Table Of ContentJan Helmig
Metaphern in geopolitischen Diskursen
Jan Helmig
Metaphern in
geopolitischen
Diskursen
Raumrepräsentationen in der
Debatte um die amerikanische
Raketenabwehr
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Zugl.Dissertation Universität Bielefeld,2007
1.Auflage 2008
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© VSVerlag für Sozialwissenschaften | GWVFachverlage GmbH,Wiesbaden 2008
Lektorat:Katrin Emmerich / Sabine Schöller
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von jedermann benutzt werden dürften.
Umschlaggestaltung:KünkelLopka Medienentwicklung,Heidelberg
Druck und buchbinderische Verarbeitung:Krips b.v.,Meppel
Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier
Printed in the Netherlands
ISBN 978-3-531-15831-0
Danksagung
Es ist unmöglich aufzuzählen, wer in welchem Umfang Einfluss auf dieses Buch genom-
men hat. Die indirekten Anteile sind ebenso wichtig wie die direkten. Die Dissertation
entstand im Rahmen eines Stipendiums im Graduiertenkolleg ‚Weltbegriffe und globale
Strukturmuster’ an der Fakultät für Soziologie der Universität Bielefeld. Für die finanzielle
Unterstützung bin ich der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zu Dank verpflichtet.
Die Diskussionen mit den Kollegiatinnen und Kollegiaten lieferten zahlreiche wertvolle
Hinweise. Auch im Rahmen des Forschungskolloquiums bei Prof. Dr. Mathias Albert wur-
den Teile der Arbeit diskutiert. Den Teilnehmern danke ich herzlichst für die offenen und
intensiven Diskussionen. Besonderer Dank gebührt in diesem Zusammenhang Stephan
Stetter, Oliver Kessler und Jochen Walter, die durch ihre kritischen Beiträge die Arbeit
bereichert haben.
Als Doktorvater war Prof. Dr. Mathias Albert immer ansprechbar, kritisch, geduldig
und er stand dem Entstehungsprozess der Arbeit fachkundig zur Seite. Über quälende Fahr-
radtouren hinwegzusehen, fällt daher leicht. Meinem Zweitgutachter Prof. Dr. Paul Reuber
danke ich herzlichst für wertvolle Hinweise und Verbesserungsvorschläge. Herzlicher Dank
gebührt außerdem Martin Koch, der die Arbeit immer kritisch und vor allem humorvoll
begleitet hat. Über die Jahre in Bielefeld ist er zu einem guten Freund geworden.
Ohne den Rückhalt und die Unterstützung von Vanessa Hammer wäre diese Veröf-
fentlichung nicht möglich gewesen. Ihre Hilfe war mir eine unermessliche Erleichterung.
Dies soll mich aber nicht von Fehlern, Mängeln und Inkonsistenzen freisprechen, für die
ich alleine die Verantwortung trage.
Abschließender und besonderer Dank gilt meinen Eltern, die mir nicht nur immer die
Freiheit gelassen haben, meine Ziele zu verfolgen, sondern mich in meinen Entscheidungen
jederzeit aktiv unterstützt haben. Das ist mehr als ich erwartet habe. Ihnen ist diese Arbeit
gewidmet.
Jan Helmig
Juni 2008
5
Inhaltsverzeichnis
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis................................................................................9
1 Einleitende Bemerkungen........................................................................................11
1.1 Einleitendes zu den Hintergründen des Fallbeispiels.............................................12
1.2 Stand der Forschung und Forschungslücken..........................................................16
1.3 Zum sozialkonstruktivistischen Gerüst und dem methodischen Vorgehen............21
1.4 Überblick über den Argumentationsgang..............................................................25
2 Grundlegende theoretische Prämissen....................................................................27
2.1 Sozialkonstruktivismus in der Politischen Geographie..........................................29
3 Diskurse.....................................................................................................................33
3.1 Zu den Hintergründen des Diskursverständnisses.................................................34
3.2 Grundannahmen des hier angewandten Diskursverständnisses.............................37
3.2.1 Begriffe und ihre Erinnerungsleistung in Diskursen....................................41
3.2.2 Kollektivsymbolik.........................................................................................44
3.3 Die methodische Umsetzung.................................................................................46
4 Geopolitik – Raum als grundlegendes Element der Politik..................................51
4.1.1 Historie der Geopolitik.................................................................................52
4.1.2 Entwicklungslinien der Politischen Geographie und Geopolitik..................55
4.1.3 Kritische Geopolitik und ihre Hintergründe................................................57
4.1.4 Arbeitsweise und Zielsetzung der Kritischen Geopolitik..............................59
4.1.5 Geopolitische Diskurse als zentrale Analysegegenstände............................61
4.1.6 Kritik der Kritischen Geopolitik...................................................................64
5 Metaphern.................................................................................................................71
5.1 Substitutionstheorie...............................................................................................73
5.2 Interaktionstheorie.................................................................................................74
5.3 Kognitive Linguistik..............................................................................................77
5.4 Der diskursive Metaphernbegriff...........................................................................78
5.5 Das Konzept der Objektiven Hermeneutik............................................................82
5.5.1 Die Anschlussfähigkeit an diskurstheoretische Überlegungen.....................85
5.5.2 Kritik der Objektiven Hermeneutik...............................................................85
5.5.3 Das Konzept der Wörtlichkeit und der Nutzen für die Analyse von
Metaphern.................................................................................................................. 87
5.6 Metaphernanalyse..................................................................................................89
5.7 Metaphern in geopolitischen Diskursen.................................................................92
5.8 Geopolitische Metaphernfelder..............................................................................97
7
6 Weltbilder, Feindbilder und Raumbilder.............................................................103
6.1 Weltbilder............................................................................................................106
6.1.1 Weltbilder und Frames...............................................................................111
6.2 Feindbilder...........................................................................................................116
6.3 Raumbilder...........................................................................................................118
6.3.1 Strategische Raumbilder 120
6.4 Kurzes Zwischenfazit...........................................................................................129
7 Die amerikanischen Raketenabwehrprogramme................................................133
7.1 Historische Vorläufer der Raketenabwehr……………………………..............135
7.1.1 Aktuelle Kernpunkte der technischen Diskussion.......................................139
7.1.2 Boost-Phase Defense..................................................................................140
7.1.3 Mid-Course Defense...................................................................................142
7.1.4 Terminal Defense.......................................................................................144
7.1.5 Internationale Kooperationsprojekte der USA...........................................146
7.2 Ausblick über zukünftige technische Diskursinhalte...........................................147
7.3 Überblick über die Debatte..................................................................................149
7.4 Zusammenfassung...............................................................................................152
8 Raum- und Feindbildkonstruktionen zur Interessendurchsetzung...................155
8.1 Politik im Raum – Implizite Raummetaphern im Diskurs der Raketenabwehr...157
8.1.1 Sedimentierte Raummetaphern...................................................................159
8.1.2 Besonderheiten sedimentierter Raummetaphern........................................161
8.2 Zusammenfassung...............................................................................................163
8.3 Politik im Raum – Explizite Raummetaphern im Diskurs der Raketenabwehr...164
8.4 Schurkenstaaten...................................................................................................164
8.4.1 Die Metapher der Schurkenstaaten und ihre diskursive Verknüpfung.......174
8.5 Die Formel der Achse des Bösen.........................................................................177
8.5.1 Die alltagsweltliche Dimension der Achsmetapher....................................178
8.5.2 Die historisch-politikwissenschaftliche Dimension der Achsmetapher......179
8.5.3 Der Begriff des Bösen.................................................................................182
8.5.4 Das Reich des Bösen..................................................................................183
8.5.5 Der Begriff des Bösen nach dem 11. September 2001................................184
8.5.6 Die Formel der Achse des Bösen und ihre diskursive Verknüpfung...........187
8.6 Zusammenfassung...............................................................................................195
8.7 Der Krieg gegen den Terrorismus........................................................................196
8.7.1 Die Formel des Kampfes gegen den Terror und seine diskursive
Verknüpfung...............................................................................................201
8.8 Zusammenfassung...............................................................................................202
9 Die drei Formeln und ihre diskursive Relevanz für die US-Raketenabwehr....205
9.1 Geopolitische Leit- und Raumbilder....................................................................206
9.2 Die Rolle von Metaphern in der internationalen Politik......................................214
9.2.1 Das Analysepotenzial metaphorischer Raumbilder für
sicherheitspolitische Ansätz....................................................................... 219
10 Abschließende Bemerkungen.................................................................................225
8
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Drei Phasen geopolitischen Denkens 59
Tabelle 2: Kritische Geopolitik im Spiegel klassischer Ansätze 68
Tabelle 3: Metaphorische und diskursive Inhalte der Achsmetapher 190
Tabelle 4: Die diskursiven Funktionen von Metaphern 215
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Geopolitische Metaphernfelder 100
Abbildung 2: Häufigkeitsverteilung SCI ‚Missile Defense’ 1997 – 2006 150
Abbildung 3: Häufigkeitsverteilung von Schurken-Metaphern in
Ausgewählten Printmedien, 1. Januar 1997 – 1. Januar 2007 168
Abbildung 4: Häufigkeitsverteilung von Metaphern in ausgwählten
Printmedien, 1. Januar 2001 – 1. Januar 2005 171
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1 Einleitende Bemerkungen
Im täglichen Leben sind zwei Dinge allgegenwärtig: Raum und Metaphern. Aber weder das
eine noch das andere ist in seiner Alltäglichkeit trivial oder gar unantastbar. Vielmehr müs-
sen auch scheinbar natürliche Konzepte kritisch hinterfragt werden. Raum ist demnach
nicht ausschließlich die Bühne, auf der sich menschliches Handeln abspielt. Wir leben nicht
nur im Raum, sondern zentral ist vielmehr auch, wie wir mit Raum leben. Und auch Meta-
phern ersetzen nicht nach einem mehr oder minder flexiblen Substitutionsprozess lediglich
ein Wort für ein anderes. Metaphorische Transferleistungen lassen sich nicht ohne Übertra-
gungsverluste auflösen, die dadurch gleichzeitig immer von semantischen Neubestimmun-
gen begleitet werden. Raum und Metaphern sind aber nicht nur jede für sich alltägliche
Phänomene, sondern treten häufig kombiniert auf. Räumliche Semantiken und Metaphern
sind alltäglich in der Beschreibung sozialer Zusammenhänge. Der sprachliche Rückgriff auf
vertraute Zusammenhänge hilft, komplexe Sachverhalte zu verstehen. In ihrer Kombination
sind Raummetaphern bei der Vermittlung politischer Sachverhalte wichtig. Sie ermöglichen
ein gewisses Maß an Vertrautheit und somit Anschlussfähigkeit und reduzieren Komplexi-
tät. In geopolitischen Diskursen wird auf räumliche Semantiken zurückgegriffen und da-
durch spezifische Inhalte transportiert und konstruiert. Die scheinbare Normalität von
Raum als auch Metaphern darf aber nicht zu ihrer Banalisierung führen. Verständigungs-
prozesse sind unvermeidlich von einer kommunikativen Unterschlagung begleitet. Meta-
phern erleichtern zwar Verständnis indem ein unbekannter Gegenstand in vertrautes Licht
gerückt wird, unweigerlich werden dabei jedoch andere Bereiche ausgeblendet. Diese all-
gemeine Einsicht gilt auch für speziellere Diskurse, wie z.B. der sprachlichen Vermittlung
der amerikanischen Raketenabwehr. Gerade in der Debatte um das US-
Verteidigungsprogramm kommen Metaphern in zweierlei Hinsicht zum Tragen. Zum einen
ist der Gegenstandsbereich selbst komplex, so dass Mechanismen der Komplexitätsredukti-
on wahrscheinlich sind. Metaphern sind hier insbesondere zu nennen. Zum anderen wird
das Verteidigungsprogramm kontrovers diskutiert, so dass es auch um überzeugendere
Positionen im Diskurs geht. Frances Fitzgerald zeichnet in ihrem Buch über die Präsident-
schaft Ronald Reagans z.B. die unterschiedlichen Sicherheitsvorstellungen nach, die wäh-
rend des Kalten Krieges die Debatte um wirksame Abschreckungsdoktrinen beherrschten.
„By the time Jimmy Carter took office in 1977, liberals and conservatives were producing
descriptions of the world that differed so fundamentally that historians of the future may
wonder whether they lived on the same planet“ (FitzGerald 2000: 80). Welche Sicht sich
letztendlich durchsetzt, ist nicht zuletzt sprachlicher Anschlussfähigkeit geschuldet. Unter
der Prämisse, dass Weltbilder nicht auf einer objektiv zugänglichen Realität bzw. Wahrheit
fußen, stellt sich die Frage nach der Durchsetzung konkurrierender Vorstellungen. Damit
geraten die Mittel der Durchsetzung, also das Wie in den Fokus der Analyse und der Wett-
streit an sich wird, ebenso wie unterschiedliche, sich abwechselnde Wahrheiten als selbst-
verständlich gefasst. Wie werden konkret Auffassungen um- und durchgesetzt? Wie gelingt
es, bestimmte Sichtweisen als richtig oder als falsch darzustellen? Metaphern spielen hier-
bei eine besondere Rolle und werden daher einer eingehenderen Untersuchung unterzogen.
Die Auseinandersetzung um die amerikanischen Raketenabwehrprogramme dient als Fall-
11
beispiel, um die konzeptionellen Auslegungen zu veranschaulichen. Selbstverständlich wird
neben dem Wie auch das Was mit thematisiert und nicht vollständig aus den Augen verlo-
ren. Damit werden zwei wesentliche Aspekte verfolgt. Zum einen die Einführung einer
theoretisch-methodologisch fundierten diskursiven Metaphernanalyse, insbesondere für die
Kritische Geopolitik. Zum anderen die Illustration dieser Herangehensweise an dem Fall-
beispiel der amerikanischen Raketenabwehrprogramme. Damit kann gezeigt werden, dass
die Durchsetzung von Bedeutung nur umfassend nachvollzogen werden kann, wenn sowohl
die Makroebene der Diskurse als auch die Mikroebene der Metaphern in die Untersuchung
mit einbezogen werden.
1.1 Einleitendes zu den Hintergründen des Fallbeispiels
Die Debatte über die Vor- und Nachteile einer Raketenabwehr kann auf eine lange Ge-
schichte zurückblicken. Als zum Ende des Zweiten Weltkrieges die ersten deutschen V2-
Raketen auf Ziele der Alliierten abgefeuert wurden, gab es gegen die Angriffe keinerlei
wirksame Verteidigungsmaßnahmen. Spätestens mit der Enthüllung deutscher Pläne, nach
dem Ende des Krieges Raketen mit interkontinentaler Reichweite zu entwickeln und diese
gegen Städte der amerikanischen Ostküste einzusetzen, rückte die Diskussion um das Für
und Wider von Abwehrmaßnahmen ins Zentrum sicherheitspolitischer Auseinandersetzun-
gen. Die gegenseitige Verwundbarkeit durch die nicht vorhandene Möglichkeit, einen An-
griff mit ballistischen Raketen abzuwehren, wurde als zentraler Bestandteil des Macht-
gleichgewichts zwischen den Supermächten des Kalten Krieges und als wesentlicher Ga-
rant für Frieden verstanden. Präventivschläge schieden im Kalkül der Mächtigen aufgrund
der Mutual Assured Destruction (MAD) von vornherein aus; der ABM-Vertrag bildete die
rechtliche Grundlage zur Sicherung dieses Konzeptes. Mit dem Ende des Ost-West Anta-
gonismus schien die Bedrohungswahrnehmung geringer geworden und die Notwendigkeit
eines Raketenabwehrprogramms verschwunden zu sein. Hoffnungen in diese Richtungen,
die bis zu einem proklamierten Ende der Geschichte (Fukuyama 1992) reichten, zerstreuten
sich jedoch schnell. Neue Bedrohungen wurden identifiziert und als Rechtfertigung zur
Weiterführung des Programms herangezogen. Die Proliferation von Massenvernichtungs-
waffen, neue und unberechenbare ‚Rogue States’, später in abgeschwächter Form als ‚Sta-
tes of Concern’ beschrieben, und von Präsident George W. Bush während seiner Amtszeit
plakativ in einer ‚Achse des Bösen’ verortet, waren und sind die neu wahrgenommenen
Unwägbarkeiten, gegen die es sich mittels eines umfassenden Sicherheitsschirms zu erweh-
ren gilt.1 Die Beschreibung strategischer Rivalitäten, zum Beispiel hinsichtlich der aufstre-
benden Regionalmacht China, werden zwar nicht offiziell zur Legitimation des Programms
herangezogen, implizit jedoch immer wieder von Kritikern wie auch Befürwortern zusätz-
lich angeführt.
Die Debatte um ein nationales Raketenabwehrprogramm hält in den USA seit dem
Ende des Zweiten Weltkrieges und der Enthüllung deutscher Angriffspläne mit Interkonti-
nentalraketen seit nunmehr fast 60 Jahren an und wird, wie Graham darlegt, mitunter dog-
matisch geführt.
1 Legitimiert wird das Raketenabwehrprogramm mit einem Bedrohungskanon: versehentliche, unautorisierte und
terroristische Raketenabschüsse von Einzelpersonen bzw. Gruppen sowie mutwillige Angriffe durch Staaten.
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„The issue has taken on a transcendent, symbolic significance. It has become a proxy between
the political left and right, a kind of litmus test for how best to keep America militarily strong
and secure – whether, in broad terms, the defense of the nation is better served by arms advances
or arms control, by military buildups or diplomatic building blocks, by unilateral initiatives or
compromise accords. Framed in this way, the argument has aroused a fervour akin to clashes
over theology. There is an almost religious ferocity to the intense partisan political wrangling,
and religious terms are often invoked. Proponents talk of the morality of erecting a national de-
fense. Opponents speak of the sanctity of the ABM Treaty” (Graham 2001: xxxi).
Technische Hindernisse dienten beispielsweise Präsident Clinton als überzeugende Argu-
mentationslinie, der Stationierung eines nationalen Raketenabwehrschirms (National Missi-
le Defense, NMD) skeptisch gegenüber zu stehen. „While President Clinton was not par-
ticularly enthusiastic about NMD, he nevertheless placated a hawkish Congress by pursuing
research on ground-based ‘midcourse systems’” (UNIDR 2002: 4).2 Erfolgsmeldungen über
technologische Durchbrüche haben in jüngster Zeit die Stationierung von Abwehrmaßnah-
men in greifbare Nähe gerückt. Mit der zweiten Bush-Administration wurden die For-
schungsprogramme wieder näher an eine tatsächliche und umfassende Implementierung
geführt. Die Diskussion um Sinn und Zweck, Schaden und Nutzen des Programms, wird
gleichwohl weiterhin mit unverminderter Schärfe und Engagement geführt. „No other pro-
posed weapon system has fuelled such sustained debate – not any jet fighter, combat ship,
or armoured vehicle“ (Graham 2001: xxvi). Allerdings ist angesichts des Bedrohungsemp-
findens durch die nuklearen Ambitionen von z.B. Nordkorea und des Iran, jeweils verbun-
den mit mindestens ebenso ambitionierten Raketenprogrammen, die Zustimmung zur Rake-
tenabwehr in den USA deutlich gestiegen. In Europa wird dagegen, auch angesichts von
Stationierungsentscheidungen in Polen oder Tschechien, das Projekt kontroverser diskutiert
und mit größerer Skepsis betrachtet.
Die Auseinandersetzung um die amerikanische Raketenabwehr konzentriert sich vor-
nehmlich auf zwei jeweils gegenteilige Argumentationszusammenhänge, deren Schwer-
punkte sich nach dem 11. September 2001 jedoch leicht verschoben haben.3 Zum einen
geht es um die technische Machbarkeit des Projektes, wobei die Positionen auch hier
durchaus von den politischen Einstellungen der Akteure abhängen und in der Praxis von
einem technologischen Wunschdenken auf der einen Seite bis hin zur fundierten Diskussi-
on technischer Aspekte im Hinblick auf eine effektive Stationierung des Abwehrsystems
auf der anderen Seite reichen. Während bei zustimmenden Positionen der Glaube an den
technologischen Fortschritt höchstens vom einem restriktiven Einsatz finanzieller Ressour-
cen und einem zu eng gesteckten zeitlichen Rahmen behindert werden könnte, sieht die
Gegenseite gerade die technologischen Ansprüche als nicht realisierbar, selbst wenn im-
mense finanzielle Mittel aufgewendet würden.4 Zum anderen geht es um die politischen
2 Zwar war Clinton kein absoluter Gegner einer Raketenabwehr, jedoch nahm diese auch nicht eine vergleichbare
Stellung auf der politischen Agenda ein, wie es unter seinem Nachfolger George W. Bush der Fall war. Clintons
Politik zielte eher auf eine Besänftigung des republikanischen Kongresses ab, als auf eine tatsächliche Entschei-
dung für oder wider eine Raketenabwehr.
3 Die Trennung in zwei konträre Positionen bezieht sich vornehmlich auf die Implementierung einer strategischen
Raketenabwehr. Schauplatz bezogene Abwehrmaßnahmen sind weniger umstritten und werden in ihrem Sinn auch
nicht gänzlich angezweifelt (entgegen ihrer technischen Realisierbarkeit).
4 Vgl. dazu bereits die von B.W. Kubbig beschriebene kontroverse Diskussion der technischen Machbarkeit von
Energiewaffen im Rahmen einer Studie der American Physical Society aus dem Jahre 1987: „Spätestens an diesen
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