Table Of ContentAlexander Linn
Missbrauchsverhinderungsnormen und Standortwahl
GABLER EDITION WISSENSCHAFT
Alexander Linn
Missbrauchs-
verhinderungsnormen
und Standortwahl
Eine rechtsvergleichende und
modelltheoretische Analyse des
Einflusses von CFC-Regeln und
Unterkapitalisierungsregeln
Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Dr. Manuel R. Theisen
Deutscher Universitäts-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
<http://dnb.d-nb.de> abrufbar.
Dissertation Universität München, 2006
1. Auflage Mai 2007
Alle Rechte vorbehalten
© Deutscher Universitäts-Verlag | GWVFachverlage GmbH, Wiesbaden 2007
Lektorat: Frauke Schindler / Sabine Schöller
Der Deutsche Universitäts-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media.
www.duv.de
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.
Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes
ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbe-
sondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die
Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. indiesem
Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche
Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten
wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main
Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier
Printed in Germany
ISBN 978-3-8350-0798-7
V
Geleitwort
Die Besteuerung grenzüberschreitender unternehmerischer Aktivitäten hat seit Langem
eine neue, zunehmend bedeutsame Herausforderung zu gegenwärtigen. Während die
Steuerhoheit in den jeweiligen Standortländern verbleibt, nutzen Unternehmen und
Konzerne weltweit die Globalisierung auch dazu, die konkurrierenden nationalen Steu-
erhoheiten als Wettbewerber zu verstehen und zur Erreichung der von ihnen verfolgten
Ziele zu nutzen. Konkret bedeutet dies den bereits vielfach thematisierten internationa-
len Steuerwettbewerb, der sich unter anderem in einem sich weiterhin noch verschär-
fenden Standortwettbewerb konkretisiert. Diese Entwicklung wird seit geraumer Zeit
durch zwei, teilweise massive Beschränkungen beeinträchtigt bzw. gesteuert: zum
einen führt die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes in der Europäischen
Union dazu, dass durch die Interpretation der Grundfreiheiten nationale Steuergesetz-
gebungsakte in teilweise geradezu als revolutionär zu bezeichnender Weise auf den
Prüfstand gestellt werden. Diese Entwicklung mag aus Sicht der nationalen Steuerge-
setzgeber sowie der Haushaltsverantwortlichen beklagenswert erscheinen, im Rahmen
der Europäischen Union und ihrer Weiterentwicklung ist sie ebenso konsequent wie
notwendig. Zum anderen aber führen die überwiegend steuerfinanzierten, häufig defizi-
tären Staatshaushalte der EU-Mitgliedsländer dazu, dass ein bedingungsloser Steuer-
wettbewerb im Sinne eines Steuersatzsenkungswettbewerbs nicht (mehr) lange durch-
gehalten werden kann. Beide Entwicklungen haben in den EU-Mitgliedstaaten in unter-
schiedlichem Umfang, aber unter gleichgerichteter Zielsetzung dazu geführt, dass
konkrete Normen zur Verhinderung bzw. Vermeidung des Missbrauchs steuerlicher
Gesetze diskutiert, umgesetzt und teilweise auch verschärft werden.
Vor dem Hintergrund des massiven Steuerwettbewerbs im Rahmen der Europäischen
Unionsetzt mein wissenschaftlicher Assistent Alexander Linn den Schwerpunkt seiner
Untersuchung auf die ökonomische Analyse der Frage, welche Rolle konkrete Kom-
binationen von nationalen Missbrauchsverhinderungsnormen bei der Standortwahl
einer Unternehmung spielen. In die umfangreiche rechtsvergleichende Darstellung
werden dabei sowohl allgemeine Missbrauchsnormen als auch konkrete Regeln gegen
beherrschte Auslandsgesellschaften und sogenannte Unterkapitalisierungsregeln unter-
sucht.
Die in sechs Kapitel gegliederte Arbeit bietet nach einer Einführung in den Untersu-
chungsgegenstand die Klärung der wesentlichen themenspezifischen Grundlagen und
Begriffe. In den beiden Hauptkapiteln werden die Darstellung steuerlicher Miss-
VI Geleitwort
brauchsverhinderungsnormen sowie die ökonomische Analyse eben dieser steuerli-
chen Normen vorgenommen. Abschließend untersucht Alexander Linn noch die supra-
und multinationalen Initiativen zur Missbrauchsverhinderung. Mit diesem Aufbau ist
die Arbeit klar gegliedert und bietet einen sehr gut nachvollziehbaren Einblick in den
interessanten Untersuchungsansatz.
Mein Schüler Alexander Linn legt mit seiner umfangreichen, engagierten und selbst
gewählten Untersuchung eine beeindruckende, eigenständige wissenschaftliche Leis-
tung vor. Mit großer Präzision und wissenschaftlich gebotener Akribie setzt er sich mit
den nationalen und internationalen Steuerrechtsnormen zur Vermeidung bzw. gegen
den Missbrauch steuerrechtlicher Einzelvorschriften auseinander. Auf dieser Basis hat
er ein schlüssiges Konzept zur Untersuchung der entsprechenden Wirkungsweisen und
des Zusammenspiels der entsprechenden Normen im internationalen Steuerwettbewerb
entwickelt. Die modellhafte Umsetzung ist eine sehr überzeugende Leistung, die die in
Theorie wie Praxis zwingend weiterzuführende Diskussion über die Bedeutung der
damit gewonnenen Ergebnisse und Erkenntnisse erheblich unterstützen und fundieren
wird.
Univ.-Prof. Dr. Dr. Manuel R. Theisen
VII
Vorwort
Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mit-
arbeiter am Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Betriebswirtschaftliche
Steuerlehre und Steuerrecht der Ludwig-Maximilians-Universität München. Sie wurde
im Wintersemester 2006/2007 von der Fakultät für Betriebswirtschaft unter dem Titel
„Einfluss von Missbrauchsverhinderungsnormen auf die Standortwahl von Unterneh-
men“ als Dissertation angenommen. Die in der Druckfassung berücksichtigte und
eingearbeitete Literatur und Rechtsprechung entspricht dem Stand Februar 2007. Die
Arbeit wird durch einen Förderpreis der ESC – Esche Schümann Commichau Stiftung,
Hamburg, gefördert.
Mein ganz besonderer Dank gilt meinem akademischen Lehrer und Doktorvater, Herrn
Prof. Dr. Dr. Manuel René Theisen, der die Arbeit von Anfang an unterstützt hat und
mir die Möglichkeit eingeräumt hat, an seinem Lehrstuhl als wissenschaftlicher Mitar-
beiter tätig zu werden. Für das in mich gesetzte Vertrauen, die mir gewährten Freihei-
ten und für die hervorragenden Arbeitsbedingungen an seinem Lehrstuhl, die wesent-
lich zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben, bin ich ihm sehr dankbar. Herrn
Prof. Dr. Dr. h. c. Wolfgang Ballwieser danke ich für die bereitwillige Übernahme des
Korreferats.
Ganz herzlich danken möchte ich Herrn Prof. Dr. Martin Wenz und Herrn Dr. Sven
Petersen, die beide große Teile des Manuskripts einer intensiven kritischen Prüfung
unterzogen haben. Sie standen beide jederzeit trotz vielfältiger eigener Verpflichtun-
gen als engagierte Diskussionspartner zur Verfügung und haben mir von den ersten
Arbeiten an meiner Dissertation bis kurz vor Abgabe des Manuskripts mit zahlreichen
konstruktiven Anregungen weitergeholfen. Auch dafür sei beiden ganz herzlich ge-
dankt. Meinen Kollegen am Lehrstuhl danke ich für die hervorragende Zusammenar-
beit und ihre Unterstützung während meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter.
Für die Unterstützung bei der Recherche, der Literaturbeschaffung und der Durchsicht
des Manuskript bedanke ich mich bei den studentischen Hilfskräften des Lehrstuhls,
insbesondere bei Frau Elena Zapryagaeva, Herrn Michael Polaschek und Herrn Jason
Voigt.
Während meiner Promotion und bereits während des Studiums habe ich im privaten
Bereich sehr viel Unterstützung und Rückhalt erhalten. Allen, die dadurch zum Gelin-
gen dieser Arbeit beigetragen haben, wird persönlich gedankt.
Alexander Linn
IX
Inhaltsübersicht
A. Steuerliche Missbrauchsverhinderungsnormen als
Untersuchungsgegenstand.....................................................................................1
I. Problemstellung, Zielsetzung und Abgrenzung.................................................1
II. Einordnung in das Wissenschaftsprogramm.....................................................5
III. Vorgehensweise und Gang der Untersuchung...................................................9
B. Grundlagen und Begriffsklärung.......................................................................11
I. Wettbewerb zwischen den Staaten..................................................................11
II. Initiativen gegen schädlichen Steuerwettbewerb.............................................14
III. Missbrauch und Steuerumgehung....................................................................26
C. Darstellung steuerlicher Missbrauchsverhinderungsnormen..........................47
I. Allgemeine Umgehungsvermeidungsregeln....................................................47
II. Unilaterale spezialgesetzliche Missbrauchsverhinderungsnormen.................65
III. Tabellarische Übersicht und Zwischenfazit...................................................108
D. Ökonomische Analyse steuerlicher Missbrauchsverhinderungsnormen......111
I. Modellentwicklung........................................................................................111
II. Modellbeschreibung.......................................................................................135
III. Modellanalyse................................................................................................149
IV. Ergebnis.........................................................................................................185
E. Einfluss der Grundfreiheiten auf die Missbrauchsverhinderungsnormen..199
I. Anwendbare Grundfreiheiten........................................................................199
II. Persönlicher Anwendungsbereich.................................................................201
III. Konkurrenzverhältnis und Drittstaatenwirkung............................................202
IV. Beschränkungsprüfung..................................................................................209
V. Rechtfertigungsprüfung.................................................................................218
VI. Auswirkungen auf das verwendete Modell...................................................229
F. Zusammenfassung..............................................................................................233
Anhang.......................................................................................................................237
I. Tabellarische Übersicht über ausgewählte spezielle
Missbrauchsverhinderungsnormen................................................................237
II. Herleitung der im Modell verwendeten Formeln..........................................256
Literaturverzeichnis.................................................................................................289
Rechtsprechungsverzeichnis....................................................................................335
Quellenverzeichnis....................................................................................................345
XI
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort......................................................................................................................V
Vorwort........................................................................................................................VII
Inhaltsübersicht.............................................................................................................IX
Inhaltsverzeichnis.........................................................................................................XI
Abbildungsverzeichnis..............................................................................................XVII
Tabellenverzeichnis...................................................................................................XIX
Abkürzungsverzeichnis..............................................................................................XXI
Symbolverzeichnis.................................................................................................XXVII
A. Steuerliche Missbrauchsverhinderungsnormen als
Untersuchungsgegenstand.....................................................................................1
I. Problemstellung, Zielsetzung und Abgrenzung.................................................1
II. Einordnung in das Wissenschaftsprogramm.....................................................5
III. Vorgehensweise und Gang der Untersuchung...................................................9
B. Grundlagen und Begriffsklärung.......................................................................11
I. Wettbewerb zwischen den Staaten..................................................................11
1. Abgrenzung zum Wettbewerbsmarkt........................................................11
2. Der Begriff des Steuerwettbewerbs..........................................................13
II. Initiativen gegen schädlichen Steuerwettbewerb.............................................14
1. Beschreibung der Initiativen.....................................................................15
a) OECD-Projekt.....................................................................................15
b) EU-Maßnahmenpaket.........................................................................16
2. Schädliche Steuerpraktiken.......................................................................17
a) Die OECD-Kriterien...........................................................................17
b) Verhaltenskodex und Leitlinien in der EU.........................................19
3. Empfehlungen an die Staaten....................................................................22
III. Missbrauch und Steuerumgehung....................................................................26
1. Möglichkeiten zur Verhinderung unerwünschter Steuervermeidungen...27
a) Extensive Auslegung und Rechtsfortbildung.....................................28
b) Allgemeine steuerliche Umgehungsnormen.......................................28
c) Spezialnormen gegen Steuerumgehungen..........................................29
2. Enges und weites Begriffsverständnis......................................................30
a) Steuerumgehung im engeren und im weiteren Sinne.........................30
b) Gesetzgebungsgeschichte des § 8a KStG...........................................35
3. Missbrauch oder Steuerumgehung............................................................36
4. Abgrenzung zu verwandten Sachverhalten...............................................37
a) Scheingeschäfte..................................................................................37
b) Steuerhinterziehung............................................................................39
5. Europarechtlicher Missbrauchsbegriff......................................................40
XII Inhaltsverzeichnis
C. Darstellung steuerlicher Missbrauchsverhinderungsnormen..........................47
I. Allgemeine Umgehungsvermeidungsregeln....................................................47
1. Systematisierung der Umgehungsdoktrinen.............................................49
a) Fraus legis und Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten..............50
b) Business purpose-Test, economic substance und substance over
form.....................................................................................................52
c) Gesamtplan und step transaction-Doktrin..........................................53
2. Die Regelung des § 42 AO und § 22 BAO...............................................54
a) Methodologische Einordnung.............................................................55
b) Tatbestandsvoraussetzungen..............................................................57
c) Rechtsfolgen.......................................................................................61
3. Allgemeine Umgehungsregeln und DBA.................................................63
II. Unilaterale spezialgesetzliche Missbrauchsverhinderungsnormen.................65
1. Regeln gegen beherrschte ausländische Gesellschaften...........................66
a) Abschirmwirkung einer Kapitalgesellschaft......................................67
b) Überblick über bestehende Regelungen.............................................68
ba) Beherrschung................................................................................69
bb)Art der Einkünfte..........................................................................70
bc) Ausländischer Steuersatz.............................................................72
bd)Technik der Zurechnung..............................................................73
c) Hinzurechnungsbesteuerungin Deutschland.....................................75
ca) Funktionsweise und Zielsetzung..................................................76
cb) Anwendungsvoraussetzungen......................................................77
cc) Aktivitätskatalog..........................................................................81
cd) Rechtsfolgen.................................................................................85
d) Verhältnis zu Doppelbesteuerungsabkommen...................................89
da) Mögliche Kollision mit Doppelbesteuerungsabkommen.............89
db)Vorliegen eines treaty override....................................................93
dc) Zulässigkeit eines treaty override................................................97
2. Regeln gegen niedrige Eigenkapitalausstattung.......................................98
a) Anwendungsvoraussetzungen..........................................................100
b) Rechtsfolgen.....................................................................................101
c) Gesellschafter-Fremdfinanzierung in Deutschland..........................102
d) Unterkapitalisierungsregeln und Doppelbesteuerung.......................105
III. Tabellarische Übersicht und Zwischenfazit...................................................108
D. Ökonomische Analyse steuerlicher Missbrauchsverhinderungsnormen......111
I. Modellentwicklung........................................................................................111
1. Steuerwettbewerb....................................................................................111
a) Existenz des Steuerwettbewerbs.......................................................111
b) Wirkung des Steuerwettbewerbs......................................................113
ba) Das Tiebout-Modell...................................................................113
bb)Das neoklassische Standardmodell............................................114
bc) Fiskalische Externalitäten und Allokationseffizienz.................116