Table Of ContentDoris E Jonas
Richard Fester A.David Jonas
Kinder der
Die steinzeitliche
Prägung des Menschen
Doris F. Jonas/Richard Fester/A. David Jonas
Kinder der Höhle
Doris F. Jonas/Richard Fester/A. David Jonas
Kinderder
Die steinzeitliche Prägung des Menschen
Vorwort: Herbert Kühn
Kösel-Verlag München
Kösel Sachbuch
Redaktion: Hermann Hemminger
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Jonas, Doris F. :
Kinder der Höhle: d. steinzeitl. Prägung d. Menschen
/ Doris F. Jonas; Richard Fester; A. David Jonas. Vorw.:
Herbert Kühn.-München: Kösel, 1980.
(Kösel Sachbuch)
ISBN 3-466-11010-6
NE: Fester, Richard:; Jonas, A. David:
© 1980 Kösel-Verlag GmbH & Co., München
Alle Rechte vorbehalten
Gesamtherstellung: Kösel, Kempten
Printed in Germany
ISBN 3-466-11010-6
Inhalt
Herbert Kühn: Vorwort..................................................................... 7
Richard Fester: Ein Wort zuvor ...................................................... 9
Doris F. Jonas: Die Höhle als Urerlebnis........................................ 13
Die Mystik der Höhle und die Rolle des Feuers............................... 13
Die Höhlen selbst ................................................................................. 22
Der Auszug aus dem Paradies ........................................................... 25
Die Wirkungen des Wanderns........................................................... 37
Höhle und Religion.............................................................................. 46
Die Höhlenals Wohnplätze................................................................ 63
Folgerungen.......................................................................................... 72
Doris F. Jonas: Die Höhle als Kultstätte ........................................ 77
Das Erbe................................................................................................. 77
Die Symbole.......................................................................................... 78
Der Fortbestand der Zeichen.............................................................. 88
Die Göttin der Höhle............................................................................ 90
In Kreta 90 In Mesopotamien 92 In Ägypten 93 In Palästina
95 In Anatolien 96 Im Iran 98 In Indien 100 In Hellas 103 In
Phrygien und Lydien 105
Mater Ecclesiae-die Mutterder Kirche.............................................108
Richard Fester: Zwischenbemerkung............................................. 111
A. David Jonas: Die Wirkung der Höhle...........................................115
Was den Menschen unterscheidet.........................................................115
Kontinuitäten in der Natur bis hin zum Menschen.............................119
Die religiöse Erfahrung früher Menschen...........................................129
Mondkult und biologische Uhren .......................................................157
Hysterie, die andere »heilige Krankheit« ...........................................166
Richard Fester: Reaktionen der Sprache auf die Höhle.................173
Sprache als Protokoll ............................................................................173
Das erste Unvort (BA)............................................................................181
Der Siegeszug des KALL........................................................................188
Die Kulthöhle..........................................................................................212
Das Ende der Höhle ..............................................................................222
Literatur...................................................................................................241
Die Autoren............................................................................................243
Vorwort
Herbert Kühn
Dieses Buch ist ein besonderes, ein eigenwilliges und darum
wertvolles Buch. Schon 1962 hat einer der drei Verfasser, Richard
Fester, der auch den Anstoß zu der vorliegenden gab, eine
bemerkenswerte Arbeit veröffentlicht, Titel: Sprache der Eiszeit.
Darin wurde versucht, die ersten Worte der Menschheit herauszulö
sen aus der Fülle der heutigen Erscheinungsformen. Dieser Versuch
ist überzeugend gelungen, und dem Verfasser ist zu danken für die
erfolgreiche Freilegung der gemeinsamen Grundformen bei den
verschiedensten Sprachen der Erde.
Jetzt liegt nach mehreren vorausgegangenen wiederum ein neues
und zum zweitenmal ein mit Forschern benachbarter Fächer gemein
sam geschriebenes Werk vor, das sich mit dem Urerlebnis der Höhle
des frühen Menschen auseinandersetzt. Die beiden ersten Teile
(Die Höhle als Urerlebnis und Die Höhle als Kultstätte) schrieb Doris
F. Jonas, den dritten (Die Wirkung der Höhle) A. David Jonas. Sie
ergründen das Unheimliche, das so Andersartige, das Geheimnisvol
le und die Auswirkungen der Höhle auf die Menschen.
Der vierte Teil ist aus meiner Sicht besonders interessant - Richard
Fester zeigt darin die Reflexionen und Reaktionen der Sprache auf
die Höhle. Übrigens ein Grund mehr für ihn, wiederum zu betonen,
daß es nur einen gemeinsamen Ursprung der menschlichen Sprache
gegeben haben kann. Die Jagd auf die großen Tiere, die Gestaltung
der Kunst an den Wänden der Höhle und in den Kleinkunstwerken,
das alles verlangte schon die Sprache.
Nach BA erscheint dem Verfasser das Urwort KALL als das für
das Thema bedeutungsvollste, stand es doch schon früh für körper
lich Hohles, für die Frau, für die hohle Innenfläche der Hand und das
gewölbte Rund des Himmels, vor allem aber für die Höhle selbst.
Noch unser KELLER entspricht dem KALL der unterirdischen
Höhle, deren Bedeutung auch daran sichtbar wird, daß noch ein
Zeus, ebenso Christus, in ihr geboren wurden. Wichtig ist hier dem
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Verfasser der Hinweis, daß sich das Grundwort KALL in fast allen
Sprachen der Erde wiederfindet - er weist es bei rund 200 davon
nach.
Das Buch verdient die höchste Beachtung aller derjenigen
Menschen, die sich um die Anfänge bemühen. Denn so wie der
Mensch einst war, so ist sein Wesen noch, sein geistiger Ausdruck,
sein Grunderleben.
Möge das Werk viele anerkennende, viele nachdenkliche Leser
finden, Leser, die Freude haben an den geistigen Ursprüngen der
Menschen, an der Form ihres Erlebens, an ihrem Urdenken, an ihrem
Erfahren einer Welt, in die sie das Schicksal hineingeworfen hat.
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Ein Wort zuvor
Richard Fester
Als die Idee zu diesem Buch als Folge einer vorangegangenen
gemeinsamen Arbeit über die Urgeschichte der Frau entstand, da
waren wir alle unmittelbar fasziniert von dem Gedanken, auch dieses
Thema gemeinsam zu behandeln. Jeder, der davon hörte, war
gleichermaßen elektrisiert. Zu diesen ersten Eindrücken gesellte sich
sehr bald ein wachsendes Erstaunen, eine Verwunderung darüber,
daß dies Buch nicht schon längst geschrieben worden war!
Welch eine Unzahl von Büchern gibt es doch ansonsten zu dem
Thema Höhle. Wie gründlich wurden Höhlen nach ihrer Entdeckung
erforscht, vermessen, untersucht, beschrieben, und - wo immer es
sich lohnte - photographiert. Hunderttausende von Menschen
besuchen heutzutage alljährlich jene geheimnisvollen Öffnungen im
Leibe der Mutter Erde. Wir kennen die Sagen, die sie umweben,
wissen, daß Zeus in einer kretischen Höhle geboren wurde und daß in
christlicher Zeit Marienerscheinungen besonders oft und intensiv in
Höhlen erlebt wurden und werden, fühlen selbst noch die Mischung
aus Beklemmung und Ehrfurcht, die uns beim Eindringen in das
Innere überkommt und uns zum Dämpfen der Stimme, zum Flüstern
veranlaßt, ohne daß wir viel dabei denken.
Und doch hat offenbar niemand zuvor die Höhle als Urerlebnis des
frühen Menschen, durchaus vergleichbar dem aufrechten Gang oder
der bewußten Nutzung des Feuers, zum Gegenstand seiner Betrach
tung und seiner Darstellung gemacht. Beim Entdecken von immer
neuen und immer mehr Höhlen wurde man im Laufe dieses
Jahrhunderts gewahr, daß auch unsere fernen Vorfahren einst
Höhlen entdeckt, betreten und schließlich in ihrem Eingangsbereich
bewohnt, in ihrem Inneren mit zeichnerischen und malerischen
Darstellungen geschmückt hatten.
Und es blieb nicht bei Altamira und Lascaux - Afrika enthüllte
seine Höhlen so gut wie Sibirien, Australien und Amerika, darunter
auch solche, die von den Menschen früher Vorzeit hier wie dort lange
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vor uns entdeckt und begangen worden waren. Weltweit aber spürt
man den Nachhall (»hall« und »Halle« übrigens zwingende Folge
wörter von »Höhle« - denn wo schon »hallt« es mehr?) der gleichen
Beklemmung und Ehrfurcht, die uns Heutige noch überfällt, die aber
offenbar schon vor Jahrtausenden die gleichen religiösen Gefühle
hervorbrachte, die uns in einer Kathedrale, einer Moschee oder
einem Tempelinnern ergreifen. Zufall? Mit Sicherheit nicht.
»Lascaux«, sagte Herbert Kühn unlängst bei einem Gespräch, »ist
doch - im ganzen gesehen - sehr jung.« Gewiß, das mittlere Alter
seiner aus verschiedenen Zeiten stammenden Bilder wird auf die Zeit
um 13500 vor unserer Zeitrechnung geschätzt, und wir können uns
heute erlauben, das »sehr jung« zu nennen. Sehr jung, aber immerhin
fast siebenmal älter als »unsere Zeit« seit Christi Geburt, fünfmal
älter als die Zeit, für die wir uns auf geschriebene Geschichte stützen
können, und zweimal so lang, wie bibelfeste Laien um die Jahrhun
dertwende noch an Alter der Schöpfung Erde insgesamt zugestehen
mochten. Und wiederum nur wenig im Vergleich zu der Gesamtzeit
der Höhlenmalerei, die vor 40000 bis 50000 Jahren begann und die
wenig später als Lascaux endete. Aber auch diese strahlenden rund
40 Jahrtausende schrumpfen zu einem bloßen Zwanzigstel der Zeit,
seit der Mensch Höhlen betrat: In Südfrankreich - also schon auf
europäischem Boden - fanden sich von Menschen gefertigte Werk
zeuge unter Tropfsteinen, deren Größe und Dicke ein geologisches
Alter von 750000 bis zu 1000000 Jahren verriet. Dieses »Von bis«
fällt darum so großzügig aus, weil wir nicht mehr wissen können, wie
schnell oder wie langsam Tropfsteine in vergangenen Jahrhundert
tausenden wuchsen. Diese Zeitspanne umfaßt mit einer Viertelmil
lion Jahren gut fünfmal soviel Zeit wie die ganze klassische Zeit der
Höhlenmalerei.
Je weiter unser Wissen heute in die Vergangenheit zurückgreift,
um so generöser gehen wir mit zeitlichen Schätzungen um. Halten wir
also fest, daß die Vorgänge und Entwicklungen, mit denen sich dieses
Buch beschäftigt, sich über vielleicht eine runde Million Jahre
erstrecken. So sehr aber unsere Funde und Erkenntnisse vom Zufall
bestimmt werden, so sehr wurde auch die menschheitliche Entwick
lung zu allen Zeiten vom Zufall gelenkt, vom Zufall plus dem Faktor
Zeit. Wir stehen heute vor Entwicklungen, die einmal mit einem
bestimmten vorgeschichtlichen Zufall begonnen haben müssen, und
ein solcher Zufall mußte sich im Lauf der immensen, verfügbaren
Zeiträume zwangsläufig einmal ereignen — zum Beispiel das Entdek-
ken einer Höhle.
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