Table Of ContentUlrich Teichmann
Konjunktur- und Wachstumspolitik - Konflikt oder Konnex
Dr. Ulrich Teichmann
Konjunktur- und
Wachstumspolitik -
Konflikt oder Konnex
Mit einer Einfuhrung "Zur Konjunkturpolitik"
Von Prof. Dr. Helmut Meinhold, Universitat Frankfurt a. M.
Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler, Wiesbaden
ISBN-13: 978-3-409-60932-6 e-ISBN-13: 978-3-322-83491-1
DOl: 10.1007/978-3-322-83491-1
Copyright by Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler, Wiesbaden 1972
Softcover reprint of the hardcover 1st edition 1972
Vorwort
Die Konjunkturpolitik verfiigt heute - nicht erst seit der Verabschiedung
des StabilWits- und Wachstumsgesetzes - iiber die Mittel, urn extreme
zyklische AusschHige durch kompensatorische MaBnahmen auszugleichen.
Nach wie vor fehlen uns aber das konjunktur- und wachstumstheoretische
Wissen und die prognostischen Fahigkeiten - von Fragen der politischen
Durchsetzbarkeit in einem parlamentarischen, mit autonomen Gruppen
durchsetzten marktwirtschaftlichen System einmal ganz abgesehen -, urn
die in Schwankungen verlaufende wirtschaftliche Entwicklung mit Hilfe
interventionistischer MaBnahmen so zu steuern, daB das kurzfristige Stabili
tatsziel mit dem langfristigen Wachstumsziel in optimaler Weise verbunden
werden kann.
Die Zyklen der Vergangenheit zeigten uns immer wieder von neuem, daB es
~ns zwar stets gelang, eine Rezession zu iiberwinden, aber immer nur auf
Wegen, die uns zum anderen Extrem, zur 'Oberbeschaftigung und zu steigen
den Preisen, fiihrten.
Diesen Zielkonflikt versuchen wir - aufbauend auf einer konjunktur- und
wachstumstheoretischen Analyse - im ersten Teil der Arbeit durch einen
verbesserten Einsatz der geld- und fiskalpolitischen Mittel - bezogen auf
Timing und Ansatzpunkte - und eine differenziertere Lohnpolitik, die ver
teilungspolitische und konjunktureIle Komponente trennt, aufzulosen (hori
zontaler Konfliktausgleich).
AnschlieBend fragen wir nach dem Mittelcharakter der Ziele, d. h. wir unter
suchen, wie eine unterschiedliche und variable Nachfrageintensitat auf die
Faktoren wirkt, die das Wachstum bestimmen, und zum anderen, wie das
Niveau des Wachstumspfades und die ihn gestaltenden Krafte wiederum
die Bedingungen zyklischer Schwankungen beeinflussen (vertikaler Kon
fliktausgleich).
Selbstverstandlich konnten nicht aIle Fragen gelost oder in die Nahe einer
LOsung gefiihrt werden. Manche Wege erschienen uns auch zu lang und fiir
einen Wissenschaftler allein nicht gangbar; uns kam es hauptsachlich darauf
an, die vielschichtigen Verbindungslinien zwischen den beiden Zielen Stabili
tat und Wachstum zu analysieren, Probleme aufzuwerfen und damit einen
- wenn auch bescheidenen - Beitrag zum konjunktur- und wachstums
politischen Fortschritt zu liefem.
Die vorliegende Arbeit entstand in den Jahren 1967 bis 1970 am Seminar
fiir Wirtschafts- und Sozialpolitik der Johann Wolfgang Goethe-Universitat
in Frankfurt. 1m Dezember 1970 wurde sie von der Fakultit als Dissertation
angenommen. Den Professoren Dr. Helmut Meinhold und Dr. Drs. h. c. Fritz
Neumark bin ich fur wertvolle Anregungen dankbar.
ULRICH TEICHMANN
Inhaltsverzeichnis
Seite
Zur KonjunkturpoUtik
Vorbemerkungen von Prof. Dr. H. Me i n hoi d 13
Erstes Kapitel
Allgemeine Bemerkungen zur Theorie der WirtschaftspoUtik,
insbesondere der Konjunktur- und WachstumspoUtik
1. Die Wahl des Wirtschaftssystems . . . . . 21
2. Kriterien einer rationalen Wirtschaftspolitik 22
3. Die zeitbestimmte Ordnung der Ziele . . . 27
4. Das Prinzip der Konstanz der Wirtschaftspolitik 29
Zweites Kapitel
InhaltUehe Bestimmung der Ziele
1. Begriff und Inhalt der Konjunkturpolitik 31
a) Aspekte der Preisniveaustabilitat . . 32
b) Aspekte der Beschaftigungspolitik .. 35
2. Begriff und Inhalt der Wachstumspolitik 38
3. Die Gegeniiberstellung der Ziele . . . 40
Drittes Kapitel
Theoretisehe Grundlagen der WachstumspoUtik
1. Bedingungstheoretische Konzeption . . . . 43
2. Neoklassische produktionstheoretische Konzeption 44
3. Kausaler (das Wachstum endogen erklarender) Ansatz 45
a) Risiko, Gewinn und Investition . . . . . . . ... . 46
b) Der intertemporale Ausgleich, Stetigkeit und Risikobereitschaft 47
c) Investitionstheoretische Oberlegungen . 49
d) Der Konsum in der Wachstumstheorie ..... ; . . . .. 51
Seite
e) Die privatwirtschaftliche Investitionsfunktion . . . . . . 54
f) Theorie der offentlichen Investition (Infrastrukturpolitik) 55
g) Die Interdependenz zwischen Wettbewerb und technischem
Fortschritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
h) Das Angebots- und Nachfragewachstum (Zusammenfassung) 60
Viertes Kapitel
Theoretische Grundlagen der Konjunkturpolitik
1. Das Gleichgewicht in der Konjunkturtheorie 63
a) Gleichgewicht als Norm ... 63
b) Gleichgewicht als Mechanismus ..... 64
2. Unterschiedliche ErkHirungsmethoden der Zyklen in ihrer
Konsequenz fur die Politik . . . . . 67
3. Die strategischen Faktoren des Zyklus 69
4. Der zyklische Faktor Risiko . . . . . 71
5. Die Interdependenz zwischen Liquiditat und Zyklus 72
6. Der monetare Verstarker ........... . 75
Funftes Kapitel
Der Konfliktausgleich im Mittel-Ziel-Bereich
1. Der Konfliktausgleich - von der Geldpolitik her gesehen 77
2. Der Konfliktausgleich - von der Fiskalpolitik her gesehen 84
3. Der Konfliktausgleich - von der Lohnpolitik her gesehen . 95
Sechstes Kapitel
Der Konfliktausgleich im Ziel-Ziel-Bereich . . . .
1. Die Konjunkturpolitik als Mittel der Wachstumspolitik 105
a) Der EinfluB von Zyklus und Stetigkeit auf die Investitionen
(der Risikofaktor) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
b) Expansive Konjunkturpolitik als wachstumspolitisches Mittel 106
c) Der konjunkturelle Aspekt der Wachstumsinflation 107
d) Der Konflikt der kurz- und langfristigen Preispolitik
(interner Konflikt) . . . . . . . . . . . . . . . . 109
e) Der EinfluB der Zyklen auf die gesamtwirtschaftliche Lenkung 109
f) Konjunkturpolitik, Zyklus und Wettbewerb . . . . . 112
g) Der EinfluB der NachfrageintensWit auf die Mobilitiit 113
2. Wachstumspolitik als Mittel der Konjukturpolitik . . . 115
a) Der EinfluB des Wachstumspfades auf die Bedingungen der
Konjunkturpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
b) Technischer Fortschritt, Spreizeffekt und Konjunkturpolitik 116
c) Der zyklenbestimmende EinfluB des technischen Fortschritts 118
d) Der Konflikt zwischen Konjunktur- und Strukturpolitik 119
Zusammenfassung und Schlu8bemerkung . . . . . . . . . . . . . . 123
Literaturverzeichnis 125
Sachregister . . . . 149
AbkiirzungeD
A.E.R. (PP) The American Economic Review (papers and Pro
ceedings)
A.a.P. Deutsche Bundesbank. Auszuge aus Presseartikeln
Beihefte Beihefte der Konjunkturpolitik
Berichte Berichte des deutschen Industrieinstituts zur Sozial
politik
BDA Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberver
bande
BMWJ Bundesministerium fiir Wirtschaft
CMC Commission on Money and Credit
Ec.J. The Economic Journal
D. I. W. Deutsches Institut fur Wirtschaftsforschung
G.M. Gewerkschaftliche Monatshefte
F.A. Finanzarchiv
Hamb.Jb. Hamburger J ahrbuch fur Wirtschafts- und Gesell
schaftspolitik
H.d.Sw. Handworterbuch der Sozialwissenschaften
Jb. f. Nat. ok. u. Stat. Jahrbucher fur Nationalokonomie und Statistik
Jb. f. Soz. wiss. Jahrbuch fur Sozialwissenschaft
JG J ahresgutachten
J.P.E. The Journal of Political Economy
K.u.K. Kredit und Kapital
Korrespondenz Volkswirtschaftliche Korrespondenz der Adolf
Weber-Stiftung
K.S.I. Katholisch-Soziales-Institut der Erzdiozose Koln
Mitteilungen Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufs
forschung
Q.J.E. The Quarterly Journal of Economics
R.E. Stat. The Review of Economics and Statistics
R.E.Stud. The Review of Economic Studies
Schriften Schriften des Vereins fur Socialpolitik
Schw. Zs. f. Vw. u. Stat. Schweizerische Zeitschrift fur Volkswirtschaft und
Statistik
W.A. Weltwirtschaftliches Archiv
Z.f.B. Zeitschrift fur Betriebswirtschchaft
Z.f.b.F. Zeitschrift fur betriebswirtschaftliche (friiher: han
delswissenschaftliche) Forschung
Z. f. ges. Staatswiss. Zeitschrift fur die gesamte Staatswissenschaft
Z.f.N. Zeitschrift fur Nationalokonomie
Zur Konjunkturpolitik.
Vorbemerkungen von Prof. Dr. H. Meinhold
Aufgrund der theoretischen Auswertungen, welche durch die Erfahrungen
in der groBen Depression zu Ende der zwanziger und in den dreiBiger J ahren
dieses Jahrhunderts provoziert wurden, hat die Konjunkturpolitik in den
marktwirtschaftlich organisierten Landern eine ganz bestimmte Ausrichtung
erhalten: man kann von rein makrookonomischer, auch von kompensa
torischer Orientierung der Konjunkturpolitik sprechen. Grob umrissen: Ziel
ist die Aufrechterhaltung bzw. Herstellung von Vollbeschaftigung bei Preis
niveaustabilitat unter der Bedingung, daB die Erfiillung dieses Zieles weder
vom Ausland her gestOrt werden kann noch auf eine Art erfolgt, welche die
Realisierung des gleichen Zieles in anderen Landern stort. Erreicht werden
solI dieses Ziel durch stetige Sorge dafiir, daB die monetare Gesamtnachfrage
stets gleich der Produktionsmoglichkeit bei konstantem Preisniveau und Voll
beschaftigung ist. Ergibt sich eine Nachfrageliicke, so sollte vornehmlich
durch fiskalpolitische Mittel (vermehrte Staatsausgaben, Steuersenkung) sowie
durch Anregungen der Nachfrage seitens der Geldpolitik (Zinssenkung) die
Gesamtnachfrage erhoht, bei einem Nachfrageiiberhang reduziert werden.
Dabei kommt es auf das Verhaltnis in einzelnen Industrien oder gar bei
einze1nen Giitern nicht an (daher makrookonomisch orientierte Konjunktur
politik). Nachfrageliicken in einzelnen Bereichen (z. B. privaten Investi
tionen) konnen durch Mehrnachfrage in anderen Bereichen (offentliche Aus
gaben) ausgeglichen werden (daher kompensatorische Konjunkturpolitik).
Es kann kaum ernsthaft bestritten werden, daB auf solche Weise die Wieder
holung von Depressionen wie der zu Ende der zwanziger und zu Beginn der
dreilliger Jahre verhindert werden kann, d. h. von Depressionen, die jahre
lang anhalten und sich sogar in ihrem AusmaB standig steigern, indem die
Nachfrageliicke in einem Bereich (z. B. Investitionen) die in anderen Bereichen
verstarkt. Andererseits kann nicht geleugnet werden, daB zyklische Schwan
kungen von Beschaftigungs-und Preisniveauentwicklung trotz solcher Politik
erhalten blieben, ja sich nach vielen Beobachtungen sogar wieder verstarkten.
Fiir diese Tatsache werden eine ganze Reihe von Ursachen angefiihrt. Da ist
zunachst - die hier gewahlte Reihenfolge besagt nichts iiber das Gewicht der
Ursache - die aus Geschichte und Theorie der Wirtschaftspolitik altbekannte
Erscheinung, daB sich die Wirkung wirtschaftspolitischer MaBnahmen im
Zeitablauf verandert, meistens abschwacht, weil sich die wirtschaftenden
Menschen darauf einstellen. Eindeutig ist jedenfalls, daB die Hoffnung sich
bisher nicht bestatigt, Konjunkturschwankungen wiirden, einmal vermindert,
sich selbst iiberwinden, weil z. B. die Investoren nach einer Weile stetigen
Konjunkturverlaufs keinen AnlaB mehr zu Schwankungen der Investitions
bereitschaft sehen. Vielmehr wirkt eine Art Attentismus teilweise direkt