Table Of ContentKooperation als Strategie
technologischen Paradigmenwechsels
Mathias Knappe
Kooperation
als Strategie
technologischen
Paradigmenwechsels
Eine nachhaltigkeitsbasierte
Untersuchung der Elektrifi zierung
des Automobils
Mathias Knappe
Stuttgart, Deutschland
Dissertation Universität Hohenheim, 2014
ISBN 978-3-658-09991-6 ISBN 978-3-658-09992-3 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-658-09992-3
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Für Julia.
Geleitwort von Prof. Dr. Andreas Pyka
Nach über 100 Jahren technologischer Dominanz des Automobils mit Verbrennungsmotor
deutet sich in der mobilitätsbezogenen Branche ein massiver technologischer Umbruch an,
der für die Struktur der weltwirtschaftlichen Arbeitsteilung und in Bezug auf die regionale
Verteilung der Wertschöpfung erhebliche Auswirkungen haben wird. Neben den sich er-
schöpfenden technologischen Möglichkeiten des Automobils mit Verbrennungsmotor und
dem hohen Reife- und Konzentrationsgrad der Automobilindustrie – ein durchaus typisches
Muster in der langfristig technologiegetriebenen wirtschaftlichen Entwicklung – sind im vor-
liegenden Fall noch zwei weitere Besonderheiten von maßgeblicher Bedeutung. Zum einen
ergibt sich aufgrund ökologischer Zwänge ein deutlicher und bereits kurzfristig notwendiger
politischer Handlungsbedarf, zum anderen sieht sich die Industrie einem permanent steigen-
den Mobilitätsbedürfnis einer sich wirtschaftlich entwickelnden und gleichzeitig wachsenden
Weltbevölkerung gegenüber.
Mathias Knappe analysiert diesen komplexen Zusammenhang aus einer innovationsökonomi-
schen Perspektive. Die charakterisierte Problemstellung verdeutlicht bereits, dass eine aus-
schließlich angebotsorientierte innovationsökonomische Betrachtungsweise jedoch zu kurz
greifen würde, weshalb Herr Knappe in seinen wissenschaftlichen Betrachtungen der innova-
tionsökonomischen Perspektive eine nachhaltigkeitsorientierte und kooperationsorientierte
Perspektive zur Seite stellt. Die Arbeit beschäftigt sich somit mit einem ökonomischen, öko-
logischen, gesellschaftlichen und politisch höchstrelevanten Thema und trägt der dem Unter-
suchungsgegenstand zugrundeliegenden Komplexität Rechnung, in dem nicht nur einseitig
eine industrielle Betrachtung erfolgt. Für die Analyse kombiniert Herr Knappe geschickt
Überlegungen aus der Nachhaltigkeitstheorie mit dem Ansatz zu technologischen Paradigmen
und Trajektorien. Auf diese Weise konstruiert er den theoretischen Rahmen der erlaubt, den
Wechsel im Antriebsstrang von Automobilen als einen Wechsel eines technologischen Para-
digmas zu charakterisieren. Insbesondere Einflüsse der sozio-kulturellen Umwelt, basierend
auf Nachhaltigkeitsüberlegungen, üben einen starken Druck aus und bringen technologisch
unsichere Lösungen und mit ihnen neue Kompetenzen und wirtschaftliche Akteure in den Fo-
kus. Die Heterogenität der involvierten Akteure legt dabei nahe, die für eine erfolgreiche Be-
wältigung des Paradigmenwechsels notwendige Wissensdiffusion sowie Wissensentwicklung
in einen kooperativen Rahmen zu stellen, da nur auf diese Weise die fundamental unsicheren
Synergien in einem experimentellen Prozess mit der notwendigen Flexibilität und Effektivität
erschlossen werden können.
Die innovative Arbeit des Autors eröffnet dem Leser einen neuen Blick auf die zukünftig zu
erwartenden Entwicklungen im Automobilsektor. Ohne Zweifel stehen hier große technologi-
sche Umbrüche an, die zu einer neuen sektoralen und geographischen Verteilung von Wirt-
VIII Geleitwort von Prof. Dr. Andreas Pyka
schaftsdynamik führen werden. Den Schleier des Unwissens über zukünftige Entwicklungen
kann auch die vorliegende Arbeit nicht heben, aber mögliche Pfade zukünftiger Entwicklung
konturenreich und bestmöglich informiert beschreiben, ist zweifelsohne das große Verdienst
von Herrn Knappe und der von ihm vorgelegten Dissertation.
Prof. Dr. Andreas Pyka
Geleitwort von Prof. Dr. Stephan Seiter
Seit Beginn des 21. Jahrhunderts rückt die Sorge um den Klimawandel zunehmend in den Fo-
kus wissenschaftlicher und politischer Debatten. Ein Weg zur Reduzierung der CO2-
Emissionen wird in der Substitution des Verbrennungsmotors durch elektrische Antriebe ge-
sehen. Eine solche Veränderung stellt alle Bereiche der Automobilindustrie vor große Heraus-
forderungen. Unternehmen sehen sich neuen technologischen Entwicklungen gegenüber, die
nicht zwingend mit den bisherigen Spezialisierungsmustern kongruent sind. Das zur erfolg-
reichen Umorientierung notwendige Wissen ist häufig intern nicht verfügbar, so dass Koope-
rationen mit neuen Partnern notwendig sind. Vielfach befinden sich die handelnden Akteure
im Spannungsfeld zwischen Kooperation und Konkurrenz. Je nach Phase der technologischen
Entwicklung können vertrauensbasierte kooperative Lösungen für die Unternehmen von Vor-
teil sein. Bislang wurde die Analyse der letzteren weitgehend vernachlässigt.
An diesem Punkt setzt nun die vorliegende Dissertation von Herrn Knappe an. Basierend auf
einer selbständig entwickelten Nachhaltigkeitssystematik untersucht der Autor die Eignung
vertrauensbasierter Kooperation als erfolgreiche Verhaltensstrategie. Er zeigt auf, wie das
bisherige Paradigma des Verbrennungsmotors in Frage gestellt wird und welche Alternativen
sich eröffnen. Dabei stehen auch die Eigenschaften des Transformationsprozesses hin zur
Elektromobilität im Mittelpunkt. Es wird deutlich, dass sich keine Sprünge von einem zum
anderen technologischen Paradigma ergeben werden, sondern dass sich der Einsatz von Elekt-
romotoren via Hybridantriebe steigern wird. Welche internationalen Unternehmen in Zukunft
auf diesem Markt eine herausragende Rolle spielen werden, hängt auch in großem Maße von
der internationalen Verteilung des relevanten Wissens ab. Die von Herrn Knappe vorgestellte
empirische Analyse in diesem Bereich legt nahe, dass in Deutschland nur in sehr geringem
Umfang Möglichkeiten zur Kooperation bei der Exploration technologischen Wissens genutzt
werden. Letzteres kann die technologische Spitzenposition deutscher Unternehmen zukünftig
gefährden.
Dem Leser ergibt sich durch die ausgezeichnete Arbeit von Herrn Knappe ein umfassendes,
logisch konsistentes Bild dieses für die deutsche Volkswirtschaft so wichtigen Industriesek-
tors und dessen zu erwartender Entwicklung. Die Berücksichtigung zentraler Ergebnisse aus
der Innovationsökonomik sowie der Koordinations- und Nachhaltigkeitsforschung vergrößern
dabei nicht nur das Verständnis der technologischen Entwicklung, sondern bieten auch wich-
tige Hinweise für die politische und unternehmensspezifische Gestaltung.
Prof. Dr. Stephan Seiter
Vorwort
Bereits an dieser Stelle bedanke ich mich für die vielschichtige Unterstützung all der Perso-
nen, ohne welche die vorliegende Dissertation nicht möglich gewesen wäre. Mein besonderer
Dank gilt meinem Doktorvater und Erstgutachter, Herrn Prof. Dr. Andreas Pyka, der diese
Arbeit ermöglicht hat und mir stets den Freiraum gewährte, die Untersuchung nach meinen
Vorstellungen zu gestalten. Seine Anregungen und sein Interesse auch an unkonventionellen
Ideen waren mir eine Quelle der Inspiration. Weiterhin bedanke ich mich bei Herrn Prof. Dr.
Stephan Seiter, der mir als Zweitgutachter von der wissenschaftlichen Konzeption bis zur Fer-
tigstellung mit Rat und Tat zur Seite stand. Seine wohlwollende Förderung und die zahlrei-
chen kritisch-konstruktiven Gespräche gaben mir essentielle Impulse. Herrn Prof. Dr. Harald
Hagemann danke ich für die Übernahme des Vorsitzes der Prüfungskommission. Bei den
Herren Dr. Michael Müller und Harald Keller bedanke ich mich für das entgegengebrachte
Vertrauen und die Schaffung der unternehmensseitigen Rahmenbedingungen, welche die be-
rufsbegleitende Verwirklichung dieser Dissertation erst ermöglichten. Besonderer Dank gilt
überdies Herrn Daniel Guffarth, der mir als Lehrstuhl- und Arbeitskollege in unzähligen in-
spirierenden Diskussionen wertvolle Kommentare und Anmerkungen lieferte und mir bei der
empirischen Analyse mit Rat und Tat zur Seite stand. Darüber hinaus bedanke ich mich bei
meinem Arbeitskollegen Marc Braun für seine kostbaren fachlichen Beiträge, sowie bei mei-
nem Lehrstuhlkollegen Dr. Benjamin Schön für dessen hilfreiche methodische Hinweise.
Mein ausdrücklicher Dank gilt zudem Herrn Oliver Wirth, ohne dessen fundierte Kenntnisse
der Programmierung und Datenverarbeitung die empirische Auswertung in dieser Art nicht
möglich gewesen wäre. Ferner bedanke ich mich für die vielen fach- und methodenspezifi-
schen Anregungen, Hinweise und Kommentare, die ich im Laufe der Untersuchung unter an-
derem von den Herren Prof. Dr. Robert Dust, Dr. André Baumann, Dr. Roland Heimann, Dr.
Eberhard Heinz sowie Dr. René Schellenberger erhalten habe. Abschließend gilt mein Dank
auch Lisa und Adrian Knappe, Matthias Wiebersinsky sowie Marcus Petrasch für die Unter-
stützung bei den finalen sprachlichen und formalen Korrekturen. Für den nicht zu unterschät-
zenden moralischen Rückhalt sowie ihre Geduld bedanke ich mich bei meiner Frau Julia,
meiner Familie und allen Freundinnen und Freunden. Besonders hervorheben möchte ich ab-
schließend meine Eltern Silvia und Michael Knappe, die mit ihrer Förderung und ihrem Glau-
ben an mich den Grundstein hierfür gelegt haben.
Mathias Knappe
Abstract
Beschleunigung und Reorientierung des technischen Fortschritts überfordern selbst große Un-
ternehmen im Spannungsfeld zwischen Spezialisierung und interdisziplinärer Konvergenz. So
wird die Kombination interner Forschung und Entwicklung mit externem Wissen, vor allem
in Hochtechnologien, zur zentralen Voraussetzung langfristigen Unternehmenserfolgs.
In diesem Kontext untersucht die vorliegende Dissertation das Potenzial kooperativen Verhal-
tens zwischen Unternehmen zur Bewältigung technologischer Diskontinuitäten am Beispiel
des bevorstehenden Paradigmenwechsels im automobilen Antrieb. Dabei wird Kooperation
als superiore Strategie zur Stimulation des explorativen Innovationsmodus identifiziert und in
eine übergreifende Dynamik der Koordinationseignung im Verlauf technologischen Fort-
schritts integriert. Bezogen auf den automobilen Antrieb ist eine nachhaltigkeitsinduzierte
Destabilisierung des technologischen Paradigmas des Verbrennungsmotors festzustellen,
während sich seine intensiven Möglichkeiten erschöpfen. Konsequenz dessen ist zunehmen-
der Innovationsdruck, der konsistenzorientiert eine systemische Transformation von Kraft-
werkstechnik und Energienetz sowie einen Paradigmenwechsel zu elektrischen Antrieben er-
zwingt. Aufgrund der bisher geringen technologischen Reife und hohen Kosten elektrischer
Antriebssysteme zeichnet sich allerdings ein Übergang in Form einer graduellen Rekonfigura-
tion über eine Hybridphase ab, deren Dynamik maßgeblich von der Entwicklung der techno-
ökonomischen Schlüsselmodule Batterie und Brennstoffzelle abhängt. Die dazu erforderliche
technologische Transformation birgt existenzielle Gefährdungen für die etablierten Unter-
nehmen der Automobilindustrie, die sich gegenüber ihren Herausforderern explorationsbezo-
gen in einer inferioren Ausgangssituation befinden. Eben hier bieten sich umfangreiche Po-
tenziale kooperativer Exploration elektrischer Antriebe auf Verhaltens-, Innovationsprozess-
und Wissensebene. In Relation zu diesen erscheint das reale Kooperationsniveau jedoch als
gering, volatil und, vor allem in Deutschland, übermäßig intrasektoral fokussiert.
Aus diesen Erkenntnissen ergeben sich Implikationen für Unternehmensführung, Innovati-
onspolitik und Forschung. Managementseitig besteht die zentrale Herausforderung in der Be-
fähigung der Organisation zur Dynamisierung von Wissen und Fähigkeiten durch simultan-
heterogene Koordination explorativer und exploitativer Innovationsströme. Insbesondere die
Erschließung kooperativer Potenziale setzt allerdings die Bereitschaft zur Einschränkung der
eigenen Unabhängigkeit sowie zur Abweichung von bewährten Verhaltensmustern voraus.
Innovationspolitisch steht die Überwindung von Beharrungskräften durch Anpassung des so-
zio-institutionellen Rahmens sowie die Förderung langfristiger Kooperation bei potenzialge-
leiteter Intersektoralität im Vordergrund. Forschungsbezogen eröffnet speziell die Kombinati-
on von Innovations-, Nachhaltigkeits- und Koordinationstheorie ein besseres Verständnis von
Triebfedern und Dynamik technischen Fortschritts, das weiter vertieft werden sollte.