Table Of ContentJordan
Kleines Handbuch des Firmenrechts
Dr. Horst Jordan
Kleines Handbuch des
Firmenrechts
Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler GmbH, Wiesbaden
ISBN 978-3-663-06359-9 ISBN 978-3-663-07272-0 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-07272-0
Verlags-Nr. 729
Copyright by Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler GmbH, Wiesbaden 1966
Softcover reprint of the hardcover 1st edition 1966
Vorwort
Der Firma eines Kaufmanns, eines Handwerkers oder sonstigen Gewerbe
treibenden kommt in einer vom Grundsatz des Wettbewerbs getragenen
Wirtschaftsordnung besondere Bedeutung zu. Sie zu einem Begriff für Lei
stungsstärke, Solidität und Zuverlässigkeit zu machen, sie den Nachkom
men zu erhalten oder sonstwie verwerten zu können, ist natürliches Be
streben eines jeden, der sich erfolgreich im Wettbewerb behauptet hat.
Dieser Zielsetzung hat sich die Rechtsordnung nicht verschlossen. Erstaun
lich ist lediglich, daß die relativ wenigen gesetzlichen Vorschriften weit
gehend unbeachtet bleiben und Gewerbetreibenden dadurch häufig Nachteile
erwachsen, die nachträglich kaum noch korrigiert werden können, weil ver
absäumt wurde, rechtzeitig das Erforderliche zu veranlassen.
Nicht zuletzt auf die Wettbewerbswirtschaft dürfte es zurückzuführen sein,
daß sich die Gerichte im letzten Jahrzehnt vergleichsweise häufiger mit
Fragen des Firmenrechts zu befassen hatten, als es früher der Fall war.
Darum erschien es richtig, eine neue Bestandsaufnahme in Angriff zu neh
men, um Kaufleuten und ihren Beratern einen zuverlässigen Wegweiser für
diese Spezialmaterie in die Hand zu geben.
Dabei konnte es nicht Ziel der Arbeit sein, die gesamte, recht umfangreiche
Rechtsprechung lückenlos zusammenzutragen. Ein solches Unterfangen hätte
zudem den vom Verfasser sich selbst gezogenen Rahmen gesprengt. Wohl
aber hat er danach getrachtet, vor allem die jüngste Rechtsprechung der
Obergerichte und solche unterer Gerichte zu berücksichtigen, die ihm zu
gängig gemacht wurde, jedoch kaum Eingang in die herkömmlichen Kom
mentare zu finden pflegt.
Auch bei der Auswertung der jüngeren Rechtsprechung mußte um der Über
sichtlichkeit willen noch ausgewählt werden. Wo irgend möglich, sind
Gerichtsentscheidungen zitiert, und zwar gelegentlich sogar in längeren
Auszügen. Dafür sprachen mehrere Gründe: Wo sich eine allgemein herr
schende Rechtsprechung herausgebildet hat, sollte sie auch in den Vorder
grund der Erläuterungen gestellt werden. Zum anderen sollte zeitraubendes
Nachschlagen für den Praktiker möglichst vermieden werden, denn der Ver
fasser hat insbesondere auch in der Form seiner Darstellung in erster Linie
nicht an seine Fachkollegen, sondern an jene gedacht, für die das Firmen
recht geschaffen wurde: an Kaufleute, Handwerker und sonstige Gewerbe
treibende. Ihnen möchte er ein Buch bieten, dessen Studium ihnen die Ent
scheidung bei der Wahl ihrer Firma erleichtert oder sie zumindest in die
Lage versetzt, den Argumenten juristisch geschulter Berater aufgeschlossen
zu folgen.
Auch Studenten der Rechts- oder Wirtschaftswissenschaft werden - so hofft
der Autor - das Werk mit Gewinn für ihr Studium nutzen können. Es ist
darum teilweise einem Lehrkommentar ähnlich aufgebaut, was hier und
dort zu einem Abweichen von der Systematik des Gesetzes zwang.
6 Vorwort
Ausführlichere Zitate aus der jüngeren Rechtsprechung schienen nicht zu
letzt auch deshalb zweckdienlich, weil in den Entscheidungen oft Hinweise
auf frühere Urteile, Beschlüsse oder Kommentarstellen enthalten sind,
denen sich derjenige zuwenden mag, dem ein weiteres Eindringen in einen
besonderen Problemkreis erforderlich erscheint. Die bekannten Groß
kommentare können und sollen durch diese Arbeit nicht entbehrlich ge
macht werden.
Letztlich ist dieses Buch aus der Praxis für die Praxis entstanden. Wer sich
jährlich zu Hunderten von Anträgen auf Eintragung von Firmen in das
Handelsregister gutachtlich zu äußern hat, gewinnt gewisse Erfahrungen,
gegen welche Grundsätze des Firmenrechts am häufigsten verstoßen wird.
Diese Erfahrungen führten dem Verfasser die Feder.
Was Nicht-Juristen beachten sollten
In dieser Darstellung werden oft Wörter in einem Sinn verwendet, der ab
weicht von dem, den das gleiche Wort in der Alltagssprache hat.
(1) Das beginnt schon mit dem Wort Kaufmann. Darunter versteht die
Sprache des Handelsgesetzbuches (HGB) praktisch jeden Gewerbetreibenden,
also insbesondere auch den Handwerker. Zugegeben, nicht jeden Gewerbe
treibenden und nicht jeden Handwerker. Davon wird noch die Rede sein.
Wohl aber wäre es generell falsch zu glauben, das kaufmännische Firmen
recht und die Eintragung in das Handelsregister gehe einen schon des
wegen nichts an, weil man (beispielsweise) Handwerker ist. Industrielle,
Großhändler, Einzelhändler, Handwerker, Makler, Handelsvertreter, Spedi
teure, Verkehrsunternehmer, sie alle werden - unter Umständen allerdings
erst von einer bestimmten (nicht sehr hochgeschraubten) Größenordnung an
- vom Gesetzgeber als "Kaufleute" angesehen und angesprochen.
(2) Das Wort Firma bedeutet in der Alltagssprache oft dasselbe wie "Unter
nehmen" und umfaßt dort den Laden, das Lager, den Warenvorrat, Grund
stücke, Maschinen, also in etwa alles, was man auf der Aktivseite - bei
Schulden auf der Passivseite - einer Bilanz zu erfassen pflegt, und noch
einiges mehr: den Kundenstamm, vielleicht sogar die Arbeitnehmer.
"Firma" im Sinne des Handelsgesetzbuches und damit im Sinn der hier
erörterten Rechtsfragen ist aber ausschließlich der Name des Gewerbe
treibenden, oder in der Sprache des Gesetzes: der kaufmännische Name des
Kaufmanns (und Kaufmann bedeutet nicht nur Kaufmann, sondern mehr,
siehe (1). Als Anfangshilfe sei empfohlen, das Wort Firma etwa im Sinne
von "Firmierung" zu lesen.
(3) Was in der Alltagssprache oft Firma genannt wird, also das Unter
nehmen mit Aktiven und Passiven, nennt das HGB Handelsgeschäft.
Handelsgeschäft ist folglich nicht nur das Geschäft eines Händlers, sondern
auch das eines Produzenten, eines Handwerkers oder eines Nah- oder Fern
verkehrsunternehmers usw.
Vorwort 7
(4) Nun dürfte auch klar sein, daß das Handelsgesetzbuch nicht nur für
Händler gilt, sondern für alle Gewerbetreibenden, die es sich aus diesem
oder jenem Grund unterstellt.
Hier soll nicht vorab eine Liste juristischer Begriffe entwickelt werden. Es
geht nur darum, dem Nicht-Juristen das erste Rüstzeug an die Hand zu geben,
um sich zurechtfinden zu können; denn den Sinn unbekannter Wörter kann
man im Lexikon nachschlagen; kennt man aber ein Wort in einem bestimm
ten Sinn, weicht dieser jedoch von dem juristischen Sinn desselben Wortes
erheblich ab, sind Mißverständnisse eine unausbleibliche Folge. Und von
solchen Mißverständnissen aus unterschiedlichem Wortsinn kann der Firmen
rechtspraktiker ein Lied singen.
Zusammengefaßt:
Wenn das HGB in § 23 - frei zitiert - verbietet, daß ein "Kaufmann"
seine "Firma" ohne das dazugehörige "Handelsgeschäft" überträgt, sollte
man diesen Satz - zumindest zu Anfang des Studiums - so lesen: Das
HGB verbietet einem Gewerbetreibenden, seine Firmierung ohne das dazu
gehörige gewerbliche Unternehmen zu verkaufen.
Der Handel mit gewerblichen Namen (ohne etwas "dahinter") ist also laut
§ 23 HGB untersagt. Daraus folgt aber umgekehrt nicht, die Firma (der
Name, die Firmierung) sei stets übertragbar, wenn das gewerbliche Unter
nehmen verkauft oder vererbt wird. Es hat schon mancher viel Geld für
einen Firmenwert bezahlt, bei dem die Firma für ihn nichts wert war,
weil er sie nicht fortführen durfte.
Was eine Firma im Rechtssinne ist, welchen Schutz sie genießt und wann
sie mit dem Handelsgeschäft (= dem gewerblichen Unternehmen) mit dem
Recht auf Firmenfortführung (= Namensfortführung) übertragen werden
kann, sind Fragen, auf die in diesem Buche eine Antwort gefunden werden
soll.
Horst Jordan
Inhaltsverzeichnis
Seite
Erstes Kapitel
Vom Kaufmann und seiner Firma
A. Wer ist Kaufmann? . . . . . . . . . . . 13
Der Kaufmannsbegriff nach § 1 HGB . . . 14
Handwerker und sonstige Gewerbetreibende 15
Der Unterschied zwischen Muß- und Sollkaufmann 15
Land- und forstwirtschaftliche Betriebe 16
Das Handelsregister 16
Eintragungspflichten 18
Ordnungsstrafen . 19
B. Was ist eine Firma? 19
Die Firma als Name 19
Begriff . . . . . 19
Vom Namen zur Firma 20
Anwendungsfälle der Firma 21
Das Erlöschen der Firma . . . 21
Abgrenzung von Firma und Geschäftsbezeichnung 22
Unselbständige Geschäftsbezeichnung . . . . . 23
Selbständige Geschäftsbezeichnung . . . . . . 23
Nicht jede Geschäftsbezeichnung ist jedermann erlaubt 24
Der "firmenmäßige" Gebrauch . . . . . . . . . 27
C. Das Erfordernis des vollkaufmännisch eingerichteten
Geschäftsbetriebs . . . . . . . . 28
Die Begriffe "Art" und "Umfang" . . . . . 29
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . 29
Kriterien der Vollkaufmannseigenschaft . 30
Die Frage des "Erfordernisses" der vollkaufmännischen
Einrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
Keine kaufmännischen Gesellschaftsformen für Minderkaufleute 34
D. Häufige Sonderfälle der Vollkaufmannseigenschaft 36
Mischbetriebe (Handwerk/Handel usw.) . 36
Kettenbetriebe . ....... 38
Saisonbetriebe 39
Es genügt, wenn das Unternehmen auf einen vollkaufmännischen
Geschäftsbetrieb "angelegt" ist . . . . . . . . . 40
"Vollkaufmann" ist keine persönliche "Qualitätsbezeichnung" 41
E. Sonderfragen für das Handwerk 42
Die Warenhandwerker 43
Die Lohnhandwerker . . . . . . 45
10 Inhaltsverzeichnis
Seite
Zweites Kapitel
Die Neubildung von Finnen
A. Die Firma eines Einzelkaufmanns . . . 47
Familienname und Vorname . . . . . . . . . 48
Rechtschreibung des Familiennamens . . . 48
Der Familienname in abgewandelter Form 48
Firma und Mädchenname . . . 49
Nachträgliche Firmeneintragung . 49
Der Vorname . . . . . . 49
Firmenkern und Zusätze . . 50
Abgeleitete Firma, mehrfache Firmenführung und Inhaberklausel
bei neugebildeten Firmen . . . . . . . . . . 51
B. Die Firma einer Offenen Handelsgesellschaft 54
C. Die Firma einer Kommand~tgesellschaft 56
D. Die Firma einer GmbH . . . . . . . . 57
Die Sachfirma . . . . . . . . . . . . 59
Entlehnung aus dem Gegenstand des Unternehmens 58
Die Täuschungsgefahr . . . . 61
Individualisierende Qualitäten 62
Warenzeichen als Sachfirma . 63
Die Personenfirma . . . . . . . 65
Gleiche Rechtslage wie bei OHG und KG 65
Beteiligung unter abgeleiteter Firma . . 65
Name eines Nichtgesellschafters in der Firma 66
Die gemischte Firma . . . . 66
E. Die Firma einer GmbH & Co. 66
F. Die Firma der Aktiengesellschaft, der Kommanditgesellschaft
auf Aktien und der Genossenschaft . 68
Die Firma der Aktiengesellschaft . . 69
Die Firma der Kommanditgesellschaft auf Aktien 71
Die Firma der Genossenschaft . . 71
Drittes Kapitel
Der Grundsatz der Firmenwahrheit und Finnenklarheit
Zweck der Firmenzusätze ............... . 73
Verbot täuschender Firmenzusätze oder Firmenbestandteile 74
Täuschungsgefahr . . . . . . . 76
Geographische Zusätze ............... . 77
Die beteiligten Verkehrskreise . . . . . . . . . . . . . 79
Gutachteraufgaben der Industrie- und Handelskammern . 79
Inhaltsverzeichnis 11
Seite
Leitsätze in Firmenbezeichnungsfragen (DIHT) 80
Ergänzung zu den Leitsätzen ....... . . 109
Viertes Kapitel
Die Firma der Zweigniederlassung
Die Selbständigkeit . . 118
Eigene Firmenführung 119
Die Übertragbarkeit . 119
Fünftes Kapitel
Das Remt auf Firmenfortführung
A. Allgemeiner Vberblick . 123
Typische Fälle . . . . . . . . . 123
Keine Firmenfortführung bei ... 125
übernahme von Schlagwörtern 125
Übernahme von Geschäftsbezeichnungen 126
Trennung fusionierter Handelsgeschäfte. 127
B. Die Voraussetzungen des § 22 HGB im einzelnen 127
Zur Person des Übernehmenden . . . . . . 127
Vollkaufmännisches Handelsgeschäft . . . . . . 127
Bestehendes oder ruhendes Handelsgeschäft . . 130
Grundsatz der unveränderten Firmenfortführung 131
"Täuschender" Firmenzusatz (Firmenteil) . . . . 137
Firmenfortführung bei Rechtsformwechsel . . . 140
C. Die Voraussetzungen des § 24 HGB im einzelnen 154
Zur Person des Übernehmenden . . . . . . . . 154
Der Eintritt bzw. das Ausscheiden von Kaufleuten
innerhalb bestehender Gesellschaften . . . . . 155
Der Personenwechsel innerhalb der Gesellschafter 155
Bestehendes Handelsgeschäft . . . . . . . . . 156
Grundsatz der unveränderten Firmenfortführung . 157
D. Weitere Einzelheiten zu §§ 22 und 24 HGB . . . . 157
Die Einwilligung des bisherigen Inhabers zur Firmenfortführung . 157
Der Nachfolgezusatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158
Das Problem der "verbrauchten" bzw. "verstümmelten" Firma 160
E. Umwandlung von Kapitalgesellschaften. . . . . . . . . . 162
F. Die Firmenfortführung bei Änderung des Personennamens 164
G. Die Schuldenhaftung bei Firmenfortführung 165
Die Haftung nach Handelsrecht 165
Die Haftung nach Steuerrecht . . . . . . . 167
12 Inhaltsverzeichnis
Seite
Sechstes Kapitel
Der Firmensdtutz
Der Namensschutz nach BGB und UWG 169
Namensschutz nach § 12 BGB . . . . 169
Namensschutz nach § 16 UWG . . . . 169
Die "Verwechselungsgefahr" nach § 30 HGB 171
Schutz innerhalb der Gemeinde 172
Priorität . . . . . . . . . . 172
Unterschiedliche Vornamen . 172
Gattungsbezeichnungen . . 173
Postzustellung . . . . . . . 174
Rechtsformbezeichnungen . . 175
Sperrwirkung erloschener Firmen . 178
Der Firmenschutz gemäß § 37 HGB . 178
Minderkaufmann und unzulässige Firmenführung 179
Firmenführung abweichend von der Handelsregistereintragung 179
Klagerecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179
Zusammenstellung einiger wichtiger Gerichtsentscheidungen
Reichsgericht . . . . . 183
Bundesgerichtshof .. . . . . . . . 184
Kammergericht Berlin ...... . 185
Bayerisches Oberstes Landesgericht 185
Oberlandesgerichte 185
Landgerichte ... 189
Amtsgerichte . . . 192
Abkürzungsverzeichnis 193
Stichwortverzeich.nis 195
Anhang:
Wichtige Gesetzesauszüge 199
BGB 201
HGB 201
GmbHG 207
AktG . 208
GenG . 208
UmwG 208
GewO 210
UWG 210
WZG 211
FGG. 211
IHK-Gesetz 213
Handelsregisterverfügung 213