Table Of ContentLandkarten der Angst und Pfade, 
mit ihr umzugehen
24 2016
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„Eine Landkarte ist zwar nicht das Gelände, aber sie hilft 
ziemlich, wenn man sich zurechtfinden will.“
  Peter a. LeVine
Angst – warum sie so normal ist und wie 
darauf zu reagieren, ist wiederum not-
wir mit ihr umgehen können
wendig zum Überleben. Man könnte auch 
Die Angst, wie im Lied beschrieben (siehe  sagen, diese Fähigkeit gehört zur evolutio-
Seite 27), kann die Angst vor etwas sein.  nären Grundausstattung. Nur die Lebewe-
Manchmal erleben wir die Angst aber  sen konnten fortbestehen, die die Gefahr 
scheinbar ohne Anlass, dann kommt sie  erkannten und entsprechend reagierten.
leise angeschlichen, plötzlich heftig oder 
Angst und ihre neurophysiologische 
als ein Gefühl, dass wir erst viel später als 
Landkarte
Angst definieren.
Was ist Angst, wie erleben wir sie, wofür  Wenn Lebewesen sich bedroht fühlen, setzt 
ist sie gut, wann ist sie schädlich und wie  dies automatisch auf der neurophysiolo-
können wir mit ihr umgehen? Darum soll es  gischen und vegetativen Ebene einen Reak-
in diesem Artikel gehen. Verschiedene Land- tionsmechanismus in Gang. Aufgenommene 
karten der Angst beschreiben verschiedene  Informationen werden an unterschiedliche 
Aspekte und Perspektiven auf ein Gefühl,  Areale im Gehirn weitergeleitet sowohl an 
dass uns allen vertraut ist. den kognitiven Teil des Gehirns in der Groß-
Das Wort Angst kommt aus dem Latei- hirnrinde, als auch an tieferliegende ältere 
nischen Begriff angustia und bedeutet Enge,  Strukturen wie das limbische System, dem 
Beklemmung. Das ist genau das, was wir  Mandelkern, dem Hypothalamus und dem 
erleben, wenn wir Angst haben. Stellen Sie  Hirnstamm. In den meisten Fällen geht der 
sich doch einmal vor, sie stehen ganz ent- bewussten Wahrnehmung die emotionale 
spannt auf einer Wiese, plötzlich nehmen  und somatische Reaktion voraus, reagieren 
Sie einen Schatten wahr. Was geschieht?  also zunächst die älteren Hirnstrukturen.
Vielleicht halten Sie inne, die Augen stellen  Wir haben so etwas wie eine „Hardware“, 
sich weit, die Nacken- und Rückenmuskula- ein System zur Entdeckung einer Bedro-
tur spannt sich an, das Herz und der Atem  hung. Sie befindet sich im Stammhirn und 
gehen schneller. Vielleicht entsteht aber  in der Amygdala (Mandelkern) und erzeugt 
auch ein flaues Gefühl, Sie spüren Druck  Angst. Dabei ist es nicht entscheidend 
oder Enge. Wenn Sie jetzt noch das Gefühl  wovor wir Angst haben, sondern daß wir 
der Angst an sich beobachten, kann das  etwas als Gefahr erkennen. Die „Hardware“ 
wiederum das Angstgefühl noch erhöhen. sorgt dafür, dass eine Überlebensreaktion 
Angst erleben wir zunächst körperlich. In  in Gang gesetzt wird. Sie unterscheidet 
vielen Redewendungen wird dieser soma- dabei nicht, was das Angstgefühl auslöst. 
tische Zusammenhang deutlich: „Mir stehen  Ob es sich beispielsweise um eine Begeg-
die Haare zu Berge. Jemand erstarrt vor  nung mit fremden Menschen handelt oder 
Angst. Das Herz bleibt vor Schreck stehen.  die Konfrontation mit einem gefährlichen 
Das Blut gefriert in den Adern. Es schlottern  Tier, dem Verlust des Arbeitsplatzes oder 
die Knie. Man bekommt eine Gänsehaut  die anstehende Prüfung. Wird Gefahr 
oder einen Kloß im Hals.“ erkannt, setzt die Hardware einen neuro-
Warum das so ist, erfahren wir, wenn wir  physiologischen, biochemischen Automatis-
verstehen, warum wir überhaupt Angst  mus in Gang. 
haben. Angst gehört zu den Grundgefühlen  Ob wir etwas als bedrohlich einstufen, ist 
und wir benötigen sie zur Wahrnehmung  abhängig von dem, was unsere Sinnes-
von Gefahr. Gefahren zu erkennen und  organe wahrnehmen. Diese Wahrneh-
Landkarten der Angst... 25
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mungen vermischen sich mit Erinnerungen,  ter noch erläutert werden. Manchmal wird 
Geschichten über uns selbst, mit Gedanken,  die Angst dabei auf kognitiver Ebene als 
Überzeugungen, Erfahrungen von anderen  unnötig bewertet. Dennoch ist sie da, wirkt 
und missglückten Bewältigungsversuchen  völlig unabhängig aller vernünftigen Gedan-
ähnlicher Gefahren. Man kann analog hier  ken und bringt starke Einschränkungen mit 
auch von der „Software“ sprechen. Die  sich. 
Software ist stark geprägt von dem, was wir  Auch die Angst nach Traumatisierungen 
gelernt und erlebt haben. Schreckerleben,  z.B. bei sogenannten Flashbacks1 bringt den 
Stresssituationen, besonders aus frühen  Betroffenen immer wieder in ein Gefühl, als 
Lebensphasen und Traumatisierungen hin- würde die Katastrophe sich gerade jetzt im 
terlassen Erinnerungsschleifen und können  Moment ereignen. Menschen erleben also 
durch Außenreize angetriggert werden. So  je nach Auslöser und Vorerfahrungen ein 
ist es also nicht nur eine reale Gefahr, die  unterschiedliches Angstniveau. Es kann von 
ein Angstgefühl und die Angstreaktion in  einem mulmigen Gefühl bis hin zu heftigen 
Gang setzt sondern auch meist unbewusst  Angstwellen mit deutlichen körperlichen 
und bewusst Erinnertes.  Beschwerden reichen. Wenn wir Angst 
Unser Gehirn ist darauf angelegt, sich auf  haben, möchten wir vielleicht schreien, weg-
Dinge zu konzentrieren, die gefährlich  laufen, um uns schlagen, das Herz schlägt 
und bedrohlich sind. Das erklärt vielleicht  bis zum Halse. Vielleicht möchten wir uns 
den Umstand, dass wir uns mit negativen  aber einfach nur einigeln oder suchen 
Erfahrungen mehr beschäftigen, sie manch- Schutz. Manchmal ist Angst auch mit großer 
mal eher erinnern und schneller darauf  Scham verknüpft. Dann möchte man am 
reagieren. Der Hintergrund ist, Überleben  liebsten ohnmächtig werden, um ihr zu 
zu sichern. Die Angst ist also eine essenti- entkommen. Wie sind diese Reaktionen zu 
elle Emotion und schützt uns vor Gefahren.  erklären?
Wenn Menschen jedoch Angst in einer Form  Reaktionen auf Bedrohung – eine evolutio-
erleben und Verhaltensweisen entwickeln,  näre Landkarte
die ihr Leben erheblich beeinträchtigen, 
1   Flashbacks sind unkontrolliert hereinbrechende Erinnerungen an 
sprechen wir von Angststörungen, die spä-
das traumatische Ereignis
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Unserem Organismus stehen drei Grund-
Angst
reaktionen auf Angst zur Verfügung. Diese 
automatischen Reaktionen haben ihre 
angst vor der geschichte 
Begründung in der Evolution. In der Ausei-
angst vor sich selbst, sich in sich zurück-
nandersetzung mit den Herausforderungen 
zuziehen 
angst vor der welt  der Umwelt und dem Drang zu überleben, 
angst auszubrechen, sich zu blamieren,  entwickelten sich diese Grundreaktionen. 
sich aufs eis zu wagen Erstarrung – freeze
angst zu verblöden vor der endgültigkeit  Die evolutionär älteste Reaktion auf Gefahr 
sich an alles zu gewöhnen, aus angst vor  ist das Abschalten, ist die Erstarrung, 
der zeit 
die Immobilität. Sie stellt sich ein, wenn 
angst zu verblöden, bereits mundtot zu 
aktive Reaktionen auf die Gefahr ineffektiv 
sein 
erscheinen. Dabei wird der Stoffwechsel 
angst stellt ruhig, angst kriegt klein
soweit runtergefahren, dass nur noch die 
lebenswichtigen Grundfunktionen über 
angst braucht waffen 
aus angst vor dem feind, obwohl keiner  längere Zeit erhalten bleiben. Nach außen 
so recht weiß: wer ist damit gemeint?  wird signalisiert (Todstellreflex), dass sich 
angst überholt zu werden, angst vor  ein weiter Kampf nicht lohnt. Tiere sind in 
konkurrenz  der Lage eine Art Leichengeruch abzuson-
angst vor der dummheit, vor ihrer  dern, um den Feind zu vertreiben und dann 
intelligenz vielleicht noch im entscheidenden Moment 
mit der letzten vorhandenen Energiereserve 
angst als methode angewandt, ein-
fliehen zu können. 
schüchtern ist eingeplant 
Auch wir Menschen kennen es „vor Angst 
angst stellt ruhig, angst kriegt klein 
gelähmt“, wie „betäubt zu sein“ zu „kol-
angst voreinander 
labieren“, nichts mehr mitzubekommen. 
angst ‘rauszugehen, wir sind uns alle 
Dissoziationen (Abschalten, verschiedene 
verdächtig
Sinneseindrücke voneinander trennen) sind 
angst in die augen zu sehen  Phänomene, die im Modus von Erstarrung 
angst vor gefühlen  geschehen. 
angst vor zärtlichkeit 
Kampf oder Flucht – Fight or Flight
angst aus erfahrung, zuviel 
vertraulichkeit Um einer Gefahr zu entgehen, hatten 
unsere Vorfahren vor Millionen von Jah-
angst zu verblöden…
ren nur zwei Möglichkeiten: Angriff oder 
Flucht. Sowohl das Beschaffen von Nahrung 
angst ferngelenkt zu werden 
als auch das Entkommen vor feindlichen 
angst vor dem aus 
angst es allen recht zu machen  Lebewesen ließen keine andere Wahl. Dazu 
angst frißt auf musste der Organismus sehr schnell alles 
bereitstellen, um die anstehende Heraus-
angst sich zu wehren  forderung zu bewältigen: Erhöhung der 
angst alleine zu sein  Herzfrequenz, schneller Atem, Anspannung 
angst vor der angst  der kleinen Muskulatur besonders im 
wir schlafen ein
Zwischenwirbelbereich zur Erhöhung der 
Sprungkraft, Fokussierung des Ziels, Erhö-
Herbert Grönemeyer
hung der unspezifischen Abwehr und wei-
teres. Der Sympathikus, Teil des autonomen 
Zugriff am 08.04.16 unter http://www.groenemeyer.de/archiv/musik/spruenge/ Nervensystems, ist dafür zuständig. Er 
mobilisiert, angeregt durch die Hormonaus-
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Suche nach Schutz und Sicherheit – tent 
schüttung von Adrenalin und Noradrenalin, 
and befriend
den Stoffwechsel. Zucker und Fettreserven 
werden angezapft und der Körper ist in der 
Lage zu extremer Aktivität. Die Existenz des  Mit der Entwicklung der Säugetiere ist die 
sympathischen Nervensystems wird auf 300  Suche nach Schutz und Sicherheit eine 
Millionen Jahre zurück datiert bis ins Zeital- weitere fundamentale Reaktion auf Angst. 
ter der Reptilien.  Säugetiere sind in den ersten Lebensmona-
Fühlen wir uns bedroht, führt dies auf  ten von ihren Eltern abhängig, der Mensch 
vegetativer Ebene zu einer Steigerung der  über viele Jahre. Sie brauchen und suchen 
Sympathikusaktivität. Wir werden in die  Sicherheit bei den Erwachsenen ganz 
Lage versetzt, zu fliehen oder zu kämpfen,  besonders, wenn Gefahr droht. Hat ein Kind 
auch wenn das für unsere heutigen Bedro- Angst, sucht es den Schutz in den Armen 
hungen (z.B. ein Vortrag halten vor einem  der Eltern. Wir schützen unsere Kinder im 
großen Publikum, der Brief vom Finanzamt  Straßenverkehr, in der Dunkelheit, beim 
u.a.) keine adäquate Antwort ist. So wird in  Gewitter, begleiten sie bei den Herausforde-
bedrohlichen Situationen nicht nur Angst  rungen des Lebens. Fehlt es an Sicherheit 
gefühlt sondern eben auch eine starke  und Zuverlässigkeit, geraten Kinder früh in 
körperliche Reaktion ausgelöst und wahr- Stresssituationen und erleben Angst. Dieser 
genommen. Der Schauer über den Rücken,  frühkindliche Stress kann tiefe Spuren bis 
die Gänsehaut, die Atemnot, die Enge in  auf die Ebene der Erbinformationen hinter-
der Brust lassen sich so erklären. Da unser  lassen (epigenetische Gedächtnisbildung).2 
Organismus so reagiert, als müssten wir  Aber auch als Erwachsene fühlen wir uns 
eine körperliche Höchstleistung bringen, tun  angstfreier, wenn wir Gefahren nicht alleine 
wir gut daran, nach einer extremen Anspan- bewältigen müssen. Wir alle kennen die 
nung für die Abfuhr von Energie zu sorgen  wohltuende Nähe eines Menschen, wenn 
(z.B. durch Bewegung) und erst danach zu  wir uns fürchten.
entspannen. Dauerstress ohne Abbau der 
aufgebauten Energie kann zu körperlichen  2   spengler, 2010. Zugriff am 21.02.2016 unter http://www.psych.mpg.
de/134953/research_report_431776?c=2007220
Erkrankungen führen.
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Angst sorgt für Weiterentwicklung
In der Sicherheit der Gruppe ließ es sich 
eher überleben als alleine. „(…) die Bil-
dung von Gruppen ist eine weit verbreitete  Angst zu erleben, hat noch eine zweite 
Schutzstrategie bei den weidenden Pflan- Seite. Sie warnt nicht nur vor Gefahren 
zenfressern. Weil immer irgendeiner in  sondern hat einen Aufforderungscharakter, 
der Gruppe wachsam ist, können sie ihren  nämlich den Impuls, sie zu überwinden. 
Feind viel eher wahrnehmen und ihm durch  „Angst tritt immer dort auf, wo wir uns in 
Flucht entkommen. Außerdem haben viele  einer Situation befinden, der wir nicht oder 
Räuber Schwierigkeiten, in einem großen  noch nicht gewachsen sind. Jede Entwick-
Verband ein Tier optisch zu fixieren – die  lung, jeder Reifungsschritt ist mit Angst ver-
gezielte Jagd wird erschwert.“3  bunden, denn er führt uns in etwas Neues, 
Sich in Gruppen anpassen zu können und  bisher nicht Gekanntes und Gekonntes, 
dafür zu sorgen, dazuzugehören (befriend)  in innere oder äußere Situationen, die wir 
ist auch für uns Menschen wesentliche  noch nicht und in denen wir uns noch nicht 
Überlebensstrategie.  erlebt haben (…). Sie kommt am ehesten ins 
Bewusstsein an besonders wichtigen Stellen 
Welche dieser drei Grundreaktionen in  unserer Entwicklung, da wo alte vertraute 
Gang gesetzt werden, hängt von Inten- Bahnen verlassen werden müssen, wo neue 
sität, von Vorerfahrungen und von der  Aufgaben zu bewältigen oder Wandlungen 
Effektivität in einer Gefahrensituation ab.  fällig sind.“4 Gefahren und Erschütterungen, 
Der Organismus ist in der Lage, zwischen  wenn sie überlebt werden, führen zu 
den einzelnen Reaktionen hin und her zu  neuem Denken, zu neuem Verhalten und zu 
switchen, um eine Gefahrensituation zu  neuen Erfahrungen. 
bewältigen. Natürlich haben wir auch durch  „Versteht man Angst auch als eine Verbün-
unsere Bewusstheit Einfluss auf das Erleben  dete, dann wird sie zum Helfer, der uns 
von Angst und den Umgang damit. Hier  Hinweise darauf gibt, was wir brauchen 
sollte jedoch erst einmal deutlich gemacht  oder vermissen. So eröffnen sich neue 
werden, wie normal und notwendig es ist,  Entwicklungswege.“5 
Angst zu erleben und welche Mechanis- Gerald Hüther6 spricht sogar von der 
men in Gang gesetzt werden, auf die wir  Notwenigkeit von Erschütterung, die sich in 
zunächst wenig Einfluss haben. Angstsituationen auch neurophysiologisch 
vollzieht als Voraussetzung dafür, dass sich 
Funktionen der Angst
überhaupt neue Bahnungen im Nervensy-
Zusammengefasst bedeutet das: Angst  stem entwickeln können.
schützt uns vor Gefahren. Sie gehört zu 
Auslöser für Angst
einem sehr ausdifferenziert und autonom 
ablaufendem Frühwarnsystem, das in der  Auslöser von Angst können Reize sein, auf 
Evolution aller Lebewesen ihren Ursprung  die der Organismus instinktiv reagiert. Dazu 
hat. Vorsicht ist besser als Nachsicht, ist  gehören Geräusche, Gerüche, Berührung, 
hier das vorherrschende Prinzip, sodass wir  Licht und Dunkelheit, Einengung, Schutz-
gerade nach negativen Erfahrungen schnell  losigkeit und Tiere. Die Angst vor Spinnen 
auf gefährlich erscheinende Situationen  und Schlangen, Höhlen, freien Plätzen, 
anspringen. Sie mobilisiert das vegetative  Menschenansammlungen haben in der 
Nervensystem und bereitet uns auf Flucht  Evolution ihren Ursprung. Sie haben tiefere 
oder Kampf vor, unabhängig von der Art  Spuren hinterlassen als zum Beispiel die 
der Gefahr. Sie aktiviert die Suche nach  Angst vor Elektrizität. Viel Angst entsteht 
Schutz oder bringt uns als lebensrettende  auch durch unsere Bewertungen, also im 
Maßnahme in einen Zustand der Erstarrung. 
4   rieMann, 1986, S.9 
3   Zugriff am 08.04.16 unter http://www.scinexx.de/dossier- 5   DiegelMann, iserMann, 2011
detail-133-10.html 6   hüther, 2008
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Frontallappen des Gehirns, der komple- Angst und eine 
xesten Region des menschlichen Gehirns. 
psychodynamische, 
„Dort kommt es immer dann, wenn wir 
eine Diskrepanz bemerken zwischen dem,  „kosmische“ Landkarte
was wir erwarten oder erhoffen und dem, 
was wir erleben oder antizipieren zu einer 
unspezifischen Erregung die sich zu einer 
Psychodynamik der Angst – ein Modell von 
Übererregung (Hyperarousal) aufschaukelt. 
Fritz riemann
Unter diesen Umständen ist aus den kom-
plexen neuronalen Netzwerken des Frontal- fritZ rieMann hat schon 1961 die Ursache 
hirns kein ‚vernünftiges‘ handlungsleitendes  aller Ängste dahingehend beschrieben, dass 
Muster mehr aktivierbar. Das Verhalten,  das menschliche Leben und dessen Gestal-
auch das Fühlen und die Reaktionen des  tung vier Grundanforderungen unterliegt, 
Körpers werden jetzt von den tieferlie- die einander als polare Gegensätze zuge-
genden, früher herausgeformten und sta- ordnet sind und sich gleichzeitig ergänzen:  
bileren neuronalen Netzwerken bestimmt.  „Die Grundformen der Angst hängen mit 
„Wenn kein Ausweg aus dieser Situation  unserer Befindlichkeit in der Welt zusam-
gefunden wird, übernehmen schließlich die  men, mit unserem Ausgespanntsein zwi-
archaischen Notfallprogramme im Hirn- schen zwei großen Antinomien, die wir in 
stamm das Kommando.“7 ihrer unauflösbaren Gegensätzlichkeit und 
So kommt also alles als Auslöser von Angst  Widersprüchlichkeit leben sollen.“8
in Frage, wo diese Diskrepanz erlebt wird.  Nach rieMann lassen sich diese gegensätz-
Dazu zählen Konflikte, Konkurrenz, Lei- lichen Pole folgendermaßen darstellen:
stungsdruck, Bewertungen, Prüfungssitua- Wir sollen ein einmaliges Individuum 
tionen, Trennung und Verlust, Verlust von  werden, unser Eigensein bejahen und uns 
Eigenständigkeit und Selbstbestimmung,  gegen anderes Eigensein abgrenzen. n Wir 
u.v.a.m.. Angst ist normal in unserer  sollen uns der Welt, dem Leben und den 
Lebensentwicklung, nämlich dann, wenn wir  anderen Menschen vertrauend öffnen und 
Neuland betreten. uns auf sie einlassen.
Alles Neue kann neben dem Lockenden und  Wir sollen Dauer anstreben, Pläne machen, 
Kitzelnden auch Angst machen, da es noch  diese nachhaltig und zielstrebig verwirkli-
keine Sicherheit über Bewältigungsstrate- chen. n Wir sollen uns wandeln, Verände-
gien gibt. rungen und Entwicklungen durchmachen, 
Vertrautes und Gewohntes aufgeben. 
7  hüther, 2009 8   rieMann, 1986, S.11
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rieMann erläutert diese Notwendigkeiten und  abhängig zu machen, sich auszuliefern, 
die damit verbundenen Ängste anhand der  anzupassen und ihnen wird eine 
Metapher der vier Bewegungen der Erde:  „schizoide Grundstruktur“ zugeordnet. 
Der betroffene Mensch kreist mit seinen 
1. Die Erde dreht sich um die eigene  Gedanken und Gefühlen um sich selbst. 
Achse. Diese Rotation entspricht der  Er versucht die Rotation um andere 
Individuation, der Drehung um sich  Menschen, so weit wie möglich zu 
selbst. vermeiden. Hier finden wir Einzelgänger. 
2. Die Erde dreht sich um die Sonne, was er  3. Die Forderung der Wandlung 
die Revolution oder „Umwälzung“ nennt.  Damit Entwicklung möglich ist, sind 
Es geht um die Einordnung in ein Größeres,  Veränderungen und Beweglichkeit 
die Hingabe an andere und die Welt. notwendig. 
Menschen mit Angst vor der Wandlung 
3. Die Fliehkraft oder Zentrifugalkraft ist  haben Angst vor der Vergänglichkeit, 
die Kraft, die aus der Mitte flieht, also  vor der Ungewissheit des Neuen und 
nach außen strebt. Es ist der Impuls zu  rieMann spricht von einer „zwanghaften 
Veränderung und Wandlung. Ohne diese  Grundstruktur“  
würde die Erde erstarren und wäre zur  „Der zwanghafte Mensch strebt die 
Unveränderlichkeit verdammt.  Dauer an, möchte sich in dieser 
Welt häuslich niederlassen und die 
4. Die Schwerkraft oder die Zentripetale,  Zukunft planen. Sein Wunsch ist eine 
ist die Kraft, die zur Mitte strebt, also  feste, verlässliche Zukunft. So wie 
nach innen. Gäbe es diese nicht, würde  die Zentripetalkraft möchte er alles 
die Erde auseinanderbrechen. Sie  verdichten, auf das es sich nicht mehr 
beschreibt den Impuls nach Dauer und  bewegt, damit eine Stabilität gegeben ist. 
Beständigkeit. Seine Angst betrifft die Vergänglichkeit, 
das Irrationale und Unvorhergesehene. 
Daraus leitet fritZ rieMann vier Grundforde- Alles Neue ist für ihn ein Wagnis und 
rungen des Menschen ans Leben ab und  Planen ins Ungewisse ist ihm ein Greuel. 
ordnet ihnen entsprechende Ängste zu. In seinem Erleben ist die Vergänglichkeit 
gleich einem Tod.“9
1. Die Forderung nach Einmalig werden 
kann die Angst auslösen, aus der  4. Die Forderung von Beständigkeit 
Geborgenheit und dem Dazugehören  Dauerhaftigkeit anzustreben bedeutet 
herauszufallen, Angst vor Einsamkeit  Sicherheit und Zuverlässigkeit. Die Angst 
und Isolierung, Angst vor Ablehnung und  vor Beständigkeit zeigt sich in einer 
Unterscheidung.  „hysterischen Grundstruktur“. 
Menschen mit Angst vor der  „Der hysterische Mensch: Er ist immer 
Selbstwerdung kreisen eher um  bereit, sich zu wandeln, Veränderungen 
andere und ihnen wird eine „depressive  und Entwicklung zu bejahen, Vertrautes 
Grundstruktur“ zugedacht. aufzugeben und alles nur als einen 
Durchgang zu erleben. Das Neue hat 
2. Die Forderung, sich verbinden zu  für ihn einen unwiderstehlichen Reiz, 
können   das Unbekannte zieht ihn magisch 
Diese Forderung bedeutet, sich den  an. Damit verbunden ist die Angst vor 
Mitmenschen, der Gemeinschaft  Ordnung, Notwendigkeiten, Regeln 
vertrauend zu öffnen, sich hingeben  und Festlegungen. Sein Freiheitsdrang 
zu können. Menschen mit Angst vor 
9   strang, Zugriff am 08.04.2016 unter http://arbeitsblaetter.stangl-
der Selbsthingabe haben Angst, sich 
taller.at/EMOTION/Riemann.shtml
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schlägt um in die Angst vor dem Tod als  nächste Panikattacke heraufbeschwören 
Erstarrung.“10 könnte.
Bei der generalisierten Angststörung 
Diese vier Grundformen der Ängste lassen  fühlen Menschen sich von anhaltender 
sich laut rieMann nicht vermeiden und sie  Sorge gequält, verlieren sich in negativen 
gehören zur Entwicklung dazu. Entschei- Gedanken und Vorhersagen. Andauernde 
dend ist auch hier, ob wir sie erkennen,  innere Unruhe und Anspannung sowie stän-
anerkennen und lernen, mit ihnen umzuge- diges Grübeln über mögliche Gefahren und 
hen und so diese vier Grundherausforde- Unglücksfälle sind kennzeichnend. Mitunter 
rungen in eine gute Balance zu bringen.  spitzt sich die Angst in Panikattacken zu 
Natürlich gibt es noch viele andere Theo- oder mündet in einer Depression.
rien für die Entstehung von  Agoraphobie ist die Angst vor öffentlichen 
Angst. Konzepte des Ler- Räumen, Menschenansammlungen oder 
nens, der Konditionierung  ganz allgemein vor Situationen, wo Flucht, 
Noch bist du da
sowie die Affekttheorien  Hilfe oder Rettung für die Betroffenen 
Wirf deine Angst wären hier erwähnenswert,  unerreichbar scheint. Es besteht ein starker 
würden aber den Rahmen  Drang, den Ort sofort zu verlassen oder erst 
in die Luft
eines solchen Artikels  gar nicht aufzusuchen. Die innere Unruhe 
Bald
sprengen. kann sich bis ins Unerträgliche steigern. 
ist deine Zeit um „Menschen mit Agoraphobie vermeiden 
Die Landkarte der 
bald wächst der Himmel daher öffentliche Verkehrsmittel, Auto-
Angsterkrankungen – wenn 
fahrten auf Autobahnen oder abgelegenen 
unter dem Gras die Ängste zu groß werden 
Landstraßen, aber auch das Einkaufen in 
fallen deine Träume
Ängste sind normal, doch  der überfüllten Innenstadt. Manche Betrof-
ins Nirgends wenn die Angst dauerhaft  fene sind nur in Begleitung einer vertrauten 
Noch unsere Gefühlswelt belastet,  Person in der Lage, die alltäglichen Anfor-
unseren Alltag beherrscht  derungen zu meistern. In schwerwiegenden 
duftet die Nelke
und unsere Handlungsfähig- Fällen kommt es zur völligen Isolation, wenn 
singt die Drossel keit lähmt, ist eine genauere  das Haus oder die Wohnung als schüt-
noch darfst du lieben Abklärung ratsam und eine  zende Räume nicht mehr verlassen werden 
Beratung oder Therapie  können. Eine gesonderte Form der Platz-
Worte verschenken
notwendig. Man unterschei- angst ist die Klaustrophobie. Hier bezieht 
noch bist du da
det verschiede Formen der  die Furcht sich auf enge, kleine Räume wie 
Sei was du bist Angsterkrankungen. Aufzüge, Umkleidekabinen, Flugzeuge, über-
Gib was du hast Von Panikattacken spricht  füllte Züge.“11
man, wenn Menschen inten- Menschen mit Sozialer Phobie geraten 
rose ausLänDer
sive, unerwartet, plötzlich  besonders in sozialen Situationen in Sorge, 
auftretende körperliche  bloßgestellt oder negativ verurteilt zu wer-
Symptome zeigen wie Zit- den. Sie haben Angst abgelehnt, gemieden 
tern, Schweißausbrüche, Herzrasen Benom- zu werden oder durch Peinlichkeiten aufzu-
menheit und mit starken Gefühlen von  fallen. Die Angst zu erröten, zu stottern, zu 
Bedrohung überschwemmt werden. Men- zittern, Toilettendrang oder gar die Angst 
schen mit Panikattacken geraten in Angst- zu erbrechen können auftreten. Deshalb 
zustände meist ohne konkreten Grund. Sie  vermeiden Betroffene soziale Anlässe.
haben Angst zu sterben, verrückt zu werden  Bei den sogenannten spezifischen Phobien 
oder in Ohnmacht zu fallen. Viele Betrof- sind die Ängste auf bestimmte Dinge und 
fene leben in der ständigen Sorge vor der  Situationen gerichtet. Angst vor Tieren 
nächsten Panikattacke. Aus Angst vor der  (Spinnen Schlangen, Hunden,…) aber auch 
Angst vermeiden sie Situationen, die die 
11   http://psychiatrie.uni-bonn.de/krankheitsbilder/angst_und_angster-
10   a.a.O. krankungen/index_ger.html, 28.02.2016, 15.00
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Angst vor Höhen, Krankheiten oder die Flug- Fühlen wir uns bedroht, schauen wir uns 
angst sind hier zu nennen. Nicht alle spezi- nach anderen um, orientieren uns an 
fischen Phobien sind behandlungsbedürftig.  Stimmen, Gesichtern, möchten unsere 
Der Leidensdruck durch die Einschrän- Empfindungen mitteilen und erfahren Beru-
kungen für den Alltag ist ausschlaggebend. higung durch die Zuwendung, den Blick die 
Starke Ängste sind auch im Rahmen einer  Stimme, die Berührung eines anderen Men-
Posttraumatischen Belastungsstörung  schen. Wenn wir Angst erleben, ist es also 
(PTBS) zu finden. Charakteristische Sym- gut, auch aktiv Orientierung zu suchen, sich 
ptome der PTBS sind Vermeidungsverhal- umzuschauen, sich einem anderen anzuver-
ten, Wiedererleben des Traumas in Form  trauen und über das eigene Empfinden zu 
von unkontrolliert hereinbrechenden Erin- sprechen. Bindung ist für das kleine Kind 
nerungen (Flashbacks) und quälenden Alb- praktisch der einzige Schutz zu überleben, 
träumen, sowie starke innere Erregung, die  wenn es sich bedroht fühlt. Werden Kinder 
sich in Form von Schlafstörungen, Schreck- allein gelassen und nicht beruhigt, geht das 
haftigkeit oder Reizbarkeit niederschlägt. Vertrauen in den Schutz anderer verloren 
Angststörungen dieser Art sollten ernst  und damit auch die spontane Suche nach 
genommen werden. Psychotherapie und  Schutz und Geborgenheit in bedrohlichen 
Beratung sind ein Ort, sich mit dieser Angst  Situationen im Erwachsenenalter. „Mir kann 
auseinanderzusetzen, ihre Ursachen zu  sowieso keiner helfen.“, „Ich mach es lieber 
verstehen und Hilfestellungen zu nutzen,  allein“, sind dann alte Überlebensmecha-
um aus dem Teufelskreis von Angst, Angst  nismen. Doch der Schutz durch andere 
vor der Angst, Vermeidung und dadurch  Menschen beruhigt. Und es lohnt sich, 
oft wieder eine Steigerung der Angst  diese Erfahrung erneut zu machen. Sich 
hinauszufinden. Anvertrauen zu können, ist auch eine neue 
wesentliche Erfahrung in Beratung und 
Möglichkeiten, der Angst zu begegnen und 
Therapie.
mit ihr umzugehen
Auch die Beruhigung durch sich selbst ist 
Nicht nur im Bereich der Angststörungen  eine Möglichkeit, mit der Angst umzugehen. 
gilt es, Wege mit und aus der Angst zu fin- Sich selbst gut zuzureden: „Du schaffst das 
den, sondern eben auch beim Erleben von  schon!“, auch laut, um nicht nur Beruhi-
Angst im Lebensalltag und der Lebensent- gendes zu denken sondern auch zu hören 
wicklung. Betrachten wir die Landkarten der  oder gar mit dem Spiegelbild sprechen.
Angst, so gibt es viele Möglichkeiten, mit  Annehmen, was ist – Akzeptanz durch 
der Angst umzugehen oder ihr entgegen zu  Mitgefühl.
wirken. Da Angst auf körperlicher, emo- Wenn wir akzeptieren können, dass Angst 
tionaler und kognitiver Ebene zeigt, sind  normal und sinnvoll ist, dann ermöglicht 
auch alle Aspekte im Umgang mit Angst zu  es, dass wir auftauchende Angstgefühle 
finden. zunächst annehmen. Sie ist überlebens-
notwenig, sie schützt uns und gibt wichtige 
Beruhigen
Signale. Angst anzunehmen heißt, sie zuzu-
Das entwicklungsgeschichtlich jüngste Sys- lassen und sich ihr zuzuwenden. Der Angst 
tem in Bedrohungssituationen sucht Schutz  in unsicheren und bedrohlichen Situationen 
in Beziehungen. Ein Teil des parasympa- mit Mitgefühl zu begegnen, bedeutet das 
thischen Nervensystems „(…) mobilisiert  Gegenteil von: „Reiß dich zusammen und 
die unwillkürlichen Muskeln in Kehlkopf,  stell dich nicht so an!“. Vielmehr geht es um 
Gesicht, Mittelohr, Herz und Lungen, die  ein: „Es ist in Ordnung, sich zu ängstigen“. 
zusammenspielen, um unsere Emoti- Wir kommen nicht an der Angst vorbei. Sie 
onen sowohl uns selbst als auch anderen  gehört zu unserem Dasein. Sie zuzulassen 
mitzuteilen.“12 nimmt den Druck und vielleicht auch die 
Angst vor der Angst. Mitgefühl mit sich und 
12   levine, 2011, S.131
Landkarten der Angst... 33
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Description:Selbstwerdung kreisen eher um andere und ihnen wird eine „depressive. Grundstruktur“ zugedacht. 2. Die Forderung, sich verbinden zu können.