Table Of ContentHannes A\pheis
Kontexta na lyse
HannesAipheis
Kontextanalyse
Die Vlirkung des sozialen Umfeldes, untersucht
am Beispiel der Eingliederung von Ausliindern
1[)'fl1.\r7 DeutscherUniversitats Verlag
~ GABLER' VIEWEG -WESTDEUTSCHER VERLAG
CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Alpheis, Hannes:
Kontextanalyse : d. Wirkung d. sozialen Umfeldes am Beispiel
d. Eingliederung von Auslandern / Hannes Alpheis. -
Wiesbaden: Dt. Univ.-Verl., 1988
Zugl.: Hamburg, Univ., Diss., 1987
ISBN-13: 978-3-8244-4006-1 e-ISBN-13:978-3-322-83780-6
DOl: 10.1007/978-3-322-83780-6
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ISBN-13: 978-3-8244-4006-1 e-ISBN-13: 978-3-322-83780-6
DOl: 10.1007/978-3-322-83780-6
Inhalt
Teil I: Zur Theorie der Kontextanalyse
1. Einleitung 11
2. Entwicklung der Kontextanalyse 15
2.1. Methodische Entwicklung 19
2.2. Theoretische Entwicklung 24
3. Was ist ein Kontext? 31
Exkurs 1: SozialOkologie und Sozialraum 37
Exkurs 2: Netzwerk-Analyse 43
4. Was ist ein Kontextmerkmal? 47
S. Die ErkIarung von Kontexteffekten 51
5.1. Die Forderung nach theoriegeleitetem Vorgehen bei der
Analyse von Kontexteffekten 52
5.2. Anforderungen an eine Theorie der KontextefJekte 54
5.3. Kontext und Elemente einer Handlungstheorie 57
5.3.1. Kontext und perzipierte Handlungsmoglichkeiten 57
5.3.2. Kontext und erwartete Valenz 60
5.3.3. Kontext und soziale Interaktion 61
5.4. Wirkungsmechanismen und Inhalte sozialer Interaktion 66
5.4.1. Die Erkiarung eines Kontexteffektes mittels
einer Theorie rationalen Handelns (oach de
Vos): Das SESA-Modell 67
5.4.2. Das SESA-Modell und inverse Effekte 73
5.4.3. Das SESA-Modell und nicht-lineare Kontextef-
fekte, sowie Kontexteffekte ohne direkte
soziale Interaktion 79
5.4.4. Bewertung der Angemessenheit des SESA-
Modells zur ErkIarung von Kontexteffekten 85
5.5. Die Vereinbarkeit des Modells mit anderen Erkliirungsan-
siitzen 87
5.6. Bestimmung des Kontextes vor dem Hintergrund des
SESA-Modells 89
5.6.1. Gruppierung auf der Basis rtiumlicher Nahe 91
6. Die Messung von Kontexteffekten 95
6.1. Die wichtigsten Verfahren im Vergleich 95
6.2. Ausgewiihlte Probleme 97
6.2.1. Multikollinearitat 97
6
6.2.1.1 Anwendungen des Ansatzes von Boyd und
Iversen 100
6.2.2. Frog-Pond-Effekte 102
6.2.3. Erweiterung des Basismodells 103
6.2.4. Skalenniveau der Daten 104
6.3. Weitere Entwicklungen 105
6.3.1 .Slopes-as-Outcomes 105
6.3.2. Endogenes Feed-Back 106
6.3.3. Daten aus mehreren Datenslitzen 107
6.3.4. Design der Untersuchung 109
TElL II: Empirische Analysen
7. Theoretische Uberlegungen zur Eingliederung von Migranten 113
7.1. Dimensionen der Eingliederung 113
7.2. Kontextuelle Determinanten 116
7.2.1. Segregation und Konzentration 116
7.2.2. Wirkungen kontextueller Determinanten 118
7.3. Ethnische Infrastruktur. Institutionen. Kolonie 120
7.4. Individuelle Folgen ethnischer Konzentration und
residentieller Segregation 122
7.5. Empirisch vorgefundene Beziehungen zwischen ethnischer
Konzentration und Assimilation in der Bundesrepublik
Deutschland 124
7.6. Kommunalpolitische Konzepte und ethnische Konzentrati-
on 128
7.7. Unabhangige Variablen in Kontextmodellen 132
8. Daten und Methode 139
8.1. Daten 139
8.2. Methode 141
8.3. Die abhangigen (endogenen) Variablen 144
8.4. Exogene Variablen 147
8.5. I ndividualmodelle 148
9. EingJiederung und die ethnische Struktur des Wohngebietes
(Empirische Analysen I: administrative Einheiten) 155
9.1. Kognitive Assimilation 159
9.2. Strukturelle Assimilation 167
Inhaltsverzeichnis 7
9.3. Soziale Assimilation 172
9.4. Personale Integration 186
9.5. Identifikative Assimilation 192
9.6. Diskussion 199
10. Eingliederung und ethnisches Milieu im Wohngebiet
(Empirische Analysen II: Untersuchungsgebiete) 203
10.1. Probleme der Gebietsabgrenzung und der Stichprobe 203
10.2. Ethnische Struktur der Untersuchungseinheiten und die
zentralen Konstrukte der Eingliederung 209
10.3. Zwischengebietsunterschiede 217
10.4. Kontextanalysen nach Boyd und Iversen 226
10 04.1. Balanciertes versus verankertes Modell 226
1004.2. Strukturelle Assimilation bei Tiirken der ersten
Generation 228
1004.2.1. Strukturelle Assimilation in AbWingigkeit
von Schulbildung auf der Ebene des Wohnquar-
tiers 228
1004.2.2. Strukturelle Assimilation in AbWingigkeit
von kognitiver Assimilation auf der Ebene des
W ohnquartiers 234
1004.2.3. Strukturelle Assimilation in AbWingigkeit
von Schulbildung auf verschiedcnen Ebenen 239
10.4.2.4. Strukturelle Assimilation in Abhangigkeit
von kognitiver Assimilation auf verschiedenen
Ebencn 239
1004.3. Soziale Assimilation bei Tiirkcn und Jugosla-
wen der ersten Generation i##
10.5. Bewertung der Kontextanalysen 250
11. Schlu8bemerkung 257
Anhang
Al Darstellung der wichtigsten Konstrukte nach Nationalitat und
Generation 263
A2 Beschreibung der exogenen unabhangigen Variablen 267
A3 Beschreibung der Indikatoren der ethnischen Struktur 271
A4 Scatterplots der Kontextmittelwerte 273
AS Kontextanalyse nach Boyd und Iversen 275
A6 SPSS·X·Steuerkarten zur Kontextanalyse 301
L Literatur 307
Dank
Diese Arbeit wurde in starkem MaGe durch meine Mitarbeit am Forschungs
vorhaben "Kulturelle und ethnische Identitat bei Arbeitsmigranten im internationa
len, intergenerationalen und interkontextuellen Vergleich" begiinstigt. Das Projekt
wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gef6rdert und an der Universi
tat -Gesamthochschule -Essen unter der Leitung von Hartmut Esser, sowie an der
UniversitJ1t Hamburg unter der Leitung von Jiirgen Friedrichs durchgefiihrt. Mein
Dank gilt den Essener Kollegen Paul B. Hill, Elke Korte, Ingo Kurosch, Rainer
Schnell, sowie Elke Esser und Renate Prust fiir die freundschaftliche Zusammen
arbeit und ihre Bereitschaft, einen AuBenseiter zu integrieren.
Hartmut Esser und Jiirgen Friedrichs haben mein Interesse an Kontextanalysen
geweckt und mir viele Moglichkeiten geboten, etwas zu lernen. Besonderer Dank
gebiihrt ihnen fUr ihre Art, Forschung zu betreiben, Wissen zu vermitteln und Mit
arbeiter zu fiihren. So macht die Arbeit SpaB!
In diesem Zusammenhang sei auch den Kollegen der Forschungsstelle Ver
gleichende Stadtforschung der Universitat Hamburg gedankt. Der Gesellschaft fUr
Sozialwissenschaftliche Stadtforschung e.V. danke ich dafiir, ihre Maschinen und
Software benutzen zu diirfen, Margrit Menck, Jorge Seca Gil, Helga Kliche und
Diirten Grabow danke ich fiir Unterstiitzung beim Schreiben des Textes.
Fiir kritische Hinweise danke ich Matthias Klupp, Ferenc Moksony und Rainer
Schnell.
Die Mitwirkung des direkten sozialen U mfeldes spielt eine wichtige Rolle bei der
Entstehung dieser Arbeit. Bettina, Matthias, Ruth und vor allem Diirten sind fUr
ein Klima der Harmonie und Toleranz verantwortlich, das es mir ermoglichte,
mich auf diese Arbeit zu konzentrieren.
Vor allen anderen aber danke ich meinen Eltern, ohne die diese Arbeit - in mehr
facher Hinsicht - nicht moglich gewesen ware.
TElL I
Zur Theorie der Kontextanalyse
Kapitell: Einleitung
KON1EXTA NALYSE ist als Begriff unscharf. Als Obersetzung des englischen
'contextual analysis' miiBte es "kontextuelle Analyse" heiBen.
Der Begriff "Kontextanalyse" suggeriert, daB Kontexte - als Explanandum -
analysiert werden. Das ist nicht der Fall. 1m Rahmen dessen, was unter die Be
zeichnung Kontextanalyse raUt, wird vielmehr versucht, Eigenschaften von Indivi
duen zu erklaren. Als Individuen werden im allgemeinen Menschen verstanden,
formal konnen aber auch andere soziale Einheiten (z.B. Gruppen) als kleinste Ein
heiten und damit im lateinischen Wortsinne als "unteilbar" angesehen werden
(vgJ. Falter 1978: 853). In die Analyse werden neben individueUen Faktoren auch
Kontexte, also die jeweiligen Umgebungen, als Explanans einbezogen. Kontextan
alyse kann aber mehr leisten als nur den Vergleich zwischen Kontexten: auch die
Eigenschaften von Kontexten werden zur Erkliirung individueller Eigenschaften
herangezogen.
Somit lauft der Versuch, den Begriff der Kontextanalyse zu prazisieren und zu
verbessem, auf eine Festlegung (oder Definition) hinaus, die folgende Elemente
enthalten muB:
Explanandum· der Analyse ist:
-ein Merkmal bzw. eine Eigenschaft von Individuen,
t
Explanans der Analyse sind:
- Merkmale bzw. Eigenschaften von Individuen (sog. Individualmerkmale)
- Merkmale bzw. Eigenschaften von Kontexten (sog. Kontextmerkmale)
Kontextanalyse ist demnach Mehrebenenanalyse, da Eigenschaften von Indivi
duen und von Kontexten, also Einheiten unterschiedlicher hierarchischer Ordnung,
in die Analyse eingehen. (Zu einer Typologie von Analysen nach Ebenen der
Analyse vgl. Riley 1964: 1015ff. und darauf aufbauend Clar 1981: 118f.). Die
griffigste Bestimmung dessen, was Kontextanalyse ist, dUrfte sein: Erkliirung der
Eigenschaften von Individuen im Rahmen von Mehrebenenanalyse.
Da Kontextanalyse als Terminus Technicus fiir derartige Analysen eingefiihrt
ist, solI dieser Begriff aber im folgenden beibehalten werden.
Nach dieser Bestimmung des Begriffes der Kontextanalyse solI anhand von
Begriffsbestimmungen aus der Literatur gezeigt werden, daB iiber die Verwendung
des Begriffes weitgehend Einigkeit besteht:
"The basic idea of contextual analysis is that in addition to such individual attributes as
age or certain attitudinal structures, individual behavior is also influenced by the
characteristics of the environment." (Falter 1978: 853)
12 Kapitell
"The term 'contextual effect' describes variation in political behavior that depends,
systematically, on properties of the environment within which that behavior is
embedded." (Sprague 1982: 99)
"Contextual analysis attempts to explain an individual behavior pattern in terms of the
social context or milieu in which the individual lives when certain of his own social or
other personal attributes are held constant." (Cox 1969: 158)
Zu weiteren Definitionen vgl. Blau 1957: 64; Lazarsfeld 1959: 69; Scheuch
1969: 142; Boyd 1971 zit. nach Falter 1978: 853; Hummell & Opp 1971: 68;
Selvin 1972: 389; Hummel 1972: 20f, 55; Boyd & Iversen 1979: ix, 12; Sprague
1982: 100 und Blalock 1984: 353.
Kontextanalyse ist also als Mehrebenenanalyse darauf angelegt, die Kluft zwi
schen Mikro- und Makro-Soziologie zu tiberbrucken (vgl. Allardt 1969). Das Ex
planandum der Kontextanalyse - die individuelle Eigenschaft - ist dabei explizit
mikro-soziologisch zu nennen.
Kontextanalyse ist weder neu noch ungewohnlich. Jede Replikation einer mi
krosoziologischen Untersuchung - sei es innerhalb oder auBerhalb des urspriingli
chen Untersuchungsrahmens - ist nichts anderes als die Variation bestimmter so
zialraumlicher (oder zeitlicher) Kontexte (vgl. Selvin 1972: 394). Replikationen
mikrosoziologischer Untersuchungen sind also auch Kontextanalysen; Boudon
(1969: 18) nennt die Vergleiche mehrerer ahnlicher Untersuchungen "pseudocon
textual studies" (s.a. Valkonen 1969b oder Hanushek 1974: 66). Kontextanalysen
sind aber auch immer interne Replikationen: Es wird geprtift, ob sich ein postu
lierter (mikrosoziologischer) Zusammenhang zwischen Individualmerkmalen in
verschiedenen Stichproben in gleicher Weise beobachten laBt (vgl. z.B. Muller &
Opp 1986: 480). Kontextanalysen stellen also strengere Tests von Individual
theorien dar als eine Uberprufung an nur einer (undifferenzierten) Stichprobe. Da
strenge Tests von Theorien zum Erkenntnisfortschritt beitragen, ist die Durchfiih
rung von Kontextanalysen allein aus diesem Grunde zu begruBen.
Nun ist das Universum der Kontexte, die in die Analyse einbezogen werden
konnen, prinzipiell unendlich. In der Absicht, eine (individual-)theoretische Uber
legung einer moglichst strengen Priifung zu unterziehen, wird der Forscher versu
chen, moglichst unterschiedliche Populationen zu analysieren. Die Unterschied
lichkeit der Populationen muB sich auf sogenannte relevante Merkmale beziehen.
Diese (vermeintlich oder wahrscheinlich) relevanten Merkmale sind Merkmale
(der Population), von denen angenommen werden kann, daB sie in einem Zusam
menhang mit dem Explanandum stehen (vgl. Opp 1976: 403f.). Replikationen
stellen von daher nichts anderes als eine Kontrolle von Drittvariablen dar. Diese
Drittvariablen sind sogenannte relevante Merkmale von Populationen bzw. von ...
Kontexten.