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COMPAUATIYE ZOÜLOGY,
AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, M.\SS.
JFountJeU bjpribatcsuöscrfptfon, fn 1861.
DR. L. DE KONINCK'S LIBRARY.
No. S^f.
N
a t u r g' e s c h i c h t e
der
Fische
Islands.
IMit einem Anhange
den i s 1 a 11 d ischeii Medusen und St ra h11 h ieren.
Von
Friedrieb Faber,
Ja»obrerer natiirfor»chenden GfSfllschaftm-Mitetied^.
Frankfurt am Main.
i) r u c k und \C r I a ^ von Heinrich Litd \vig Rr ö ii n *•r
'"18
2 9.
MCZ LIBRARY
..,
HARVARD UNlVERSIt^
CAMBRIDGE. MA UsA
E i n 1 c i t u n Gf,
Island liegt im atlantischen Meere 353° 9' westlich bis 4° 20' östlich vom
Meridian von Ferro, und zwischen dem 63^ und 68^ nördlicher Breite, ohngefähr
vierzig Meilen östlich von dem östlichen Grönland, hundert und zwanzig Meilen west-
lich von Norwegen, fünfzig Meilen nördlich von den Färöe-Inseln , und zweihundert
und fünfzig IVleilen nordwestlich von Dänemark. Die bedeutende Ausdehnung der
Küste, und die isolirte Lage der Insel in der Mitte des Meeres, scheint sie zu der
Heimath der nordischen Fische gemacht zu haben, und doch ist sie nicht so reich an
Arten, da ihre Fauna nur fünfzig derselben aufzählen kann. Desto reicher ist sie an
Individuen gewisser Arten, besonders solcher, die zu den Gattungen Dorsch, Scholle
und Lachs gehören. Wahrscheinlich ist der hohe Breitegrad der Insel der Grund
von den wenigem Fischarten, die sich auf ihr, und an ihren KUsten aufhalten, indem
Norwegen, das zum Theil südlicher liegt, schon mehrere Arten aufzuweisen hat,
Dafs auch der Längegrad einigen Einflufs hat, ergiebt sich aus der Erfahrung, dafs
Grönland, das gegen Westen fast eben so südlich als Norwegen liegt, nicht einmal so
viele Arten wie Island besitzt, so wie auch die Anzahl der Individuen dort überhaupt
weit geringer zu sein scheint.
Es ist ein allgemein angenommener Satz, dafs die Fische gegen den Frühling
von Norden nach Süden wandern, und daher bei ihren Zügen die ganz entgegenge-
setzte Richtung nehmen, als die Vögel, welche bei ihren Wanderungen im Früh-
linge aus dem Süden nach dem Norden ziehen. Läfst sich diese Richtung für die
Wanderungen der Fische annehmen, so scheint es, dafs die so tief im Norden gelegene
Insel Island einer der ersten Plätze sein müsse, auf welchem die Züge der verschie-
densten Fische eintreffen würden, und dafs sie deswegen sehr reich an Arten sein
dürfte. Es ist jedoch eine sehr relative Behauptung, dafs die Fische aus dem Nor-
den auswandern, denn der Norden und der äufserste Norden müssen bei einer solchen
Bestimmung %\ohl unterschieden werden. Es giebt verschiedene Zugfische, die im
Frühling aus dem Norden nach den südlichen Ländern wandern, aber deren Win-
ter-Aufenthaltsorte immer südlicher als Island liegen, so dafs sie nie die Höhe
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dieser Insel erreichen, was in der Regel der Fall mit Scomber scomber und Belone
rostrata ist. Ferner miifs man dabei bemerken , dafs bei weitem nicht alle Fische
wirkliche Wander- oder Zugfische, wie die meisten Dorsch- und Heringsarten
sind; viele sind nur Strichfische, die sich stets auf demselben Meere, und an den-
selben Küsten aufhalten, und nur besonders um den Laich abzusetzen oder sich zu
befruchten, aus der Tiefe des Meeres in die Buchten hinein und wieder zurück
streichen, z. B. die Rochen und die meisten Schollen; andere sind sogar wahre
Standfische, und bleiben Sommer und Winter ohngefähr an demselben Platze;
z. B. Muraena anguilla, Ammodytes tobianus und Cottus scorpius.
Man darf überhaupt nicht die Züge der Fische mit den durch die Jahreszeiten
so sehr geregelten Wanderungen der Vögel vergleichen. Die Züge der Fische in
dem isländischen Meere scheinen dieses zu beweisen, so wie man nämlich im Stande
ist, diese Thiere in dem ihnen angewiesenen Elemente zu beobachten ; denn die Fisch-
schwärme kommen dorten in verschiedenen Jahren auf derselben Küste der Insel zu
den verschiedensten Jahreszeiten an. So zeigt sich z. B. der Kabliau , der ebenfalls
vom Norden auswandert, bei seiner Zurückkunft später an den Fischplätzen des nörd-
lichen als des südlichen Islandes, nämlich an jenen erst im Mai und Juni, während
er an den letzten schon im Februar luid März vorhanden ist. Doch ist es möglich,
dafs er eben so früh in dem nördlichen Theile ankomme, aber in der Tiefe länger
verweile, oder erst später dem Lande sich so weit nähere, dafs er von den isländi-
schen Fischern, die mit ihren kleinen Booten sich nicht weit in das Meer wagen kön-
nen, erreicht wird. Denn die Erfahrung hat es gelehrt, dafs fremde, besonders hol-
ländische Fischjäger oft sehr zeitig im Frühling an dem nördlichen und nordwestli-
chen Island fischend gesehen werden, und dennoch recht gute Fischerei halten.
Die Isländer meinen, dafs die Fischzüge, die aus dem tiefen Norden kommen,
sich in zwei Abtheilungen trennen lassen. Nach ihnen zieht die eine längs der östli-
chen Küste, und verbreitet sich dann an den südlichen Ufern der Insel; der andere
Zug wendet sich nach der westlichen Küste, dieser wird auf isländisch: Nordenganga
genannt, und besteht meistens aus fetten Fischen. Dagegen ziehen auch andere
Schwärme von den südlichen Küsten gegen Norden längs dem Westlande Islands,
dieser Zug heifst: Simnanganga, und besteht aus magern Fischen. An den Küsten
Jütlands habe ich häufig Gelegenheit gehabt, zu bemerken, dafs die ersten Zugfische
im Frühlinge aus dem Norden kommen, denn die nördlichen Buchten dieser Halbinsel
werden früher als die südlichen, in welchen die dänischen Zugfische eintreten, z. B.
mit dem Dorsch, Makrel , Hornhecht und Hering angefüllt.
Es ist eine allgemeine Klage auf Island, dafs die Fischerei des Nord- und Ost-
Landes in den letzten Jahrzehnten bedeutend abgenommen habe, und die Erfahrung
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erweist, dafs diese Klange insofern gegründet sei, als die Fische, welche sich westlich
in der Tiefe des Meeres auf den obengenannten Seiten der Insel aufhalten, jetzt nicht
mehr so nahe an das Land kommen, dafs sie von den isländischen Fischern gefangen
werden könnten. Wahrscheinlich haben ihre Laichplätze, die Sandbänke, sich hier
verändert. Indessen ist der gedörrte Kabliau für den Isländer ein Nahrungsmittel,
ohne welches er kaum glücklich leben kann *), und die Bewohner des Nord - und
Ost-Landes müssen ihn daher aus dem Süden holen. In der Mitte des Sommers,
wenn die wichtigste Fischerei am Südlande geendigt ist, sieht man ganze Karavanen
mit beladenen Pferden aus Norden nach Süden viele Meilen weit wandern, um für
die Producte ihrer Schaafzucht, Wolle, Butter und Hammelfleisch die nothwendigen
,
F'ische einzukaufen. Einer solchen Karavane mit fünfzig Pferden folgte ich im Juli
1820, als ich aus dem Norden über die isländischen Berge, welche durch die Mitte
der Insel laufen , nach Reickewig reisete.
§. 2.
Die wichtigste Fischerei Islands geschieht im Meere. Zwar wimmeln die
Flüsse und Landseen bis hoch auf die Berge hinauf von Lachsarten aber nur
,
selten wird dieser Reichthum so gut als bei dem See Myvatn benutzt. Auf meiner
Reise kam ich zu manchem Bergwasser, dessen Oberfläche von der Menge der spie-
lenden Forellen gekräuselt wurde, die gleichsam zu ihrem Fange einluden, ohne dafs
diese Nahrungsquelle von dem nahe wohnenden armen Bauer, der oft dem Hunger
ausgesetzt war, im geringsten benutzt wurde. Theils übersteigt es die Kräfte der
Einwohner, sich ein kleines Fischerboot anzuschaflfen; theils ist auch der Widerwillen
gegen Aenderungen in dem Herkömmlichen allein daran Schuld, dafs solche Nahrungs-
quellen auf Island nicht hinlänglich benutzt werden.
DieWinterfischerei im Meere dauert von den ersten Tagen des Februars bis
zu den ersten des Mais, und wird mit gröfsern Booten betrieben, doch kommt sie
selten früher als im Anfange des März in vollen Gang. Wenn sie geendigt ist, tritt
die Frühlings-Fischerei ein, die bis St. Johanni währt, und mit kleinen Booten
möglich ist, weil das Meer dann ruhiger ist. Gegen Norden fängt die unbedeutende
Fischerei nicht eher an, bis sie im Süd- und AVestlande geendigt ist. Auf einigen
Plätzen wird das ganze Jahr hindurch, z. B. bei Reickewig und OJafs^ig, gefischt.
Es giebt gewisse Plätze im Meere welche die Fische jährlich auf ihrem ge-
,
wölmlichen Zuge oder Striche vorzugsweise besuchen und die den Fischern genau
,
'') Der gedörrte Kabliau hat für die Isländer so vielen Werth, dafs ein Stück dieses Fisches den Maaf»-
Btah, woruach sie alles unter sich berechnen, abgiebt.
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bekannt sind. Diese Fischbänke werden auf Island mit einem allgemeinen Namen
Mid bezeichnet, und haben wieder nach ihrer besonderen Localität unzählige Na-
men. Es ist wohl unläugbar, dafs eine Hauptursache, warum sich die Fische den
Küsten nähern und diese Bänke besuchen, in dem Bedürfnifs begründet ist, ihren
Laich abzusetzen, sie werden aber auch da, aufser der Laichzeit, gefunden, und
müssen also noch durch andere Ursachen zu einem dauernden Aufenthalt bestimmt
werden. Wahrscheinlich haben diese Plätze einen Ueberflufs an Nahrung, und bieten
zugleich unter den Sandhügeln oder Scheeren Schutz für das Toben des Wassers dar.
So nahe bei diesen Fischbänken als möglich ist an dem Ufer eine Anzahl von
kleinen Erdhütten zur Benutzung und Wohnung der Fischer aufgekleibt, diese machen
ein Fischerlager oder einen Fischer-Platz aus, und werden meistens nur in der
Fischzeit bewohnt. Dann versammeln sich alle Fischer, welche die Fischerei an dem-
selben Platze treiben wollen, bei dem Lager, und verweilen in demselben während
der ganzen Zeit des Fischens. Auch von dem fernen Nordland sendet der Bauer
seinen Dienstknecht, oder kommt selbst zum Fischerplatze, um Theil an diesem Segen
der südlichen Küsten zu nehmen, selbst Priester verschmähen es bisweilen nicht, die
Fischerei mitzumachen.
Die wichtigsten Fischerplätze auf Island sind gegen Westen : mehrere Stellen in
der Bucht Issefjord und Aunundafjord; Odbjörnssker und Bjarnöe in der Bucht Brei-
dafjord; die Fischerhafen Retckewig, Hafnarfjord, Keblawick und Grindawick, aber
besonders die Küsten um die höchsten Berge in Island, Snefelsnäs-Jökul genannt.
Gegen Süden liegen Stafsnäs, Thorlackshafn, Stocksöre, Landöer, und vorzüglich die
Vestmannöer, an welchen Orten die Einwohner durch die Fischerei wohlhabend ge-
worden sind; doch ist sie in diesen Gegenden auch mit der gröfsten Gefahr wegen
der gefährlichen Brandungen verbunden, und es ereignet sich wirklich nicht selten,
dafs ein Boot mit der Mannschaft von der Biandung verschlungen wird.
Wenn man bemerkt, dafs die Fische unter dem Lande angekommen sind, was
oft durch Meven und andere Seevögel, die ihrem Gang im Meere folgen, angedeutet
wird, machen die Fischer die Boote zurecht, und die Fischerei fängt an. Auf einem
solchen Boote sind im Winter 4 bis 8, und im Sommer 2 bis 4 Ruderknechte, Ha-
settari genannt, und ein Vormann, der das Ruder führt, und übrigens den Oberbefehl
auf dem Boot hat; seine Pflicht gebietet ihm auch, die gefangenen Fische in glei-
che Theile zu vertheilen, was sogleich, wenn sie an das Land gekommen sind,
geschieht. Jeder Mann nimmt einen Antheil , und der Bes^itzer des Bootes erhält
einen gewissen Theil für sich. Wenn seltenere Fi—sche, z. B. Rochen oder Haye gefan-
gen werden, gehören difse dem Fänger allein.