Table Of ContentMathematik im Kontext
Andreas Verdun
Leonhard Eulers
Arbeiten zur
Himmelsmechanik
Mathematik im Kontext
Herausgeber
DavidE.Rowe
KlausVolkert
DieBuchreiheMathematikimKontextpubliziertWerke,indenenmathematischwichtigeund
wegweisendeEreignisseoderPeriodenbeschriebenwerden.NebeneinerBeschreibungder
mathematischenHintergründewirddabeibesondererWertaufdieDarstellungdermitden
EreignissenverknüpftenPersonengelegtsowieversucht,derenHandlungsmotivedarzustellen.Die
BüchersollenStudierendenundMathematikernsowieanMathematikInteressierteneinentiefen
EinblickinbedeutendeEreignissederGeschichtederMathematikgeben.
WeitereBändedieserReihefindensieunterhttp://www.springer.com/series/8810
Leonhard Euler (1707–1783). Pastellgemälde auf Papier von Jakob Emanuel Handmann 1753
(KunstmuseumBasel,MartinP.Bühler)
Andreas Verdun
Leonhard Eulers Arbeiten
zur Himmelsmechanik
PDDr.sc.nat.AndreasVerdun
AstronomischesInstitut
UniversitätBern
Bern,Schweiz
E-Mail:[email protected]
ISSN2191-074X
ISBN978-3-662-44330-9 ISBN978-3-662-44331-6(eBook)
DOI10.1007/978-3-662-44331-6
MathematicsSubjectClassification(2010):01:01-02,01A50,01A85;70:70-02,70-03,70E05,70E15,
70E20,70F05,70F07,70F10,70F15,70F17,70M20;85:85-02,85-03
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;
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SpringerSpektrum
©Springer-VerlagBerlinHeidelberg2015
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„Die eigenen Grenzen erkennen“
bedeutet, sie zu überschreiten
Wär’ nicht das Auge sonnenhaft,
die Sonne könnt’ es nie erblicken;
Läg’ nicht in uns des Gottes eigne Kraft,
Wie könnt’ uns Göttliches entzücken?
(JohannWolfgangvonGoethe, Zahme XenienIII)
Vorwort zur Buchausgabe
Die vorliegende Studie ist die leicht überarbeitete Fassung meiner im Mai 2010
in der philosophisch-naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Bern einge-
reichten und im Jahr 2011 angenommenen Habilitationsschrift, die durch ein For-
schungsprojekt vom Schweizerischen Nationalfonds ermöglicht wurde, wofür ich
ihm als Erstes an dieser Stelle danken möchte. Sie ist aus meiner langjährigen
Forschungs- und Editionsarbeit an den Bänden 26 und 27 der Series secunda der
Leonhardi Euleri Opera Omnia hervorgegangen,dievonderEuler-Kommissionder
SchweizerischenAkademie derWissenschaftenherausgegebenundzumgroßenTeil
vom SchweizerischenNationalfonds finanziert wurde.
Verschiedenen Personen und Institutionen möchte ich herzlich dafür danken,
dassmeineHabilitationsschriftpubliziertwerdenkonnte:JedZ.Buchwald,derdas
Manuskriptfür den Druck begutachtenließ; Curtis A. Wilson (1921–2012),dessen
positiveRückmeldungenmichbesondersfreuten;TilmanSauer,derdieVerbindung
zu denHerausgebernder Springer-ReiheMathematik im Kontext ermöglichte;Da-
vid E. Rowe und Klaus Volkert, die meine Arbeit in ihre Reihe aufgenommen
haben;IrinaV.Tunkina,diemiralsLeiterindesSt.PetersburgerArchivsderRus-
sischen Akademie der Wissenschaften die Scans und Copyrights der zahlreichen
Seiten aus Eulers unpublizierten Manuskripten und Notizbüchern besorgte; Gleb
K. Mikhailov, der mir den Zugriff auf diese äußerst wichtigen und bisher weitge-
hend unerforschten Dokumente überhaupt erst ermöglichte; dem Schweizerischen
Nationalfonds, der mich auch nach meiner Habilitation an einem Forschungspro-
jekt unterstützte, dessen neueste Ergebnisse in [Verdun 2011c], [Verdun 2013a],
[Verdun 2013b] und [Verdun 2014a] bereits vorliegen; dem Astronomischen Insti-
tut der UniversitätBern,das mir Grundlage und Rückhaltfür meine Arbeit gebo-
tenhat,sowiedemSpringer-VerlagHeidelberg,insbesondereFrauAgnesHerrmann
undHerrnClemensHeine,fürdieMithilfeundUnterstützungbeiderDrucklegung.
Bern, im Mai 2014 Andreas Verdun
IX
Vorwort zur
Habilitationsschrift
Leonhard Euler (1707–1783) war einer der produktivsten und kreativsten Natur-
wissenschaftler aller Zeiten. Seine Publikationsliste enthält rund 900 Monografien
undAbhandlungen,vorwiegendausdenGebietenderexaktenWissenschaftenund
ihren Anwendungen in Technik und Ingenieurwesen. Sein wissenschaftlicher Brief-
wechselwirdaufüber6000zumTeilumfangreicheBriefegeschätzt,wovonetwadie
Hälfte nocherhaltenist.Erhinterließzahlreiche,bislangnochunpublizierte Notiz-
bücher und Manuskripteim Umfang vonmehreren1000Seiten. Inden Disziplinen
Mathematik,PhysikundAstronomievollbrachteerLeistungenerstenRanges.Da-
mit prägte er die exakten Wissenschaften des 18. Jahrhunderts maßgebend. Es ist
vor allem Eulers Verdienst, die mathematische Beschreibung der Natur vorange-
trieben und in jene Form gebracht zu haben, die heute noch als „selbstverständli-
che“ Grundlage vorausgesetztund verwendetwird. Zahlreiche mathematische Me-
thoden und physikalische Prinzipien gehen direkt auf Euler zurück oder wurden
vonihm „formalisiert“.Insbesondere schuf er fundamentale Begriffe und entdeckte
mathematische Sätze und physikalische Gesetze von zentraler Bedeutung. Eulers
Leistungen kommen daher am deutlichsten in den Methoden zum Ausdruck, mit
denen er die verschiedensten Probleme anging, löste und in vollendeter Klarheit
und Einfachheit darstellte.
Dieim17.Jahrhundertentstandenen,vorwiegendgeometrischenMethodender
MathematikwarenzurLösungderkompliziertennaturwissenschaftlichenProbleme
des 18. Jahrhunderts unzureichend. Mit der Ausarbeitung des Infinitesimalkalküls
LeibnizscherPrägungindererstenHälftedes18.Jahrhundertsentstandeinschlag-
kräftigesInstrumentzurtheoretischenBeschreibungphysikalischerundastronomi-
scher Phänomene. Immer genauere Messmethoden und Beobachtungen stellten zu
ihrer Interpretation immer höhere Anforderungen an die theoretischen Modelle
und an den mathematischen Formalismus, mit denen die Theorien verfeinert und
die Beobachtungen ausgewertet wurden. Im Laufe des 18. Jahrhunderts wurden
physikalische Prinzipien und mathematisch-analytische Methoden entwickelt, mit
denen die schwierigen Probleme, z.B. der Himmelsmechanik, angegangen und be-
handeltwerdenkonnten.DurchdievielseitigstenAnwendungenhabensichgewisse
Methoden etabliert und standardisiert. Das 18. Jahrhundert stellt diesbezüglich
eine entscheidende Epoche in der Geschichte der exakten Wissenschaften dar, die
XI
XII Vorwort zurHabilitationsschrift
hauptsächlich durch das Werk Eulers beeinflusst wurde. Diese wichtige Phase in
der Entwicklung der Wissenschaften ist bis heute noch ungenügend und im Detail
zum Teil überhaupt noch nicht nach modernen historiografischen Kriterien und
mit zeitgemäßen, Computer-gestützten Hilfsmitteln erforscht worden (wenn man
von den wenigen, meist nur rezitierenden Publikationen absieht). Der Grund da-
für liegt einerseits in der Komplexität der Materie, in den damals im Entstehen
begriffenen,umständlichen mathematischenFormalismenund Notationensowiein
denmodernen,Computer-gestütztenHilfsmitteln, diebisvorwenigenJahrzehnten
der historischen Forschung noch nicht zur Verfügung standen und die heute zur
Rekonstruktion der von Euler und seinen Zeitgenossen durchgeführten komplexen
undumfangreichenBerechnungeneingesetztwerdenkönnen.Andererseitswurdees
erstinjüngster ZeitdurchmoderneDigitalisierungsmethodenmöglich,bislangun-
verarbeitete,fürdieEuler-ForschungrelevanteDokumenteausdenverschiedensten
Archiven der Welt in elektronischerForm über das Internet der wissenschaftlichen
Gemeinschaft zugänglich zu machen und zu nutzen.
Erst jetzt, in der Endphase der Gesamtedition der Eulerschen Werke1, ist es
möglich, die Leistungen Eulers in den verschiedenen Gebieten der exakten Wis-
senschaftenumfassendzu analysieren,zubeurteilen und zu würdigen.Im Rahmen
einer zehnjährigen Editionsarbeit an zwei Bänden, die Eulers Abhandlungen zur
Störungstheorie enthalten,2 wurden vom Autor profunde Kenntnisse und umfang-
reiche Materialen erarbeitet, die es erlauben, Eulers Arbeiten zur Himmelsmecha-
niknachmodernenwissenschaftshistorischenGesichtspunktenzuuntersuchen.Da-
durch bot sich erstmals die Gelegenheit, die Bedeutung Eulers für die Entstehung,
Anwendung und Standardisierung moderner mathematischer Methoden und phy-
sikalischer Prinzipien anhand seiner Beiträge zur Himmelsmechanik im Detail zu
analysieren. Mit der vorliegenden Arbeit sollte ein erster und ernstzunehmender
Versuch in diese Richtung unternommen werden.3 Damit sollte zudem die Euler-
Edition, die nach nunmehr 100 Jahren zum Abschluss kommt, von der Fachwelt
verstärktwahrgenommen,wissenschaftshistorischvermehrtgenutztunddurchent-
sprechende Publikationen einer weiteren Wertschöpfung zugeführt werden.
Diese Habilitationsschrift befasst sich mit dem umfangreichen himmelsmecha-
nischen Werk Eulers, weil besonders in diesen Arbeiten die Entstehung und Ent-
wicklung moderner wissenschaftlicher Methoden zum Ausdruck kommt. Anhand
vonEulers Publikationenund Handschriftensollgezeigtwerden,wie sichin seinen
Arbeiten zur Himmelsmechanik bestimmte mathematische Methoden und physi-
kalische Prinzipien in einem stetigen, komplexen Prozess herausgebildet und zu
Standardverfahren entwickelt haben, die heute zum Handwerkzeug zur Lösung
mechanischerundhimmelsmechanischerProblemegehören.DievonEulererzielten
Resultatewurdenteilweiserekonstruiert,wodurchdieQualitätderzugrundegeleg-
ten Theorien und der durchgeführten Berechnungen beurteilt werden kann. Diese
Habilitationsarbeit ermöglicht es, das Gesamtwerk Eulers zur Himmelsmechanik
aus wissenschaftshistorischer und fachlicher Sicht einzuschätzen und zu würdigen.
1Cf.Leonhardi Euleri Opera Omnia,[Fellmann1993],[Verdun2005d].
2Cf.O.II26und27,[Verdun2000a].
3ErsteIdeenundSkizzendazuerfolgtenin[Verdun2003a],[Verdun2005c],[Verdun2006].
Description:Diese Gesamtdarstellung von Leonhard Eulers Arbeiten zur Himmelsmechanik zeigt, wie sich bei ihm mathematische Methoden und physikalische Prinzipien bei den Lösungen himmelsmechanischer Probleme entwickelten, sukzessive etablierten und sich durch vielseitige Anwendungen zu Standardverfahren entwick