Table Of ContentLinsenlose digitale
holographische
Mikroskopie-Systeme und ihre
Anwendungen
Dissertation
zur Erlangung des Grades eines
Doktor-Ingenieurs
der
Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik
an der Ruhr-Universität Bochum
von
Adamou Adinda-Ougba
aus Tchamba, Togo
Bochum 2016
Termin der mündlichen Prüfung:
04.03.2016
Gutachter:
Prof. Dr. Martin R. Hofmann
Priv. Doz. Dr.-Ing. Thomas Mussenbrock
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung 1
2. Digitale Holographie (DH) 3
2.1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
2.1.1. Licht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
2.1.2. Interferenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
2.1.3. Beugung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
2.2. Prinzip und Konfigurationen der DH . . . . . . . . . . . . . 11
2.2.1. In-line DH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
2.2.2. Off-axis DH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
2.3. Grundlagen der digitalen holographischen Mikroskopie . . . 13
2.3.1. DHM in der Transmissionsgeometrie . . . . . . . . . 14
2.3.2. DHM in der Reflektionsgeometrie . . . . . . . . . . . 14
2.3.3. Diskussion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
2.4. Grundlagen der linsenlosen digitalen holographischen Mi-
kroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
2.4.1. LDHM in der Transmissionsgeometrie . . . . . . . . 16
2.4.2. LDHM in Reflektionsgeometrie . . . . . . . . . . . . 18
2.4.3. Diskussion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
2.5. Theoretisches Auflösungsvermögen der LDHM-Systeme . . 19
2.5.1. Auflösungsvermögen in der Transmissionsgeometrie . 20
2.5.2. Auflösungsvermögen in der Reflektionsgeometrie . . 25
2.5.3. Diskussion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
2.6. Laserdiode als Lichtquelle für die LDHM-Systeme. . . . . . 27
2.7. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
3. Linsenlose digitale holographische Mikroskopie-Systeme 33
3.1. Linsenlose digitale holographische Weitsichtfeld-Mikroskopie 33
3.1.1. Konzept der LDHWM . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
3.1.2. Experimenteller Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . 35
3.1.3. Entstehung und Rekonstruktion des Hologramms . . 37
I
Inhaltsverzeichnis
3.1.4. Phase retrieval algorithm . . . . . . . . . . . . . . . 39
3.1.5. Auflösung des Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
3.1.6. Zusammenfassung und Diskussion . . . . . . . . . . 46
3.2. LDHM in Reflektionsgeometrie . . . . . . . . . . . . . . . . 47
3.2.1. Experimenteller Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . 47
3.2.2. Aufnahme und Rekonstruktion des Hologramms . . 49
3.2.3. Auflösung des Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
3.2.4. Zusammenfassung und Diskussion . . . . . . . . . . 55
4. Anwendungen der LDHM-Systeme 57
4.1. Anwendungen des LDHWM-Systems . . . . . . . . . . . . . 57
4.1.1. Biomedizinische Anwendungen . . . . . . . . . . . . 58
4.1.2. Charakterisierung von Mikropartikeln . . . . . . . . 62
4.1.3. Quantitative Phasenauswertung. . . . . . . . . . . . 64
4.1.4. Zusammenfassung und Diskussion . . . . . . . . . . 73
4.2. AnwendungendesLDHM-SystemsinderReflektionsgeometrie 74
4.2.1. Abbildung von mikro-elektronischen Bauelemente. . 74
4.2.2. Quantitative Phasenauswertung. . . . . . . . . . . . 77
4.2.3. Zusammenfassung und Diskussion . . . . . . . . . . 83
5. Zusammenfassung und Ausblick 85
A. Anhang 87
II
1. Einleitung
DieHolographiewurdeursprünglichimJahr1948vonDennisGaborerfun-
den [1]. Sie ist eine Methode zur Aufzeichnung der Amplitude und Phase
eines Objektes und die Rekonstruktion der Objektinformation. Dabei trifft
ein kohärentes Lichtfeld auf das Objekt und wird gebeugt, transmittiert
oderreflektiert.DiesesObjektfeldüberlagertsichmiteinemausderselben
Quelle stammenden Referenzfeld. Dadurch entstehen Interferenzmuster,
die auf einer Fotoplatte gespeichert werden können. Die Rekonstruktion
der Objektinformation erfolgt durch die Beleuchtung der Fotoplatte mit
dem Referenzfeld. An der Stelle, wo sich das Objekt befand, entsteht ein
dreidimensionales Bild des Objekts.
Die Einführung der digitalen Holographie im Jahr 1994 durch Schnars und
Jüptner [2] ist ein Durchbruch in der Holographie, die ein interessantes
Forschungsgebietwurde.InderdigitalenHolographiewerdendieoptischen
Speichermedien durch die Digitalkameras und die optische Rekonstruktion
durch eine numerische Rekonstruktion am Computer ersetzt. Die digitale
Holographie ist seitdem eine hervorragende Technik für viele Anwendun-
gen geworden. Die Mikroskopie und die optische Messtechnik sind zwei
Beispiele von Anwendungsgebieten, die von der Entwicklung in der digita-
len Holographie profitieren. Die Verfügbarkeit der Phase in der digitalen
Holographie ist besonders eine wichtige Eigenschaft, die die holographie-
basierten Techniken von den Standardgeräten in der Mikroskopie und
der optischen Messtechnik unterscheidet. Die Phase ermöglicht die axiale
Auflösung im Nanometerbereich.
Heutzutage sind bereits digitale holographische Geräte, wie digitale holo-
graphische Mikroskope auf dem Markt verfügbar. Jedoch führt der kom-
plizierte Aufbau dieser Systeme zu sperrigen und teuren Geräten, sodass
diese Geräte nur für wissenschaftliche Zwecke verwendet werden. Darüber
hinaus resultieren schwer zu kompensierende Aberrationen von den ver-
wendeten Linsen dieser Systeme. Die linsenlosen digitalen holographischen
Mikroskopie-Systeme bieten sich hier als eine Alternative an, um diese
Nachteile der linsen-basierten Systeme zu umgehen.
1
1. Einleitung
In dieser Arbeit wird die Realisierbarkeit von einfachen, kompakten und
preiswerten linsenlosen digitalen holographischen Mikroskopie-Systemen
untersucht. Dabei wird der Fokus auf die Verwendung einer Laserdiode als
Lichtquelle für diese Systeme gelegt. Diese Systeme werden gebaut und
ihre Anwendung in den obengenannten Anwendungsgebieten untersucht.
Diese Arbeit verfolgt somit das Ziel für reguläre Anwender mit begrenzten
RessourcenundvorallemfürEntwicklungsländer,denZugangzudigitalen
holographischen Systemen zu erleichtern.
Im Kapitel 2 dieser Arbeit werden die physikalischen Eigenschaften des
Lichtes, die die Entstehung des Hologramms und die Rekonstruktion der
Objektinformation möglich machen, erläutert. Die linsen-basierten und die
linsenlosen digitalen holographischen System-Aufbauten werden erklärt.
Eine Diskussion zum Auflösungsvermögen der linsenlosen Varianten wird
geführt. Die Vorteile einer Laserdiode, als Lichtquelle für die in Rahmen
dieser Arbeit aufgebauten Systeme zu verwenden, werden erläutert.
Kapitel 3 beschreibt die aufgebauten Systeme in der Transmissions- und
Reflektionsgeometrie. Im Mittelpunkt stehen die Aufzeichnung der Holo-
gramme und die Rekonstruktionsmethoden beider Systeme.
Die Ergebnisse der untersuchten Proben werden in Kapitel 4 vorgestellt.
Im Vordergrund stehen die Anwendungsmöglichkeiten der aufgebauten
Systeme basierend auf den Erkenntnissen der untersuchten Proben.
Die Arbeit schließt mit Kapitel 5. Eine Zusammenfassung der Arbeit und
die Perspektive der linsenlosen digitalen holographischen Mikroskopie-
Systeme sind Bestandteile dieses Kapitels.
2
2. Digitale Holographie (DH)
Die Aufzeichnung des Hologramms mit einer digitalen Kamera und die
numerischeRekonstruktionamComputerwirdalsdiedigitaleHolographie
(DH)bezeichnet.DieseMöglichkeitwurdevonSchnarsundJuptner[2,3,4]
eingeführt. Die Grundlage der numerischen Rekonstruktion wurde vorher
von Goodman [5] 1967 formuliert. Dank der rasanten Entwicklung in der
Herstellung der CCD (charge-coupled device) und CMOS (Complementary
metal-oxide-semiconductor) Kameras und vor allem der leistungsstarken
Rechner, hat die DH die Holographie wieder belebt.
DiesesKapitelerklärtzunächstdiephysikalischenEigenschaftendesLichts,
diedieEntstehungeinesHologrammsmöglichmachen.Diezweihäufigsten
vorkommenden Konfigurationen in der DH werden erläutert. Diese sind
die digitale holographische Mikroskopie mit Mikroskopobjektiven, sowie
ihre linsenlosen Varianten und bilden den Focus dieses Kapitels. Dabei
wirdzwischenTransmissions-undReflektionsgeometrieunterschieden.Das
Auflösungsvermögen der linsenlosen Varianten schließt dieses Kapitel ab.
2.1. Grundlagen
Die Interferenz und die Beugung bilden die Grundlagen der Holographie.
In diesem Abschnitt werden deswegen kurz der Begriff der Interferenz
zweier Wellen, sowie die damit verbundenen Kohärenzeigenschaften und
die Beugung erläutert. Zunächst wird das Licht in seiner Eigenschaft als
Welle beschrieben.
2.1.1. Licht
Licht kann aus physikalischer Sicht als eine Welle oder eine Abfolge von
Teilchen beschrieben werden [6]. In dieser Arbeit wird der Wellencharakter
des Lichtes betrachtet, da sich die Interferenz und die Beugung in diesem
Regime besser erklären und beschreiben lassen. Eine lineare, harmonische
3
2. Digitale Holographie (DH)
ebene Welle kann durch [7]:
E(~r,t)=E cos(wt−~k~r−ϕ ) (2.1)
0 0
beschrieben werden. Der vektorielle Charakter des Lichtes wurde hier
vernachlässigt. Die Gleichung (2.1) ist eine Lösung der Maxwellschen
Wellengleichung, die die Ausbreitung des Lichtes beschreibt. E ist die
0
Amplitude des Feldes. Die Phase besteht aus einem zeitabhängigen, einem
ortsabhängigen und einem konstanten Term (mit Anfangsphase ϕ ). Der
0
ortsabhängige Term ~k~r ist das Skalarprodukt des Wellenzahlvektors ~k,
der die Ausbreitungsrichtung des Lichtes zeigt und des Ortsvektors ~r mit:
|~k| = k = 2π Wellenzahl und ~r = (x,y,z). w = 2πf ist die Winkelge-
λ
schwindigkeit. Für eine sich in z-Richtung ausbreitende Welle ist~k~r =kz.
Das Produkt aus der Frequenz f und der Wellenlänge λ ist die Lichtge-
schwindigkeit in Vakuum:
c=fλ=299792458 m/s.
Die von den Detektoren messbare Größe des Lichtes ist die Intensität:
1
I = (cid:15) cE2 (2.2)
2 0
mit der elektrischen Feldkonstante (cid:15) . Die komplexe Schreibweise der
0
Gleichung (2.1) ist [8]:
1 1
E(z,t)= E expi(wt−kz−ϕ )+ E exp−i(wt−kz−ϕ ) (2.3)
2 0 0 2 0 0
Der zweite Term ist das konjugiert Komplexe des ersten Terms und kann
weggelassen werden, solange nur der Realteil von E(z,t) die physikalische
Welle darstellt [8]. Somit kann die komplexe Schreibweise der Gleichung
(2.1) zu:
E(z,t)=E expi(wt−kz−ϕ ) (2.4)
0 0
vereinfachtwerden,wennzusätzlichderVorfaktorignoriertwird.DerStrich
unter dem E deutet auf eine komplexe Größe und wird in der vorliegenden
Arbeit stets für komplexe Größen verwendet. Die Intensität berechnet sich
nun aus dem Betrag dieses komplexen Felds:
1 1
I = (cid:15) c|E|2 = (cid:15) cEE∗ (2.5)
2 0 2 0
4
2.1. Grundlagen
* deutet auf eine konjugiert komplexe Größe. Zur Vereinfachung der Glei-
chung (2.5) wird der Vorfaktor 1/2(cid:15) c für die weitere Betrachtung nicht
0
berücksichtigt,dadieserkonstantist.DienächstenAbschnittebeschreiben
nun die Interferenz und die Beugung basierend auf der Beschreibung des
Lichtes in diesem Abschnitt.
2.1.2. Interferenz
Die Basis der Entstehung eines Hologramms ist die Überlagerung zweier
Wellenfelder (ein Objektfeld und ein Referenzfeld). Dabei entsteht ein
Interferenzmuster. Also ist ein Hologramm nichts anderes als ein Inter-
ferenzmuster. Betrachtet werden zwei monochromatische Wellen in der
komplexen Schreibweise:
E (z,t)=E expi(wt−kz−ϕ )
1 1 1 (2.6)
E (z,t)=E expi(wt−kz−ϕ )
2 2 2
Die Überlagerung beider Wellen unterliegt dem Superpositionsprinzip, so
dass sich die resultierende Welle aus der Summe beider Wellen ergibt [7]:
E(z,t)=E (z,t)+E (z,t) (2.7)
1 2
Die Intensität des gesamten Wellenfeldes berechnet sich als:
I =|E|2 =|E +E |2 =(E +E )(E +E )∗
1 2 1 2 1 2
=|E |2+|E |2+2E E cos(ϕ −ϕ ) (2.8)
1 2 1 2 1 2
p
=I +I +2 I I cos(∆ϕ).
1 2 1 2
I und I sind die individuellen Intensitäten der beiden Wellenfelder und
1 2 √
der letzte Term 2 I I cos(∆ϕ) ist der sogenannte Interferenzterm, der
1 2
für die Holographie entscheidend ist. Dieser Term wird maximal, wenn
der Phasenunterschied ∆ϕ = ϕ −ϕ einem geraden Vielfachen von π
1 2
entspricht: das ist die konstruktive Interferenz (helle Stellen in Abbildung
2.1). Beide Wellen löschen sich gegenseitig aus, wenn ∆ϕ einem ungeraden
Vielfachen von π entspricht: das ist die destruktive Interferenz (dunkle
StelleninAbbildung2.1).DamitdieserInterferenztermnichtverschwindet,
müssen die beteiligten Wellen eine konstante Phasenbeziehung aufweisen.
DasführtzudemBegriffderKohärenz.DieKohärenzistdementsprechend
5
2. Digitale Holographie (DH)
Abbildung 2.1.: Beispiele von Interferenz: a) Interferenz einer Kugelwelle
mit einer ebenen Welle [9], b) Interferenz zweier ebener
Wellen
die Fähigkeit eines Lichtfeldes zu interferieren. Laserlicht z.B. wird dem-
zufolge als kohärentes Licht bezeichnet und Licht aus der Glühbirne als
nichtkohärent. Man unterscheidet dabei zwischen zeitlicher und räumlicher
Kohärenz.
Zeitliche Kohärenz
Die zeitliche Kohärenz beschreibt die Konstanz der Phasenbeziehung eines
Wellenfeldes zu unterschiedlichen Zeitpunkten [10]. Diese kann mit Hilfe
einesMichelsonInterferometerserklärtwerden.DabeitrifftderLichtstrahl
auf einen Strahlteiler und wird in zwei Strahlen geteilt. Beide Strahlen
werden durch zwei Spielgel zurück reflektiert. Der Stahlteiler führt die
reflektierten Strahlen wieder auf einen Schirm zusammen, wo die Interfe-
renzmuster beobachtet werden können. Sind die Abstände zwischen dem
Stahlteiler und beiden Spielgel unterschiedlich, dann braucht der eine
Strahl länger als der andere, um am Schirm anzukommen. Wird trotzdem
einInterferenzmusterbeobachtet,sprichtmanvoneinerzeitlichkohärenten
Lichtquelle. Der maximale Weglängenunterschied, der zwischen beiden
Spiegeln bestehen kann, damit die Strahlen weiterhin interferieren, ist die
Kohärenzlänge l . Die Kohärenzzeit ist über: τ =l /c mit der Kohärenz-
c c c
länge verbunden. c ist die Lichtgeschwindigkeit. Die mit dieser Methode
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Description:Linsenlose digitale holographische Mikroskopie-Systeme. 33. 3.1. Linsenlose digitale holographische Weitsichtfeld-Mikroskopie 33. 3.1.1. Konzept