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Nordrhein-WestfälischeAkademie der Wissenschaften
Natur-, Ingenieur-und Wirtschaftswissenschaften Vorträge · N 401
Herausgegeben von der
Nordrhein-WestfälischenAkademie der Wissenschaften
GERHARD HElMANN
Medikamentöse Therapie im Kindesalter
EGON MACHER
Die Haut als immunologisch aktives Organ
Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
374. Sitzung am 6. März 1991 in Düsseldorf
Die Deutsche Bibliothek -CIP-Einheitsaufnahme
Heimann, Gerhard:
Medikamentöse Therapie im Kindesalter I Gerhard Heimann. Die Haut als
immunologisch aktives Organ I Egon Macher.
[374. Sitzung am 6. März 1991 in Düsseldorf].-Opladen: Westdt. Ver!., 1993
(Vorträge I Nordrhein-WestfälischeAkademie der Wissenschaften:
Natur-, Ingenieur-und Wirtschaftswissenschaften; N 401)
NE: Macher, Egon: Die Haut als immunolngisch aktives Organ;
Nordrhein-WestfälischeAkademie der Wissenschaften (Düsseldorf):
Vorträge I Natur-, Ingenieur-und Wirtschaftswissenschaften
© SpringerFachmedien Wiesbaden 1993
Ursprünglich erschienen bei Westdeutscher Verlag GmbH Opladen 1993
Herstellung: Westdeutscher Verlag
ISSN 0944-8799
ISBN 978-3-663-00056-3 ISBN 978-3-663-00206-2 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-00206-2
Inhalt
Gerhard Heimann, Aachen
Medikamentöse Therapie im Kindesalter
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Entwicklungspharmakologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Absorption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Verteilung........................................... . . . . . . . . . . . 10
Metabolisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
Renale Ausscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
Pharmakodynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
Zukunftsperspektiven.............................................. 13
Ethische Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Diskussionsbeiträge
Professor Dr. med. Sven E./Jert; Professor Dr. med. Gerhard Heimann;
Professor Dr. sc. techn., Dr. h. c. mult. Alfred Fettweis; Professor Dr. med.
Hans Schadewaldt; Professor Dr. phil. Lotbar Jaenicke; Professor Dr. rer. nat.
Eckart Kneller; Professor Dr. rer. nat. RudolfSchulten; Professor Dr. med.
Carl Schmidt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
Egon Macher, Münster
Die Haut als immunologisch aktives Organ
1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
2. Struktur der Haut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
2.1 Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
3. Langerhanszellen: Lokal angesiedelte antigenpräsentierende Zellen . . . . . 28
3.1 Vorkommen, Kennzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
3.2 Immunfunktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
3.3 Metamorphose von Langerhanszellen zu Dendritischen Zellen . . . . . 29
3.4 Sensibilisierungsstudien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
3.5 Vermutlicher Ort der Antigenpräsentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
6 Inhalt
4. Epidermotrope Lymphozyten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
4.1 "Normale" unstimulierte T-Lymphozyten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
4.2 T-Lymphoblasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
4.3 Maligne T-Lymphozyten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
4.4 Thy-1+-DEC (Dendritische Epidermalzellen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
5. Epidermale Zytokine................................ . . . . . . . . . . . . 42
5.1 ETAF (Epidermal cell derived Thymocyte Activating Factor) =
Interleukin-1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
5.2 Interleukin-6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
5.3 Tumor-Nekrosis-Faktor-a. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
5.4 Interleukin-8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
5.5 Kolonie-stimulierende-Faktoren (CSF) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
5.5.1 Interleukin-3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
5.5.2 GM-CSF (Granulozyten-Makrophagen-Koloniestimulierender-
Faktor)............................................ . . . . . . . 46
5.6 Inhibitorische Zytokine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
5.6.1 EC-contra-IL-1 (Epidermal Cell-contra-Interleukin-1) . . . . . . . . . . . 47
5.6.2 Wachstumsfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
6. Modellstudien zur Immunfunktion der Haut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
6.1 Kontaktüberempfindlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
7. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
Diskussionsbeiträge
Professor Dr. med. Werner Heinrich Hauss; Professor Dr. med. Egon Macher;
Professor Dr. sc. techn., Dr. h. c. mult. Alfred Fettweis; Professor Dr. rer. nat.
Werner Schreyer; Professor Dr. phil. Lothar jaenicke; Professor Dr. rer. nat.
Eckart Kneller. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
Medikamentöse Therapie im Kindesalter
von Gerhard Heimann, Aachen
Einführung
Die Kinderheilkunde konnte um die Jahrhundertwende ihr Streben nach not
wendiger Selbständigkeit mit den ungelösten Problemen der Säuglingssterblich
keit, der Infektionskrankheiten und Ernährungsstörungen zwingend begründen.
Die Arzneimitteltherapie lieferte zunächst keine Argumentationshilfen, denn der
Kinderarzt verfügte über tradierte Erfahrungen im Umgang mit sogenannten
"Arzneimitteln". Ihm standen aber nur fünf chemisch definierte Pharmaka zur
Verfügung(Digitalis, Morphin, Chloralhydrat, Phenacetin, Acetylsalicylsäure). In
den folgenden Jahrzehnten kam es in immer schnellerer Folge zu Neuentwicklun
gen, die einen grundlegenden Wandel ärztlicher Tätigkeit im Sinne einer wissen
schaftlich begründbaren kausalen Therapie ermöglichten. Die dabei erzielten
Erfolge waren nachweislich größer als die der gesamten Medizingeschichte zuvor.
Aber wie jeder Fortschritt, so hatte auch dieser seinen Preis. Zunächst vollzog
sich diese Entwicklung nicht stetig nach kalkulierbaren Gesetzmäßigkeiten, son
dern ähnlich wie die Evolution in kleinen Schritten, verbunden mit größeren
Rückschlägen. Dies haben die sogenannten Therapieunglücke zwischen 1950 und
1965 offengelegt. Mehrere hundert Neugeborene, davon allein 107 in den Vereinig
ten Staaten, verstarben am sogenannten Kernikterus. Er wurde durch Sulfonamide
verursacht, die Bilirubin aus der Albuminbindung verdrängen. Die Zahl der Todes
fälle durch eine zu hohe Dosierung von Chloramphenicol in der Neugeborenen
periode war vergleichbar groß. Weltweit wurden etwa 6500 Kinder von der
Thalidomid-Katastrophe betroffen. Diejenigen, die das Säuglingsalter überlebten,
etwa 2700, behielten bleibende Stigmata.
Zurück blieb die Erkenntnis, daß das Risiko und die Sicherheit eines Arzneimit
tels erst dann abgeschätzt werden können, wenn bereits Einsichten in die kom
plexen Wechselwirkungen zwischen Pharmakon und Organismus vorliegen. Rein
empirisch, ohne wissenschaftliches Experiment, sind diese jedoch nicht zu gewin
nen. Risiken, die man nicht kennt oder zumindest kalkuliert hat, können auch
nicht empirisch untersucht werden. Ein Therapieversuch aber, der kein Heilein
griff, sondern ein Humanexperiment ist, stünde im unauflösbaren Widerspruch
zur ärztlichen Ethik.
8 Gerhard Heimarm
Die Therapieunglücke haben dieses Dilemma der Arzneimittelforschung offen
gelegt, äußerste Zurückhaltung bei der Anwendung neuer Pharmaka beim Kind
war die Folge. Dadurch wurde die Kluft zwischen der Anzahl neuer Substanzen
und dem notwendigen Informationsstand immer größer. Die Therapieunglücke
haben auch gezeigt, daß Fortschritte in der Arzneimitteltherapie bei noch so sorg
fältigem wissenschaftlichen Vorgehen immer mit einem Risiko verbunden sein
werden, da ein gewisses Maß an Unsicherheit zu jedem lebendigen System gehört.
Daß dieses Risiko heute auf ein mögli~::hst geringes Maß beschränkt bleibt, ist den
wissenschaftlichen Bemühungen zu verdanken, die die Wechselwirkungen zwi
schen Organismus und Pharmakon quantitativ zu erlassen versuchten.
Die zentrale Frage, welche Menge des verabreichten Mittels wie lange am Ort
der Wirkung bleiben, war nur dadurch zu beantworten, daß Konzentrationsver
läufe im Organismus verlolgt und mit Hilfe mathematischer Gesetzmäßigkeiten
interpretiert wurden.
Der Kinderarzt und ehemalige Ordinarius für Kinderheilkunde in Giessen,
F. H. DosT, hat die wissenschaftlichen Grundlagen für diese Betrachtungsweise
systematisch zusammengefaßt. Er schuf damit ein neues Fachgebiet innerhalb der
Arzneimittellehre, das der Pharmakokinetik. Dieses wurde zum unverzichtbaren
Bestandteil der klinischen Pharmakologie [1].
Die Pharmakakinetik ermöglicht nicht nur, die Beziehung zwischen Dosis,
Konzentration und Wirkung zu definieren, sie erlaubt auch, alle Regelsysteme
quantitativ zu erlassen, die Konzentrations-Zeitprofile von Pharmaka im Organis
mus beeinflussen können. Diese Regelsysteme betreffen die Aufnahme von Phar
maka über die Haut und über den Magen-Darm-Trakt, ihre Verteilung im Organis
mus, die Metabolisierung in der Leber sowie die Ausscheidungsmechanismen der
Niere (Abb. 1). Eigenschaften und Leistungen dieser Systeme sind beim gesunden
Erwachsenen weitgehend konstant und verändern sich erst im höheren Lebens
alter. Beim Kind jedoch unterliegen sie physiologischerweise Anpassungsmecha
nismen, die nach der Geburt am ausgeprägtesten sind.
Abb. 1: Altersabhängige Faktoren, die die Pharm,akonzentration im Serum beeinflussen
Absorption Distribution
" /
-··
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Metabolisierung Ausscheidung
Medikamentöse Therapie im Kindesalter 9
Entwicklungspharmakologie
Die Erkenntnisse der sogenannten "Entwicklungspharmakologie" haben
belegt, daß neben den genetischen Besonderheiten des Arzneimittelstoffwechsels,
den pathophysiologischen Zuständen und Arzneimittelwechselwirkungen, das
Lebensalter ein klinisch relevanter variabler Faktor ist [2, 3].
Diese Erkenntnisse der Entwicklungspharmakologie haben nachweislich die
Therapiesicherheit beim Kind erhöht und lassen sich wie folgt zusammen
fassen:
Absorption
Für die Absorption von Pharmaka über die Haut sind neben der galenischen
Zubereitung die Resorptionseigenschaften der Haut entscheidend. Je jünger ein
Kind ist, um so relativ größer ist die Hautoberfläche, gemessen am Anteil der Kör
permasse. Da beim Neugeborenen der Wassergehalt der Haut deutlich höher als
beim älteren Kind und Erwachsenen, das Stratum corneum wesentlich dünner und
der Kollagengehalt geringer sind, können einige Pharmaka, wie z.B. Steroide, aber
auch potentiell toxisch wirksame Substanzen vermehrt absorbiert werden.
Die Freigabe einer Wirksubstanz nach intramuskulärer Injektion wird entschei
dend von der regionalen Durchblutung bestimmt. Beim Neugeborenen sind die
Muskelmasse und das subkutane Fettgewebe geringer ausgeprägt als im späteren
Lebensalter. Je nach galenischer Zubereitung und Größe des Injektionsvolumens
ist dieser Verabreichungsmodus mit Unsicherheiten behaftet, da weder das Aus
maß noch die Geschwindigkeit der Absorption des Pharmakons vorhersehbar
sind.
Die orale Verabceichung gilt zwar als bevorzugte Applikationsart im Kindes
alter, für die Neugeborenenperiode kann diese aber nur mit erheblicher Einschrän
kung empfohlen werden. Funktionelle Besonderheiten und Anpassungsmechanis
men des Magen-Darm-Trakts führen dazu, daß Pharmaka unvollständig oder gar
verzögert absorbiert werden. Dies kann zu einer nicht kalkulierbaren Einschrän
kung der Bioverfügbarkeit führen.
Die rektale Verabceichung unterliegt keinen altersspezifischen Anpassungsvor
gängen. Sofern geeignete galenische Zubereitungen zur Verfügung stehen, können
nach rektaler Verabceichung ausreichende Wirkspiegel erreicht werden. Zur Lang
zeitbehandlungist dieser Verabreichungsmodus aber nicht geeignet, da das Aus
maß der Bioverfügbarkeit weniger von der Galenik, als von der Stuhlfrequenz des
Kindes abhängig ist.