Table Of ContentFORSCHUNGSBERICIITE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN
Nr. 2462
Herausgegeben im Auftrage des Ministerpräsidenten Heinz Kühn
vom Minister für Wissenschaft und Forschung J ohannes Rau
Dr. Werner Pfi.sterer
Geologisches Institut
der Technischen Universität Clausthal
Abteilung Ingenieurgeologie
Leitung: Professor Dr. Heinz Bottke
Kleintektonische Gefüge in Kohle
und Nebengestein auf der Nordflanke
des Gelsenkirchener-Sattels
im Grubenfeld
Consolidation bei Gelsenkirchen/Ruhrkarbon
Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 1975
© 197 5 by Springer Fachmedien Wiesbaden
Ursprünglich erschienen bei Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen 1975
Gesamtherstellung: Westdeutscher Verlag
ISBN 978-3-531-02462-2 ISBN 978-3-663-19749-2 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-19749-2
V o r w o r t
Im Ruhrkorbon werden seit etwa 20 Jahren von Clousthai aus, unter der Lei
tung von A. PILGER, tektonisch-gefUgekundliche Untersuchungen im Sinne von
B. SANDER und W. SCHMIDT durchgefUhrt, Ziel dieser Arbeiten ist, neben
der Klärung theoretisch-tektonischer Fragen und der VerknUpfung des
kleintektonischen GefUgeinventars mit Obergeordneten großtektonischen
Elementen, die Ermittlung typischer gefUgetektonischer Deformations
bilder der Gebirgsschichten in Abhängigkeit von der regionalen Position,
der stratigraphischen, petrogrophischen und großtektonischen Situation
und den Lagerungsverhältnissen.
Die geologisch-tektonischen Untersuchungen werden in enger Zusammen
arbeit mit den Morkscheidereien der Ruhrgebietszechen durchgefUhrt
und sollen, wie u. a. R.E. ADLER wiederholt betonte, auch Hinweise fUr
die Proxis des Steinkohlenbergbaus liefern.
Die vorliegende Arbeit behandelt in diesem Rahmen vor ailem die Be
ziehungen kleintektonischer GefUgeprägung in Kohlenfläzen und ihren
Nebengesteinsschichten sowie die Verteilung kleintektonischer Trenn
flächen in der Umgebung von Stärungszonen. Sie ist Teil eines Forschungs
programms, das mit Mitteln des Landesamtes fUr Forschung des Landes
Nordrhein-Westfalen gefördert wurde.
Inhaltsverzeichnis
. . . . . . . . . . .
1. Einleitung •••••••••••••••• 1
2. Zur Problematik der Deutung kleintektonischer Trennflächengefüge 4
3. Grund der Untersuchungen • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • 8
4. Durchführung der Untersuchungen • • • • • • • • • • • • • • • • • 9
4.1 Zur tektonischen Aufnahme • • • • • 9
4.2 Zur Aufbereitung und Darstellung des Datenmaterials •• 11
4.3 Zur Auswertung der Gefügediagramme • 12
5. Zur Geologie des Arbeitsgebietes ••• • • 13
5.1 Zur Stratigraphie des Oberkarbons im Untersuchungsbereich • 13
5.2 Zur großtektonischen Position des Arbeitsgebietes • 14
6. Das kleintektonische Inventar in Kohle und Nebengestein • 15
6.1 Tektonische Trennflächen in der 10. Sohle • •• 17
6.1.1 Trennflächengefüge auf der Nordflanke des Baukauar-Sattels • 17
6.1.2 Trennflächengefüge auf der Sudflanke der StrUnkader-Mulde • 27
6.2 Trennflächengefüge auf der Nordflanke des Baukauar-Sattels
in halbsteiler Lagerung • • • • • • • • • • • • • • • • • • 31
6.3 Trennflächengefüge auf der SUdflanke der StrUnkader-Mulde
in steiler Lagerung • • • • • • • • • • • • • • • • • • 38
6.4 Kleintektonische Trennflächengefüge östlich des Ewald-
Hannibal-Sprunges • • • • • • • • • • • • • • • • • • • 52
6.5 Kleintektonische Trennflächengefüge zwischen Primus-Sprung
und Ewald-Hannibal-Sprung • • • • • • • • • • • • • 56
6.5.1 Kleintektonische Gefüge in den Essener Schichten •••• 57
6.5.2 Trennflächengefüge in den Bochumer Schichten • • • • • 63
7. Grundlage der kleintektonischen Gefügeprägung im Arbeitsgebiet • 71
7.1 Kleintektonische Gefüge westlich der Primus-Störung •••• 73
7.1.1 Nordflanke des Baukauar-Sattels • 73
7.1.2 SUdflanke der StrUnkader-Mulde •• • 76
7.2 Kleintektonische Gefüge östlich der Primus-Störung • • 79
7.2.1 Kleintektonische GefUge auf der Nordflanke des Baukauer-
Sattels • • • • • • • • 79
7.2.2 Kleintektonische GefUge in dem Ubergangsbereich zwischen
dem Baukauer-Sattel und der Emscher-Hauptmulde • • • • • • 81
8. Kleintektonische TrennflHchengefUge in der Kohle und in ihren
Nebengesteinsschichten • • • • • • • • • • • • • • • 81
9. Zusammenfassung •••• 86
10. Literaturverzeichnis 90
1. Einleitung
Zur Beurteilung einer Lagerstätte im Steinkohlenbergbau gehört, neben
der Qualität der Kohle, der petrogrophisch-foziellen Ausbildung des
Nebengesteins und der Logerungsverhältnisse auch eine möglichst um
1
fassende Kenntnis der tektonischen Gegebenheiten des flözführenden Ge
birges.
Eine weitgehend gesicherte Lagerstättenbeschreibung ist nur für Teilbe
reiche, in denen bereits Abbau umging, in Form des morkscheiderischen
Rißwerkes gegeben. Uber die Verhältnisse im unverritzten Gebirge geben
in erster Linie geophysikalische Messungen sowie die Auswertung orien
tiert entnommener Bohrkerne erste Aufschlüsse.
Für eine sichere Abbauplanung ist nun die möglichst frühzeitige Kenntnis
oller für die Bauwürdigkeit eines Flözes wesentlichen Faktoren wichtig.
Insbesondere hängt der Erfolg einer mechanisierten Abbauführung ent
scheidend von der richtigen Beurteilung der geologisch-tektonischen
Gegebenheiten ab.
Ein absolut sicheres Verfahren für eine exakte Beurteilung insbesondere
der klein- und kleiosttektonischen Verhältnisse, selbst in bergmännisch
bereits aufgeschlossenen Abboubereichen gibt es jedoch bis heute nicht.
1
Entsprechend größer noch sind die Unsicherheiten bei der morkscheide
rischen Projektion der aufgeschlossenen Lagerstätte in unverritzte Bou
feldero
Seit Kohle abgebaut wird, hoben die in Kohle und Nebengestein auftretenden
Rißbildungen die Aufmerksamkeit des Bergmannes gefundeno Die Entstehung
dieser Erscheinungen, der Einfluß des Gesteins auf ihre Ausbildung und
ihre Beziehung zur Großtektonik wurden in den zwanziger Jahren dieses
Jahrhunderts zum erstenmal ausführlich diskutiert. Bereits domals wurden
Houptkluft- und Schlechtenrichtungen festgelegt und Groß- und Kleintek
tonik in Verbindung gebrochto In den folgenden Jahren wurden diese Unter-
2
suchungen weitergeführt, wobei das ermittelte Trennflächeninventar vor
wiegend in zweidimensionaler Weise ("Kluftrose") zur Darstellung kam.
Einen großen Fortschritt auf dem Gebiet der tektonischen Forschung
brachte die Einführung der dreidimensionalen Betrachtungsweise der
tektonischen Formelemente, die für das Ruhrkarbon durch H. BOLSENKÖTTER
(1955) und A. PILGER (1955) erfolgte. Hierbei diente die von W. SCHMIDT
(1925) und B. SANDER (1925, 1926, 1948) in die Gefügekunde eingeführte
Arbeitsmethode als Grundlage. Die Darstellung der Formelemente erfolgt
dabei im sogenannten Schmidt'schen Netz (Lambert'sche flächentreue pol
und äquatorständige Azimutalprojektion der unteren Lagenhalbkugel).
Diese Methode, die im Prinzip noch heute bei allen statistisch-tekto
nischen Arbeiten im Ruhrkarbon angewandt wird, bot weitgehende Möglich
keiten einer umfassenden Analyse flächiger und linearer tektonischer
Formelemente.
Eine ausführliche Darstellung der.geschichtlichen Entwicklung der klein
tektonischen Untersuchungen im Ruhrgebiet wurde von R.E. ADLER,
M. KIRCHMAYER und A. PILGER (1964) vorgelegt. Auf diese Arbeit sei,
auch in bezug auf die Angabe von älterer Literatur, ausdrücklich hinge
wiesen.
Unter Einbeziehung der grundlegenden stratigraphischen, kohlenpetro
graphischen und großtektonischen Arbeiten von H. FIEBIG (1954, 1955,
1957, 1960, 1961 und 1962), C. HAHNE (1962, 1965, 1968 und 1970),
F. LOTZE (1960 und 1963) und R. TEICHMÜLLER (1962 1963 und 1971) wurde
1
an der Technischen Universität Clausthal (früher Bergakademie) unter
Leitung von A. PILGER und bis 1970 in Zusammenarbeit mit der Montangeo
logischen Arbeitsgemeinschaft für die WestdeutschenSteinkohlengebiete,
ein umfangreiches Untersuchungsprogramm zur Klärung der geologisch
tektonischen Verhältnisse des Steinkohlengebirges des Ruhrgebietes
durchgeführt. Zu diesem Thema liegen von Clausthaler Seite u.a. Arbeiten
von A. PILGER (1955, 1956 und 1965), R.E. ADLER (1959, 1961, 1969, 1970),
3
A. PAFFRATH (1961), J. BAUMANN (1961), D. RAMBOW (1961), O. KRöGER (1964),
H.F. KRAUSSE (1965), D. ERMERT (1970), R. HAYDN (1972) und H.L. JACOB
(1972) vor.
Eine wesentliche Erleichterung, vor allem eine Entlastung von zeitrauben
der Routinearbeit, brachte die Entwicklung eines Programms, das die
statistische Bearbeitung und Darstellung des tektonischen Datenmaterials
mit Hilfe elektronischer Rechenanlagen erlaubt. Dieses Programm wurde in
gemeinsamer Arbeit mit dem Geologischen Institut der TU Clausthal von
F. KRÜCKEBERG (Bonn) aus einem bereits bestehenden Programm von HERTWECK
u. KRÜCKEBERG entwickelt. (Vgl. hierzu: G. HERTWECK und F. KRÜCKEBERG
(1962 u. 1963) und R.E. ADLER, F. KRÜCKEBERG, W. PFISTERER, A. PILGER u.
M.W. SCHMIDT (1968)).
Die Anwendung geophotogrammetrischer Methoden zur Erfassung tektonischer
Daten unter Tage verspricht darUberhinaus eine Rationalisierung und
Objektivierung der statistisch-tektonischen Aufnahmen. (Vgl. hierzu:
R.E. ADLER und J. BODECHTEL (1970)).
Ziel aller dieser geologisch-tektonischen und statistisch-gefUgetektonischen
Arbeiten war, neben der tektonischen Grundlagenforschung, stets die Er
mittlung von Faktoren, die fUr die Bergbaupraxis von Bedeutung sind. So
wurde unter anderem die Art und die Verteilung der verschiedenen tekto
nischen Formelemente innerhalb des Ruhrkarbons untersucht, um die Gesetz
mäßigkeiten der Genese dieses Gebirgskörpers zu erfassen und speziell die
Zusammenhänge der groß- und kleintektonischen Formung zu klären. Dabei
wurde besonders darauf geachtet, inwieweit lokale Abweichungen innerhalb
gefUgestatistisch sonst homogener Teilbereiche bestimmten Gesetzmäßigkeiten
unterworfen sind und welche SchlUsse sich hieraus fUr die bruchhafte De
formation des Gebirges ergeben.
4
Die Klärung der Formungspläne des Gebirges und der Gesetzmäßigkeiten
der Verteilung der tektonischen Elemente sollte dazu fUhren, den Mark
scheidern zusätzliche Informationen fUr die Projektierung des unmittel
baren Vorfeldes und die Überwachung der laufenden Abbaubetriebe zu
geben und darUberhinaus tektonische Anomalien des Vorfeldes, zoB.
Schwächezonen und abbaubegrenzende Störungen möglichst frUhzeitig zu
erkennen.
R.E. ADLER (1968) und H.L. JACOB (1972) berichteten Uber erste Erfolge
fUr die Bergbaupraxis, die statistisch-gefUgetektonische Untersuchungen
in Zusammenarbeit mit den Grubenmarkscheidereien erzielten.
2. Zur Problematik der Deutung kleintektonischer TrennflächengefUge
Nachdem man heute wohl davon ausgehen kann, daß die Aufnahme, Aufbe
reitung und Darstellung kleintektonischer Elemente im wesentlichen
eine befriedigende Lösung gefunden hat (vgl. R.E. ADLER, J. BODECHTEL
(1970) und R.E. ADLER, J. BODECHTEL, R. HAYDN (1972)), nicht zuletzt
durch den Einsatz geophotogrammetrischer Methoden bei der Aufnahme
und durch die elektronische Datenverarbeitung bei der Aufbereitung
und Darstellung der Daten, bleibt die Deutung der erstellten GefUge
diagramme nach wie vor umstritten.
Das Ziel gefUgekundlicher Untersuchungen im Sinne von B. SANDER (1948)
ist die Ermittlung eines funktionalen GefUges aus der Analyse des ge
staltlichen GefUges und damit die Aufgabe aus dem heute vorliegenden
Zustand den Mechanismus abzuleiten, der zu diesem gefUhrt hat. Wie eng
dabei der Zusammenhang zwischen gestaltlichem und funktionalem GefUge
ist und welche SchlUsse aus den heute sichtbaren Wirkungen, z.B.
Trennflächen, GefUgeachsen und Verschiebungsbahnen, auf die Ursache~
z.B. angreifende Kräfte und daraus resultierende Spannungen, erlaubt
sind, ist umstritten.