Table Of ContentKörperkultur des Weibes
Bess M. Mensendieck
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KÖRPERKULTUR
DES WEIBES
praktisch hygienische und
praktischästhetische Winke
von Frau Dr. Bess M. Mensendieck
Zweite verbesserte Auflage
,i,I1d/eAarlteteeVtidlaialmiattactriioanlidmetilaanamdteiere“
München 1907
Verlagsanstalt F. Bruckmann A.-G.
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PublishedOct.15,1907, PrivilegeofCopyrightintheUnited
States reserved undertheAct, approvedMarch3, 1905 by
VERLAGSANSTALT F. BRUCKMANNA.-G., MÜNCHEN
(DieVereinigtenStaatenvonN Amerikamachen
denspärlichen, aufdieDauereinesJahres be-
messenen Schutz gegen Nachdruck, densiege-
währen,vondemwörtlichenAbdruckvorstehender
Formelabhängigundzeigendamit, dassheider
gesetzgebendenMehrheitderBewohnerihresLan-
desdieBegriffevom geistigenEigentum anderer
Völkernochnichtsoentwickeltsind,wiebeiuns.
DieVerlagsanstalt.)
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VORWORT
zur ersten Auflage
„Andererseitsdenkeichzuweilen, daü
allgemeineundpopuläreDarstellungenoft
sWeihsrsebnesdcehuatlutngssinvdo.l“lllirdenFortgangder
Ch.DarwinanHuxley. 1865.
Dies Buch ist ausschließlich fürdie Frau geschrieben.
Es soll einem zeitgemäßen Bedürfnisdienen, daherder
Möglichkeit des praktischen Alltagsgebrauchs angepaßt
sein. Sein Inhalt soll ein Vademecumfürjede Tageszeit,
jedes Alter,fürjede physische oder psychische Situation
derdenkenden Frau bilden.
Es liegt nicht die Absicht vor, ein „System“ an den
Körper „heranzutragen“, sondern darauf aufmerksam zu
machen, daß der menschlicheOrganismus in seinem ana-
tomischenAufbau undseiner physikalischenGesetzmäßig-
keit selbst ein „System“ bildet, dessenKenntnis undrich-
tige Verwertung der Frau wichtige Anpassungsvorteilean
alle Lebensanforderungen gewährt, und ihr zugleich aus
sich herausdieMöglichkeitenbietet,ihrenPflichten inder
Körperästhetik gewissenhaft nachzukommen.
Die populäreSprache undErklärungsformmußsichdem
Maß des Unverständnisses auf diesem Gebiete anpassen.
Durchjahrelange Beschäftigung mit dieserMaterie kenne
ichdenGradderVorstellungsarmut derFrau inallem,was
die Funktionen des menschlichen Organismus anbelangt,
und dieserVorstellungsarmut, diesem zur übrigenBildung
derFrau in keinem Verhältnis stehendenMangel anposi-
tivem Wissen habe ich mich mit der Wahl meiner Bilder,
mit der Form meinerErklärungen anpassen müssen. Der
Schwerpunkt mußte also auf leichte Verständlichkeit und
praktischeBeispiele gelegt unddaher von allemgelehrten
Apparat abgesehen werden. Durch das illustrierte
Anschauungsmaterial ist der Versuch gemacht worden,
die textl—ichen Ausführungen dem Verständnis näher zu
bringen.
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VORWORT zur zweiten Auflage
UnterdenzahlreichengünstigenKritiken überdiesesBuch
habe ich drei mit tadelnden Bemerkungen gefunden, deren
Entgegnung ich hier in Kürze abmachen kann.
I. Eine Dame, weiche mein Buch in einerZeitschrift für
Reformkleidung kritisiert, gibt ihrer Verwunderungdarüber
Ausdruck, daß ich in demselben die schwedische Heilgym-
nastik gar nicht erwähne.
Diese Dame hat sicher Pag. 12 meines Buches nichtge-
lesen und scheintselbstkeineklareKenntnisvonderschwe-
dischen Heilgymnastik zu haben, sonst hätte sie auf den
ersten Blick erkennen müssen, woin meinen Uebungendie
wertvollen Best—andteile der schwedischen Lehre einge-
flochten sind, und siehättesichauchsagenmüssen, daß
es in unserer Zeit kein einziges Körperübungssystem gibt,
das nicht mitirgend einerseinerWurzelnindenLing’schen
Lehrboden reicht.
II. Wurde verschiedentlich Verwunderung darüberausge-
drückt, weshalb ich nicht mehrüber„Atmung“geschrieben.
Diese Unterlassung hatte ihren ganz bestimmten Grund.
Erstens existieren in Deutschland zahlreiche Bücher, welche
das Thema „Atmung“ in die Länge und die—Breite be-
hviaenldeenlnG,esaenngtswsecdheurlentat—sächulnitcehr dpoepmuläVre,rspordeecrhen popwuileäreinr
Darstellungsweise.
Seit 1903 existiert eine deutsche Uebersetzungdes wert-
vollsten Buches auf diesem Gebiete, eine wirklich popu-
läre Darstellung der Atmungsfunktion unter dem Titel:
„raDgieendKeunnstLeidsetsungAetnmednise“sesvoMnanLneeosKobfelier.u1n)s iDnieAmheerrivkoar,-
seine mehr als 30jährigen praktischen Erfahrungen be-
fähigen ihn, über die zweckmäßigste Atmungsweise ein
vertrauenswürdiges Urteil abzugeben. Daß das Beste stets
von den Besten anerkannt wird, geht zur Genüge aus
'),DicKunstdesAtmens“vonLeoKotier. DruckundVerlagvonBreit-
kopf#.Hartl.
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VII
demUmstandhervor,daßfürdiekleinereAusgabe,demAus-
zug obgenannten Werkes') kein Geringerer als Geh. Med.-
Rat Prof. Dr. Eulenburg die Einleitung geschrieben.
Ich fand dieses Buch,im BesitzvielerDamen mitwelchen
ich durch meine Tätigkeit in Deutschland in Beziehung
trat. Von allen habe ich denselben Ausspruch gehört:
daß sie sämtlich die in Leo Kofler’s Buch dargelegte At-
mungstechnik nicht zu verstehen vermögen. Teils ver-
mochten sie sich kein BildvonderAktionderbeim Atmen
beteiligten willkürlichen Muskulatur zu machen, teils blieb
ihnen die Lage und Funktion des Zwerchfells ein Rätsel.
Jedenfalls brachten sie die Uebungen alle durcheinander
und das Resultat ihrer selbstbelehrenden Uebungen bot
das Bild erstaunlichster Verwirrung dar.
Wenn nun ein solch hervorragend klar und populär ge-
schriebenes Buch wie Leo Kofler’s „Kunst des Atmens“
kein Verständnis erzielen kann, so ist nur ein Schluß
möglich: die Laienfrau ist noch nicht genügend in ihrer
Körperkenntnis unterrichtet, um auch die populärste Dar-
stellung dieses Gegenstandes assimilieren zu können. Ich
bin daher zu der Ueberzeugunggekommen, daß ich mehr
im gesundheitlichen Interesse meiner Leserinnen handle,
wenn ich ihnen nur die Wichtigkeit der Atmungskenntnis
und die Tragweite derselben im Zusammenhang mit den
Alltagspflichten vortrage, als wennich sie in Versuchung
führe,durchunrichtigausgeführte Uebungensichzuschaden.
Die Erfahrung in meinen praktischen Kursen hat mich ge-
lehrt, daß die Frauen ohne Beisein eines Lehrers mit
Atmungsgymnastik nicht zu betrauen sind. Man braucht
nur Gesangseleven bei ihren theoretisch absolutistischen
Erörterungen oder bei ihrer Ausführung der Atemgym-
nastik zu belauschen, um sich von derverkehrten Begriffs-
bildung ihrer anatomischen Kenntnis gründlich zu über-
zeugen. Es hiesse Eulen nach Athen tragen, wollte ich die
Flut der schon vorhandenen und noch immernicht assimi-
lierten Literatur aufdiesem Gebietenochum einenTropfen
vermehren. Ich ziehe die langsamere aber sichere Auf-
klärung durch persönlichen Unterricht vor, da ich gerade
auf diesemGebieteHalbwissen fürschädlichererachte,als
naive Unwissenheit.
*)„RichtigAtmen“vonLeoKotier. MiteinerEinleitungvonGeh.Med-
RatProf.Dr.Eulenburg.
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