Table Of ContentLEHRBUCH DER
D IFFERENTI.ALD lA GNOSE
INNERER KRANKHEITEN
VON
PROFESSOR DR. M. MATTHES t
EHEMALS DIREKTOR DER MEDIZINISCHEN
UNIVERSITATSKLINIK IN KONIGSBERG I. PR.
GEHEIMER MEDIZINALRAT
FORTGEF"OHRT VON
PROFESSOR DR. HANS CURSCHMANN
DIREKTOR DER MEDIZINISCHEN UNIVERSITATSKLINIK
IN ROSTOCK I. M.
ACHTE NEUBEARBEITETE AUFLAGE
MIT 132 ABBILDUNGEN
SPRINGER-VERLAG BERLIN HEIDELBERG GMBH 1937
ISBN 978-3-662-35672-2 ISBN 978-3-662-36502-1 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-662-36502-1
ALLE RECHTE, INSBESONDERE DAS DER ÜBERSETZUNG
IN FREMDE SPRACHEN, VORBEHALTEN.
COPYRIGHT 1937 BY SPRINGER-VERLAG BERLIN HEIDELBERG
URSPRÜNGLICH ERSCHIENEN BEI JULIUS SPRINGER IN BERLIN 1937
SOFTCOVER REPRINT OF THE HARDCOVER 8TH EDITION 1937
V orwort znr achten Anflage.
Nach kurzer Zeit ist wiederum eine neue Auflage des MATTHESschen Buches
notwendig geworden; wohl ein Zeichen dafiir, daB das Buch auch nach seiner
Neubearbeitung nicht an Beliebtheit abgenommen hat. Auch die vorliegende
achte Auflage verlangte in den meisten Abschnitten die Beriicksichtigung neuerer
Arbeiten; und gleichzeitig die Ausmerzung und Kiirzung mancher, heute obso
leter Dinge. Gleichzeitig hab e ich-den Stimmen berufener Besprecher und dem
Gebrauch anderer Neubearbeiter alter guter Biicher folgend- die Ichform in
dieser Auflage fiir mich in Anspruch genommen.
Einen Wunsch mancher Kritiker konnte ich leider nicht erfiillen, namlich
den, der neuen Auflage eine neurologische Differentialdiagnose hinzuzufiigen;
so sehr mich gerade diese Aufgabe gereizt hatte. Aber eine Diagnostik der organi
schen Nervenkrankheiten und vegetativen und Psychoneurosen, die der sonstigen
Darstellung des MATTHES an Breite und Tiefe entsprach, hatte ohne Zweifel
einen neuen dicken Band erfordert. Eine solche Belastung des bewahrten
Buches schien aber weder dem Verleger, noch mir tragbar. AuBerdem findet
sich in den Lehrbiichern der Neurologie gerade die Differentialdiagnose stets
so breit und liebevoll dargestellt, daB es mir nicht notwendig erschien, sie auch
noch unserem Buch anzufiigen. Und endlich: allein schon die organische Neuro
logie ist heute ein solch gewaltiges Gebiet geworden, daB sie von jedem ernstlich
Interessierten wohl besser in Spezialwerken nachgelesen zu werden verdient!
Rostock, im Juni 1937.
HANS CURSCHlUANN.
lnhaltsverzeichnis.
Seite
I. Die Differentialdiagnose akuter fieberhafter Infektionskrank-
heiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . l
A. Die Differentialdiagnose beginnender Infektionen und solcher ohne hervor-
stechende Lokalzeichen . . . . . . . . . . . l
l. Zentrale croupi:ise Pneumonie . . . . . . . . 4
2. Anfangszustande einiger anderer Krankheiten 8
3. Typhus abdominalis . . . . . . . . . . . . 12
Uber Verlaufsweisen und Komplikationen des Typhus, die zu
diagnostischen Schwierigkeiten fiihren ki:innen 19. - Die Verande
rungen des Krankheitsbildes durch die Vaccination 28. - Die dem
Typhus ahnlichen Formen des Paratyphus 32.
4. Akute Miliartuberkulose . . . . . . . . . . . 32
5. Septische und pyamische Erkrankungen . . . . 39
6. Akute Leukamie und leukamoide Erkrankungen 49
B. Krankheiten mit rekurrierendem Fieber . . . . . 52
Febris undulans . . . . . . . . . . . . . . . 52
Maltafieber 52. - BANGsche Krankheit 54. - Recurrens 56. -
Fiinftagefieber 58. - Malaria 60.
C. Krankheiten mit vorwiegender Beteiligung der Respirationsorgane 70
l. Influenza (Grippe) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
2. Keuchhusten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
D. Kryptogenetische Fieber . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
E. Erkrankungen bei vorwiegender Beteiligung des Nervensystems . . . . 77
Polyneuritis 77.-Polyomyelitis acuta 79.-Encephalitis epidemica 80.
F. Die Differentialdiagnose der Exantheme und anderer Hauterkrankungen
bei akuten Infektionskrankheiten 86
l. Scharlach . . . . . . 88
2. Masern . . . . . . . 94
3. Die Ri:iteln . . . . . 98
4. Erythema infectiosum 99
5. Das Erysipel. . . . . lOO
6. Fleckfieber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
7. Pocken, Windpocken und pockenahnliche Ausschlage 107
8. Erytheme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
9. Hautblutungen (hamorrhagische Diathesen) . . . . . 114
10. Blaschen und Pusteln . . . . . . . . . . . . . . 119
G. Die Differentialdiagnose der akuten fieberhaften Gelenkentziindungen 120
H. Die Differentialdiagnose der akuten fieberhaften Muskelerkrankungen 125
J. Die Differentialdiagnose der Entziindungen und Belage des Rachens und
der Mundhi:ihle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
K. Die Differentialdiagnose der Erkrankungen mit besonderem Hervortreten
akuter Magendarmerscheinungen 136
l. Akute Gastroenteritis . . . 136
2. Cholera . . . . . . . . . 141
3. Die Dysenterie. . . . . . 143
4. Die WEILsche Erkrankung 150
L. Wundinfektionskrankheiten 155
l. Tetanus . . 155
2. Lyssa 157
3. Rotz . . . 158
4. Milzbrand 159
.M. Lepra • . . . 160
Inhaltsverzeichnis. V
Seite
II. Die Differentialdiagnose subfebriler bzw. chronischer Fieber-
zustande . . . . . . . . . . . . . . . • . . . . . . . . . . . . 162
A. Die Diagnose der beginnenden Lungentuberkulose . . . . . . • . . . 163
B. Andere chronische Fieberzustande . . . . . . . . . . . . . . . . . 182
Ill. Die Differentialdiagnose des meningitischen Symptomenkom-
plexes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
A. Akute Meningitisformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
B. Chronische Meningitisformen . . . . . . • . . . . . . . . . . . . 201
IV. Die Differentialdiagnose des peritonitischen Symptomenkom-
plexes . . . . . . . . . . . . 205
A. Allgemeine akute Peritonitiden 205
B. Peritonitisahnliche Zustande . . . . . . . . . . . 213
C. Akute lokale Peritonitiden . . . . . . . . . . . 222
D. Die Differentialdiagnose der chronischen Peritonitis 230
V. Die Differentialdiagnose des Ileus und der Darmstenosen 238
A. Die chronischen Darmstenosen . . . . . . . . . . . . . . . 240
B. Die Differentialdiagnose des Ileus . . . . . . . . . . . . . . . . . 245
Vber die Diagnose des Sitzes und der Art des mechanischen Ileus . 249
C. Der funktionelle Ileus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251
Die Differentialdiagnose des peritonitischen und mechanischen Ileus 253
VI. Die Differentialdiagnose der Erkrankungen des Kehlkopfes und
der Trachea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • 254
VII. Die Differentialdiagnose der Erkrankungen der kleineren Bron-
chien und der Lunge . . . . . . . . . . . . . 266
A. Hamoptoe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266
B. Die krankhaften Veranderungen der Atmung . . . . . . . . 268
C. Die Differentialdiagnose des Asthma • . . . . . . . • . . 270
D. Die Differentialdiagnose der infiltrativen Prozesse der Lunge . 274
1. Die Differentialdiagnose der akuten Infiltrationen 275
Die croupose Pneumonie 275. - Die Bronchopneumonien 280.
2. Die Differentialdiagnose der chronischen Infiltration 282
E. Die Differentialdiagnose der Hohlenbildungen der Lunge . 296
F. Die Differentialdiagnose der Lungentumoren . . . . . . . 300
G. Der Lungenechinococcus . . . . . • . . . . . • . • . . 303
VIII. Die Differentialdiagnose der Erkrankungen der Pleura 305
A. Die trockene Pleuritis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305
B. Die Differentialdiagnose der pleuritischen Ergiisse . . . . . 306
C. Die Differentia.ldiagnose der pleuritischen Schwarten und der Pleura.ver-
wachsungen . . . . . . . . . . . . . . . • . . . . 318
D. Die Differentialdiagnose des Pneumothorax . . . . . . . 320
IX. Die Differentialdiagnose der Kreislauferkrankungen 325
A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . • . . . . . . . 325
B. Die subjektiven Klagen . . . . . . . . . . . . 327
C. Die Funktionspriifungen . . . . . . . . . . . 331
D. Die Differentialdiagnose der Rhythmusstorungen 337
1. Die extrasystolischen Arhythmien . . . . . . 340
2. Leitungsstorungen . . . . . . . . . . . . . 34 7
3. Vorhofflimmern . . . . . . . . . . . . . . 350
4. Paroxysma.le Ta.chykardie . . . . . . . . . . . . . . . 353
5. Differentialdiagnostisches iiber den Einflu.B der Herznerven 357
6. Die Differentialdiagnose der Bradykardien 359
7. Die respiratorische Arhythmie . . . . . . 361
8. Pulsus alternans . . . . . . . . . 361
9. Pulsus paradoxus . . . . . . . . 362
E. Differentialdiagnostische Besprechung einiger Folgeerscheinungen der
Zirkulationskra.nkheiten . . . . . . 364
1. Qya.nose . . . . . . . . . . . . . 364
2. Odeme . . . . . . . . . . . . . . 365
3. Erscheinungen von seiten der Lungen 366
4. Erscheinungen von seiten der Nieren . . 370
5. Erscheinungen von seiten des Nervensystems . 372
6. Erscheinungen von seiten der Verda.uungsorga.ne 375
VI Inhaltsverzeichnis.
Seite
F. Differentialdiagnostische Erwagungen des objektiven Herz- und Gefal3-
befundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • . 375
1. Die Differentialdiagnose der angeborenen Herzfehler . . . . . . . . 395
2. Die Differentialdiagnose der Herzstorungen ohne Klappenfehler . . . 399
3. Differentialdiagnostische Bemerkungen iiber einige seltene Erkrankungen 433
4. Die Differentialdiagnose der Unfallerkrankungen des Herzens . . . . 435
5. Die Differentialdiagnose der Erkrankungen des Perikards . . . . . 436
X. Die Differentialdiagnose der Milzerkrankungen • . . • . • . . . 440
XI. Die Differe n tialdiagnose der Le ber-und Gallen we g serkrankungen 461
A. Einleitung . . . . . . . . . . . • . . . 461
B. Die Untersuchungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . 463
1. Physikalische und Rontgenuntersuchung . . . . . . . 463
2. Die Priifungen der Leberfunktionen . . . . . . . . . 466
Priifung der Leberfunktion im Eiwei13stoffwechsel 467. - Die
Priifung der Lavulose- und Galaktosetoleranz 468. - Die Urobilin
und Urobilinogenproben 469.-Funktionsproben mittels der Duodenal
sonde 470. - Priifung des Einflusses der Leber auf den Wasser
haushalt 473. - Zusammenfassung und Bewertung der funktionellen
Methoden 473.
C. Die Differentialdiagnose des lkterus . . . . . . . . . . . . . . . . 473
D. Die Differentialdiagnose der von Leber und Gallenblase ausgehenden
Schmerzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 482
E. Die differentialdiagnostische Bedeutung des Fiebers . . . 482
F. Die Differentialdiagnose der diffusen Lebervergro13erungen 486
G. Die Differentialdiagnose der cirrhotischen Prozesse . . . . 488
H. Die Differentialdiagnose der ungleichmaBigen Lebervergrol3erungen 493
J. Die Differentialdiagnose der Erkrankungen der Gallenwege . . . . 497
XII. Die Differentialdiagnose der Erkrankungen der Speiserohre, des
Magens und Darms und des Pankreas . . . . . . . . . . . . . 507
A. Die Differentialdiagnose der Erkrankungen der Speiserohre 507
B. Die Differentialdiagnose der Magen-Darmerkrankungen . . 515
1. Magen-Darmsymptome bei anderen Erkrankungen. . . . 515
2. Die Differentialdiagnose des Schmerzes im Oberbauch 517
3. Die Differentialdiagnose der Hamatemesis . . . . . . . 524
4. Die Bedeutung des Nachweises der okkulten Blutungen . 526
5. Die spezielle Differentialdiagnose der Magenerkrankungen . 528
6. Die Differentialdiagnose der Bewegungsstorungen des Magens . 530
7. Die Differentialdiagnose der Sekretionsstorungen . . . . . . . . . 538
8. Die Sekretions-und Motalitatsstorungen als Ausdruck konstitutioneller
Anomalien . . . . . . . . . . . . . . . 54 7
9. Die Neurosen des Magens. . . . . . . . . . 548
10. Die Differentialdiagnose der Gastritis chronica 552
11. Die Differentialdiagnose des Magenulcus . . . 556
12. Die Differentialdiagnose des Magencarcinoms . . . . . . . . . . . 562
13. Differentialdiagnostische Bemerkungen iiber einige seltene Magenerkran-
kungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 567
14. Die Differentialdiagnose des illcus duodeni . . . . . . . . . . • 571
15. Andere Geschwiire des Darmes . . . . . . . . . . . . . . . . . 576
16. Die Differentialdiagnose der chronischen Diarrhiien . . . . . . . . 576
17. Die Differentialdiagnose der Erkrankungen der unteren Darmabschnitte 585
18. Die Differentialdiagnose der Obstipation . . . . . . . . . 589
C. Die Differentialdiagnose der Pankreaserkrankungen . . . . . . . . . 595
XIII. Die Differentialdiagnose der Erkrankungen der Harnorgane 603
A. Die Erkrankungen der Ha.rnwege und die einseitigen Nierenerkrankungen 603
1. Die Anomalien der Harnentleerung . . . . . . . . . . . • . . . 603
2. Die Diagnose des Urinbefundes . . . . . . . . . . . . . . . . . 609
Eiweil3 und Zylinder 609.-Pyurie 611. -Die Differentialdiagnose
der Hamaturie 613. - Die Differentialdiagnose einiger auffallender
anderer Urinbefunde 616.
3. Die Differentialdiagnose des Palpationsbefundes . . . . . . 618
4. Die Differentialdiagnose der Schmerzphiinomene . . . . . . 626
B. Die Differentialdiagnose der doppelseitigen Nierenerkrankungen . 628
1. Die Einteilung der doppelseitigen Nierenerkrankungen 628
2. Die Priifung der Nierenfunktion . . . . . . . . . . . . . 632
Inhaltsverzeichnis. VII
Seite
3. Vergleichende Symptomatologic . . . . . . . . . . . . . . . . 639
6dem 639. - Blutdruck und Herzhypertrophie 642. - Die Augen
befunde 643. - Uramie, Klagen der Nierenkranken 644.
4. Die Differentialdiagnose der einzelnen Krankheitsformen . . . . . 648
Die Unterscheidung nephrotischer und nephritischer Krankheits
bilder 648. - Besondere Formen der Nierenerkrankungen 653. - Die
Dauerstadien der Nephritiden und Nephrosen und ihre Abgrenzung
gegen andere Albuminurien 655.
5. Die Schrumpfnieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 657
XIV. Die Differentialdiagnose der Erkrankungen des Stoffwechsels
bzw. der endokrinen Drusen . . . . . . . . . . 659
A. Die Differentialdiagnose der Fettsucht und Magersucht 659
B. Die Differentialdiagnose der BASEDOwschen Krankheit . 663
C. Die Differentialdiagnose des Myx6dems . . . . . . . 666
D. Die Differentialdiagnose der AnmsoNschen Krankheit 670
E. Die pluriglanduliiren Erkrankungen . . . . . . . 674
F. Die Differentialdiagnose des Diabetes mellitus. . . 676
XV. Die Differentialdiagnose der Erkrankungen des Blutes 682
A. Anamien . . . . . . . . . . . . . 683
1. Die Anamien durch Blutverlust . 684
2. Die Chlorose. . . . . . . . . 686
3. Die perniziose Anamie . . . . . 687
4. Die symptomatischen Anamien . 695
5. Die Anamien des Kindesalters . . . . . . . . . 697
Die alimentiiren Anam ien 697. - Die infektiosen Anamien des
Kindesalters 698.
6. Die Differentialdiagnose der Leukamien . . . . . . . . . • . 700
B. Die Differentialdiagnose der Polycythiimie . . . . . . . . . . • 703
XVI. Die Differentialdiagnose der chronischen Gelenkerkrankungen. 706
A. Die Differentialdiagnose der Gicht . . . . . . . . . . . . . . . . . 706
B. Die Differentialdiagnose der chronischen, nicht gichtischen Arthritis-
formen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 714
XVII. Die Differentialdiagnose der Knochenerkrankungen 724
A. Die Differentialdiagnose der Rachitis • . . . . . 724
B. Die Differentialdiagnose der Osteomalacie 726
XVIII. Die Differentialdiagnose der Neuralgien und neuralgiformer
Schmerzen . . . . . . . . . . . . . . 730
A. Die Differentialdiagnose der Ischias . . . . . . 731
B. Uber einige andere Neuralgien des Beines . . . 734
C. Die Differentialdiagnose der Intercostalneuralgie 735
D. Die Differentialdiagnose der Neuralgien des Armplexus 736
E. Die Differentialdiagnose der Trigeminusneuralgien 737
XIX. Die Differentialdiagnose des Kopfschmerzes 738
Sa eh verzeichnis 744
I. Die Differentialdiagnose akuter fieberhafter
Infe ktionskrankheiten.
Voll entwickelte akute fieberhafte Infektionskrankheiten rufen meist sehr
charakteristische Krankheitsbilder hervor. Jeder A.rzt wird einen typischen
Scharlachfall, eine schwere croupose Pneumonic oder einen typischen Typhus
leicht diagnostizieren.
Es kann deswegen nicht Aufgabe dieses Buches sein, diese wohl aus
gebildeten Krankheitsbilder zu schildern; es sollen vielmehr die mehr
deutigen Symptome und Symptomenkomplexe der akuten Infektionskrank
heiten erortert werden. Mehrdeutig kann eine akute fieberhafte Erkrankung
namentlich im Beginn erscheinen, weil die Entwicklung charakteristischer
klinischer Kennzeichen, z. B. die eines Exanthems eine gewisse Zeit erfordert.
Mehrdeutig sind besonders auch die Infektionskrankheiten, bei denen die
Allgemeinerscheinungen die Lokalzeichen iiberwiegen, wie z. B. die Miliar
tuberkulose, die Sepsis und der Typhus.
Differentialdiagnostische Erwagungen werden also namentlich in den Anfangs
stadien der Infektionen und bei den Erkrankungen ohne hervorstechende
Lokalzeichen anzustellen sein. AuBerdem wird es niitzlich sein, auch die Kom
plikationen, besonders die selteneren, zu besprechen, die erfahrungsgemii.B
i:ifter dazu fiihren, daB der Arzt in seiner bereits gestellten Diagnose wieder
schwankend wird.
A. Die Di:fferentialdiagnose beginnender Infektionen nnd
solcher ohne hervorstechende Lokalzeieben.
Setzen wir den Fall, daB der Arzt zu einem akut erkrankten fiebernden
Patienten gerufen wird und zunachst bei der iiblichen klinischen Untersuchung
auBer der Temperaturerhi:ihung und allgemeinen Symptomen, wie etwa Kopf
schmerz, Abgeschlagenheitsgefiihl, Appetitlosigkeit nichts oder jedenfalls nicht
so viel findet, daB er sofort eine bestimmte Diagnose stellen kann.
Der erfahrene A.rzt wird gewiB auch bei negativem Organbefund in einem
solchen Falle einen mehr oder minder bestimmten Gesamteindruck des Krank
heitsbildes gewinnen. Aber richtiger ist es, sich nicht von einem derartigen,
unbestimmten Eindruck leiten zu lassen, sondern ganz systematisch die Reihe
der Erkrankungen durchzudenken, die mit geringem oder negativem Organ
befund beginnen konnen.
Fiir die Aufnahme der Anamnese sei daran erinnert, daB manche fiebernde
Kranke, auch wenn sie nicht benommen sind, subjektive Klagen iiber Be
schwerden, die sie eigentlich empfinden miiBten, nur auf ausdriickliches Be
fragen oder iiberhaupt nicht angeben. V on Kindern, Benommenen und geistig
Defekten sind brauchbare anamnestische Angaben natiirlich noch weniger zu
erwarten. Die Wichtigkeit der Anamnese ist aber auch bei Infektionskranken
Matthes-Curschmann, DifferentialdlagnoEe. 8. Aufl. 1
2 Die Differentialdiagnose akuter fieberhafter lnfektionskrankheiten.
sehr groB. Auch diese K.ranken frage man stets, worauf sie die Krankheit
zuriickfiihren. Besonders wichtig ist die Feststellung gleichartiger Er
krankungen in der Familie oder dem sonstigen Milieu des Kranken; ferner die
Frage, wound warm die Infektion stattgefunden hat, z. B. in der Heimat oder
im Ausland (etwa den Tropen). Auch der genaue Krankheitsbeginn ist stets
zu eruieren. Aus ihm sind oft wichtige d.iagnostische Schliisse zu ziehen.
So wenig man einem Kranken voreingenommen entgegentreten darf, so
muB es doch als feststehende diagnostische Regel gelten, daB man das Nachst
liegendste immer fiir das Wahrscheinlichste halten und davon nur abgehen
soli, wenn bestimmte Griinde dagegen sprechen. Wenn beispielsweise eine
Puerpera fiebert, so ist es a priori viel wahrscheinlicher, daB sie an einem
W ochenbettfieber als etwa an einem Typhus erkrankt ist.
Bevor wir auf die Schilderung der einzelnen differentialdiagnostisch zu
trennenden Krankheitsbilder eingehen, miissen aber einige differentialdia
gnostisch wichtige Methoden erwahnt werden, die jeder Arzt am Krankenbett
ausfiihren sollte.
Bei jeder unklaren, fieberhaften Erkrankung sollte der Untersuchungs
befund regelmaBig durch eine Bestimmung der Zahl und der Art der
Leukocyten erganzt werden.
Mit Recht hatte NA.GELI schon vor Jahren ausgesprochen, da/3 bereits das Resultat
der Leukocytenzii.hlung allein in vielen Fallen ein feineres und eindeutigeres Reagens als
die Temperaturkurve sei. Das gilt in noch Mherem Ma/3e vom feineren Blutbild. Aus
der Bestimmung der Leukocytenarten, aus ihren Granulationen und besonders auch ihren
Kernformen konnen differentialdiagnostische Schliisse gezogen werden, so da/3 man das
Blutbild als Spiegel pathologischer und besonders auch infektioser Prozesse und sogar
ihres jeweiligen Standes ansehen kann. Es soil hier nicht auf die noch bestehenden
Streitfragen eingegangen werden. Nur soviel mag gesagt werden, da/3 die Bedeutung
der Veranderungen der Kernformen zuerst von ARNETH erkannt wurde, da/3 dann ver
schiedene Vereinfachungen der komplizierten .ARNETHschen Einteilung versucht sind,
um sie diagnostisch brauchbarer zu gestalten und da/3 von diesen das ScmLLING sche
Hamogramm die weiteste Verbreitung gefunden hat. ARNETH hatte bereits die sog. Kern
verschiebung nach links nach der Seite der Myelocyten hin und nach rechts nach der
Seite der reifen polymorphkernigen Granulocyten hin erkannt und diagnostisch verwertet.
ScmLLING hat dann die friiher als Metamyelocyten bezeichneten Zellen in solche mit breiten.
gut gezeichneten wurstformigen Kernen und in solche mit dunklen, saftarmen, stabformigen
Kernen unterschieden und glaubt, da/3 nur die ersteren Jugendformen entsprachen.
wahrend er die stabkernigen als ein Produkt schlechter Ausbildung oder friiher Degeneration
ansieht. Er hat betont, da/3 bei der Kernverschiebung nach links in erster Linie diese
Stabkernigen vermehrt gefunden wiirden. ScroLLING hat ferner angegeben, da/3 man bei
lnfektionen eine polynucleare Kampfphase, eine monocytare Vberwindungsphase und
eine lymphocytare Heilungsphase unterscheiden konne, so da/3 man durch die Beachtung
der Kernverschiebung die Schwere der Infektion, durch die Beachtung der einzelnen
Leukocytenformen den Ablauf verfolgen konne.
Schon friiher hatte man auch den verschiedenen Granulationen diagnostische Be
deutung beigemessen, namentlich der eosinophilen Granulation. Denn eosinophil granu
lierte Zellen sind bei manchen lnfektionskrankheiten, z. B. der Trichinose, dem Scharlacb.
aber auch bei den allergischen Zustanden und dem malignen Granulom in kenn
zeichnender W eise vermehrt, verschwinden dagegen bei anderen und kehren erst als
postinfektiose Erscheinung wieder. Aber erst in neuester Zeit ist der toxischen Granu
lation gerade differentialdiagnostische Bedeutung zugeschrieben worden. Sagt doch z. B.
NA.GELI, da/3 die toxischen Veranderungen der Granulation fiir die septischen und ins
besondere fiir die Kokkeninfektionen so kennzeichnend seien, da/3 man nicht selten
schon beim ersten Blick auf das Blutpraparat die Diagnose Kokkensepsis stellen konne,
wahrend andere Infektionen, wie die HEINE-MEDIN ache Krankheit, die Encephalitis
epidemica, der Tetanus und die Herpesausbriiche die wei/3en Blutkorperchen in keiner
W eise schadigten, so da/3 man zwischen Toxinen unterscheiden miisse, die das Mesenchym
angreifen, und solchen, die neurotrop sind. Fiir ein eingehenderes Studium der , toxischen
Blutbilder" sei auf die Darstellung von W. GLOOR1) verwiesen. Man hat schlie/3lich bei
1) GLOOR, W., Die klinische Bede11tung der qualitativen Veranderungen der Leuko·
cyten. Leipzig: G. Thieme 1929.