Table Of ContentRubrik
Deutsche
Geophysikalische
Gesellschaft e.V.
Kapazitive Geoelektrik
zur Bestimmung
frequenzabhangiger
elektrischer Parameter –
Anwendung in der
Perma frostforschung
und 2D-Inversion
Seite 5
Wissenschaftliche Beiträge
Kapazitive Geoelektrik zur Bestimmung frequenzabhängiger
elektrischer Parameter – Anwendung in der Permafrostforschung
und 2D-Inversion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5
Diskussionspapier „Stand der Geogesellschaften“ .......................................13
Die Schiefe der Ekliptik und das Klima der Erde ..........................................18
Nachrichten aus der Gesellschaft ...........................................................29
Verschiedenes ......................................................................................52
Mitteilungen
2/2o18
Herausgeber: Deutsche Geophysikalische Gesellschaft e.V. ISSN o934 – 6554
DGG-Mitteilungen 2/2o18 1
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort der Redaktion 4
.....................................................................................................................................
Wissenschaftliche Beiträge
Kapazitive Geoelektrik zur Bestimmung frequenzabhängiger elektrischer Parameter –
Anwendung in der Permafrostforschung und 2D-Inversion 5
............................................................................
Diskussionspapier „Zum Stand der Geogesellschaften“ 13
....................................................................................
Die Schiefe der Ekliptik und das Klima der Erde – Ein Vortrag von C.W.A. von Wahl,
gehalten vor der literarischen Gesellschaft in Halberstadt am 6. Juli 18o8 18
......................................................
Nachrichten aus der Gesellschaft
Einladung zur Mitgliederversammlung 29
..........................................................................................................
Protokoll der Mitgliederversammlung der Deutschen Geophysikalischen Gesellschaft (DGG)
am 14. Februar 2o18 in Leoben, Österreich 3o
...................................................................................................
Impressionen DGG-Tagung 2o18 37
....................................................................................................................
Kinderbetreuung der besonderen Art: Tagesmuttereinsatz an der Montanuniversität Leoben 41
...........................
Karriereinterview mit Dr. Ellen Gottschämmer 42
...............................................................................................
Aufruf zur Einreichung von Vorschlägen für die Preise und Ehrungen der DGG im Jahr 2o19 44
............................
13. C.-F.-Gauß-Lecture der DGG während der EGU-Tagung in Wien 45
..................................................................
Bericht zum GAP 2o18 in Potsdam 46
..................................................................................................................
Neue Ausrichtung des Arbeitskreises Geothermie auf der DGG-Jahrestagung 47
...................................................
Gemeinsames Seminar der Arbeitskreise ‚Hydro- und Ingenieurgeophysik‘ und ‚Seismik‘ 2o18 48
........................
Kurzer Rückblick auf 3o Jahre DGG-Mitteilungen 49
...........................................................................................
Nachrichten des Schatzmeisters 51
.....................................................................................................................
Verschiedenes
Die Österreichische Geophysikalische Gesellschaft (AGS) 52
................................................................................
Einführung eines internationalen Masterstudiengangs Geophysik am KIT 53
.......................................................
Mein Freund Harvey oder wie ich fast in eine Fake-Konferenz geriet 54
................................................................
Geophysikalische Messungen: Zweifelhafte Angebote mehren sich 57
..................................................................
4th Physics of Volcanoes Workshop 2o18 – a brief summary 58
..............................................................................
In memoriam Hermann Mälzer 59
.....................................................................................................................
DGG-Aufnahmeantrag 61
..................................................................................................................................
Termine geowissenschaftlicher Veranstaltungen 2o18/2o19 63
.............................................................................
Titelbild: Spektren der Magnitude und Phase der Impedanz für je eine beispielhafte Messung vom Schilthorn und vom See Prestvannet – s. S. 5 ff.!
Redaktion
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Dipl.-Geophys. Dr. Klaus Lehmann
Michael Grinat Geologischer Dienst
Leibniz-Institut für Nordrhein-Westfalen
Angewandte Geophysik – Landesbetrieb –
Stilleweg 2 Dr. Silke Hock De-Greiff-Str. 195
3o655 Hannover Freiburg im Breisgau 478o3 Krefeld
DGG-Mitteilungen 2/2o18 3
Vorwort der Redaktion
Liebe Leserin, lieber Leser,
das vor Ihnen liegende zweite und letzte Mitteilungsheft gung in Leoben ausgezeichnet wurde. BROSCHE &
des Jahres 2o18 informiert Sie wieder über Aktivitäten DRUNKENMÖLLE stellen in ihrem Beitrag einen Vor-
und Entwicklungen in der DGG. Es soll jedoch auch zur trag von C.W.A. von Wahl vor, der 18o8 vor der literari-
Diskussion anregen. So haben wir den im Septem- schen Gesellschaft in Halberstadt zum Thema „Die
ber-Heft von GMIT erschienenen GEOfokus „Zum Stand Schiefe der Ekliptik und das Klima der Erde“ gehalten
der Geogesellschaften“ in dieses Heft übernommen, da wurde – in einer Zeit des Suchens nach den Ursachen
die DGG an dem GMIT-Heft 73 nicht beteiligt war. für Klimaänderungen.
Hans-Joachim KÜMPEL hat seinen Beitrag schon im In diesem Heft setzen wir auch die Reihe der Karrie-
Titel als Diskussionsbeitrag bezeichnet. reinterviews fort. Paula RULFF hat Ellen Gottschämmer
Der scheidende BDG-Geschäftsführer Hans-Jür- interviewt, die auf der Jahrestagung in Leoben mit dem
gen WEYER weist auf zweifelhafte Angebote für geophy- Preis für herausragende Lehre ausgezeichnet wurde.
sikalische Messungen hin und Christoph CLAUSER Darüber hinaus finden Sie in diesen Mitteilungen
berichtet in seinem Beitrag „Mein Freund Harvey oder den Rückblick auf das GAP 2o18 in Potsdam, den Bericht
wie ich fast in eine Fake‐Konferenz geriet“ über seine über die 13. Gauß-Lecture auf der EGU-Tagung in Wien,
Negativerfahrungen mit einer Konferenz – beides sicher die Vorstellung des neuen internationalen Masterstudi-
Anlass für weiterführende Diskussionen. Diese könnten engangs Geophysik am KIT, Berichte zu Aktivitäten der
beispielsweise auf der kommenden Jahrestagung 2o19 Arbeitskreise Geothermie, Hydro- und Ingenieurgeo-
in Braunschweig stattfinden, deren erstes Zirkular die- physik, Seismik sowie Vulkanologie und die Kurzvorstel-
sen Mitteilungen beiliegt. Beachten Sie bitte auch die lung der Österreichischen Geophysikalischen Gesell-
Einladung zur Mitgliederversammlung 2o19 in diesem schaft (AGS). Nachrichten des Schatzmeisters und ein
Heft. kleiner Rückblick auf 3o Jahre „Rote Blätter“ runden
Ergänzend zu den Beiträgen im DGG-Block des das Heft ab. Auch für dieses Heft gilt das, was Siegfried
GMIT-Heftes 72 vom Juni 2o18 finden Sie hier weitere GREINWALD schon im Heft 1/1988 zum Mitteilungsblatt
Berichte zur Jahrestagung in Leoben – so das Protokoll angemerkt hat – wir haben sein Zitat an das Ende des
der Mitgliederversammlung 2o18, einige Tagungs-Im- Rückblicks gestellt.
pressionen und den Bericht der Volkshilfe Steiermark Viel Freude beim Lesen des aktuellen Heftes
über die Kinderbetreuung auf der Tagung. wünscht Ihnen
MUDLER et al. berichten in ihrem wissenschaftli-
chen Beitrag über die kapazitive Geoelektrik. Dieser Ihr Redaktionsteam
Artikel baut auf einem Vortrag auf, der auf der Jahresta- Silke Hock, Klaus Lehmann und Michael Grinat
Neu (ab 2o18)
Heft-Nr. Heft-Nr. Erscheinungsmonat
DGG-Mitteilungen Erscheinungsmonat GMIT mit DGG-Beteiligung
1 Februar / März 1 -
2 Juni
2 Oktober / November 3 -
4 Dezember
4 DGG-Mitteilungen 2/2o18
Wissenschaftliche Beiträge
Kapazitive Geoelektrik zur Bestimmung
frequenzabhängiger elektrischer
Parameter – Anwendung in der
Permafrostforschung und 2D-Inversion
J. Mudler1, G. Fiandaca2, C. Hauck3, A. Hördt1, P. K. Maurya2 & A. Przyklenk1
1 Technische Universität Braunschweig
2 Aarhus University
3 Université de Fribourg
Anmerkung der Redaktion: Der vorliegende Artikel basiert auf dem Vortrag „Kapazitive Geoelektrik zur Bestimmung
frequenzabhängiger elektrischer Parameter – Anwendung in der Permafrostforschung und 2D Inversion“ von J. Mudler,
G. Fiandaca, C. Hauck, A. Hördt, P. K. Maurya und A. Przyklenk, der auf der 78. Jahrestagung der Deutschen Geophysi-
kalischen Gesellschaft in Leoben (Februar 2018) ausgezeichnet wurde.
Abstract ein gutes Anwendungsgebiet, da sie eine besonders starke
Mit Hilfe der Kapazitiven Geoelektrik ist es möglich, die fre- Frequenzabhängigkeit der elektrischen Impedanz auf-
quenzabhängigen elektrischen Parameter des Untergrun- weisen (PETRENKO & WHITWORTH 2oo3). Auch der Eis-
des zu bestimmen. Dafür werden spektrale Messungen gehalt im Untergrund kann aus den Ergebnissen solcher
über einen breiten Frequenzbereich durchgeführt. Die Messungen abgeleitet werden (BITELLI et al. 2oo4).
Methode findet unter anderem in periglazialen Gebieten Derartige spektrale Messungen auf Eis und Perma-
Anwendung, da dort die methodischen Vorteile und physi- frost wurden bereits von GRIMM & STILLMAN (2o15) zur
kalischen Bedingungen gegeben sind. Für die Auswertung erfolgreichen Charakterisierung von Untergrundeis
der breitbandigen Messdaten haben wir eine neuartige durchgeführt. PRZYKLENK et al. (2o16) nutzten zur
spektrale 2D-Inversion entwickelt, mit Hilfe derer eine Bestimmung der beiden elektrischen Parameter die
Strukturauflösung des oberflächennahen Untergrundes Methode der „Capacitively Coupled Resistivity“ (CCR), im
erzielt werden soll. Anhand von Feldmessungen in den Deutschen „Kapazitive Geoelektrik“ genannt. Im Gegen-
Schweizer Alpen und in Norwegen wird die Machbarkeit satz zur klassischen galvanischen Kopplung durch Spieße
der Messmethode und der Inversion untersucht. werden hierbei Platten oder Kabel verwendet, die galva-
nisch vom Untergrund entkoppelt sind und rein kapazitiv
Einleitung an den Boden ankoppeln. Diese Vorgehensweise weist
Angewandte Geophysik wird in der Permafrostforschung unter bestimmten Bedingungen logistische Vorteile auf.
eingesetzt, um Permafrost zu detektieren und ebenso zu So ist die Methode beispielsweise absolut nicht-invasiv,
analysieren, besonders in Bezug auf den Eisgehalt im was Messungen auf manchen Untergründen erst ermög-
Untergrund. Mit Hilfe spektraler geoelektrischer Mes- licht, und auch Kopplungsprobleme aufgrund hoher
sungen über einen breiten Frequenzbereich ist es mög- Übergangswiderstände können überwunden werden
lich, sowohl den spezifischen elektrischen Widerstand ‐ (HÖRDT et al. 2o13).
als auch die dielektrische Permittivität ‐ zu bestimmen. Bekannte Studien kapazitiver Geoelektrik messen
Die Bestimmung der Permittivität als zusätzlichen Para- nur die Magnitude der Impedanz bei einer diskreten Fre-
meter bedeutet einen Informationsgewinn gegenüber quenz und nutzen die Methode dadurch wie eine klassi-
herkömmlichen geoelektrischen Messungen, der für die sche geoelektrische Messung (TABBAGH et al. 1993,
Interpretation des Untergrundes von Nutzen sein kann. KURAS et al. 2oo7, HAUCK & KNEISEL 2oo6). Um jedoch
Besonders Gebiete geringer elektrischer Leitfähigkeit beide elektrische Parameter bestimmen zu können, sind
sind für die Bestimmung beider Parameter geeignet. Eis zusätzliche Messungen der Phase vonnöten. Bei unseren
oder gefrorene Böden, wie etwa Permafrost, sind dabei Messungen nutzen wir ein breites Frequenzspektrum
DGG-Mitteilungen 2/2o18 5
Wissenschaftliche Beiträge
Vorteile der zweidimensionalen Auswertung aufgezeigt
werden, durch die Strukturen im Untergrund reprodu-
ziert werden können.
Theorie hochfrequenter
Wechselstrom-Messungen
Durch die Einspeisung eines zeitlich variierenden Stroms
in den Untergrund werden zwei verschiedene physikali-
sche Mechanismen angeregt: der Leitungsstrom, der mit
dem spezifischen elektrischen Widerstand ρ einhergeht,
und der Verschiebungsstrom, der durch die relative die-
lektrische Permittivität ε beschrieben wird. Aus dem
r
Ampèreschen Gesetz werden die Größen der komplexen
elektrischen Leitfähigkeit σ* bzw. der komplexen Permit-
tivität ε*, die beide Mechanismen vereinigen, wie folgt
definiert:
Abb. 1: Phasenverschiebung der Impedanz über der Frequenz für
einen Bereich von 1 mHz bis 1 GHz nach ZORIN & AGEEV (2017). Dar-
gestellt sind fünf synthetische Kurven für verschiedene Kombinatio-
nen aus spezifischem Widerstand und relativer Permittivität. Beide Dabei ist i die imaginäre Einheit. Die drei variablen Grö-
Größen werden in diesem Fall als frequenzunabhängige Parameter ßen Winkelfrequenz ω, spezifischer Widerstand ρ und
angenommen. relative Permittivität ε bestimmen in gegenseitiger
r
Abhängigkeit die Gewichtung der beiden Stromanteile.
und messen den spektralen Verlauf von Magnitude und Abbildung 1 zeigt die Phasenverschiebung einer
Phase der Impedanz. Impedanzmessung, also den Versatz des gemessenen
Wenn man größere Areale und Tiefenbereiche unter- Spannungssignals gegenüber dem Signal des eingespeis-
sucht, ist es üblich, eine Auswertung der Daten in einer ten Stroms, aufgetragen über der Frequenz nach ZORIN &
zwei- oder sogar dreidimensionalen Inversion vorzuneh- AGEEV (2o17). Der Verlauf der Phasenverschiebung, oder
men. Für die Auswertung der Gleichstromgeoelektrik sind kurz Phase, ist für fünf verschiedene Produkte aus Wider-
derartige Inversionen sehr verbreitet, während für fre- stand und Permittivität für den Fall eines homogenen
quenzabhängige geoelektrische Messungen erst relativ Untergrundes dargestellt. Der Strom und die Spannung
neuartig 2D-Inversionen für die spektrale induzierte Pola- sind für den Anteil der Leitungsströme in Phase (Phasen-
risation (SIP) existieren (GÜNTHER & MARTIN 2o16, verschiebung o°) und für den Verschiebungsstromanteil
MAURYA et al. 2o17). Basierend auf der SIP-Inversion des um 9o° phasenverschoben. Für kleine Frequenzen domi-
Inversionstools AarhusInv, eines Programmes zur Model- niert dabei immer der Leitungsstrom. Der Übergang zum
lierung und Auswertung verschiedener geophysikalischer Verschiebungsstrom befindet sich bei umso niedrigeren
Methoden, wurde eine zweidimensionale Inversion für Frequenzen, je höher Widerstand und Permittivität sind.
CCR-Daten entwickelt. Diese basiert auf dem Cole-Cole- Die Wahl des Frequenzbereiches, in dem die Messungen
Modell (COLE & COLE 1941), welches eine zweckmäßige stattfinden, bestimmt damit maßgeblich, in welchem
Parametrisierung der dielektrischen Relaxation liefert. physikalischen Bereich gemessen wird und welcher Para-
Die Methode, in der Form wie wir sie anwenden, meter extrahiert werden kann. Die meisten geophysikali-
nämlich die Erfassung und Nutzung der gesamten spekt- schen Methoden, die frequenzabhängige Felder nutzen,
ralen Information, ist noch relativ jung und es liegen fokussieren sich auf einen Strommechanismus und ver-
wenig praktische Erfahrungen vor. Daher ist es das Ziel nachlässigen den anderen. So wird bei der Induzierten
dieses Beitrages (erstmals nach PRZYKLENK et al. 2o16), Polarisation (IP) und der Magnetotellurik (MT) beispiels-
Ergebnisse von verschiedenen Messgebieten zu diskutie- weise im Frequenzbereich des Leitungsstroms gemessen
ren und die Anwendbarkeit der Methode zu bewerten. und der Widerstand bestimmt, während beim Georadar
Dafür wurden Feldmessungen auf dem Berg Schilthorn in (GPR) Verschiebungsströme genutzt werden und die Per-
der Schweiz und auf dem gefrorenen See Prestvannet, mittivität des Untergrundes bestimmt werden kann. Nur
nahe der norwegischen Stadt Tromsø gelegen, durchge- durch Messungen im Frequenzbereich des Überganges
führt. Erste Ergebnisse der neuartigen 2D-Inversion wer- beider Strommechanismen ist es möglich, beide elektri-
den präsentiert. Es soll gezeigt werden, dass die Auswer- schen Parameter zu bestimmen.
tung des gesamten spektralen Signals, in Form der Der Phase aus Abbildung 1 liegt die Annahme
Bestimmung der Permittivität als zusätzlichen Parame- zugrunde, dass die elektrische Permittivität und der
ter, zu einem Gewinn an Information beiträgt und für die Widerstand konstante Werte annehmen. Dies ist aller-
Interpretation der Daten nützlich ist. Zudem sollen die dings für viele Materialien nicht der Fall, sondern viel-
6 DGG-Mitteilungen 2/2o18
Wissenschaftliche Beiträge
Abb. 2: Fotografie einer Messung auf dem Schilthorn, Schweiz, im Jahr 2016. Zu sehen sind die vier Plattenelektroden, die in Reihe entlang des
Profils liegen und über Verstärker und Wandler an die Haupteinheit angeschlossen sind. Diese ist mit einem Laptop verbunden, über den die
Messungen gesteuert werden.
mehr sind beide Parameter sowohl von der Frequenz als zu einer Überlagerung der Signale der einzelnen Materi-
auch von der Temperatur abhängige Größen. Polarisier- alien. Um die Signale derartiger komplexerer Strukturen
bare Untersuchungsmaterialien, wie z.B. wassergesät- zu reproduzieren, kann eine Erweiterung des Modells
tigte Sedimente oder mineralisierte Gesteine, weisen vonnöten sein. Für die oberflächennahe Anwendung hat
eine starke Frequenzabhängigkeit für die elektrischen sich aber gezeigt, dass das einfache Cole-Cole-Modell
Parameter auf (ZORIN & AGEEV 2o17). Ebenso ist in peri- (Gl. 2) ausreichend ist, weshalb wir es für unsere Studien
glazialen Gebieten für Untergründe aus reinem Eis oder verwenden.
anteiligem Eisgehalt bekannt, dass eine starke Frequenz-
abhängigkeit des Materials besteht (PETRENKO & Kapazitive Geoelektrik
WHITWORTH 2oo3, BITELLI et al. 2oo4, STILLMAN et al. Anfang der 199oer-Jahre wurde die Theorie einer kapazi-
2o1o). Für die Auswertung solcher Messdaten ist es daher tiv an den Boden angekoppelten 4-Elektroden-Auslage
notwendig, eine Parametrisierung für die Frequenzab- von GRARD (199o) formuliert und später von KURAS et al.
hängigkeit der elektrischen Größen zu finden. Eine voll- (2oo6) vertieft. In den folgenden Jahren kamen erstmals
ständige Beschreibung der dielektrischen Relaxation entwickelte Geräte im Feld zum Einsatz (u.a. TABBAGH et
kann durch die Cole-Cole-Formel (COLE & COLE 1941) al. 1993, KURAS et al. 2oo7). Dabei werden galvanisch ent-
gegeben werden, die für die komplexe Permittivität fol- koppelte Elektroden in Form von Platten oder Kabeln an
gende Form hat: der Grenzfläche zwischen zwei Medien aufgelegt, wobei
es sich dabei in der Regel um die Grenze zwischen Luft
und Untergrund handelt.
Ein Vorteil der Methode ist, dass sie nicht-invasiv
Die Gleichung beschreibt das Verhalten der komplexen und dadurch nutzbar auf extrem harten Untergründen
Permittivität anhand von fünf Cole-Cole-Parametern: (z.B. Gestein, Eis) ist, auf denen es nur sehr schwer mög-
dem Gleichstromwiderstand ρ , einem niederfrequen- lich ist mit Spießen zu arbeiten, und dann oftmals nur
DC
ten Grenzwert für die Permittivität ε , einem hochfre- unter Beeinflussung der Struktur des Untergrundes
DC
quenten Grenzwert ε , der Relaxationszeit τ und dem (HAUCK & KNEISEL 2oo6). Zudem ist es möglich schnelle
HF
Relaxationsexponenten c. Kartierungen durchzuführen, da die Elektroden nicht im
Das Modell kann die Relaxation eines einzelnen Boden verankert sind und somit mobile Anwendungen
Materials beschreiben. Bei Materialgemischen kommt es realisiert werden können (KURAS et al. 2oo7). Des Weite-
DGG-Mitteilungen 2/2o18 7
Wissenschaftliche Beiträge
Abb. 3: Spektren der Magnitude und Phase der Impedanz für je eine beispielhafte Messung vom Schilthorn (a, b) und vom See Prestvannet
(c, d). Die Punkte geben die Messdaten für 19 diskrete Frequenzen an, die Linie ist die Anpassung des Cole-Cole-Modells durch die Inversion aus
PRZYKLENK et al (2016). Die entsprechenden fünf Cole-Cole-Parameter sind jeweils rechts neben den Spektren aufgelistet.
ren kann mithilfe der kapazitiven Kopplung auch auf schreibt die Höhenabhängigkeit der Elektroden. Da
Untergründen hohen Widerstandes eine Ankopplung schon bei geringer Unebenheit keine vollständige Auflage
erreicht werden, auf denen galvanische Kopplung auf- der Elektroden auf dem Untergrund (besonders im Fall
grund hoher Übergangswiderstände gar nicht oder nur starrer Platten) gewährleistet werden kann, entsteht eine
durch bestimmte Lösungen an den Elektroden möglich effektive Höhe der Elektrodenfläche über dem Boden.
ist (HÖRDT et al. 2o13). Die CCR-Methode findet daher Diese ist schwer messtechnisch erfassbar, kann aller-
unter anderem Anwendung im urbanen Bereich, in der dings bereits für geringe Höhen zu großen Abweichungen
Weltraumforschung und in der Permafrostforschung. in den Messungen führen. Die Höhenabhängigkeit wurde
Die komplexe Impedanz in der kapazitiven Geoelek- schon in verschiedenen Arbeiten untersucht. Die
trik kann wie folgt beschrieben werden (PRZYKLENK et Erkenntnis war dabei, dass die Abhängigkeit umso schwä-
al. 2o16): cher ist, je größer Widerstand und Permittivität des Unter-
grundes sind (KURAS et al. 2oo6, PRZYKLENK et al. 2o16).
Im Fall der hier vorgestellten Messungen ist der Effekt
vernachlässigbar und es kann eine ideale Auflage der
Der Reflexionsfaktor α beinhaltet die elektrischen Para- Elektroden angenommen werden, wodurch man einen
meter ρ und ε des Untergrundes, K ist der Geometriefak- Höhenfaktor H = 1 erhält. Damit lassen sich die elektri-
r
tor der Elektrodenauslage. Der Höhenfaktor H(h) be- schen Parameter für jede Frequenz direkt aus dem Real-
8 DGG-Mitteilungen 2/2o18
Wissenschaftliche Beiträge
Abb. 4: Ergebnisse der 2D-Inversion mit dem Programm AarhusInv für das Messprofil vom Schilthorn. Dargestellt sind die Sektionen für die
drei Cole-Cole-Parameter spezifischer Widerstand ρ, niederfrequenter Grenzwert der Permittivität ε, und Relaxationszeit τ. Die gestrichelte
rDC
Linie gibt die separat gemessene Schneetiefe wieder, der Pfeil markiert die Lage der Spektren (a, b) aus Abbildung 3. Die heller dargestellten
Bereiche für größere Tiefen sind die nicht mehr hinreichend gut aufgelösten Bereiche der Inversion.
und Imaginärteil der Impedanz bestimmen (PRZYKLENK spektralen Verläufe der Magnitude |Z(f)| und der Phase
et al. 2o16). ϕ(f) der Impedanz erfasst werden.
Für die Bestimmung beider elektrischer Parameter
Feldmessungen müssen sowohl Leitungs- als auch Verschiebungsströme
Die Messungen wurden mit der Apparatur Chameleon einen signifikanten Anteil ausmachen. Um dies in unse-
von Radic Research durchgeführt, die extra für die rem Frequenzbereich zu gewährleisten, müssen hohe
An wendung breitbandiger Messungen der Impedanz Widerstände (und Permittivitäten) im Untergrund vorlie-
ausgelegt ist (RADIC 2o13). Das Gerät arbeitet mit einer gen (vgl. Abb. 1). Diese Bedingungen liegen insbesondere
4-Elektroden-Anordnung. Durch schrittweises Verschie- in periglazialen Regionen mit hohem Eisvorkommen vor
ben und Vergrößern der Auslage können zweidimensio- (HAUCK & KNEISEL 2oo6). Für die Anwendung der
nale Messungen entlang eines Profils und tiefenorientiert Methode wurden daher entsprechende Untersuchungs-
realisiert werden. In Abbildung 2 ist beispielhaft eine gebiete ausgewählt. In diesen Gebieten ist zudem oftmals
Messung auf dem Schilthorn dargestellt. Die Plattenelekt- der logistische Vorteil kapazitiver Kopplung in Bezug auf
roden, die für die galvanische Entkopplung mit isolieren- harte Untergründe und hohe Übergangswiderstände
der Kaptonfolie beklebt sind, liegen in Reihe in Profilrich- gegeben.
tung. Sie sind über Kabel mit verschiedenen Verstärkern Es wurden zwei Messkampagnen durchgeführt, von
und Wandlern verbunden, die an die Haupteinheit gekop- denen je ein ausgewähltes Profil präsentiert wird. In Nor-
pelt sind. Von dort aus können die Messungen über einen wegen wurden 2o15 Messungen auf dem zugefrorenen
Laptop gesteuert werden. Die Messungen wurden in See Prestvannet nahe der Stadt Tromsø durchgeführt.
einem Frequenzbereich von 1 Hz bis 24o kHz bei 19 dis- Das Profil mit einer Länge von 33 m verläuft über die
kreten Frequenzen durchgeführt. Dadurch können die Grenze des Sees hinweg, sodass sowohl die Eisdecke des
DGG-Mitteilungen 2/2o18 9
Wissenschaftliche Beiträge
Abb. 5: Ergebnisse der 2D-Inversion mit dem Programm AarhusInv für das Messprofil vom See Prestvannet. Dargestellt sind die Sektionen für
die drei Cole-Cole-Parameter spezifischer Widerstand ρ, hochfrequente Permittivitätszahl ε, und Relaxationszeit τ. Die vertikale gestri-
r HF
chelte Linie gibt die oberflächliche Lage des Überganges vom See zum Ufer wieder. Die gefrorene Seeoberfläche befindet sich auf der linken
Seite, das schneebedeckte Ufer auf der rechten Seite. Der Pfeil markiert die Lage der Spektren (c, d) aus Abbildung 3.
Sees als auch das schneebedeckte Ufer messtechnisch dell (Gl. 2). So können für jede 4-Punkt-Messung aus der
erfasst wurden. Dafür wurde eine Wenner-Konfiguration Modellanpassung die Werte der fünf Cole-Cole-Parame-
mit konstantem Elektrodenabstand (a = 1,5 m) genutzt. ter gezogen werden. In Abbildung 3 werden beispielhaft
Das Ziel ist es, die Unterschiede in den Messungen auf die Spektren für je eine Messung beider Profile gezeigt.
verschiedenen Materialien und die Ufergrenze zu erfas- Die Punkte sind die gemessenen Daten und die durchge-
sen. Die andere Messkampagne wurde im Jahr 2o16 auf zogenen Linien stellen die Anpassung durch die Inver-
dem Berg Schilthorn, nahe der Stadt Interlaken, auf einer sion dar. Es handelt sich dabei um die Inversionsmethode
Höhe von etwa 2.7oo m ü. NN in einem Gebiet alpinen Per- aus PRZYKLENK et al. (2o16), die jede 4-Punkt-Messung
mafrostes durchgeführt. Die Oberfläche war von einer separat behandelt und noch keine gemeinsame Inversion
Schneeschicht bedeckt. Die Mächtigkeit dieser Schicht verschiedener Messungen beinhaltet, wie die später fol-
wurde zusätzlich im Abstand von einigen Metern durch gende 2D-Inversion. Neben den Spektren sind rechts
manuelle Messungen erfasst. Entlang des Profils von jeweils die Cole-Cole-Parameter aus der Anpassung der
28 m Länge wurde eine Sondierungs-Kartierung Inversion aufgelistet.
(Dipol-Dipol, a = 1 m, n = 1-6) mit dem Ziel durchge- Es ist zu erkennen, dass die spektralen Signale bei-
führt, die zweidimensionale Struktur im Untergrund der Messungen sehr verschieden sind. Während im Bei-
zu erfassen. spiel vom Schilthorn (a, b) auf der Schneedecke gemessen
wurde, zeigen die Spektren aus Norwegen (c, d) eine Mes-
Ergebnisse und Inversion sung auf der Eisdecke des Sees. Die Phasenverschiebun-
Die Auswertung der gemessenen Impedanz (Gl. 3) in Form gen beider Messungen zeigen Schwankungen über den
der spektralen Messungen von Magnitude und Phase gemessenen Frequenzbereich, je mit einem lokalen
erfolgt unter Parametrisierung durch das Cole-Cole-Mo- Maximum und Minimum. Durch den Vergleich mit den
10 DGG-Mitteilungen 2/2o18