Table Of ContentDiss. ETH Nr. 14733
Nicht axialsymmetrische Wellenausbreitung
in anisotropen zylindrischen Strukturen
Abhandlung
zur Erlangung des Titels
Doktor der technischen Wissenschaften
der
Eidgeno¨ssischen technischen Hochschule Zu¨rich
vorgelegt von
Daniel Gsell
Dipl. Bau-Ing. ETH
geboren am 31. Dezember 1971
von Egnach TG
Angenommen auf Antrag von:
Prof. Dr. Ju¨rg Dual, Referent
Prof. Dr. Paolo Ermanni, Korreferent
Zu¨rich 2002
Dank
Diese Arbeit ist w¨ahrend meiner Anstellung als Assistent am Institut fu¨r mecha-
nische Systeme der ETH Zu¨rich entstanden. Ich bin vielen Personen zum Dank
verpflichtet, die wesentlich zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. Im Spe-
ziellen danke ich:
Prof. Dr. J. Dual, meinem Doktorvater, fu¨r die Betreuung der Dissertation. Seine
nu¨tzlichen Ideen sowie seine kritischen Betrachtungen haben mich zu einer kreati-
ven Auseinandersetzung mit dem Thema angeregt. Die grosse akademische Freiheit
sowie die angenehme Atmospha¨re in seiner Gruppe stellten fu¨r mich ideale Arbeits-
bedingungen dar.
Prof. Dr. M.B. Sayir, dem Vorsteher des Institutes, fu¨r die Schaffung der stimulie-
renden und herausfordernden Forschungsumgebung.
¨
Prof. Dr. P. Ermanni fu¨r die Ubernahme des Korreferates und die damit verbundene
Diskussion sowie die Durchsicht meiner Arbeit.
Traude Junker fu¨r die Bearbeitung der unumga¨nglichen administrativen Hindernisse
und Dr. Stephan Kaufmann fu¨r den Unterhalt der exzellenten Computerumgebung.
Tobias Leutenegger als unermu¨dlichen Diskussionspartner und auch fu¨r die genaue
DurchsichtmeinerArbeit.MarioClericifu¨rdiekompetenteUnterstu¨tzungbezu¨glich
der Mathematik.
Simon Denoth, Markus Ha¨usermann, Dieter Profunser, Hans Schuler und Christian
Studer fu¨r deren konstruktive Beitra¨ge, welche infolge ihrer Semester- und Diplom-
arbeiten in die vorliegende Arbeit einflossen.
Allen Angeho¨rigen des Instituts fu¨r mechanische Systeme fu¨r das hervorragende
Arbeitsklima und die daraus resultierenden, zahlreichen und fruchtbaren fachlichen
Diskussionen.
NichtzuletztdankeichmeinenElternundmeinenBru¨dern,ohnederenUnterstu¨tzung
diese Arbeit nicht entstanden w¨are.
Daniel Gsell
Zu¨rich, Juli 2002
Inhaltsverzeichnis
Kurzfassung 1
Abstract 3
Liste der Symbole 5
1 Einfu¨hrung 9
1.1 Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
1.2 Ziel der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
1.3 Aufbau und verwendete Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
2 Materialparameter und Dispersionsbeziehung 13
2.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
2.2 Herleitung der Dispersionsbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
2.2.1 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
2.2.2 Geometrie und Material . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
2.2.3 Theorie zur Herleitung der Dispersionsbeziehung . . . . . . . . 19
2.2.4 Diskussion der Kurven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
2.2.5 Vergleich mit anderen Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
2.3 Experimentelle Bestimmung der Dispersionskurven . . . . . . . . . . 28
2.3.1 Ausgangslage und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
2.3.2 Grundideen und Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
2.3.3 Eindimensionaler Matrix-Pencil Algorithmus . . . . . . . . . . 31
2.3.4 Scha¨tzen der Signalordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
2.3.5 Numerische Untersuchung des Algorithmus . . . . . . . . . . . 37
2.3.6 Quasi 2D Matrix-Pencil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
2.4 Inverses Problem:
Extraktion der Materialkennwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
2.4.1 Einleitung und Anforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
2.4.2 Methode der kleinsten Quadrate . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
2.4.3 Fehlerfortpflanzung und Ausreisserdetektion . . . . . . . . . . 47
i
2.4.4 Vorgehen am Beispiel der Dispersionskurven . . . . . . . . . . 49
2.4.5 Beispiel mit ku¨nstlichen Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
2.5 Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
3 Numerische Wellenausbreitung 59
3.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
3.2 Anisotropes Rohr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
3.2.1 Analytische Problembeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . 61
3.2.2 Diskretisierung der Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
3.2.3 Implementierung des Algorithmus . . . . . . . . . . . . . . . . 64
3.2.4 Numerische Stabilita¨t und Energie . . . . . . . . . . . . . . . 64
3.2.5 Simulationsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
3.3 Piezoelement und vollsta¨ndig simuliertes Experiment . . . . . . . . . 69
3.3.1 Piezoelektrisches Materialverhalten . . . . . . . . . . . . . . . 70
3.3.2 Problemrelevante Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
3.3.3 Numerische Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
3.3.4 Vollsta¨ndig simuliertes Experiment . . . . . . . . . . . . . . . 72
3.3.5 Simulationsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
3.4 Signalverarbeitung mit numerisch erzeugten Daten . . . . . . . . . . 77
3.4.1 Rohr ohne Piezoelement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
3.4.2 Rohr mit Piezoelement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
3.5 Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
4 Experimente und Auswertung 87
4.1 Experimenteller Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
4.2 Experimente versus Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
4.2.1 Kreisrunder Aluminium Stab . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
4.2.2 Anregung des Umfangmodes n = 2 im CFK-Rohr . . . . . . . 93
4.3 Bestimmung der elastischen Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . 95
4.3.1 Aluminium Rohr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
4.3.2 22.5◦ CFK-Rohr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
4.3.3 0◦ CFK-Rohr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
4.4 Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
5 Ausblick 107
ii
A Dispersionsbeziehung analytisch 111
A.1 Mathematische Formulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
A.2 Lo¨sung mit Potenzreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
A.3 Konvergenz des Algorithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
B FDTD versus FEM 117
B.1 L¨angswellen mit FDTD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
B.2 L¨angswellen mit FEM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
B.2.1 Explizite Zeitintegration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
B.2.2 Implizite Zeitintegration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
B.3 Vergleich FDTD und FEM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
C Verwendete Material- und Geometriedaten 121
Literaturverzeichnis 121
Lebenslauf 129
iii
iv
Kurzfassung
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der elastischen, gefu¨hrten Wellenausbreitung
in zylindrischen, anisotropen Strukturen in einem Frequenzbereich bis 1MHz. Als
Studienobjekte dienen kohlefaserversta¨rkte Rohre. Das Schwergewicht liegt auf der
experimentellen Bestimmung ihrer effektiven linearelastischen Materialeigenschaf-
ten.
Die zwischen den beiden Mantelfl¨achen des Rohres axial gefu¨hrten Wellen einer
bestimmten Frequenz, weisen Wellenl¨angen auf, welche massgebend von den elasti-
schenWerkstoffparameternbeeinflusstwerden.DieseAbh¨angigkeitwirdimRahmen
dieser Arbeit ausgenutzt, um die richtungsabha¨ngigen Steifigkeiten experimentell zu
bestimmen, indem das inverse Problem gelo¨st wird.
Im Experiment werden die Ober߬achenverschiebungen einer sich im Rohr fort-
pflanzenden mechanischen St¨orung entlang einer Mantellinie mit einem Laserinter-
ferometer gemessen. Die elastischen Wellen werden durch piezoelektrische Elemente
erzeugt. Die Extraktion der Dispersionskurven erfolgt mit Hilfe eines zwei dimensio-
nalen Spektralanalyseverfahrens. Dieses basiert in der Zeit auf einer Fourier Trans-
formation zur Extraktion der Frequenz und im Ort auf einem Matrix-Pencil Algo-
rithmus zu Bestimmung der Wellenzahl. Der letztere Algorithmus wurde im Gebiete
der Nuclear Magnetic Resonance entwickelt.
Zwei unterschiedliche Materialmodelle werden untersucht:
• Ein allgemeines, zylindrisch-orthotropes Modell mit neun unabha¨ngigen Kon-
stanten.
• Ein geschichtetes Modell, bei welchem die einzelnen Schichten als transversali-
sotrop angenommen werden und eine unterschiedliche Orientierung bezu¨glich
der Rohrachse aufweisen.
Wie Sensitivit¨atsuntersuchungen zeigen wird das dispersive Verhalten der Wellen im
ersten Modell im wesentlichen durch vier Steifigkeitselemente beeinflusst, w¨ahrend
im zweiten Fall nur deren drei involviert sind.
Zur theoretischen Beschreibung der Dispersionsbeziehung bedienen wir uns eines
numerisch-analytischen Verfahrens, welches auf dem Hamilton’schen Prinzip auf-
baut. In tangentialer und axialer Richtung, sowie in der Zeit werden globale, harmo-
1
nischeFunktionenangesetzt,wa¨hrenddasProbleminradialerRichtungdiskretisiert
und durch Finite Elemente approximiert wird. Dabei werden lineare Verschiebungs-
ans¨atze verwendet.
Die L¨osung des inversen Problems erfolgt mit Hilfe der Methode der kleinsten
Fehlerquadrate. Minimiert werden die Quadrate der mit den Kofaktormatrizen ge-
wichteten Fehler im Beobachtungsraum. Zus¨atzlich werden diese Residuen benutzt
um die vorhandenen Ausreisser zu detektieren und aus dem zu fittenden Datensatz
auszuschliessen. Erst dadurch wird ein robuster Optimierungsalgorithmus erreicht.
Um die vorgestellte Methode systematisch zu testen und zu validieren, werden
ku¨nstlich generierte Daten verwendet. Dazu wird die Wellenausbreitung im Rohr so-
wie deren piezoelektrische Anregung mit Hilfe der Methode der finiten Differenzen
simuliert. Die Validierung des Algorithmus erfolgt anhand von Energiebetrachtun-
gen sowie u¨ber die Bestimmung der Dispersionskurven und deren Vergleich mit der
theoretisch bestimmten Beziehung. Die erzielte hohe Genauigkeit der extrahierten
elastischen Materialeigenschaften, aus solchen ku¨nstlich generierten Datensa¨tzen,
best¨atigt die vorgeschlagene Vorgehensweise. Als Nebenprodukt ist damit ein Werk-
zeug zur Visualisierung der anisotropen Wellenausbreitung in Rohren entstanden,
welches das Verst¨andnis dieser komplexen Pha¨nomene stark fo¨rdert.
¨
Zur Uberpru¨fung der Simulationsalgorithmen sowie zur Bestimmung elastischer
Materialgro¨ssen werden nicht axialsymmetrische Wellenexperimente durchgefu¨hrt.
Die mechanischen St¨orungen werden piezoelektrisch erzeugt und mit Hilfe eines
Laserinterferometers detektiert. Vergleiche von Zeitsignalen zwischen dem physika-
lischen und dem numerischen Experiment best¨atigen die Abbildbarkeit der physi-
¨
kalischen Ph¨anomene durch eine entsprechende numerische Simulation. Diese Uber-
¨
einstimmung kann mit Hilfe von Ubertragungsfunktionen besta¨tigt werden. Die im
verwendeten Frequenzbereich bestimmbaren elastischen Eigenschaften sind in koh-
lefaserverst¨arkten Rohren erfolgreich extrahiert worden.
2