom 23.11.1988, in der er seine
Einwilligung nach Art. 112 GG kundtut, bei der Inanspruchnahme aus Biirgschaften, Garan
lien und sonstigen Gewiihrleistungen Mehrausgaben bis zur Hohe von 200 Mio. OM zu lei
sten (Bundestagsdrucksache 11/3565).
2
deren Gewachshauser und Produkte durch einen Hagelschauer zerstOrt wur
den, die starker als geplant steigenden Sozialausgaben der Kommunen durch
die Verlagerung der Kosten der Arbeitslosigkeit auf diese fOderale Ebene
weisen auf Haushaltsrisiken hin. Auf der anderen Seite wird "Risiko" explizit
zum Thema fur den Staat, wenn etwa die Ausstattung des Unternehmens
sektors mit Risikokapital verbessert werden soli, urn die Innovationstatigkeit
anzuregen.
Das Budget belastende Naturkatastrophen, fehlende oder falsche Informatio
nen bei der Schatzung der Offentlichen Einnahmen, ungenaue Prognosen, ge
gen die Planung laufende Staatsausgaben, zusatzliche Staatsausgaben, urn die
nicht so wagemutig wie erwartet agierenden Unternehmer zu untersttitzen -
dies alles ist eng mit der Existenz von Unsicherheit und Risiko und mit den
entsprechenden Folgen flir das staatliche Budget verbunden.
1. Unsicherheit und Risiko
Aile 6konomischen Entscheidungen, die von den privaten Haushalten, von
den Unternehmen und von den politischen Instanzen getroffen werden, fal
len unter Unsicherheit; bei jeder Entscheidung ist nur ein Teil ihrer Konse
quenzen bekannt. Entscheidungen sind von daher immer riskante Entschei
dungen. Definiert man Risiko etwa als "die M6glichkeit des Eintretens eines
ungiinstigen Falles, flir den die getroffene Entscheidung nicht optimal (im
Sinne der eigenen Zielsetzung) war",3) so wird deutlich, daB bei 6konomi
schen Entscheidungen immer auch Risikoaspekte zu beach ten sind.
So trivial diese Aussage auch erscheinen mag, aile in schon tiber die Defini
tionen von Unsicherheit und Risiko und tiber den Zusammenhang zwischen
diesen beiden Begriffen gab es intensive und kontroverse Diskussionen.4) Ei
nigkeit besteht allerdings dartiber, daB es keine vollstandige Information,
kein perfektes Wissen tiber die jetzigen und zukiinftigen Zustande der Welt,
kurzum, daB es keine Sicherheit gibt. Unvollkommene Information und be
grenzte Informationsverarbeitungskapazitat flihren zu permanenter Unsi
cherheit, die aile Entscheidungen pragt, auch und gerade 6konomische.5)
3 W. Krelle, Unsicherheit und Risiko in der Preisbildung, S. 633, in: Zeitschrift fiir die gesamte
Staatswissenschaft, 1957, S. 632 ff.
4 An dieser Stelle kann nicht die gesamte, facettenreiche Diskussion urn den "richtigen" Risi
kobegriff nachgezeichnet werden; siehe dazu etwa C. Imboden, Risikohandhabung -Ein ent
scheidungsbezogenes Verfahren, Bern und Stuttgart 1983.
5 Die Nationalokonomie hat in der Vergangenheit nicht immer beriicksichtigt, daB die okono
mischen Akteure ihre Entscheidungen unter unvollkommener Information treffen muBten.
3
"Unsicher ist ein gegebener Wissensstand, wenn mit seiner Hilfe nicht alle
Konsequenzen bestimmter Ereignisse und/oder nur mit einer bestimmten
Eintrittswahrscheinlichkeit vorausgesagt werden konnen."6) Unsicherheit
birgt dann die Moglichkeit einer suboptimalen Entscheidung in sich: das an
visierte Ziel kann verfehlt werden. Wah rend bei dieser Betrachtungsweise
auf die Ursache von Risiken - der Bezugspunkt sind suboptimale Entschei
dungen, da die potentiellen Veranderungen in den Umweltbedingungen
nicht hinreichend antizipiert wurden - abgestellt wird, heben andere Auto
ren7 ) die mogliche Wirkunl: von Risiken starker hervor: Risiko als potentiel
ler Verlust oder Schaden, sei es als Vermogensbestandsminderung, als zu
satzlicher Aufwand oder als Gewinnentgang. Beide Komponenten (Gefahr
des MiBlingens einer Aktivitat bzw. die Schadensmoglichkeit) beleuchten
jeweils zwei Seiten der gleichen Medaille; Risiko ist dann "die Gefahr einer
Fehlentscheidung mit der Folge eines Schadens.,,8)
1m Zeitpunkt der Entscheidung besteht also Unsicherheit tiber die Realisa
tion einer ZielgroBe: Wird sie tiberhaupt oder mit welchem Zielerreichungs
grad und zu welchem Zeitpunkt erreicht werden? Die Betroffenen wissen a
priori nicht, wie die tatsachliche Abweichung von der als "normal" erwarteten
Auspragung der ZielgroBe aussehen wird. Denn es besteht immer die Mog
lichkeit, daB durch (externe) Veranderungen der Umweltbedingungen und/
oder durch (interne) Steuerungsdefizite die eigene, zukunftsbezogene Pla
nung ~ beriihrt werden kann. In dieser Arbeit wird der Begriff des Risi
kos auf den moglichen Schaden begrenzt, der als Foige einer tatsachlich rea
lisierten, negativen Abweichung von der ErwartungsgroBe eintreten kannY)
Erst die Einbeziehung von InformationsgewinnungsprozeBen in die okonomische Analyse
und das Nachdenken iiber okonomische Entscheidungen unter Unsicherheit fiihrte zu ge
haltvolleren okonomischen Modellen.
6 M. Tietzel, Wirtschaftstheorie und Unwissen, Tiibingen 1985, S. 5
7 Siehe etwa F. Philipp, Risiko und Risikopolitik, Stuttgart 1967
8 W. Mag, Risiko und UngewiBheit, S. 480, in: Handworterbuch der Wirtschaftswissenschaf
ten, Bd. 6, Stuttgart u.a. 1981, S. 478 ff.
9 In vielen, vor allem betriebswirtschaftlich orientierten Arbeiten zum Risikobegriff wird die
Ambivalenz des Risikobegriffes bet on!: Die konkrete Auspriigung der ZielgroBe kann so
wohl positiv als auch negativ von der PlangroBe abweichen -Risiko als Verlustgefahr, aber
auch als Chance. Sogenannte "spekulative" Risiken (unternehmerische Risiken) beinhalten
sowohl die Chance des Gewinns als auch die Gefahr des Verlustes. Das unternehmerische
Risiko bei erwerbswirtschaftlich motivierten lnvestitionen in Sach- und Finanzkapital, bei
Kreditvergaben usw. besteht bspw. darin, daB der zukiinftige Ertrag aus einem bestimmten
Vermogensbestand ungewiB ist. Eine andere Form liegt bei den sogenannten "reinen"
(nichtunternehmerischen) Risiken vor: Ein Vermogensbestand wird einer Bedrohung ausge
setzt, ohne daB eine spezifische Einkommenserzielungsmoglichkeit besteht (z.B. Brandge
fahr in einem Unternehmen, Krankheit eines Erwerbstiitigen), obwohl durch den Eintritt der
Bedrohung diese Moglichkeit als so1che verhindert werden kann (Siehe dazu bspw.
4
In der (betriebswirtschaftlichen) Risikoliteratur ist gerade diese Schadensdi
mension des Risikos in den Vordergrund geruckt worden, und es liegt nahe,
eine Klassifikation von Risiken hieran auszurichten. Man erhalt so - ohne
Anspruch auf Vollstandigkeit - eine weite Palette, die von Glasbruch zum
Erdbeben, vom Vandalismus bis zum Aufruhr, von Marktrisiken bis zu politi
schen Risiken reicht:lO)
-Naturliche Ursachen: Feuer, Wasser, Blitzschlag, Glasbruch, Erdbeben,
Schnee, Wirbelsturm;
-Tod, Berufsunfahigkeit und Krankheit von Arbeitskraften;
-Ursachen, die in einer Veranderung der Rechtsgrundlagen begriindet sind:
Herstellungsverbote, Neueinfiihrung oder A.nderung von Steuern, Zollen
usw., Sozialisierung von Unternehmen;
-Ursachen, die in dem ProzeB der Erstellung von Gutern und Dienstleistun
gen liegen: Materialfehler, Maschineneffekte, Fehler durch Arbeitskrafte;
-Ursachen, die im Verhalten der Vertragspartner ihre Begriindung finden:
Forderungsausfall, Wechselrisiken, Ausfall von Vorleistungen, Streik;
-Produktbezogene Ursachen: Umweltschaden, Produkthaftpflicht;
-Ursachen, die eine Folge von MarktprozeBen sind: Preisschwankungen, wie
z.B. bei Rohstofffen oder Wechselkursen, Veranderung auf dem Kapital
markt;
-Ursachen im Zusammenhang mit sozialer Devianz: Unterschlagung, Be
trug, Diebstahl, Vandalismus, Aufruhr, Brandstiftung, Sabotage.
Wahlt man dagegen die von den Risiken ausgehende Wirkung als Bezugs
punkt fur eine Klassifikation und stellt auf die moglichen negativen Auswir
kungen fur das Unternehmen ab, so sind es zum einen die "Risiken der phy
sischen Beschadigung und ZerstOrung von Einrichtungen, Gegenstanden und
Personen", zum anderen die "Risiken technologischer und okonomischer Ent
scheidungen, deren finanzielle Folgen (Verluste) zu Lasten der Unterneh
mung gehen."l1) Verluste dieser Art konnen sein: Verlust (Entwertung oder
Beschadigung) von Vermogensteilen; Betriebsunterbrechungsverluste; Scha
densersatzanspruche an das Unternehmen; auBerordentliche Aufwendungen
(etwa Gerichtskosten); entgangener Gewinn.
W. SchOnbiick, Subjektive Unsicherheit als Gegenstand staatlicher Interventionen, Frank
furt/Main und New York 1976, S. 10 ff.).
10 Siehe etwa CA. Williams und R.M. Heins, Risk Management and Insurence, 2. Auflage,
New York und Dusseldorf 1971; R.I. Mehr und E. Cammack, Principles of Insurance, 6.
Auflage, Homewood/Ill. 1976
11 H. Braun, Risikomanagement -Eine spezifische Controllingaufgabe in der Unternehmung,
Controlling-Forschungsbericht 79/2, TH Darmstadt 1979, S. 18
5
2. OtTentliche Haushalte und Risiko
MarktmaBig verfaBte Wirtschaftssysteme wie das der Bundesrepublik zeich
nen sich durch eine spezifische Entscheidungsstruktur und, eng darnit ver
bunden, durch eine bestimmte Risikoverteilungsstruktur aus: Die Risiken
sollen von den jeweiligen okonornischen Akteuren getragen werden, die die
Entscheidung gefallt haben und den potentiellen Nutzen aus der MaBnahme
ziehen wiirden. Zu einer ersten Skizzierung ist ein kurzer Riickgriff auf die
Wirkungsweise von Marktmechanismen notwendig.
Die Funktion von Marktwirtschaften kann knapp mit der praferenzorientier
ten und kostenminimalen Bereitstellung von Giitern und Dienstleistungen
umschrieben werden. In dynamischer Sicht ist dieser Allokationsmechanis
mus in der Lage, die Anpassung der Produktion an sich andernde Praferen
zen und die Entdeckung und Anwendung neuer, produktiviHitssteigender und
ressourcensparender Techniken (Produkt- und Verfahrensfortschritt) zu ge
wahrleisten. Nun konnen diese Produktions- und Konsumtionsprozesse in
zweifacher Hinsicht risikoreich sein: Von ihnen konnen auf der einen Seite .
negative Einwirkungen auf Unbeteiligte ausgehen,12) andererseits enthaIten
die okonomischen Entscheidungen der Wirtschaftssubjekte (z.E. Investitio
nen in Forschung und Entwicklung oder Aufbau von Human Capital) immer
auch eine erhebliche Risikokomponente fUr den Entscheidungstrager selbst.
Die Risiken, denen die Wirtschaftssubjekte in marktwirtschaftlichen Syste
men ausgesetzt sind, werden in der Regel privat getragen; ein konstituieren
des Merkmal fUr Unternehmen ist eben diese "Risikoiibernahme".13) Die
okonornischen Akteure konnen und sollen auf der Grundlage ihrer Pra
ferenzen entscheiden, welches Risiko sie bereit sind zu tragen und welches
12 Diese externen Effekte konnen den Staat und im Gefolge, je nach Ausgabenintensitat der
dann notwendig werdenden MaBnahmen, auch das Offentlichc Budget beriihren. Private
unternehmerische Risiken etwa soli ten sich an sich dadurch auszeichnen, daB der das Risi
ko tragende Akteur sowohl die Kosten als allch die Nutzen der riskanten Aktivitat tragi.
Gelingt es den Akteuren jedoch, sich die Ertriige exklusiv anzueignen und die (Folge-) Ko
sten riskanter Projekte (zumindest teilweisc) zu externalisieren, so liegen Offentliche Risi
ken vor. Offentliche Risiken haben eine expansionistische Eigendynamik: Internalisierte
Gewinne und externalisierte Kosten fiihren zu steigender Risikofreudigkeit und zu einem
zu starkem Anwachsen der (potentiell) riskanten Aktivitaten, bei denen Folgeschaden er
wartet werden konnen. Die Folgen derartiger riskanter Aktivitaten sind dann -bei Vorlie
gen negativer externer Effekte -von Dritten zu tragen und -beispielsweise von der Allge
meinheit iiber die Inzidenz des Steuersystems -zu finanzieren. Siehe zu den privaten und
offentlichen Risiken H. Karl, Okonomie Offentlicher Risiken, in: WiST 1987, S. 217 ff.
13 W. Busse von Colbe, Die Planung der BetriebsgroBe, Wiesbaden 1964, S. 27