Table Of ContentAndreas Hepp 
Netzwerke der Medien
Medien - Kultur - Kommunikation 
Herausgegeben von 
Andreas Hepp und 
Waldemar Vogelgesang 
Kulturen sind .heute nicht mehr jenseits von Medien vorstellbar: Ob wir an unsere eigene 
Kultur oder .fremde' Kulturen den ken, diese sind umfassend mit Prozessen der Medienkom 
munikation durchdrungen, Doch welchem Wandel sind Kulturen damit ausgesetzt? In wel 
cher Beziehung stehen verschiedene Medien wie Film, Fernsehen, das Internet oder die 
Mobilkommunikation zu unterschiedlichen kulturellen Formen? Wie verandert sich Alltag 
unter dem Einfluss einer zunehmend globalisierten Medienkommunikation? Welche Medien 
kompetenzen sind notwendig, um sich in Gesellschaften zurecht zu finden, die von Medien 
durchdrungen sind? Es sind solche auf medialen und kulturellen Wandel und damit ver 
bundene Herausforderungen und Konflikte bezogene Fragen, mit denen sich die Bande der 
Reihe "Medien - Kultur - Kommunikation" auseinander setzen wollen, Dieses Themenfeld 
uberschreitet dabei die Grenzen verschiedener sozial- und kulturwissenschaftlicher Diszi 
plinen wie der Kommunikations-und Medienwissenschaft, der Soziologie, der Politikwissen 
schaft, der Anthropologie und der Sprach-und Literaturwissenschaften, Die verschiedenen 
Bande der Reihe zielen darauf, ausgehend von unterschiedlichen theoretischen und empi 
rischen  zugangen  das komplexe Interdependenzverhaltnis von  Medien, Kultur und 
Kommunikation in einer breiten sozialwissenschaftlichen Perspektive zu fassen, Dabei soil 
die Reihe sowohl aktuelle Forschungen als auch Oberblicksdarstellungen in diesem Bereich 
zuganglich machen,
And reas Hepp 
Netzwerke 
der  Medien 
Medienkulturen 
und Globalisierung 
VS VERLAG FUR SOZIALWISSENSCHAFTEN
-
+  III 
VS VERLAG FOR SOZIALWISSENSCHAFTEN 
VS Verlag fUr Sozialwissenschaften 
Entstanden mit Beginn des Jahres 2004 aus den beiden Hausern 
Leske+Budrich und Westdeutscher Verlag. 
Die breite BasisfOr sozialwissenschaftliches Publizieren 
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek 
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; 
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet Ober <http://dnb.ddb.de> abrufbar. 
1. Auflage Oktober 2004 
Aile Rechte vorbehalten 
© VS verlag fOr Sozialwissenschaften/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2004 
Lektorat: Barbara Emig-Roller 
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waren und daher von jedermann benutzt werden dOrften. 
umschlaggestaltung: KOnkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg 
Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier 
ISBN-13: 978-3-8100-4133-3  e-ISBN-13: 978-3-322-81002-1 
DOl: 10.1007/ 978-3-322-81002-1
Inhalt 
Einstieg ................................................................................................ 7 
1.1  Globalisierung der Medienkornmunikation als Herausforderung ................... 8 
1.2  Jenseits von Containem ......................................................................... 12 
1.3  Jenseits territorialer Kulturvorstellungen .................................................. 17 
1.4  Argumentationslinien ............................................................................ 21 
Teil 1: Geschichten 
2  Presse, Kultur und lokale Differenzen ...................................................... 27 
2.1  Die "Soziologie des Zeitungswesens" als "Kulturwissenschaft" .................. 31 
2.2  Kultur und Lokalitat in der Zeitungswissenschaft.. .................................... 34 
2.3  Friihe kulturtheoretische Ansatze ........................................................... .41 
3  Kritische Medienforschung, Kulturindustrie und die globale Kultur. ........... .45 
3.1  Kritische Theorie und globale Kulturindustrie ......................................... .47 
3.2  Perspektiven der okonomistischen und neuen kritischen Medienforschung ... 54 
3.3  Jenseits der Trennung - die Skepsis gegentiber der globalen Kultur ............. 63 
4  Medienkultur zwischen Integration und Entgrenzung ................................. 67 
4.1  Integration von der Sparte tiber das System zum Prograrnm ........................ 70 
4.2  Entgrenzungen von Raumen und Netzwerken der Medienkultur .................. 84 
4.3  Von der Systemintegration zur Vemetzung .............................................. 95 
Teil 2: Theoretisierungen 
5  Transkulturalitat als Perspektive ........................................................... 10 3 
5.1  Intemationale und interkulturelle Kornmunikation als Tradition ................ 105 
5.2  Transkulturelle Medienforschung als Perspektive .................................... 115 
5.3  Cultural Studies als Transkulturelle Medienforschung .............................. 121 
6  Deterritorialisierung a1s kultureller Wandel ............................................ 125 
6.1  Globalisierung von Medienkornmunikation ............................................ 125 
6.2  Kornmunikative Deterritorialisierung ..................................................... 136 
6.3  Von der Postmodeme zur Deterritorialisierung ....................................... .149
7  Trans10kaliHit a1s Ana1ysekategorie ................................................... 163 
7.1  Trans10kale und territoria1isierte Ku1turen ........................................... 163 
7.2  Konnektierte Lokalitaten ................................................................ 175 
7.3  Trans10kalimt im Kreis1auf der Medienku1turen .................................... 184 
Tei1 3: Artiku1ationsebenen 
8  Deterritoria1isierte Medienproduktion ................................................ 197 
8.1  G10baler Medienkapita1ismus und Deterritorialisierung .......................... 201 
8.2  Deterritoria1e Medienkonzeme und kulturelle Produktion ....................... 234 
8.3  Die kulturelle Geografie deterritorialer Medienproduktion ...................... 259 
9  Reprasentationen trans1oka1er Medienku1turen ..................................... 275 
9.1  Verfiigbarkeiten und Thematisierungen trans1oka1er Reprasentationen ....... 278 
9.2  Zur Konnektivitat ,globaler Medienereignisse' ..................................... 324 
9.3  Landschaften trans1oka1er Reprasentationen ........................................ 349 
10  Die Aneignung trans10kaler Ressourcen ............................................. 357 
10.1  Medienaneignung als kulturelle Lokalisierung ..................................... 359 
10.2 Deterritoria1isierung und die Aneignung von Medienidentitat .................. 381 
10.3  Loka1isierende Identitatsarbeit, Fragmentierung und das hybride Loka1e ... .409 
11  Ausstieg ..................................................................................... 417 
11.1  Trans1oka1e Medienkulturen und Deterritorialisierung ........................... 419 
11.2 Multiperspektivische Kritik und Transku1turelle Kommunikation ............. 424 
Glossar .............................................................................................. 429 
Danksagung ....................................................................................... .439 
Literatur ............................................................................................. 441 
Index ................................................................................................. 487
1  Einstieg 
"Eine [. .. J Lektion der Ereignisse yom 11. September 
liegt darin, dass wir die Globalisierung als Hauptmerk 
mal  unserer  Zeit,  aber  auch  als  ein  verwundbares 
Gefiige erkennen." (I. Ramonet 2001a, S.6) 
Die ersten Jahre des 21. Jahrhunderts konnen vielleicht als eine Zeit gewertet wer 
den, in der durch verschiedene Ereignisse Globalisierung fUr breite BevOlkerungs 
teile in extremen Dimensionen greitbar wurde: 1m Juli des Jahres 2001 fand im ita 
lienischen Genua der vielleicht letzte G-8-Gipfel unter Beteiligung umfassender 
Regierungsdelegationen statt. Auch die von 12.000 Polizisten und Soldaten geleis 
tete hermetische Abriegelung des Innenstadtbereichs, in dem sich die Delegationen 
trafen, konnte gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstran 
ten nicht verhindern. Gerade durch die Medienberichterstattung tiber das umfas 
sende Polizeiaufgebot zur Absicherung des Gipfels und die dennoch - oder viel 
leicht gerade deshalb - einsetzenden, umfassenden Auseinandersetzungen zwischen 
Polizei und einzelnen radikalen Gruppen der Globalisierungskritiker wurde die Auf 
merksamkeit in den unterschiedlichsten Uindern und Kontexten auf Fragen der Glo 
balisierung gelenkt. In noch groBerem MaGe fUr ein Bewusstsein VOn Globalisierung 
entscheidend waren aber die Ereignisse vom 11. September 2001, als von Terroris 
ten gekaperte amerikanische Flugzeuge live tiber Fernsehen, Radio und Internet 
tibertragen das World Trade Center in New York zum Einsturz brachten und Teile 
des Pentagons zerstOrten. Auf schreckliche Weise zeigten diese Ereignisse, dass auch 
der Terrorismus selbst zu einer globalisierten Kraft geworden ist. 
Was  diese  aus  dem  politischen  Bereich  ausgewahlten  Beispiele  deutlich 
machen, ist dreierlei. Erstens verweisen sie darauf, dass das zentrale Moment von 
Globalisierung eine komplexe Vernetzung oder Konnektivitat auf verschiedenen 
Ebenen ist.  Ob globaler Terrorismus, wirtschaftliche Globalisierung oder globa 
lisierungskritischen  Bewegung  - was  auf  struktureller  Ebene  so1che  globalen 
Zusarnmenhange eint, ist, dass sie als weltweites Netzwerk fassbar sind. Zweitens 
verweisen die Beispiele darauf, dass Globalisierung ein in sich hoch ungleicher Pro 
zess ist, der zu erheblichen Konflikten fUhren kann, die in ihrer Tragweite selbst nur 
in einer globalisierten Welt vorstellbar sind. Drittens - und hier kommen wir zu dem 
in diesem Buch im Mitte1punkt stehenden Aspekt von Globalisierung tiberhaupt -
hat Globalisierung viel mit Medienkommunikation zu tun: Dass die Ereignisse von 
Genua oder die TerroranschIage vom 11. September 2001 tiberhaupt einen so1chen 
Einschnitt darstellen konnten, liegt daran, dass sie als Ereignisse (nahezu) global 
kommuniziert wurden. Aber auch unabhangig von derart herausragenden Ereignis 
sen kann man festhalten, dass die Mehrzahl dessen, was wir tiber feme Lokalitaten 
der Welt wissen - wie auch unser Verstandnis von Globalisierung se1bst - fUr uns
8  Einstieg 
nur durch mediale, unseren Alltag mehr und mehr durchdringende Kommunikation 
zuganglich ist. Teil der Globalisierung ist mit transnationalen Breitbandkabeln, der 
Satellitentechnik und dem Internet die Globalisierung der Medienkommunikation 
selbst. Greifbar wird diese Globalisierung der Medienkommunikation als die welt 
weite Zunahrne von kommunikativen Verbindungen bzw. Konnektivitliten - als das 
Entstehen vielfaltiger, ineinander verschrankter ,Netzwerke der Medien'. 
Meine grundlegende These, die ich auf den folgenden Seiten entwickeln moch 
te, ist, dass IDit dieser Globalisierung der Medienkommunikation ein komplexer kul 
tureller Wandel einhergeht, der sich nicht nur in , groBen , Medienereignissen mani 
festiert, sondem gerade auf alltaglicher Ebene (Medien-)Kulturen in den verschieden 
lokalen, regionalen und nationalen Kontexten und dariiber hinaus verandert hat. Die 
ser Wandel geschah und geschieht allerdings, ohne dass die verschiedenen Medien 
kulturen wiederum in einer einheitlichen globalen Kultur aufgegangen waren. Mein 
Ziel ist es, auf verschiedenen theoretischen und analytischen Ebenen diesen Verlin 
derungsprozess in seiner Widerspruchlichkeit kritisch zu fassen, einen Prozess, der 
zur Veranderung des sen geflihrt hat, was ich im Weiteren translokale Medienkul 
turen nennen mochte. 
Urn  grundlegende  Aspekte  dieses  Unterfangens  als  , Einstieg ,  greifbar  zu 
machen, mochte ich an einem Beispiel, das nicht aus dem Bereich der politischen 
Ereignisse,  sondem dem des  Alltliglich-Popularen stammt, einleitend skizzieren, 
warum die Globalisierung der Medienkommunikation und der darnit verbundene 
kulturelle Wandel  eine  urnfassende  Herausforderung  der heutigen  Zeit ist.  Die 
Herausforderung ist nicht nur sozialer und kultureller, sondem auch theoretischer 
Natur, weil - wie wir sehen werden - die Globalisierung der Medienkommunikation 
eine Vielzahl von Prlirnissen in Frage stellt, die mit einer gangigen Auseinanderset 
zung mit Prozessen der Medienkommunikation verbunden sind. Einen Ansatzpunkt 
ftir begriffliche Neukonzeptionalisierungen bieten insbesondere zwei Diskussions 
strange, die die vorliegende Studie prligen, nlirnlich erstens der Ansatz der Soziolo 
gie der Globalisierung und zweitens der Ansatz der Cultural Studies. Beide gilt es 
als Fundament zu nehmen flir eine kritische Beschreibung translokaler Medienkul 
turen. 
1.1  Globalisierung der Medienkommunikation als Herausforderung 
Will man die Reichweite eines kulturellen Wandels einschatzen, so ist dies letztlich 
weniger tiber herausragende Ereignisse moglich als tiber eine Auseinandersetzung 
damit, inwieweit der Alltag einer groBen Zahl von Menschen von ihm beeinflusst 
wird. Dies trifft auch flir die Globalisierung der Medienkommunikation und den mit 
ihr verbundenen kulturellen Wandel zu, worauf ich an einem Beispiel aus dem 
Bereich der popularen Musik eingehen mochte. Dieses eignet sich insbesondere aus 
zwei Grunden flir eine Annliherung an die Thematik. Erstens muss populare Musik 
als einer der Bereiche medial verrnittelter Komrnunikation begriffen werden, der
Globalisierung der Medienkommunikation als Herausforderung  9 
bereits frtih Prozessen der Globalisierung ausgesetzt gewesen ist. Zweitens ist eine 
Auseinandersetzung mit der populiiren Musik eher ein Randbereich der Medien-und 
Kommunikationswissenschaft,1  weswegen  dem  Beispiel  ein  gewisser  Verfrem 
dungseffekt zukommt, der Zusammenhange ins Auge fallen Hisst,  die ansonsten 
leicht iibersehen werden. 
Das Beispiel, mit dem ich die Betrachtung beginnen will, ist eine CD des Musi 
kers Manu Chao aus dem Jabr 2001 mit dem Tite1 "Proxima Estacion: Esperanza" 
(dt.: Nachste Station: Hoffnung). Dieses Beispiel ist von Interesse, weil Manu Chao 
mehr und mehr zur musikalischen Ikone der globalisierungskritischen Bewegung 
wurde, gleichzeitig aber in hohem MaBe selbst ein Phanomen der Globalisierung der 
Medienkommunikation ist.  Grundlegend steht die CD allein deshalb fUr  Globa 
lisierung, weil Manu Chao auf ihr in verschiedenen, wenn auch fast ausschlieBlich 
, westlichen' Sprachen singt. So enthalt sie Lieder auf Spanisch, Englisch, Portu 
giesisch, Arabisch und Franzosisch. Seine Musik lebt nicht nur von der Verarbei 
tung unterschiedlicher musikalischer Traditionen der Welt, sondern der Musiker 
nutzt auch die Moglichkeiten einer globalen Vermarktung seiner Produkte. Entspre 
chend verweist das Beispiel darauf, dass man die Globalisierung der Medienkom 
munikation auf zumindest drei grundlegenden Ebenen betrachten soUte, namlich den 
Ebenen der Produktion, Reprasentation und Aneignung. Daneben interessieren aber 
auch dazu quer liegende Fragen wie die der Regulation beispielsweise von Medien 
miirkten und der Musik als Identitatsressource. 
Auf der Produktionsebene raUt wie gesagt auf, dass Manu Chao, obwohl er dem 
Image des unabhangigen, alternativen und kritischen Kiinstlers entspricht und sich 
umfassende kiinstlerische Freiheiten sichert, sehr wohl die Vorziige einer global 
agierenden Musikindustrie zu nutzen weill. Exemplarisch wird dies daran deutlich, 
dass "Esperanza" mit Virgin Records bei einem der Label erscheint, das zu der EMI 
Group pIc gehoren. Diese Gruppe ist mit 200112002 rund 3,9 MiUiarden €  Umsatz 
der drittgroBte Musikkonzern der Welt, der die Rechte an renommierten alten und 
neuen MusikgroBen halt - angefangen von den Beatles iiber die Rolling Stones bis 
hin zu den Spice Girls (vgl. S. Grirnberg 2000a; 2002b). Man kann davon ausgehen, 
dass der weltweite Erfolg von Manu Chao, der aus ihm ein "wichtiges Exportpro 
dukt der franzosischen Kulturindustrie" (P. Moreira 2001) macht, nicht nur darnit 
zusammen hangt, dass er umfassende Tourneen durch verschiedene Lander der Welt 
realisiert, sondern auch damit, dass seine CDs iiberhaupt von einem international 
1m Weiteren spreche ich allgemein von der Medien- und Komrnunikationswissenschaft 
im Singular, wohlwissend, dass sich diese im deutschsprachigen Raum historisch aus 
unterschiedlichen  Traditionen  wie  der  starker  sozialwissenschaftlich  ausgerichteten 
PublizistiklKomrnunikationswissenschaft und der starker geisteswissenschaftlich orien 
tierten Medienwissenschaft konstituiert. Hier dennoch von einer Disziplin zu sprechen 
scheint mir trotz unterschiedlicher historischer Entstehungszusamrnenhange sinnvoll, 
nicht nur wei! die Beschreibung des Gegenstands , Medienkomrnunikation , beide Per 
spektiven notwendig macht, sondem auch, weil aktuell die Grenzen zwischen beiden 
Traditionen ftieBend geworden sind. Theoretisch manifestiert sich dies in Ansatzen wie 
dem radikalen Konstruktivismus, der ,zwischen' Geistes- und Sozialwissenschaften zu 
verorten ist, institutionell in der Griindung einer Anzahl von Instituten, deren Namen 
,Medien-und Komrnunikationswissenschaft' enthiiIt.
10  Einstieg 
tatigen Musikkonzem nahezu global angeboten werden. Und dieses Anbieten ist 
wiederum mit einer gezielten Vermarktung des Kiinstlers durch Virgin verbunden, 
wobei man sich durchaus bewusst eines "Rebellions-Marketing" (M. Chao 2001) 
bedient.2 Auf der Produktionsebene wird entsprechend deutlich, dass der Erfolg der 
Musik von Manu Chao in verschiedenen Landem und lokalen Kontexten - trotz 
seiner kritischen Haltung gegeniiber der Globalisierung - nur dadurch moglich wur 
de, dass er getragen wird von global tatigen Medienkonzemen. Bestimmte Inhalte in 
verschiedenen Kontexten zuganglich zu machen, bedarf groBer Investitionen, die in 
vielen Fallen vermutlich nur von so1chen Konzemen getragen werden konnen. Ins 
besondere  sie  sind es,  durch  die  die  zunehmend globalisierten  ,Netzwerke der 
Medien' bestehen. 
Auch auf der Ebene der Repriisentation - also der Ebene der Darstellung des 
Produktes - ist Manu Chaos "Esperanza" als charakteristisch fiir ein Medienprodukt 
in Zeiten der Globalisierung zu sehen. Hier ist zunachst einmal grundlegend auf den 
hybriden Stilmix zu verweisen, fUr den die Musik Manu Chaos steht. Das Spezifi 
sche der aktuellen Musik von Manu Chao ist gerad~ darin zu sehen, dass er franzosi 
sche, spanische, aber auch lateinamerikanische, afro-amerikanische und afrikanische 
Stilelemente aufgreift und in seinen Liedem in einer Art und Weise integriert, die sie 
wiederum anschlussfahig an die verschiedensten, auch durch Rock und Pop geprag 
ten Horgewohnheiten macht. Durch eine soIehe Spezifik reprasentiert seine Musik 
einen hybriden Stilmix, der lokale Beziige nicht verliert, gleichzeitig aber orts 
iibergreifende Verbindungen herstellt. 
Diese musikalischen  Reprasentationen  sind in  Riickbezug  auf die verschie 
denen, lokal kontextualisierten Aneignungen der Musik von Manu Chao zu begrei 
fen. Eine Form der Aneignung ist dabei diejenige im Rahmen der globalisierungskri 
tischen Bewegung, die den Sanger geradezu zu dem musikalischen Inbegriff ihrer 
Uberzeugung stilisiert und dazu tendiert zu vergessen, dass Manu Chao ebenso 
,Teil' des Globalisierungsprozesses ist, wie er und man selbst kritisch der Globa 
lisierung gegeniiber eingestellt sein mag. Genau fUr soIehe Aneignungen stehen For 
mulierungen, in denen Manu Chao als "Musiker der anderen Globalisierung" (P. 
Moreira 2001), als "Globalmatador" (D. Bax 2001a) oder als "der Barde der Globa 
lisierungskritiker" (K. Koufen & C. Vogt 2001) charakterisiert wird.  Auch ohne 
urnfassendere, empirische Untersuchungen findet man aber andere Aneignungen der 
Musik von Manu Chao bzw. seiner Person. So lockt Manu Chao zwar in Lateina 
merika bei einem Gratiskonzert in Mexiko City im Jahr 2000 150.000 Zuhorerinnen 
und Zuhorer auf den Zocalo. Gleichzeitig sorgt genau ein soIehes Verhalten verbun 
den mit der globalen Popularitat in Argentinien fiir Ablehnung. Dies wird exem 
plarisch an der AuBerung des argentinischen Sangers Fito Paez deutlich, der auf 
Manu Chao angesprochen die Frage stellt: "Fiir wen halt sich dieser Franzose mit 
dem StraBenjungsgehabe und seinen sechzehn Kreditkarten eigentlich, dass er her 
kommt und uns hier Moralpredigten halt?" (Paez zitiert nach P. Moreira 2001) 
2  Paul Moreira geht sogar so weit, mit Bezug auf die CD davon zu sprechen, sie sei ein 
Produkt, "das von einem multinationalen Konzern vertrieben wird, einem Moloch mit 
eigenem Marketingapparat" (P. Moreira 2001).