Table Of ContentVorlesungsskript
Lineare Algebra
PROF. DR. WALTER GUBLER
im Wintersemester 2010/2011 und Sommersemester 2011
an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen
gesetzt von JULIEN SESSLER und TANJA PAPADOPOULOU mit LATEX
Korrektur gelesen von CHRISTIAN POWER
LetzteÄnderung:12.Juli2012
Vorwort
Dieses Skript wurde während meiner Vorlesung Lineare Algebra im WS 10/11 und SS 11 an der
Eberhard-Karls-Universtität Tübingen von Julien Sessler und Tanja Papadopoulou getippt und von
Christian Power überarbeitet, denen ich dafür vielmals danke. Das Skript kann nur für die Hörer
meiner Vorlesung von Nutzen sein. Wer sich sonst für Lineare Algebra interessiert, der sei auf die
Literaturliste am Ende verwiesen. Mein Dank geht auch an Christian Christensen, der das Skript
gründlich gelesen und mich auf viele Fehler hingewiesen hat. Wir sind dem Leser dankbar, wenn er
gefundeneFehleranwalter.gubler@mathematik.uni-regensburg.demeldet.
Notation
MitNbezeichnenwirdienatürlichenZahlenmit0.EineechteInklusionvonMengenbezeichnenwir
mitA⊂B,wennGleichheitzugelassenist,dannbenützenwirA⊆B.DieGruppederinvertierbaren
ElementeeinesRingesRbezeichnenwirmitR∗.
iii
Inhaltsverzeichnis
Vorwort iii
I. LineareAlgebraI 1
I. Einführung 3
1. Logik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
2. ElementareZahlentheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
3. Mengenlehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
4. LineareGleichungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
II. AlgebraischeGrundlagen 17
1. Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2. RingeundKörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
3. Polynome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
III. Vektorräume 29
1. Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
2. KartesischeProdukte,UnterräumeundSummen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
3. QuotientenräumeundDualraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
IV. Dimensionstheorie 39
1. Linearkombinationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
2. Basis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
3. Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
V. Matrizenrechnung 51
1. LineareAbbildungenundMatrizen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
2. RangundInvertierbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
3. ZusammenhangzulinearenGleichungssystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
4. Basiswechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
VI. Determinanten 67
1. Permutationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
2. Determinantenformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
3. EigenschaftenvonDeterminanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
4. AdjungierteMatrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
VII.Eigenwerte 83
1. ErgänzungenzuPolynomenundDeterminanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
2. EigenwerteundEigenvektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
3. CharakteristischesPolynom. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
4. Trigonalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
v
Inhaltsverzeichnis
II. LineareAlgebraII 101
VIII.EuklidischeundunitäreVektorräume 103
1. Bilinearformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
2. SymmetrischeBilinearformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
3. Skalarprodukte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
4. Orthogonalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
5. AdjungierteAbbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116
6. Isometrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
7. SelbstadjungierteAbbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128
IX. AnwendungeninderGeometrie 133
1. AffineRäume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
2. AffineAbbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
3. Kongruenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138
4. Quadriken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
5. QuadrikenimR3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
X. Normalformen 155
1. Polynomfaktorisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155
2. Primärzerlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158
3. Jordan-Zerlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161
4. JordanscheNormalform. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
XI. MultilineareAlgebra 169
1. DirekteSummen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169
2. Tensorprodukte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170
3. DieTensoralgebra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175
4. DiesymmetrischeAlgebra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178
5. ÄußereAlgebra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
Index 185
Literaturverzeichnis 189
vi
Teil I.
Lineare Algebra I
1
1KapitelI.
Einführung
1. Logik
1.1. In der Logik gibt es Aussagen. Wir gehen davon aus, dass eine Aussage entweder wahr oder
falschist(WiderspruchsfreiheitderMathematik).
1.2 Beispiel. Aussage A: Jede Primzahl ist ungerade. Diese Aussage ist falsch, da 2 gerade und
einePrimzahlist⇒Widerspruchsbeweis.AussageB:JedeungeradeQuadratzahlhatdenRest1bei
Divisiondurch8.DieseAussageistwahr(Beweis:siehe1.9).
1.3. Die Mathematik ist aus Axiomen aufgebaut. Das sind Aussagen, die „von allen“ als richtig
anerkanntwerden,aberdienichtbeweisbarsind.
Als Beispiel erwähnen wir das Parallelenaxiom aus der ebenen euklidischen Geometrie: „Durch
jedenPunktPaußerhalbeinerGeradeng,gibtesgenaueineParallelezug.“
1.4. AusgegebenenAussagenAundBkannmanfolgendermaßenneueAussagenbilden:
• ¬A(NegationvonA,„nichtA“)
• A∧B(AundB)
• A∨B(AoderB)
• A=⇒B(wennAgilt,danngiltauchB,„ausAfolgtB“)
• A⇐⇒B(Agiltgenaudann,wennBgilt,„AistäquivalentzuB“)
1.5. Esistwahr=1undfalsch=0.
A B ¬A A∧B A∨B A=⇒B A⇐⇒B
1 1 0 1 1 1 1
1 0 0 0 1 0 0
0 1 1 0 1 1 0
0 0 1 0 0 1 1
1.6. InteressanteAussagenerhältman,indemmandieQuantoren„füralle“(kurz:∀)oder„esexis-
tiert“ (kurz: ∃) benutzt. Die Negation von ∃ ist (cid:64) („es existiert kein“). „Es existiert genau ein“ kürzt
manmit∃!ab.
1.7 Beispiel. Die Aussage A aus Beispiel 1.2 kann man folgendermaßen formulieren: ∀ p Primzahl
⇒ p ungerade (Vorsicht: falsch). Beachte, dass die Umkehrung auch nicht gilt! Die Negation der
AussageAlautet:∃ pPrimzahlmit pgerade(wahr, p=2).
1.8. Um in der Mathematik die Wahrheit einer Aussage zu prüfen, muss man einen Beweis führen.
DabeimussmandieAussageausfrüherbewiesenenAussagenundAxiomenherleiten(mitHilfevon
„=⇒“)
1.9Beispiel. WirbeweisenAussageBvon1.2:JedeungeradeQuadratzahlhatbeiDivisiondurch8
denRest1.
3
KAPITELI. EINFÜHRUNG
Beweis: Sei q ungerade Quadratzahl. Da die Quadrate gerader Zahlen wieder gerade sind, muss
q=(2k+1)2 gelten,füreinenatürlicheZahlk.
q=4·k2+4·k+1=4·k·(k+1)+1
VondenbenachbartenZahlenk,k+1istgenaueinegeradeunddeshalbist4·k·(k+1)einVielfaches
von8.DaszeigtdieBehauptung.
1.10. Eine wichtige (wahre) Aussage wird als Theorem bezeichnet. Ein Zwischenergebnis, das für
denBeweiseinesTheoremsbenötigtwird,heißtLemma.EinePropositionisteinenaheliegendeoder
wenigerwichtigeAussage.EineBehauptungistebenfallseineAussage,diemanbeweisenmuss.Ein
KorollaristeineFolgerung.EineVermutungisteineAussage,diemanfürwahrhält,aberbisjetzt
nichtbeweisenkann.
2. Elementare Zahlentheorie
2.1. DienatürlichenZahlenwerdendurchdiefolgenden5Peano-Axiomecharakterisiert:
P1 0isteinenatürlicheZahl.
P2 FürjedenatürlicheZahlngibteseinenNachfolgern∗.
P3 0istkeinNachfolgereinernatürlichenZahl.
P4 WennzweinatürlicheZahlendenselbenNachfolgerhaben,dannsindsiegleich.
P5 EsgiltdasPrinzipdervollständigenInduktion.
2.2. Das Prinzip der vollständigen Induktion ist ein wichtiges Beweismittel. Es funktioniert fol-
gendermaßen:Wirnehmenan,dasswirzujedernatürlichenZahlneineAussageA(n)haben.Weiter
sollfolgendesgelten:
• A(0)seiwahr(Induktionsanfang).
• WennA(n)füreinenatürlicheZahlnwahrist,dannistauchA(n∗)wahr(Induktionsschritt).
DievollständigeInduktionbesagtdann,dassjedesA(n)wahrist.
2.3 Beispiel. Wir schreiben dann 0,1:=0∗,2:=1∗,3:=2∗,... Es kennzeichnet „:=“ hierbei eine
Definition.Behauptung:WirerhaltenmitdieserListeallenatürlichenZahlen.
BeweismitvollständigerInduktion. Induktionsanfangn=0:A(0)istwahr,denn0istdieersteZahl
derListe.Induktionsschrittn(cid:55)→n+1:DaA(n)wahrist,kommtninderListevor.Dannistn∗ das
nächsteElementderListe.DamitistA(n∗)wahr.DiesbeweistdenInduktionsschritt.Mitvollständiger
InduktionfolgtdieBehauptung.
2.4 Bemerkung. Wir sehen aus 2.3, dass wir die gewohnten natürlichen Zahlen erhalten. Weiter
macht2.3dievollständigeInduktionplausibel.WennA(0)wahrist,dannmüssenauch
A(1)=A(0∗), A(2)=A(1∗), A(3)=A(2∗),...
wahrsein.MankannP5abernichtausdenanderenAxiomenbeweisen.
MitHilfedervollständigenInduktionkannman+,·,≤ fürdienatürlichenZahlenbeweisen.Dies
istallerdingsimFolgendenzuausschweifendundwirdalsbereitsbekanntvorausgesetzt.
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