Table Of ContentLineare Algebra und
Analytische Geometrie
LMU Mu¨nchen, 2001-2002, Prof. Hans-Ju¨rgen Schneider
Geh¨ort und geLATEXt von Lukas-Fabian Moser
Dieses Skript ist eine leicht erweiterte Mitschrift einer zweisemestrigen Vorlesung u¨ber
Lineare Algebra und Analytische Geometrie fu¨r Mathematiker und Wirtschaftsma-
”
thematiker“, die Prof. Dr. Hans-Ju¨rgen Schneider im Wintersemester 2001/02 und im
Sommersemester 2002 an der Ludwig-Maximilians-Universit¨at Mu¨nchen gehalten hat.
Es sei aber darauf hingewiesen, daß dieses Skript nicht von Herrn Schneider autorisiert
wurde.
Einen Großteil des Skripts hat Denis Behr korrekturgelesen.
Erzeugt am 9. Februar 2004.
Inhaltsverzeichnis
1 Grundlagen 5
1.1 Mengen, Relationen, Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
1.2 Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
1.3 Homomorphismen in Gruppen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
1.4 Ringe und K¨orper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
1.5 A¨quivalenzrelationen und Rechnen modulo n . . . . . . . . . . . . . . . 31
2 Vektorr¨aume 37
2.1 Vektorr¨aume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
2.2 Basis und Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
2.3 Homomorphismen und Matrizen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
2.4 Dimensionss¨atze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
2.5 Elementare Zeilenumformungen und lineare Gleichungssysteme . . . . . 71
2.6 Affine Geometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
2.7 Quotienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
3 Determinanten 93
3.1 Definition und Eigenschaften der Determinante . . . . . . . . . . . . . . 93
3.2 Das Vorzeichen von Permutationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
3.3 Anwendungen der Determinante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
3.4 Exkurs: Determinanten von Wegematrizen in gerichteten Graphen . . . 107
4 Eigenwerte und charakteristisches Polynom 112
4.1 Monoidringe und Polynomringe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
4.2 Eigenwerte, Eigenvektoren und charakteristisches Polynom . . . . . . . 118
4.3 Der Satz von Cayley-Hamilton und das Minimalpolynom. . . . . . . . . 125
3
4.4 Exkurs: Reelle Divisionsalgebren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
4.5 Anwendungen auf Differentialgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
5 Euklidische und unit¨are Vektorr¨aume 135
5.1 Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
5.2 Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145
5.3 Spektralsatz und normale Endomorphismen . . . . . . . . . . . . . . . . 148
5.4 Orthogonale Endomorphismen und QR-Zerlegung . . . . . . . . . . . . . 159
6 Die Jordansche Normalform 166
6.1 Prim¨arzerlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
6.2 Die Jordansche Normalform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169
1.1 Mengen, Relationen, Abbildungen
Kapitel 1
Grundlagen
1.1 Mengen, Relationen, Abbildungen
Wer oder was genau eine Menge ist, wollen wir in dieser Vorlesung nicht genauer unter-
suchen. Stattdessen begnu¨gen wir uns mit dem von Georg Cantor gepr¨agten naiven
Mengenbegriff: Eine Menge M ist eine Zusammenfassung von bestimmten wohlunter-
”
schiedenen Objekten unserer Anschauung oder unseres Denkens, welche Elemente der
Menge M genannt werden, zu einem Ganzen.“
Diese umgangsprachliche Beschreibung einer Menge genu¨gt fu¨r unsere Zwecke. Bei der
Handhabung von Mengen bedient man sich u¨blicherweise verschiedener Kurzschreibwei-
sen, von denen wir die wichtigsten hier zusammenstellen wollen:
x ∈ X x ist Element der Menge X
x 6∈ X x ist nicht Element der Menge X
Y ⊂ X Y ist Teilmenge von X, d.h. fu¨r alle y ∈ Y ist y ∈ X.
Y ⊃ X X ist Teilmenge von Y
X = Y Gleichheit von Mengen, d.h. X ⊂ Y und Y ⊂ X
(Bisweilen bezeichnet X ⊂ Y auch eine echte Teilmenge, d.h. eine Teilmenge X von
Y, die nicht gleich Menge Y ist. Eine beliebige, auch nicht echte Teilmenge, wird dann
mit X ⊆ Y bezeichnet. In dieser Vorlesung werden wir von dieser Schreibweise jedoch
keinen Gebrauch machen.)
Sehrh¨aufighabenwirdieGleichheitzweierMengenX undY zuzeigen.NachDefinition
bedeutet X = Y, daß gilt: X ⊂ Y und Y ⊂ X. Es sind also zwei Aussagen zu zeigen:
1. Ist x ∈ X ein beliebiges Element von X, so ist auch x ∈ Y.
2. Ist y ∈ Y ein beliebiges Element von Y, so ist auch y ∈ X.
Die u¨blicherweise im Schulunterricht vorkommenden Mengen der natu¨rlichen, ganzen,
rationalen und reellen Zahlen werden wir hier als bekannt voraussetzen. Fu¨r sie verein-
baren wir folgende Bezeichnungen:
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Lineare Algebra und Analytische Geometrie
N = {0,1,2,3,...} natu¨rliche Zahlen
Z = {0,±1,±2,±3,...} ganze Zahlen
Q = (cid:8)a |a,b ∈ Z,b 6= 0(cid:9) rationale Zahlen
b
N ⊂ Z ⊂ Q ⊂ R Menge der reellen Zahlen (siehe Analysis)
∅ leere Menge
Fu¨reinigeimmerwiedervorkommendelogischeBeziehungenverwendenwirweitverbrei-
tete Abku¨rzungen; die wichtigsten davon sind:
∀x fu¨r alle x“
”
∃x es gibt mindestens ein x“
”
(∃!x es gibt genau ein x“)
”
=⇒, ⇐=, ⇐⇒ logische Implikationen
:= nach Definition gleich“
”
:⇐⇒ nach Definition ¨aquivalent“
”
Sei X eine Menge, E(x) eine Eigenschaft“, die fu¨r jedes x ∈ X entweder gilt oder nicht
”
gilt. {x ∈ X|E(x) gilt} ist die Menge der Elemente x ∈ X mit der Eigenschaft E(x).
Beispielsweise ist {x ∈ N|n ungerade} = {1,3,5,7,...}.
P(X) := {Y |Y ⊂ X} ist die Menge aller Teilmengen von X, die sogenannte Potenz-
menge von X.
Sind X und Y Mengen, so nennt man X ∪ Y := {x|x ∈ X oder x ∈ Y} die Ver-
einigungsmenge von X und Y sowie X ∩ Y := {x|x ∈ X und x ∈ Y} den Durch-
schnitt oder die Schnittmenge von X und Y. Ist weiter Y ⊂ X eine Teilmenge, so heißt
X \Y := {x|x ∈ X und x 6∈ Y} Komplement von Y in X.
Seien X,Y Mengen und x ∈ X,y ∈ Y. Dann ist (x,y) das geordnete Paar“ von x,y.
”
Hierbei gilt ∀x,x0 ∈ X,y,y0 ∈ Y: (x,y) = (x0,y0) :⇐⇒ x = x0 und y = y0. Man beachte
den Unterschied: die Mengen {1,2} und {2,1} sind gleich, die Paare (1,2) und (2,1)
jedoch nicht!
Dieses Konzept l¨aßt sich auf mehr als zwei Elemente ausdehnen: sei n ∈ N, n > 1,
und seien X ,...,X Mengen sowie x ∈ X ∀1 6 i 6 n. Dann ist (x ,...,x ) das
1 n i i 1 n
n-Tupel der Elemente x ,...,x . Wieder gilt fu¨r alle x ,x0, 1 6 i 6 n: (x ,...,x ) =
1 n i i 1 n
(x0,...,x0 ) :⇐⇒ ∀1 6 i 6 n : x = x0.
1 n i i
Man nennt X × ... × X := Qn X := {(x ,...,x )|∀1 6 i 6 n : x ∈ X } das
1 n i=1 i 1 n i i
kartesische oder direkte Produkt der Mengen X ,...,X . Im Spezialfall X = ··· =
1 n 1
X =: X schreibt man Xn := X ×...×X = X ×...×X. Wir werden sp¨ater eine
n 1 n
| {z }
n-mal
Verallgemeinerung dieses Konzeptes kennenlernen; siehe dazu Seite 20.
Definition. Seien X,Y Mengen und R ⊂ X ×Y. Dann heißt % := (X,R,Y) Relation
zwischen X und Y. Statt (x,y) ∈ R schreibt man auch einfach x%y.
Beispiel. Sei X := Y := Z und R := {(x,y) ∈ Z2|x 6 y}. Dann gilt ∀x,y ∈ Z:
x 6 y ⇐⇒ (x,y) ∈ R.
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1.1 Mengen, Relationen, Abbildungen
Definition. Seien X,Y Mengen und f = (X,Γ,Y) eine Relation (d.h. Γ ⊂ X ×Y). f
heißt Abbildung, wenn zu jedem x ∈ X genau ein y ∈ Y existiert mit (x,y) ∈ Γ.
Das heißt:
• ∀x ∈ X∃y ∈ Y : (x,y) ∈ Γ (Existenz)
• ∀x ∈ X,y,y0 ∈ Y : (x,y),(x,y0) ∈ Γ =⇒ y = y0 (Eindeutigkeit)
Ist f eine Abbildung, so heißt Γ Graph von f.
Fu¨r alle x ∈ X, y ∈ Y mit (x,y) ∈ Γ heißt f(x) := y Bild von x bei f, y heißt Urbild
von x bei f.
f
Schreibweise fu¨r Abbildungen: f : X → Y, x 7→ f(x) oder auch: X −→ Y
Bemerkung.
1. f : X → Y Abbildung bedeutet: Jedem x ∈ X wird durch eine eindeutige Vor-
schrift genau ein Element y = f(x) ∈ Y zugeordnet. Dann ist Γ = {(x,f(x))|x ∈
X}.
2. Nach Definition gilt fu¨r f : X → Y, g : A → B: f = g genau dann, wenn X = A,
Y = B, ∀x ∈ X : f(x) = g(x)
Beispiel. f : R → R, f(x) := x2 ist eine Abbildung mit dem Graphen {(x,x2)|x ∈ R}.
Definition. Sei f : X → Y eine Abbildung, U ⊂ X, V ⊂ Y. Dann heißt f(U) :=
{y|∃x ∈ U : y = f(x)} = {f(x)|x ∈ U} Bild von U, f−1(V) := {x ∈ X|f(x) ∈ V}
Urbild von V bei f. Insbesondere heißt f(X) Bild von f.
Zu jedem y ∈ Y heißt die Menge f−1(y) := f−1({y}) = {x ∈ X|f(x) = y} Faser von y
bei f.
Beispiel. Sei f : R2 → R, f(a,b) := a2+b2. Fu¨r die Fasern gilt:
∅ falls r < 0,
f−1(r) = {(0,0)} falls r = 0,
(cid:8)(a,b)|a2+b2 = r(cid:9) falls r > 0.
√
Fu¨r positives r ist also f−1(r) die Kreislinie um den Ursprung mit Radius r.
Definition. Sei f : X → Y eine Abbildung.
1. f heißt injektiv, wenn fu¨r alle x,x0 ∈ X gilt: f(x) = f(x0) =⇒ x = x0.
2. f heißt surjektiv, wenn es zu jedem y ∈ Y ein x ∈ X gibt mit f(x) = y.
3. f heißt bijektiv, wenn f injektiv und surjektiv ist.
f : X → Y ist also genau dann injektiv, wenn aus x 6= x0 folgt, daß f(x) 6= f(x0) ist,
und genau dann nicht injektiv, wenn es mindestens ein Paar (x,x0) gibt mit x 6= x0,
aber f(x) = f(x0).
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Lineare Algebra und Analytische Geometrie
Beispiel.
1. f : R → R, f(x) := x2 ist nicht injektiv (da f(−1) = 1 = f(1)) und nicht surjektiv
(da f(R) = {r ∈ R|r > 0} =6 R).
2. g : R → {r ∈ R|r > 0}, g(x) := x2 ist nicht injektiv (denn) g(−1) = 1 = g(1)),
aber surjektiv.
3. h : {r ∈ R|r > 0} → {r ∈ R|r > 0}, h(x) := x2 ist injektiv und surjektiv, also
bijektiv.
Definition. Sei f : X → Y bijektiv. Die Abbildung f−1 : Y → X, y 7→ f−1(y) := das
eindeutig bestimmte x mit f(x) = y, heißt Umkehrabbildung von f.
Eine Anwendung von Umkehrfunktionen ist die sogenannte Public-Key-
Verschlu¨sselung (Diffie/Hellman, 1975).
Die Personen A,B,... wollen geheime Daten austauschen. Dazu w¨ahlt man
ein großes n ∈ N, so daß Nachrichten x die Form x ∈ N, x < n haben.
Alle Personen A,B,... besitzen bijektive Abbildungen
f : N → N, f : N → N, ... wobei N := {0,1,2,...,n−1}.
A B
Die Bildungsgesetze von f ,f ,... sind ¨offentlich bekannt. Die Bildungsge-
A B
setze der Umkehrabbildungen f−1,f−1,... sind aber jeweils nur A,B,... be-
A B
kannt und lassen sich nicht in vertretbarer Zeit aus den Bildungsgesetzen von
f ,f ,... berechnen.
A B
Kennt man aber das Bildungsgesetz von f ,f−1, so lassen sich f (x) und
A A A
f−1(x) fu¨r jedes x < n leicht berechnen. A schickt Nachricht x nun folgender-
A
maßen mit einer Unterschrift an B:
• A schickt die codierte Nachricht als y := f (x).
B
• A schickt als Unterschrift z := f (f−1(x)).
B A
B decodiert die Nachricht durch f−1(y) = f−1(f (x)) = x. Das kann nur B,
B B B
denn nur B kennt f−1.
B
Daß die Nachricht wirklich von A stammt, pru¨ft B mittels f (f−1(z)) = x
A B
nach. Auch das kann nur B, und nur A kann die Nachricht unterschrieben
haben, denn nur A kennt f−1.
A
f g
Definition. Seien X −→ Y, Y −→ Z Abbildungen. Die Abbildung g◦f := gf : X → Z
ist definiert durch (g ◦f)(x) := g(f(x)) und heißt Komposition oder Hintereinander-
ausfu¨hrung von g und f.
Definition. Die Abbildung id : X → X mit id (x) := x ∀x ∈ X heißt identische
X X
Abbildung von X.
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1.1 Mengen, Relationen, Abbildungen
1.1.1 Satz. Seien f : X → Y, g : Y → Z, h : Z → U Abbildungen. Dann gilt:
1. (a) h◦(g◦f) = (h◦g)◦f (Assoziativit¨at der Komposition)
(b) f ◦id = f = id ◦f (Neutrales Element)
X Y
2. (a) Sind g und f injektiv bzw. surjektiv bzw. bijektiv, dann ist g ◦ f ebenfalls
injektiv bzw. surjektiv bzw. bijektiv.
(b) Ist g◦f injektiv, so ist f injektiv.
(c) Ist g◦f surjektiv, so ist g surjektiv.
3. (a) Ist f bijektiv, so ist f−1 wohldefiniert und bijektiv mit f ◦ f−1 = id und
X
f−1◦f = id .
Y
(b) Sei f0 : Y → X mit f◦f0 = id , f0◦f = id , dann ist f bijektiv und f0 = f−1
Y x
eindeutig bestimmt.
4. Sind f und g bijektiv, so ist (f−1)−1 = f und (g◦f)−1 = f−1◦g−1.
Beweis.
1. (a) Fu¨r alle x ∈ X ist (h ◦ (g ◦ f))(x) = h((g ◦ f)(x)) = h(g(f(x))), ebenso
((h◦g)◦f)(x) = (h◦g)(f(x)) = h(g(f(x))).
(b) ist klar.
2. (a) injektiv: Seien g,f injektiv. Dann gilt ∀x,x0 ∈ X : (g◦f)(x) = (g◦f)(x0) =⇒
f(x) = f(x0) =⇒ x = x0.
surjektiv: Seien g,f surjektiv. Dann gilt ∀z ∈ Z∃y ∈ Y : g(y) = z. Aber
∀y ∈ Y ∃x ∈ X : f(x) = y, also ∀z ∈ Z∃x ∈ X : g(f(x)) = z.
(b) ∀x,x0 ∈ X : f(x) = f(x0) =⇒ g(f(x)) = g(f(x0)) =⇒ (g ◦ f)(x) = (g ◦
f)(x0) =⇒ x = x0.
(c) ∀z ∈ Z∃x ∈ X : g(f(x)) = z, also ∃y ∈ Y : g(y) = z. (Und zwar ist
y = f(x).)
3. (a) WegenderSurjektivit¨atvonf gibteszujedemy ∈ Y einx ∈ X mitf(x) = y;
wegen der Injektivit¨at ist y eindeutig bestimmt. Damit ist f−1 wohldefiniert.
Offenbar ist f ◦f−1 = id und f−1 ◦f = id , nach 2.b) und 2.c) ist damit
Y X
f−1 bijektiv.
(b) Es ist f ◦f0 = id und f0 ◦f = id . Wegen 2.b) und 2.c) sind damit f und
Y X
f0 bijektiv.
Fu¨r alle x ∈ X,y ∈ Y gilt: f(x) = y ⇐⇒ f0(f(x)) = f0(y) ⇐⇒ x = f0(y),
also ist f0 = f−1.
4. Wegen f◦f−1 = id , f−1◦f = id folgt aus 3.b) (indem man f−1 fu¨r f einsetzt):
Y x
f = (f−1)−1.
Außerdem gilt: (g◦f)◦(f−1◦g−1) = g◦(f◦(f−1◦g−1)) = g◦((f◦f−1)◦g−1) =
g◦g−1 = id , also f−1◦g−1 = (g◦f)−1.
Z
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Lineare Algebra und Analytische Geometrie
Bemerkung. Fu¨r Abbildungen f,g gilt im allgemeinen g◦f 6= f◦g. (Beachte: meist sind
nicht einmal beide definiert!)
Beispiel. X := {1,2,3}, f : X → X, g : X → X. Es sei f(1) := 2,f(2) := 1,f(3) := 3
sowie g(1) := 1,g(2) := 3,g(3) := 2. Dann ist f ◦g 6= g ◦f, denn f(g(1)) = f(1) = 2,
aber g(f(1)) = g(2) = 3.
Definition. Sei X 6= ∅ eine Menge. X heißt endlich, wenn es ein n ∈ N gibt, so daß
eine bijektive Abbildung X → {1,2,...,n} existiert. n =: |X| heißt dann M¨achtigkeit
von X, und wir setzen |∅| := 0.1 Eine nicht endliche Menge heißt unendlich.
1.1.2 Satz. Sei X eine endliche Menge, f : X → X eine Abbildung. Dann sind folgende
Aussagen ¨aquivalent:
1. f ist injektiv
2. f ist surjektiv
3. f ist bijektiv
Beweis.
1. =⇒ 2. Sei y ∈ X. Dann gilt fu¨r alle i ∈ N:
(cid:8)y =: f0(y),f(y) =: f1(y),f(f(y)) =: f2(y),...,fi(y)(cid:9) ⊂ X.
Da X endlich ist, gibt es n,k ∈ N mit k > 1 und fn(y) = fn+k(y) = fn(fk(y)). f ist
injektiv, also auch fn; damit ist y = fk(y) = f(fk−1(y)), also y ∈ f(X).
2.=⇒3.Seif nichtbijektiv,also(wegenderSurjektivit¨at)nichtinjektiv.Dann∃x,x0 ∈
X,x 6= x0,f(x) = f(x0). Dann ist f(X) = f(X \{x}), also hat f(X) mindestens ein
Element weniger als X, im Widerspruch zu f(X) = X.
3. =⇒ 1. Klar.
Bemerkung.
1. Seien x,y endliche Mengen. Aus der Definition folgt |X| = |Y| ⇐⇒ ∃f : X →
Y bijektiv.
2. Sei X eine endliche Menge, Y,Z ⊂ X, X = Y ∪Z, Y ∩Z = ∅ (man nennt diesen
Fall disjunkte Vereinigung). Dann ist |X| = |Y|+|Z|.
3. NachCantornenntmanbeliebige(nichtunbedingtendliche)MengenX,Y gleichm¨achtig,
wenn es eine bijektive Abbildung f : X → Y gibt.
4. Satz 1.1.2 gilt nicht fu¨r unendliche Mengen: f : N → N, f(x) := 2x ist injektiv,
aber nicht surjektiv. Dagegen ist g : N → N, f(0) := 0,f(x) := x−1 fu¨r x > 1
surjektiv, aber nicht injektiv.
1Wie sieht man eigentlich, daß die M¨achtigkeit wohldefiniert ist?
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