Table Of ContentH. D. Motz/D. GroB . Mechanik-Aufgaben 3
Mechanik-Aufgaben 3
Kinematik und Kinetik
Prof. Dr. rer. sec. Dipl.-Ing. Heinz Dieter Motz
Prof. Dipl.-Ing. Dieter GroB
VDI VERLAG
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Mechanik-Aufgaben. - Dusseldorf: VDI-Verl.
3. Kinematik und Kinetik / Heinz Dieter Motz ; Dieter Gross
- Neuausg., 1. Aufl. - 1992
NE: Motz, Heinz Dieter
Professor Dr. rer. sec. Dipl.-Ing. Heinz Dieter Motz
Professor Dipl.-Ing. Dieter Groft
Bergische Universitat - Gesamthochschule Wuppertal
Fachbereich Maschinentechnik
© VDI-Verlag GmbH, Dusseldorf 1992
Aile Rechte, auch das des auszugsweisen Nachdruckes, der auszugsweisen oder vollstandigen photomecha
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jeder Art) und das der Ubersetzung, vorbehalten.
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v
Vorwort
Warum hatten die Sohne Johann Sebastian Bachs den unstrittigen Ruf, die groBten Pianisten
und Organisten ihrer Zeit zu sein? Begabung hin, Begabung her, - ein Geheimnis ihres Erfolges
war die Lehrmethode ihres Vaters, der es mit dem Grundsatz hielt: Besser dreimal richtig und
gut vorgespielt als dutzendemal falsch geiibt. Wenngleich es hier nicht urn Etiiden, Fingersiitze
und Interpretationen geht, so kommt das Konzept der vorliegenden Aufgabensammlung dem
Unterrichtsstil Bachs im Wesen nahe: Mit einigen Fragen, deren Antworten gegeben werden,
wird auf die Problematik des jeweils folgenden Abschnitts aufmerksam gemacht, das Bekannte
und Wesentliche wird rekapituliert. Anhand von Aufgaben mit ausfUhrlichen Losungen kann
der Leser die Gedankengiinge bei der Losung konkreter Aufgabenstellungen nachvollziehen.
So wird es ihm gelingen, die folgenden Aufgaben selbstiindig zu losen.
Auch J. S. Bachs Sohne werden sich bei ersten Versuchen verspielt haben. Es sollte daher nicht
entmutigen, wenn erste Ubungen miihevoll sind. Die groBe Anzah! von Aufgaben eines jeden
Abschnitts mag Garant dafUr sein, daB sich nach Durcharbeit jeder der fUr sich typischen und
originiiren Aufgaben dieser Sammlung von Kinematik- und Kinetikproblemen Routine und
Gewandtheit im Umgang mit dynamischen Fragestellungen einstellen werden, die das Ziel allen
Ubens sind.
Bach diirfte seinen Kindern nicht gleich zu Beginn ihrer Studien die Englischen oder die
Franzosischen Suiten vorgelegt haben, denn man kennt die kleinen Ubungen im Notenbiichlein
der Anna-Magdalena Bach. Selbst in der kleinsten Struktur sind die Elemente, ist das We sent
liche sichtbar - vielleicht gerade dort. Darum riimpfe niemand die Nase, wenn in dies em Buch
auch einfache Grundaufgaben angesprochen werden. Diese griindlich zu bearbeiten und zu
verstehen ist der Schliissel zur weiteren Vervollkommnung.
Mit dem Erscheinen des nun vorliegenden dritten Bandes der "Mechanik-Aufgaben" liegen
drei aktualisierte umfangreiche Aufgaben-Sammlungen zu den Teilgebieten Statik, Elastizitiits
und Festigkeitslehre und Kinematik/Kinetik vor. Das Lehrbuch "Ingenieur-Mechanik" von
Prof. Dr. Motz, das 1991 im VDI-Verlag erschienen ist, bereitet den Stoff der Technischen
Mechanik als Lernbuch auf. Lehrbuch und Aufgabensammlungen sind aufeinander abge
stimmt und erganzen sich. Aber nicht nur das Lehrbuch allein vermittelt dem Studenten und
dem jungen Ingenieur eine sorgfiiltige EinfUhrung in die Grundlagen und Anwendungen der
Technischen Mechanik im Ingenieurbereich; auch die Aufgabensammlungen bereiten noch
einmal in der gebotenen Kiirze wiederholend die Grundlagen auf, urn so zu eigenstiindigen
Ubungen anzuleiten. Somit sind die vier Biicher zwar eine Einheit, dennoch ist jeder Band in
sich geschlossen.
Die Technische Mechanik hat in allen Technik-Studiengiingen einen festen Platz und bean
sprucht auch im Curriculum eine groBe Anzahl von Semesterwochenstunden. Den sich daraus
ergebenden Forderungen an die Vollstiindigkeit und auch an die Quantitiit des Ubungsmate
rials versuchen die vier Mechanik-Biinde des VDI-Verlags gerecht zu werden. Die Stoffauswahl
erfolgte darum sowohl im Hinblick auf die Anforderungen in lngenieur-Studiengiingen als
auch mit dem Wunsch nach groBtmoglichem Praxisbezug.
Dem VDI-Verlag danken wir fUr seine uneingeschriinkte Unterstiitzung. Insbesondere danken
die Autoren Herrn Dipl.-Ing. Helmut Kurt yom Lektorat, der mit seiner Mitarbeiterin abwick
lungsmiiBig die vier Mechanik-Lehrbiicher betreute. Unser besonderer Dank gilt auch Herrn
Dipl.-Ing. Albert Cronrath; er hat mit groBer Sorgfalt Korrektur gelesen und Aufgaben
nachgerechnet.
Wuppertal, August 1992 Prof. Dr. rer. sec. Dipl.-Ing. Heinz Dieter Motz
Prof. Dipl.-Ing. Dieter Groft
VII
Inhalt
Kinematik des Punktes 3
1 Skalare Kinematik - geradlinige und gefiihrte Bewegung . 3
2 Vektorkinematik - allgemeine Bewegung 25
Kinetik des Massenpunktes 34
3 Dynamisches Grundgesetz der Translation und Prinzip von D' Alembert 34
4 Arbeit, Energie, Leistung ............. 53
5 Freie, ungediimpfte Schwingungen des Massenpunktes . 68
Kinetik des Korpers bei Drehung urn feste Achse . . . . . 81
6 Massentriigheitsmomente beziiglich Hauptachsen und dazu paralleler Achsen . 81
7 Dynamisches Grundgesetz der Rotation 95
8 Arbeit, Energie, Leistung 107
9 Drehimpuls (Drall) . . . . . . . . 123
Kinetik der allgemeinen, ebenen Bewegung 136
10 Dynamisches Grundgesetz der ebenen Bewegung 136
11 Freie, ungediimpfte Schwingungen einer Masse . 152
12 Freie und erregte Schwingungen einer Masse mit geschwindigkeitsproportionaler
Diimpfung . . . . . . . . 168
13 Kinetik der Relativbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 187
1
Verwendete Symbole
Benennung Formel- Einheiten
zeiehen (Beispiele)
s, s
Ableitung naeh der Zeit Beispiel:
Hauptaehsen (HA) . 1,2,3
(aueh als Index)
Besehleunigung a m/s2
FUiche A mm2, em2
Winkelbesehleunigung (I. 1/s2
Riehtungswinkel . (I.,{3,y Grad
Coriolisbesehleunigung a
cor
N ormalbesehleunigung, Zentripetal-
besehleunigung an m/s2
Tangentialbesehleunigung . at m/s2
Integrationskonstante C
F ederkonstante C N/m, N/mm
Drehfederkonstante cd,ccp'c Nm/grd
Differenz A
Abklingkonstante b l/s
differentiell kleine GroBe d (als Vorsatz)
Durehmesser D, d mm
Weg As m
Energie, kinetisehe E kgm2/s2, Nm
Elastizitiitsmodul E N/mm2
Biegesteifigkeit EI, EI. Nmm2
Rotationsenergie (kinetisehe) Rrot' RRot kgm2/s2, Nm
Translationsenergie (kinetisehe) Etr•n" E o. kg m2/s2, Nm
T
Kraft . F N,kN
Federweg f mm,m
Frequenz f Hz, l/s
Hebelarm des Rollwiderstandes f mm,em
Fiihrungs-(Besehl., Gesehw.) F (als Index)
Federkraft Fe N
Gewiehtskraft FG,G N,kN
Normalkraft FN,N N
Reibkraft FR,R N
Resultierende (Kraft) . FRe, N
Seilkraft Fs,S N
Fliehkraft, Zentrifugalkraft Fz,FF N
Erdbesehleunigung . 9 m/s2
Sehwungmoment GD2 Nm2
Wirkungsgrad . 11
Hohe. H,h m
Fliiehenmoment 2. Ordnung
(Fliiehentriigheitsmoment) I mm4,em4
Triigheitsradius mm,m
axiales Fliiehenmoment 2. Ordnung I., Iy, I mm4,em4
z
2
Benennung Formel Einheiten
zeichen (Beispiele)
polares FIachenmoment 2. Ordnung Ip mm4,cm4
Winkel (als Ort) . . . . qJ BogenmaB, Grad
Massentragheitsmoment J kgm2
Dampfungsgrad . . . 8
Dampfungskonstante . k N s/m, kg/s
Drehimpuls, Drall L kg m2/s
Lange L, I m
Masse .... . m kg
Moment ... . M Nm,kNm
Kupplungsmoment, Kreiselmoment Mk Nm,kNm
GroBtwert, Maximum max (als Index)
Kleinstwert, Minimum . . . . . . min (als Index)
reduzierte Masse. . . . . . . . . kg
mred
Reibzahl, Gleitreibzahl, ReibkoeffIzient J1.
Haftreibzahl. . . . J1.o
F ahrwiderstandszahl J1.F
Rollwiderstandszahl J1.r
Zapfenreibzahl J1.z
Anzahl ganzer Umdrehungen N
Drehzahl .... n l/min, min-1
normal, senkrecht n (als Index)
Momentanpol p
Leistung ... . p Nm/s,kW
Impuls .... . p kgm/s
Kriimmungsradius (l mm,m
Radius ..... r,R mm,m
Ortsvektor . . . r
Relativ-(Beschl., Geschw.) reI (als Index)
Ort ..... s mm,m,km
Schwerpunkt ..... . S
Zeit ......... . t s, min
Schwingungszeit, Umlaufz eit T s
tangential . . . . . . . t (als Index)
Koordinaten, natiirliche t, n
potentielle Energie U Nm
Federenergie Ur Nm
Lageenergie . . . U Nm
h
Geschwindigkeit . V mis, km/h
Arbeit ..... W N m, J (Joule)
Winkelgeschwindigkeit w lis
n
Erregerkreisfrequenz . lis
Kreisfrequenz, Eigenkreisfrequenz lis
Eigenkreisfrequenz der gedampften
Schwingung . . . . . lis
Koordinaten, kartesische
Summe ............ .
3
Kinematik des Punktes
1 Skalare Kinematik - geradlinige uod gefiibrte Beweguog
101 Was ist Kinematik und wodurch unterscheidet sie sich von der Kinetik?
Antwort:
Kinematik ist die Lehre von der Bewegung. Sie beschreibt die Zusammenhiinge zwi
schen den BewegungsgroBen Zeit, Ort, Geschwindigkeit und Beschleunigung.
In der Kinematik kann z. B. eine Funktion fur die Abhiingigkeit der Geschwindigkeit
von der Zeit aufgestellt werden, oder es wird der gesetzmiiBige Zusammenhang zwi
schen Geschwindigkeit und Beschleunigung ermittelt.
Kinematik liiBt sich nach den Gegenstiinden unterteilen, mit denen sie sich befaBt:
Punkt, Scheibe (ebenes Gebilde), Korper und Systeme, gebildet aus diesen Elementen.
Eine weitere U nterscheidung erfolgt nach der Art der Bewegung: Translation (Verschie
be-Beweguog, dazu gehort die geradlinige Bewegung), Rotation (Drehbewegung, dann
heiBen BeweguogsgroBen Winkel, Winkelgeschwindigkeit, Winkelbeschleunigung) und
allgemeine Bewegung, die Translation und Rotation zugleich aufweist.
Skalare Kinematik bedeutet, daB nur Bewegungen liings einer Koordinate untersucht
werden. Die Koordinatenachse kann gerade sein, dann spricht man von geradliniger
Bewegung, bei krummliniger Koordinaten-Achse von gefiihrter oder bahngefiihrter
Bewegung. 1m Unterschied zur Kinematik befaBt sich die Kinetik mit dem Zusammen
hang zwischen Bewegung und Bewegungsursache. U rsache von Bewegungen sind
Kriifte und Momente. Sie rufen Bewegungsiinderungen hervor, z. B. Anderungen des
Betrages oder der Richtung der Geschwindigkeit.
Fragestellungen der Kinematik sind z. B.: Wo befindet sich ein Korper zu einem be
stimmten Zeitpunkt, wenn die Beschleunigungs-Zeit-Funktion bekannt ist, welche Ge
schwindigkeit hat er und dergleichen.
In der Kinetik wird dagegen z. B. gefragt, wie groB die Beschleunigung ist, wenn be
stimmte Kriifte oder Momente auftreten.
102 Wie unterscheidet sich die skalare Kinematik von der Vektor-Kinematik?
Antwort:
Wiihrend bei der skalaren Kinematik die Bahn des Korpers bekannt respektive vorge
geben ist, ermittelt die Vektorkinematik die Bewegungsbahn des Korpers aus den
Komponenten des zeitabhiingigen Ortsvektors, also aus den Weg-Zeit-Gesetzen in
bezug auf die Richtungen eines zu beschreibenden Koordinatensystems. Bei der nicht
gefiihrten Bewegung beschreiben die Komponenten des Ortsvektors die Lage des Kor
pers, dagegen kann bei der gefiihrten Bewegung die Lage des Korpers durch eine einzige
Koordinate in Bahnrichtung beschrieben werden.
103 Wie lauten die Definitionen fur die GroBen Geschwindigkeit und Beschleunigung bei
gefiihrter Bewegung?
ds(t) . As
Antwort: v(t)=--= hm -
dt 4t-+O At
4
Geschwindigkeit ist die zeitliche Anderung des Weges, mithin die Ableitung des Weg
Zeit-Gesetzes set) nach der Zeit t.
a t = dv(t) = d2s(t) = lim ~v
( ) dt dt2 At-O /),.t
Beschleunigung ist definiert als zeitliche Anderung der Geschwindigkeit, also gleich der
zeitlichen Ableitung des v(t)-Gesetzes bzw. der zweiten zeitlichen Ableitung des s(t)
Gesetzes.
Hierbei ist zu bedenken, daB Geschwindigkeitsiinderung sowohl die Anderung des
Geschwindigkeitsbetrages als auch die Anderung der Richtung des Geschwindigkeits
vektors bedeuten kann. Der Anderung des Geschwindigkeitsbetrages entspricht die
Bahnbeschleunigung, sie ist in Bahnrichtung und also tangential zur Bahn gerichtet: at;
der Anderung der Richtung des v-Vektors (auf gekriimmter Bahn) entspricht die auf
den Kriimmungsmittelpunkt der Bahn hin gerichtete Normalbeschleunigung: an.
d - v2(t) .
at = - Iv et) I; an = --; Q = KriimmungsradlUs der Bahn
dt Q
In Umkehrung der Differentiationen kann man schreiben:
J J
vet) = aCt) . dt und set) = vet) . dt .
Deutet man die Integrale geometrisch, so ist festzustellen, daB die Fliiche unter der
a(t)-Funktion ein MaB fUr die Differenz der Funktionswerte der v(t)-Funktion irri
betrachteten Zeitintervall ist und daB die Fliiche unter der v(t)-Funktion ein MaB fUr
die Differenz der Funktionswerte der s(t)-Funktion im betrachteten Zeitintervall ist:
v
8
5
104 We1che Bewegungsarten sind hinsiehtlieh des Besehleunigungszustandes zu unter
seheiden?
Antwort:
Liegt eine besehleunigungsfreie Bewegung vor, so sprieht die Kinematik von
gleichformiger Bewegung, die Gesehwindigkeit langs der Bahn ist zeitlieh konstant.
Andert sieh die Bahngesehwindigkeit, so liegt eine ungleichformige Bewegung vor; die
Bahnbesehleunigung ist positiv bei waehsendem Gesehwindigkeitsbetrag, sie ist negativ
bei sinkendem Gesehwindigkeitsbetrag. Ein Sonderfall der ungleiehfOrmigen Bewe
gung ist die gleichformig beschleunigte Bewegung, hier ist die Bahnbesehleunigung
konstant. Die Kinetik zeigt, daB dann, wenn die an der Masse angreifenden Krafte oder
Momente zeitlieh konstant sind, stets eine gleiehformig besehleunigte Bewegung die
Folge ist. Sind die angreifenden Krafte und Momente im Gleichgewicht, so ist die
Besehleunigung null: das ist der Zustand der relativen Ruhe (Statik) oder der gleieh
fOrmigen Bewegung: v = konst.
105 Was versteht die Kinematik unter allgemeiner ebener Bewegung?
Antwort:
Es gibt zwei Sonderfiille der Bewegung und so aueh der ebenen Bewegung: Translation
(Versehiebebewegung) und Rotation (Drehbewegung) um eine feste Drehaehse. Bei
Translation sind die Bahnen aller Punkte des Korpers zu jedem Zeitpunkt einander
parallel.
Bei Rotation sind die Bahnen aller Punkte des Korpers konzentrisehe Kreise um den
Ruhepunkt, die feste Drehaehse.
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--
\
t
\ \
I \
\ I I
\ I
\
\ \ I
\ I
\
\ II
Translation I II -"'" Rotation
I
Die allgemeine ebene Bewegung beinhaltet Translation und Rotation.
Beispiel: abrollendes Rad:
+
-00--1
P Mornentanpol Translation Rotation urn
mit Vs die Radachse S