Table Of ContentSchaad
Nonprofit-Organisationen in der ökonomischen Theorie
GABLER EDITION WISSENSCHAFT
Martina Schaad
Nonprofit
Organisationen in der
ökonomischen Theorie
Eine Analyse der Entwicklung
und der Handlungsmotivation
der Freien Wohlfahrtspflege
Mit einem Geleitwort von
Prof. Dr. PeterWeise
Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
Die Deutsche Bibliothek- CIP-Einheitsaufnahme
Schaad, Martina:
Nonprofit-Orgonisationen in der okonomischen Theorie . ei ne Analyse
der Entwicklung und der Handlungsmotivation der Freien Wohlfahrtspflege
/ Martina Schaad. Mit einem Geleitw. von Peter Weise.
(Gabler Edition Wissenschaftt)
Zugl.: Kassel, Gesamthochsch., Diss., 1994
ISBN 978-3-8244-6102-8 ISBN 978-3-663-08792-2 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-08792-2
©Springer Fachmedien Wiesbaden 1995
Ursprunglich erschienen bei Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler GmbH, Wiesbaden 1995
Lektorot: Claudia Splittgerber
Dos Werk einschliefllich aller seiner Teile ist urheberrechtlich ge
schutzt. Jede Verwertung auflerhalb der engen Grenzen des Ur
heberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzul.ăssig
und strafbor. Dos gilt insbesondere fur Vervielfăltigungen, Uber
setzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Ver
orbeitung in elektronischen Systemen
Hochste inhaltliche und technische Oualităt unserer Produkte ist unser Ziei. Bei der Pro
duktion und Auslieferung unserer Bucher wollen wir die Umwelt schonen: Dieses Buch ist auf
săurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in
diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dafl
solche Namen im Sinne der Worenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu
betrachten wăren und doher von jedermann benutzt werden durften.
ISBN 978-3-8244-6102-8
- V -
Geleitwort
Ein großer Teil von (produzierenden) Organisationen einer Wirtschaftsgesell
schaft hat einen nichterwerbswirtschaftlichen Charakter, d. h. der Organisations
zweck ist nicht primär auf Gewinnerzielung, sondern auf Bedarfsdeckung ausge
richtet. Hierzu gehören Krankenhäuser, Universitäten, Schulen, Stiftungen, Kir
chen, Rundfunkanstalten u.a.m. Ihnen allen gemeinsam ist, daß sie sich sowohl
von erwerbswirtschaftlichen Unternehmungen, die am Markt operieren, als auch
von staatlichen Einrichtungen unterscheiden. Neben dem mangelnden erwerbs
wirtschaftlichen Charakter und dem fehlenden Zweck der Gewinnerzielung, die
sie von der Unternehmung trennen, ist es ein gewisses Maß an Autonomie und
Freiwilligkeit der mitgliedschaftliehen Strukturen, das sie von staatlichen Ein
richtungen unterscheidet. Aus diesen Gründen hat man in der Literatur den
nichterwerbswirtschaftlichen Organisationen oder Nonprofit-Organisationen, wie
sie auch bezeichnet werden, neben dem Markt und dem Staat einen eigenen
Sektor, den sogenannten "dritten Sektor" zugewiesen. Hier sind sie vergleichs
weise komfortabel untergebracht. Doch nagen an den Rändern des dritten Sek
tors der Markt und der Staat und drohen, einen Teil der Nonprofit-Organisatio
nen zu verschlingen.
Ist die Einordnung von Nonprofit-Organisationen noch einigermaßen unproblema
tisch, so stoßen die theoretischen Erklärungen ihrer Existenz und die Analyse ih
rer komparativen Vorteilshaftigkeit gegenüber Markt und Staat auf große
Schwierigkeiten. Eine Theorierichtung ("Marktversagen") konstatiert relative
Vorteile der auf Vertrauen basierenden Nonprofit-Organisatioen gegenüber den
gewinnerzielenden Unternehmungen; danach haben Nonprofit-Organisationen
erwerbswirtschaftliche Organisationen bei der Erstellung von Vertrauensgütern
verdrängt. Eine andere Theorierichtung ("Staatsversagen") begründet das Ent
stehen von Nonprofit-Organisationen mit ihrer größeren Flexibilität und Solidari
tät gegenüber den starren hierarchischen Regelungen des Staates. So interes
sant beide Theorierichtungen auch sind, aus historisch-evolutiver Perspektive
sind sie nicht zu halten.
Martina Schaad hat es sich in ihrer Arbeit zum Ziel gesetzt, die Theorien über
den dritten Sektor kritisch zu überprüfen und mit der Gründungsgeschichte
dreier Wohlfahrtsverbände - Innere Mission/Diakonisches Werk, Caritasverband,
Arbeiterwohlfahrt - beispielhaft zu kontrastieren. Ihre Schlußfolgerung, daß die
etablierten Theorien des Marktversagens und des Staatsversagens um eine öko
nomische Theorie der Moral und eine historisch-evolutive Perspektive erweitert
werden müssen, damit eine konträre Theorie der Nonprofit-Organisationen gebil
det werden kann, kann der Gutachter nur unterschreiben.
-VI-
Die Erklärungskraft der neoklassisch fundierten Theorien des Markt- und Staats
versagens wird kritisch, aber wohlwollend beurteilt. Insbesondere die Einrich
tung von Krankenkassen läßt sich mit der Theorie des Marktversagens als staat
liche Lösung eines Kollektivgutproblems begreifen. Auch in anderen Bereichen
haben die entsprechenden Güter und Dienstleistungen Aspekte externer Effekte
und öffentlicher Güter. Zunehmend erstellte darüber hinaus der Staat auch
meritorische Güter, so daß Staat und Nonprofit-Organisationen Konkurrenten
wurden, was - wie dies die Theorie des Staatsversagens begründet - dazu
führte, daß ein Teil dieser Aufgaben dem nicht-staatlichen Bereich überlassen
wurde.
ln der Arbeit wird allerdings überzeugend nachgewiesen, daß sich das Entstehen
von nichterwerbswirtschaftlichen Organisationen im 19. Jahrhundert nicht ledig
lich als Problem einer rationalen Wahl zwischen den drei Organisationsformen
Markt, Staat oder Nonprofit-Organisation erklären läßt. Vielmehr ist die Nonpro
fit-Organisation als kollektive Antwort auf soziale Probleme, erzeugt durch per
sönliche - soziale Unternehmer - und unpersönliche - Solidarität - Ordner, evolu
tiv und selbstorganisatorisch entstanden. Später wurden die Nonprofit-Organisa
tionen teilweise durch den Markt und durch staatliche Einrichtungen ergänzt
oder ersetzt.
Die Verfasserin gelangt am Schluß ihrer Arbeit zu einer gegenüber der in der Li
teratur bisher dominierenden Definition des dritten Sektors überzeugenden Ab
grenzung: "Im Markt dominiert der auf gegenseitigen Nutzenzuwachs abzielende
Tausch, im Staat die mittels externer Sanktionsandrohung durchgesetzte Befol
gung von Anweisungen und im Nonprofit-Sektor die Moral als interne Sanktion."
(S. 180). Der dritte Sektor ist mithin der Sektor der institutionalisierten Moral,
mit allen Vor- und Nachteilen, die aus diesem Koordinationsmechanismus folgen.
Mit dieser Begründung knüpft Martina Schaad an die neue Literatur über
Anreizmechanismen bei unvollkommener Information an und gelangt somit zu
einer soliden und überzeugenden Einschätzung der Funktionsweise von Nonpro
fit-Organisationen.
Prof. Dr. PeterWeise
- VII -
Vorwort
Die Idee, einmal ausführlich über den Nonprofit- bzw. den sog. "Dritten Sektor"
zwischen Markt und Staat zu arbeiten, entstand nicht erst bei der Suche nach
einem Dissertationsthema, sondern reicht weit in meine Studienzeit an der Uni
versität - Gesamthochschule Kassel zurück, wo ich erstmals auf die Existenz
und die Relevanz von Nonprofit-Organisationen aufmerksam wurde. Nonprofit
Organisationen bestimmten von da an mein Studieninteresse, was durch ein
ausgesprochen "Dritte-Sektor-freundliches" Forschungsklima am Fachbereich
Wirtschaftswissenschaften der Universität - Gesamthochschule Kassel begün
stigt wurde. So ist meine Dissertation zum Thema Nonprofit-Organisationen in
einer gewissen Tradition der Dritte-Sektor-Forschung in Kassel zu sehen, einer
Tradition, von der ich hoffe, daß sich immer wieder Dritte-Sektor-Begeisterte
finden werden, die bereit sind, sie fortzusetzen und weiter zu etablieren.
Ermöglicht wurde die Arbeit durch ein Graduierten-Förderungsstipendium der
Universität - Gesamthochschule Kassel; für dieses Stipendium bin ich sehr
dankbar, ebenso wie für die Bereitschaft meiner Gutachter - Prof. Dr. Peter
Weise, Prof. Dr. Wolfgang Seibei und Prof. Dr. Hans G. Nutzinger -, die Arbeit
zu betreuen und durch Diskussionen und Anregungen zu ihrem Fortgang beizu
tragen. Auch ihnen möchte ich an dieser Stelle meinen Dank aussprechen. Nicht
zuletzt möchte ich mich aber auch bei Dr. Helmut Zimmermar.,, dem Leiter des
Fernstudienzentrums der Universität - Gesamthochschule Kassel bedanken, der
durch organisatorische Unterstützung nicht unerheblich zum Gelingen dieser Ar
beit beigetragen hat.
Last, but not least gilt mein Dank all denjenigen, die mich direkt oder indirekt,
bewußt oder unbewußt bei der Fertigstellung der Arbeit unterstützt haben, vor
allen Dingen aber meinem Mann Hartmut. der in den vergangenen Jahren viel
Geduld und ausdauernde Diskussionsbereitschaft gezeigt hat und der sich damit
ebenfalls um den Abschluß dieser Arbeit verdient gemacht hat.
Martina Schaad
-IX-
Inhaltsverzeichnis IX
Abkürzungsverzeichnis XII
Abbildungsverzeichnis XIII
1 . Einleitung
Teil I Die ökonomische Theorie nichterwerbswirtschaftlicher Organisationen
2. Ursachen und Folgen von Marktversagen 7
2.1 Das Modell des allgemeinen Konkurrenzgleichgewichtes 7
2.2. Verstöße gegen die Annahmen: Gründe des Marktversagens 9
2.2.1 Folgen unvollkommener Information 1 0
2.2.1.1 Die Konsumentenseite 11
2.2.1.2 Die Produzentenseite 14
2.2.2 Das Problem öffentlicher Güter 16
2.2.2.1 Vergleich privater und öffentlicher Güter 16
2.2.2.2 Bedingungen der effizienten Bereitstellung von öffentlichen Gütern 19
2.2.3 Externe Effekte als Variante der Öffentliche-Gut-Problematik 21
3. Ursachen und Folgen von Staatsversagen 25
3.1 Begründung des staatlichen Engagements 25
3.2 Bestimmungsgründe des Staatsversagens 27
3.2.1 Das Abstimmungsproblem 28
3.2.2 Die Rolle der Politiker 33
3.2.3 Die Rolle der Bürokraten 39
4. Die kompensierende Rolle der Nonprofit-Organisationen ... 45
4.1 ... bei Marktversagen: Der Vertrauensvorsprung 45
4.2 ... bei Staatsversagen: Die Bereitstellung öffentlicher Güter 54
-X -
4.2.1 "Member-Serving Organizations": Die Überwindung des
Gefangenen-Dilemmas 54
4.2.2 "Public-Serving Organizations": Altruisten und
politische Unternehmer 59
4.3 Die Rolle der Nonprofit-Organisationen zwischen Markt und Staat 65
4.4 Abschließende Bewertung der Ansätze 66
Teil II Kritische Überprüfung der Theorie nichterwerbswirtschaftlicher
Organisationen am Beispiel von Innerer Mission/Diakonischern Werk,
Caritasverband und Arbeiterwohlfahrt
5. Die Stellung der Wohlfahrtsverbände im heutigen System der
Wohlfahrtspflege 71
5.1 Wohlfahrtspflege in der Bundesrepublik 71
5.2 Die Träger der Wohlfahrtspflege 74
5.2.1 Die öffentlichen Träger 74
5.2.2 Die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege 75
5.2.3 Selbsthilfegruppen und andere Träger der Wohlfahrtspflege 84
5.3 Die Stellung der öffentlichen und freien Träger zueinander 86
5.4. Das Erklärungspotential der Ansätze des Markt- und Staats-
versagens für die Existenz der Wohlfahrtsverbände 90
6. Die Gründung von Innerer Mission, Caritasverband und
Arbeiterwohlfahrt 99
6.1 Die Gründung der Inneren Mission - Hintergründe, Einflüsse, Ziele 99
6.1.1 Sozialer, ökonomischer und gesellschaftlicher Hintergrund 99
6.1.2 Wicherns Wirken und die Gründung des "Centrai-Ausschusses
für innere Mission" 103
6.1.3 Die weitere Entwicklung 107
6.2 Die Gründungsgeschichte des Caritasverbandes 110
6.2.1 Die Stellung der katholischen Kirche im 19. Jahrhundert 110
6.2.2 Ökonomische, soziale und sozialpolitische Rahmenbedingungen 114
