Table Of ContentDaniel Dettling . Max von Bismarck
(Hrsg.)
MarkeD
Das Projekt der nächsten Generation
Leske + Budrich, Opladen 2003
Gedruckt auf säurefreiem und alterungs beständigem Papier.
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Ein Titeldatensatz für diese Publikation ist bei
Der Deutschen Bibliothek erhältlich.
ISBN 978-3-8100-3527-1 ISBN 978-3-322-92245-8 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-322-92245-8
© 2003 Leske + Budrich, Opladen
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kroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Satz: Verlag Leske + Budrich
Inhalt
Dank................................................................................................................ 7
Daniel Dettling
Vorwort: Vom deutschen Modell zur Marke D............................................... 9
I. Entwicklungen
Katja Wittwer
Lebenszeichen nach der Dotcom-Bombe - Europa und die neuen
,Entrepreneure' ................................................................................................ 21
Max von Bismarck
Jung, engagiert, partei verdrossen sucht ... ....................................................... 29
Leonard Novy
Politik im MedienzeitaIter oder: Wie Werte erfahren werden ........................ 37
Nicola Söhlke
Internet für alle - digitale Chancen versus digitale Spaltung ......................... 49
Stephan Gutzeit
Vom Nutzen und Nachteil des geistigen Facharbeiters für das Leben ........... 61
Frank Bösch
Angepasste Pragmatiker? ................................................................. .............. 73
Silvana Koch-Mehrin
Der Kampf um die besten Köpfe in der Politik. Parteien ohne Nachwuchs? 87
11. Controlling/Produktion
Philipp Schuller/Stephan Willms
Im Blindflug in die Zukunft? Führungsinstrumente aus der
Betriebswirtschaft als Innovationsbeschleuniger für die Polititk 99
Andreas EisenhauerlMatthias Spielkamp
Die mobile Arbeitsgesellschaft und das Ende der Ausbeutung ...................... 111
6 Inhalt
NoraDamme
Work meets Life: Politik und Unternehmen müssen sich
den Herausforderungen der neuen Arbeitswelt stellen .................................... 121
Christian Lindner
Sechzehn Labore für die Wissensgesellschaft -
Agenda einer autonomieorientierten Reform des Föderalismus ..................... 127
MaxZeidler
Corporate Social Responsibility: Imagepolitur oder
neuer Gesellschaftsvertrag im Entstehen? ............. .......................................... 139
Levin von Trott zu Solz
Gutes tun mit Gewinn: Überlegungen zu einer neuen Solidargemeinschaft.. 147
Susanne Gutjahr/Christian Kullmann
Das Versprechen der Globalisierung. Gesellschaftliche Verantwortung
von Unternehmen? ......................................................................................... 155
111. Kommunikation/Marketing
Jörg Ihlau
Deutschland verstehen? Die Nation auf dem Weg vom politischen Akteur
zum Markenzeichen ....................................................................................... 163
Dominik Meier/Constanze Miller
Anforderungen an die politische Kommunikation von Morgen .......... ........... 171
Corinna Mühlhausen
,,Me-Promoting"? Das neue Selbst-Bewusstsein ............................................ 185
Dominque Döttling
Change Germany . Die Menschen auf den Wandel vorbereiten ............ .......... 193
Wemer Eichhorst
Der Arbeitsmarkt in der sozialen Marktwirtschaft der Zukunft:
Leitbilder und Reformüberlegungen ...................... .............................. .......... 201
Daniel Dettling
,,Freiheit statt Kapitalismus?" Die Zukunft des deutschen Modells ............... 213
Matthias Horx
Nachwort: Die Mega-Trends und die Politik der Zukunft .............................. 223
Die Autoren ...... ................................................................................... ........... 229
Die Initiative ,,Marke Deutschland" .................... .......... .... ............... .............. 233
Danksagung
Am Anfang dieses Buches stand die Idee: Die Generation der 30-bis 35jährigen
ist anders als allgemein angenommen. Nur wie? Auf diese Frage versuchen die
Autoren dieses Bandes Antworten zu finden. Ihnen gilt dafür besonderer Dank.
Danken möchte ich auch Edmund Budrich für seine nicht immer leichte, aber of
fene und wichtige Kritik während des "Entwicklungsprozesses". Das Buch "Mar
ke D - Das Projekt der nächsten Generation" ist Teil der Reihe "Marke D" des
Think Tanks BerlinPolis. Nach Umfrage und Buch soll ein Kongress folgen. Un
ser Dank gilt den vielen Förderern, Medienpartnern und der Dresdner Bank, die
dieses Buch gefördert hat. Besonderem Dank verpflichtet sind wir Karl-Ulrich
Kuhlo. Ohne ihn würde das wichtige Projekt mit diesem Buch enden.
Berlin im Dezember 2002 Daniel Dettling
Vorsitzender BerlinPolis e.V.
Daniel Dettling
Vorwort
Vom deutschen Modell zur Marke D
Wir stehen staunend vor den Trümmern / einer guten alten Zeit /
und wir entsinnen uns bewundernd / jener Unverwüstlichkeit /
die unser Leben einmal hatte / und wie einfach alles schien /
als wir noch viel zu wenig wussten / Narzissen und Kakteen
(Element of Crime)
Nichts geht mehr. Aber alles ist möglich
Früher war alles besser! Mit diesem Gefühl wacht der junge Überlebende der
New Economy morgens auf und geht abends nach den Tagesthemen müde ins
Bett. Die Party ist vorbei!, ruft ihm sein Arbeitgeber zu. Deutschland im Jahr
2003. Nie war die Stimmung schlechter als in diesen Tagen und Wochen. Kol
lektive Depression, Lähmung und Unsicherheit macht sich breit. Vor allem unter
den Jungen, den 30- bis 35jährigen. Die Welt wird älter, teurer und ungewisser.
Diese Generation, beschäftigt mit Berufsanfang, Familien- und Unternehmens
gründung, ahnt, dass sie schon verloren hat, bevor sie überhaupt loslegen konnte.
Die Pläne der rotgrünen Regierung versprechen wenig Erneuerung, belasten
einseitig die jungen Beitragszahier und machen kaum Mut für nachhaltige Refor
men. Besserung ist nicht in Sicht, vielmehr dominiert in Deutschland die Depressi
on. Die Hoffnung vieler besteht allein darin, dass es nicht noch schlimmer kommen
möge. Jedes ,,Notgesetz" nimmt ein Stück Zukunft. Der regierenden Generation
scheint die nächste Generation egal, Hauptsache der Sozialstaat, der aus den Nähten
platzt, wird noch einmal notdürftig geflickt. Keine Perspektive, kein Aufbruch nir
gendwo, Reformstau aber überall. Wirklichkeit und Wahrnehmung klaffen aber
nicht nur in den Regierungsparteien weit auseinander. Auch die Pläne und Vor
schläge der Opposition aus Union und FDP sind "nicht von dieser Welt". Das Land
leidet unter einem Wahrnehmungsproblem. Weniger die Wirklichkeit als ihre
Wahrnehmung stört die Menschen. Was tun? Was müsste geschehen, um der Ver
mittlung von Wirklichkeit eine bessere Chance zu geben, vor allem dort, wo sie es
am schwersten hat, in der Politik selbst?
Von den Veränderungen berichten, ihre Folgen für den Status quo beschrei
ben und neue Schlüsse für die Zukunft aus ihnen ziehen, das will dieses Buch.
10 Daniel Dettling
Welcher Bilder hat die nächste Generation von Deutschland? Mit welchen Bot
schaften und Ideen will sie sich für die nächsten Jahre wappnen?
Von der "Generation Golf' (Florian Illies) redet inzwischen niemand mehr.
Sie ist geworden wie ihre Eltern und wirkt darüber sogar erleichtert. Die Genera
tion Golf befindet sich auf dem Rückzug. Sie macht es sich im vorgelebten Leben
der Vorgängergeneration bequem, bevor deren Erbe verteilt ist. Das Interesse die
ser Generation galt Lack und Karosserie und nicht Motor, Sprit, Lenkrad und
Richtung. Warum nicht eine neue Generation ausrufen?
Wer macht das Rennen?
,,Jung, dynamisch, entlassen", titelte der SPIEGEL Anfang August 2002 wenige
Wochen vor der Wahl. Die Krise hat jetzt auch die etablierten Aufsteiger der New
Economy erreicht und sie wird nicht so schnell wieder verschwinden. Aus der er
wartungsvollen "Generation Berlin" (Heinz Bude) scheint eine "Generation Berli
ner Luft" (Jochen Buchsteiner) geworden zu sein, der die Idee und die Vorstellung
darüber abhanden gekommen ist, was man eigentlich erkämpfen wollte. Wenn sie
diese je hatte. Die Chance, die sich 1989 dieser Generation bot, hat sie leichtfertig
vertan. "Wir hatten nie Ideale, also kamen wir auch nie in den Genuss oder die Tra
gik, sie selbst oder uns selbst verraten zu können", schreibt die 1968 geborene Su
sanne Leinemann in ihrem Buch ,,Aufgewacht. Mauer Weg" selbstkritisch.
Was ist der nächsten Generation wichtig? Ist sie eine Generation mit viel Ge
schwindigkeit, aber ohne Fahrplan? Wie keine Generation zuvor machte sie in der
Wirtschaft Karriere, eroberte Zeitungen und Medien und wurde von Soziologen
und Feuilletonisten politisch empor oder nieder geschrieben. Die nach 1965 Ge
borenen, so die Hoffnung, würden das offizielle und organisierte Deutschland der
Parteien, Gewerkschaften und Verbände in eine dynamische, weltoffene und un
ternehmerische Gesellschaft verwandeln. Diese kulturelle Revolution ist bis heute
ausgeblieben. Zwar ist die Einsicht, dass Reformen überfällig und notwendig
sind, inzwischen common sense; auch tun sich die regierenden 50- bis 60jährigen
schwer, von liebgewonnenen Positionen und Besitzständen abzurücken. Den
noch: der "Ruck", das politische Aufbegehren einer neuen, unverbrauchten Gene
ration fand bis heute nicht statt. Warum?
Anders als die 68er hat die Generation der heute 30- bis 40jährigen nicht ver
sucht, Staat und Gesellschaft institutionell zu durchwandern. Der ,,Marsch durch
die Institutionen und Ortsvereine" gilt als wenig sexy und ist für die zeitarme Gene
ration des Internets und der New Economy nicht gehbar. Seitdem herrscht rasender
Stillstand. Demokratie gilt in Deutschland nicht mehr als dynamischer Prozess,
sondern als Verwaltung überkommener Strukturen und Denkgewohnheiten. Politik
in Parteien und Verbänden verlieren an Attraktivität. Selbst das Modell der Sozialen
Marktwirtschaft taugt für die erste deutsche kapitalismusbejahende Generation
nicht als Leitbild; es ist das Projekt der skeptischen Elterngeneration, die sich von
der Ideologie nichts mehr, von der Wirklichkeit aber alles versprach.
Vorwort: Vom deutschen Modell zur Marke 0 11
Politik ohne Alternative?
Die Entscheidung zwischen Schröder und Stoiber am 22. September 2002 war für
die meisten eine zwischen "lechts" und "rinks". Mag das "Modell Deutschland"
ein Auslaufmodell sein, die Generation der 68er hält sich wacker in ihren Ämtern
und Positionen. Dem Motto der Adenauer Zeit "Keine Experimente" setzte sie
noch eines drauf "Keine Leidenschaften mehr". Bloß kein Anfall mehr von Vi
sionen und Botschaften! Aus Angst, diese könnten wieder im Terror eines "deut
schen Herbstes" münden?
Löste die ,,Arbeitnehmergesellschaft" der Bonner Republik die "Klassenge
sellschaft" der Weimarer Zeit ab, sucht man heute vergeblich nach einem neuen
Leitbild in der Politik. Der deutsche Weg, ein fein austariertes System von An
rechtsgarantien, Vermittlungsbündnissen und Ausgleichsprozessen, scheint bis
heute der einzig mögliche auf dem Pfad in die Zukunft. Doch jeder ahnt: Dies
mal wird am Ende kein "Wohlstand für Alle" dabei heraus kommen. Die
Wachstumsdynamik wird weiter zurück gehen, die Massenloyalität schwindet.
Die lebenslange Vollzeitbeschäftigung ist passe, das Spiel "Deutschland in der
Schlossallee" aus. Und dennoch spielen Parteien und Verbände weiter "Mono
poly". Wer zieht endlich die Karte: "Gehe zurück auf Los - und verzichte aufs
Geld"?
Soziale Rechte nutzen wenig, wenn sie nicht einher gehen mit individuellen
Optionen. Die "Multioptionsgesellschaft" (Peter Gross) ist in Wirklichkeit eine
Spaßbude für die Spielelite. Und selbst dieser vergeht inzwischen die Lust, seit
dem sie weiß, dass es mit dem Erbe der Eltern nicht üppig bestellt ist. Für die
weitaus meisten der 30- bis 40jährigen heißt es Abschied vom Aufstieg nehmen.
Es bleibt allein der Weg der individuellen Unternehmungen, des "unternehmeri
schen Einzelnen" (Heinz Bude). Politik und Wirtschaft als Experiment ist das
neue Motto. Diese Gesellschaft ist eine des "experimentellen Kapitalismus" und
der "unternehmerischen Bürgergesellschaft" . Politik und Engagement der neuen
Entrepreneure findet zwar noch jenseits der Parteien statt.
Neu an dieser Generation ist, dass sie modeme Ziele mit alten Werten ver
knüpft. Die "Ich-AG" und die "Wir-Gesellschaft" sind vereinbar. Vermarktung
wird zur Lebensform, aber auch Verantwortung. Als erste Generation, die das
Internet zur Kommunikation und zur politischen Meinungsäußerung nutzt (vgl.
die Beiträge von Novy und Söhlke) ist ihr Gesellschaftsmodell ein ganzheitliches,
ihre Politik vielfältig und verträglich. Ihre Klage an die amtierende Generation:
"Ihr tut nicht, was Ihr wisst!"
Die Politik von gestern
Die Politik von gestern war eine Welt der Gegensätze und Dualismen: Kapital -
Arbeit, Reich - Arm, Jung - Alt, Mann - Frau, Nord - Süd. In dieser Politik ver
trugen sich Ökonomie und Solidarität nicht. Beide Welten wurden gerne gegen
einander ausgespielt. Profitiert haben am Ende oft besitzstandswahrende Organi
sationen wie Gewerkschaften und Verbände der Deutschland AG, weniger die
Bürger dieses Landes.
12 Daniel Dettling
In der Politik für morgen spricht vieles für ein "Holistic Management", für
eine Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik. Das ökonomisch Gebotene muss
nicht gegen das sozial Gerechte verstoßen. Die Wiederentdeckung des Sozialen
wird im 21. Jahrhundert nicht "von oben" befohlen oder "von unten" erstritten;
sie wird aus der Mitte von Wirtschaft und Gesellschaft kommen. Dieses Buch
will die neuen Akteure und Agenten des Wandels nennen, die die Themen und
Trends nicht nur aufzeigen, sondern sie auch setzen.
Unternehmen Gesellschaft
Dies ist ein Buch auch über die Zukunftsgesellschaft - darüber, welche Bedürf
nisse unser Leben, unsere Wirtschaft, unsere Gesellschaft und unsere Organisa
tionen und Unternehmen in Zukunft bestimmen werden und welche Formen des
Zusammenlebens wir zu Beginn des 21. Jahrhunderts in einer zunehmend unsi
cher werdenden Welt brauchen. Die Gesellschaft der Zukunft wird aus einer
Vielzahl von Communities bestehen, die voneinander abhängig sind. Dieses Buch
nennt die entscheidenden Einheiten und neuen Akteure einer kreativen Gesell
schaft: Soziale, politische und wirtschaftliche Entrepreneure (Wittwer).
Wo und wie und durch wen wird in Zukunft das Kapital, auf das Politik und
Wirtschaft gleichermaßen angewiesen sind, erbracht? Wo entstehen Vertrauen
und Eigenverantwortung? Warum macht das Notwendige, das nachhaltige Ver
ändern in Staat und Wirtschaft aktuell so wenig Spaß?
Pro Campaigning
Die Debatten um Bürger- und Zivilgesellschaft sind nicht neu. Neu ist die Sig
nalwirkung, die von diesen Debatten ausgeht. Sie wenden sich gegen den Primat
des Staates, treten ein für mehr Selbstorganisation der Gesellschaft, für eine Sozi
alpolitik als Hilfe zur Selbsthilfe, für eine nachhaltige Finanz- und Wirtschafts
politik. Die Sanierung der Staatshaushalte und die Reform der Sozialsysteme
braucht einen gesellschaftspolitischen "Markennamen", einen politischen Über
bau. Wird diese Marke reichen? Genügt ein neues Leitbild als Alternative zu ei
nem platten politischen Pragmatismus im Zeitalter der Mediendemokratie? Nicht
ohne neue Instrumente.
Neue Technologien bringen eine Vielzahl von Konsequenzen und Verände
rungen für Wirtschaft und Gesellschaft. Entwicklungen im Bereich der Bio- und
Gentechnologie berühren den "inneren Kreis des Menschen" im Gefüge von Fa
milie, Geschlecht und Sterblichkeit. Unternehmen, die hier tätig sind, begeben
sich auf sensibles Gebiet. Die Globalisierung trägt Probleme direkt vor die
Haustür. Besonders junge Menschen sind kritische, moralisch sensible Konsu
menten. Die kanadische Publizistin Naomi Klein schrieb mit "No Logo" einen
Weltbestseller, der in seinem skeptisch-moralischen Impetus an die Konsumkritik
der 68er anknüpft. Hier entsteht ein brisantes Gemisch aus Globalisierungsangst
und Protesteinstellungen bilden, das sich souverän der neuen Medien bedient und
sich "radikale Konsumentenrechte" auf die Fahnen schreibt.
Vorwort: Vom deutschen Modell zur Marke D 13
Aufräumen, Aufbrechen und Anpacken
Doch ist das ein Grund, in das allgemeine Klagelied vom Verfall des gesell
schaftlichen Zusammenhalts, der gemeinsamen Werte und des Wohlstands ver
lusts einzustimmen? Das Verhältnis von Familie, Milieu und Individuum hat sich
gravierend verändert. Dagegen ermöglichen neue Kommunikations-, Arbeits- und
Lebensformen andere Formen der Kooperation und Beteiligung, die bisher noch
kaum beachtet wurden. Sie sollen im Mittelpunkt dieses Buches stehen. Wo er
öffnen sich neue Potenziale? Wer repräsentiert und organisiert in der Gegenwart
die Interessen der Zukunft? Welche Rolle spielt dabei Politik? Worauf haben sich
Unternehmen und Organisationen einzustellen? Wie kommunizieren wir in Zu
kunft Wandel und neue Werte?
Dieses Buch ist auch ein Projekt der "Nächsten Generation". Nicht materielle
Motivation ist die treibende Kraft der neuen Eliten, sondern ethische Beliefs, die
mit einem Kapitalismus ohne Verantwortung ebenso hart ins Gericht gehen wie
mit einem überkommenen Verbände-Establishment, das sich in den letzten drei
ßig Jahren seine Machtstellung erobert hat. Wer sind die Agenten des Wandels
und wie können die mitgenommen werden, die Reformen zwar wollen, aber nicht
ihre Folgen? Döttling fordert eine "klare Führung für den Wandel". "Diese muss
nicht notwendigerweise die politische und gewählte Führung sein. Dies können
auch Kräfte aus der Wirtschaft oder Zivilgesellschaft sein." Wittwer sieht gar ei
ne neue Gründergeneration kommen. Sie sieht die Zeit für neue Helden in der
Politik gekommen, mit denen sich die nächste Generation von Unternehmern
identifizieren kann. Und Bismarck fordert eine "neue Ernsthaftigkeit" von der
amtierenden Generation der Regierenden. Von dieser geht zurzeit allein politische
Gleichgültigkeit aus.
Die Zivilgesellschaft sollte das große Projekt der rotgrünen Bundesregierung
werden. Am Ende blieben Feuerwehren und Sportvereine übrig. Die Logiken der
Parteien (Machterhaltung) und der Bürger (Selbstorganisation) scheinen nicht
vereinbar. Parteien haben sich bislang nicht als lernende Organisationen hervor
getan. Die nächste Generation in den Parteien - "angepasste Pragmatiker"
(Boesch)? Die "Generation der pragmatischen Aufsteiger dürfte schon bald wie
der den Typus des konfliktfreudigen Rebellen" beleben, vermutet er. Diese Re
bellen agieren noch nicht an vorderster Front, sondern im Stillen und lieber im
Umkreis der Politik und Wirtschaft. Die Konsequenzen für eine neue Generation
von Politikberatern beschreiben Miller und Meier: "Professionell, flexibel, netz
werkorientiert und technologiefreundlich sind wichtige Attribute einer neuen Po
litikberatergeneration, die den Erfahrungsaustausch und das Networking unter
einander als Chance versteht".
Werte schöpfen und neue erfinden
Die nächste Generation übernimmt bald Unternehmen und Organisationen. Eine
politische Selbstdefinition hat sie bislang nicht vorgenommen. Ihre Werte unter
scheiden sich zwar nicht fundamental von denen ihrer Eltern, sie lehnen aber die
Arbeitsbesessenheit der 50jährigen Workaholics ab, die das Leben in den Organi-