Table Of ContentMETHODENLEHRE DER
THERAPE UTISCH -KLINISC HEN
FORSCHUNG
VON
DR. PAUL MARTINI
O. O. PROFESSOR· D1REKTOR DER MED KLiN I K
DER UNIVERSITAT BONN
DR1TTE VERBESSERTE AUFLAGE
MIT 30 ABIlILDUNGEN
Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH
1953
ALLE EECHTE, INSBESONDERE DAS DER ÜBERSETZUNG
IN FREMDE SPKACHEN, VORBEHALTEN.
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1931, 1938 and 1953
Ursprünglich erschienen bei Springer-Verlag OHG Berlin.,• Göttingen • Heidelberg 1953
ISBN 978-3-662-30198-2 ISBN 978-3-662-30197-5 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-662-30197-5
MEINER LI EBEN FRAU
Vorwort zur dritten Auflage.
Die neue Form, in der die Methodenlehre sich in dieser Auflage dar
stellt, bedeutet keinen Wechsel der Grundsatze, aus denen sie 1932 her
vorgegangen war. Aber die Wege, auf denen sich diese Grundsatze ver
wirklichen lassen, haben sich zusammen mit unserer eigenen wachsenden
Erfahrung als immer vielfaltiger erwiesen. So konnte auf den Einbau der
Korrelationsreehnung nicht mehr verziehtet werden, und in der Ereignis
statistik wurden veraltete Methoden durch bessere ersetzt. Sogar der
Fortschritt der Therapie, besonders der Fortschritt ihres ehemothera
peutischen Anteils, erforderte Variationen der Methodik, indem sieh mit
dem Fortschritt der Therapie die Voraussetzungen des therapeutischen
VergIeiehs anderten.
Das Bueh erseheint starker mit Mathematik belastet als bisher. Das
ist weder Fortsehritt noch Riickschritt, sondem Anpassung an die Er
fordemisse. Es ware ebenso falsch, zu wunsehen, daB eine therapeutisch
klinische Methodenlehre so wenig Mathematik wie moglieh enthalten
solle, als zu fordern, sie solIe so weit wie moglich statistiseh unterbaut
selli. Die mathematisehe Statistik hat ihre Anwendungsbereiehe, in denen
sie unentbehrlieh ist, weil in ihnen auf keine andere Weise gleiehe Grade
der Wahrseheinliehkeit erreicht werden konnten. Sie hat ebenso ihre
Grenze dort, wo sie unseren arztlichen Fragestellungen nieht mehr ge
recht wird.
Das Ziel der Methodenlehre der therapeutisch-klinisehen Forsehung
ist, zu zeigen wie therapeutisch-kIiniseheProbleme geliist werden k6nnen
dort, wo es angebracht ist, auch mit Hilfe der Statistik. Sie will abel'
kein Lehrbueh der medizinischen Statistik sein, und deshalb fehlen ihr
alle mathematisehen Entwicklungen. Fur diese gibt es in zunehmender
Zahl Lehrbueher, die auch auf medizinisehe Fragestellungen Bezug
nehmen. Die Methodenlehre selbst aber will ein klinisches Bueh bleiben.
Ihr mathematiseher Teil wird manchem Arzt, der klinische Forsehung
treibt, als harte NuB erscheinen. Aber aueh, wenn er dar an gut tut, einen
Mathematiker urn Rat zu bitten, wird das Buch helfen, die Brueken VOlll
Arzt zum Mathematiker und umgekehrt zu schlagen - allerdings imme)"
erst dann, wenn der Arzt zuvor brauehbare klinische Grundlagen fur die
statistisehe Arbeit herbeigeschafft hat.
VI
Meine Assistenten sind ane, auch die, deren eil!ene Arbeiten in diesem
Buch nicht eigens angefiihrt sind, an der Weiterentwicklung der Metho·
denlehre beteiligt. Die tagliche Diskussion am Krankenbett hat am
meisten zur Klarung aueh meiner eigenen Gedankengange beigetragen;
Herr ODENTHAL hat dariiber hinaus im statistisehen Bereich vielfach mit
mir beraten. Dank schulde ich auch den Herren PESCHL.Bonn, PRIGGE·
Frankfurt, TmMM·Bonn und ganz besonders Herm VAN DEB WAERDEN·
Ziirich fur ihre wertvollen mundlichen und sehriftlichen Hinweise und
Aufklarungen.
Bonn, im April 1952. P. Martini.
Vorwort zur ersten Auflage.
Drei Jahre, in denen ich das Gluck hatte, die groBe medizinische Ab·
teilung des St .. Hedwig.Krankenhauses in Berlin zu leiten, waren erfiiHt
von dem Suchen nach befriedigenden Methoden therapeutischer Unter·
suchungen. Die vorliegenden Ergebnisse sind noch nichts Vollendetes.
leh veroffentliche sie trotzdem, denn die Anderung des bisherigen Zu·
standes scheillt mir keinen Aufschub zu ertragen.
Bonn, im April 1932. P. Martini.
Aus dem Vorwort zur zweiten Auflage.
WeI' eine besondere Methodenlehre del' therapeutisch.klinischen Por.
schung fur notig erklart, halt offenbar die einfaehe arztliche Erfahrung
fiir unzureichend. Man wendet ein: Gute Arzte haben in ihrem Leben
doch so viel erfahren, haben grundlich beobaehtet und haben ihre Mei·
nungen immer wieder kritisch korrigiert! Warum ist dann trotz aHel'
dieser wirklichen oder seheinbaren Garantien die therapeutische Quint.
essenz der arztlichen Erfahrungen in weiten Bereichen und in vielen
Einzelfragen ganz und gar widerspruchsvoH'1 Fur diese Dissonanz gibt
es nur die eine Erklarung, daB die gew6hnliehe, "naive" Erfahrung
sehlechthin und daB aueh die bisher gelaufigen Methoden del' klinischen
Forschung den besonderen Anspruchen therapeutisch.klinischer Pro.
bleme nicht genugen.
Bonn, im April 1945. P. Martini.
Inhaltsverzeichnis.
Seite
I. Die Problemstellung ........................................ .
II. Die klinisch-therapeutische Forschung und das Experiment. 6
III. Die wichtigsten Voraussetzungen der therapeutisch -klini-
schen Forschung............. ................................. 17
A. Der Vergleich und seine Mallstabe als Grundlage...... . . . . . . . . . . . 17
B. Die Mitursachen in der therapeutischen Forschung ...... . . . . . . . . . . 21
IV. Die therapeutische Forschung bei akuten Krankheiten 29
A. Die Beurteilung auf Grund des Krankheitsausganges . . . . . . . . . . . . . . . 3:~
1. Die relativen Haufigkeiten von Heilung oder Tod und ihre Differenz
als Grundlage der Beurteilung_ Ereignisstatistik ...... . . . . . . . . . 33
2. Die statistische Priifung der Differenzen alternativer relativer
Haufigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
3. Die Rolle der Homogenitiit im statistischen Vergleich . . . . . . . . . . . . 52
4. Die statistische Behandlung relativer Hiiufigkciten mit Hille von
N omogrammen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
5. Die Schatzung del' Zahl der voraussichtHch zu einem therapeuti-
schen Urteil notwendigen Kranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
B. Die Beurteilung therapeutischer Untersuchungen auf Grund von Merk-
malen einer Krankheit und von deren Mittelwerten. . .. . . . . . . . . . . . . 59
1. Die statistischen Mittelwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
2. Die mittlere Abweichung der arithmetischen Mittelwerte . . . . . . . . . 66
3. Del' Begriff der Dauer in der therapeutischen Untersuchung . . . . . . . 69
4. Die Berechnung der Mittelwerte del' Krankheitsdauer und ihrer
mittleren Fehler bei der vergleichenden therapeutischen Unter-
suchung .................................................. 71
5. Die Dauer einer Krankheit als Mallstab des Heilerfolges bei crheb-
Hcher Letalitiit ............................................ 75
6. Die Verwertung des Grades von Fieberhohe, Herz· und Atemfre-
quenz fUr das therapeutische Urteil. . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . 76
C. Die Prufung auf den Zusammenhang zwischen mehreren qualitativen
Merkmalsreihen (Ereignisreihen) .................. . . . . . . . . . . . . . 77
1. Quadratische KOITelationen ................................. 78
2. Nichtquadratische KOITelationen ............................. 82
D. Die Beurteilung therapeutischer Ergebnisse auf Grund des Verlaufs
von (akuten) Krankheiten ... . . . . . . . . . . . . . . . ... . ..... . . . . . . . . . . 84
1. Durchschnittskurven quantitativer Merkmale und ihre Streuungen 84
2. Del' therapeutische Vergleich von Verlaufsrichtungen mit Hilfe der
Regressionskoeffizienten und der Regressionsgeraden. . . . . . . . . . . . 89
E. Die Beurteilung therapeutischer Ergebnisse auf Grund der Kompli-
kationen einer Krankheit ... . . . . . . . . . . . . . . . . ........ . . . . . . . . . . . 95
F. Die quantitative Fragestellung bei therapeutischen Untersuchungen 99
G. Die synoptisehe Beurteilung therapeutiseher Ergebnisse ........... 100
VIII
Seite
H. Spezielle Methodologie therapeutisch.statistischer Untersuchungen
bei akuten Krankheiten ....................................... 101
l. Die Lungenentziindungen ................................... 101
2. Der Scharlach ............................................. 108
3. Die Diphtherie .. . • . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
4. Die thyphiisen Krankheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 123
5. Die Malaria ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 130
6. Die Hepatitiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 134
V. Die therapeutische Forschung bei chronis chen Krankheiten 137
A. Die allgemeinen Grundlagen und Vorbedingungen ................ 137
1. Die Perioden des Krankheitsverlaufs als Grundla.gen des thera· 138
peutischen Vergleicbs ....................................... 138
2. Die Vermeidung von Mitursachen . . ...... . . . . . . . . . . . . . . ....... 140
3. Die Giite der Kriterien .................. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140
4. Die subjektiven Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
5. Die Dauer der Beobachtungsperioden, der konstante und der konti· 144
nuierlich gerichtete Verlauf .................................. 144
6. Der zeitliche Ansatz der Kriterien.. .... .. . . . . . . . . . . . . . . ....... 145
7. Die Diskontinuitat der Verla.ufsrichtung und die Niveaudifferenz
alB Kennzeichen der therapeutischen Wirkung ................. 146
B. Das the~~utisch.e U:rteil aus dem Krankheitsverla.uf beim Vorliegen
zahlenmaBlger Kritenen ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
1. Die Erfolgsbeurteilung aus der Diskontinuitat von Verlaufs· 149
l'ichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • . . . . . . . . . . . . 149
2. Die Erfolgsbeurteilung aus der Differenz der Mittelwerte vel"
schiedener Perioden ...................... . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 165
3. Die quantitative therapeutische Untersuchung ................. 169
C. Die Erfolgsbeurteilung bei mehreren Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173
D. Die Gesamtbetrachtung einer Schar von individuell beobachteten
Fallen ...................................................... 175
E. Die therapeutische Untersuchung bei einem untrennbaren Komplex
von Heilfaktoren, im besonderen in Heilbadem . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 178
F. Spezielle Methodologie therapeutischer Untersuchungen bei chm·
niRchen Krankheiten •......................................... 183
1. Die Zuckerkrankheit ....................................... 183
2. Die Hochdruckkl'ankheit .................................... 198
3. Die Herzinsuffizienz ........................................ 206
4. Die Basedowsche Krankheit ........... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 220
5. Die Nierenerkrankungen .................................... 231
6. Das Magengeschwiir ........................................ 243
7. Die Lungentuberkulose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. ... 252
8. Del' Lungenabszess ......................................... 274
9. Asthma bronchiale ......................................... 278
10. Die Angina pectoris. .. . .. .............. . . . . .. . . . . . . ......... 283
11. Die multiple Sklerose .................... . . . . . . . . . . . . . .. .... 286
12. Die rheumatischen Krankheiten......... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 291
G. mer die Voraussetzung psycho.somatischer tberapeutischer Unter·
suchungen und iiber die besondere Stellung del' Kausalitat in der
klinischen Forschung ......................................... 299
Anhang: Formelsammlung und haufigste Zeichen.. . . . . . ... . .. . ......... 308
Li teraturverzeichnis . . . . . . . . . . . . .... . ...... . . . . . . . . . . . . . . .... .... 313
Sa ch verzei chnis ................................................. 317
I. Die Problemstellung.
Von verschiedener Art und verschiedenem Rang sind die Grundlagen
unserer Heilmittel. Klinische, pharmakologische, physiologische, patho
logisch-anatomische, bakteriologische und in der Tradition verankerte
Motive stehen hinter ihnen, ja allein schon die Schmerzstillung kann uns
als Motiv geniigen.
Die erste Stelle konnen die Mittel und Methoden beanspruchen, die
wir selbst als kausal bezeichnen. Das sind diejenigen, bei denen wir im
stande sind, aus einer direkten Einsicht in physiologisch-pathologische
Einheitszusammenhange heraus zu handeln und willkiirlich in einen sol
chen Zusammenhang so einzugreifen, daB der normale Zustand oder doch
eine so groBe Annaherung an ihn wieder erreicht wird, daB der klinische
Beweis hierliir unschwer zu fiihren ist. Solche Mittel sind hochstes und
letztes Ziel unserer therapeutischen Arbeit, sie stehen aber in der inneren
Medizin nur ausnahmsweise zur Verfiigung. Die Hormone und Vitamine
gehOren in dem nicht sehr weiten Bereich ihrer exakten Indikation hier
her, dazu einige antiinfektiose und antibiotische Pharmaka, aber wieder
nur in einem begrenzten Bereich. Eine ausgesprochen kausale Therapie
treibt in erheblichem Umfang die Chirurgie; ihre Ektomien zum Beispiel
tre££en teilweise das Dbel an der Wurzel.
Der weitaus groBere Teil unserer Heilmittel besitzt aber andere, und
zwar viel schwachere Unterlagen. Wir rechnen bei ihnen schon von yom
herein nicht damit, daB wir durch sie unmittelbar eine Annaherung an
die Norm herbeifiihren werden, sondern wir begniigen uns mit der Aus
sicht, oft genug schon mit der Hoffnung, die Bedingungen ffir eine solche
Annaherung, d. h. fiir die Heilung, zu bessem.
Die Ausgangsstellungen unseres therapeutischen Vorgehens liegen da
bei entweder in allgemeinen Erfakrungen iiber Faktoren und Konstella
tionen, die geeignet sind, die Entstehung von Krankheiten zu begiin
stigen bzw. zu verhindern, oder sie entstammen arztlichen Traditionen.
Besonders oft sind sie auf Deduktionen zuriickzufiihren, die den ver
schiedenen theoretischen Fachem der Medizin entstammen. Dieser letzte
Ausgang hat in den letzten hundert Jahren immer mehr an Bedeutung
gewonnen und fast alie groBen und gesicherten therapeutischen Ent
deckungen der letzten Jahrzehnte sind so zustande gekommen. Vor den
Martini, Methodenlehreo 30 Aufto 1
2 Die Problemstellung.
letzten Jahrzehnten aber waren die therapeutischen Entdeckungen,
denen del' Rang des GroBen und Gesicherten zukam, mehr als selten.
Sie waren dem Zufall - dazu diirfte die Entdecktmg del' Digitalis ge
horen - odeI' intuitiver Einsicht zu danken wie SEMMELWEIS' Erkenntnis
der Bedeutung und der Verhiitung des Puerperalfiebers. Abel' gerade ihre
Seltenheit bei solcher Genese ist ein Beweis, daB diesel' Weg zur thera
peutischen Erkenntnis kein vollkommener sein kann. DaB er dennoch
unentbehrlich bleibt, dafiir liefert wiederum die therapeutische Ge
schichte del' allerletzten Zeit den Beleg: die gesamte Wissenschaft der
aus PiIzen gewonnenen Antibiotica nahm letzten Endes aus einer einzigen
visuellen Beobachtung FLEMMINGS ihren Ausgang.
DaB wiederum die Triumphe dieser inzwischen ins Riesenhafte ge
wachsenen Wissenschaft ohne die weitere systematische wissenschaft
liche Entwicklung undenkbar waren, das ist ebenso offenbar. Diese syste
matische induktive Forschung bedeutet das Neue und den Fortschritt
gegeniiber frillier; sie beginnt in del' Pharmakologie erst mit EHRLICH
und in del' klinischen Medizin erst sehr viel spateI'. Induktion und Deduk
tion werden in der therapeutischen Forschung in Zukunft immer zu
sammen gehoren. Jede induktive therapeutische Forschung wird ein All
gemeines nicht nur zum Ziele, sondern auch zur Voraussetzung haben;
so induktiv die Forschung auch sci, kann sie dennoch nioht eines deduk
tiven Momentes entbehren. Die Frage ist nur, wie groB die Anspruche
sein diirfen, die an die dedulctiven Ausgangspunkte gestellt werden. Diese
Anspriiohe mussen bei therapeutischen Fragestellungen notwendiger
weise verhaltnismaBig niedrig sein. Die Generation VOl' uns konnte noch
hoffen, daB ein immer tieferes Eindringen in die physiologischen und
pathophysiologischen Zusammenhange uns auoh die therapeutischen Er
kenntnisse und Zusammenhange schIieBlich wie reife Friichte zutragen
miisse. Diesel' Traum ist ausgetraumt. Wir wissen heute nicht nur, daB
der Weg zu therapeutisohen Erkenntnissen ein unabsehbar langer ware,
wenn wir warten wollten, bis die physiologisohen und pathologisch
physiologisohen Erkenntnisse so groB geworden waren, sondern auch, daB
wir keine AUBBicht haben, auf diesen Wegen allein zu ausreiohenden klini
schen Antworten zu gelangen. Es muB deshalb versucht w.erden, sich dem
Ziel auoh von minder sioheren Ausgangspunkten, von Arbeitshypothesen
aus, zu nahern. Von del' Arbeitshypothese aber muB verlangt werden, daB
sie doch begriindet sei in wissenschaftlichen Tatsachen; falls dies nicht
moglich ist, sollte es klar geoffenbart werden. Die Arbeitshypothese hat
eine groBe Freiheit; das Wichtigste an ihr ist, daB sie als eine einer rigo
rosen PrUfung zu unterziehende Hypothese und nicht als zu beweisende
These die Untersuchung einleitet und begleitet.
J edes del' verschiedenen theoretischen Facher tragt einen Teil bei zu
den Deduktionen und so auch zu den induktiven Arbeiten del' therapeu-