Table Of ContentFORSCH U NGSBE RICHTE
DES WIRTSCHAFTS- UND VERKEHRSMINISTERIUMS
NORDRH EIN-WESTFALEN
Herausgegeben von Staatssekretär Prof. Leo Brandt
Nr.182
Dr.-lng. P. Schenk
Dr. rer. nato K. Osterloh
Katalytisch-thermische Spaltung von gasförmigen und flüssigen
Kohlenwasserstoffen zur Spitzengaserzeugung
Als Man u s k r i pt ge d ru c k t
WESTDEUTSCHER VERLAG / KOLN UND OPLADEN
1955
ISBN 978-3-663-03689-0 ISBN 978-3-663-04878-7 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-04878-7
Forsohungsberiohte des Wirtsohafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein-Westfalen
G 1 i e der u n g
I. Entwicklung der Spitzengasabgabe und Möglichkeiten zur
Deckung der Spitzenbelastungen durch herkömmliche
Erzeugungsmaßnahmen • • • . • • S. 5
11. Theoretische Betrachtungen über die Spaltung von
s.
gasförmigen und flüssigen Kohlenwasserstoffen • 13
s.
1. Eigenschaften der Kohlenwasserstoffe. 13
. . . .
2. Spaltreaktionen s. 14
111. Beschreibung der Versuchsanlage • s. 20
IV. Versuchsergebnisse s. 26
1. Reine Dampfspaltung s. 27
s.
a) thermisch - katalytisch . 27
b) thermisch ••••••.• s. 27
2. Kombinierte Dampf-Luftspaltung (thermisch-katalytisch) • s. 29
a) Methan · · · · S. 29
b) Propan · · · · s. 29
. . . . .
c) Propan - Butan · · S. 30
. . .
d) Pentan · s. 33
.
.
e) Benzin · · s. 35
V. Wirtschaftlichkeit des Verfahrens. s. 35
VI. Zusammenfassung . • • • • • • • • • . s. 37
Seite 3
Forschungsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein-Westfalen
I. Entwicklung der Spitzengasabgabe und Möglichkeiten zur Deckung
der Spitzenbelastungen durch herkömmliche Erzeugungsmaßnahmen
In den letzten beiden Jahrzehnten ist das Gas in steigendem Maße zur
Beheizung sowohl von Wohnungen als auch von Gewerbe- und Industriebe
trieben herangezogen worden. Daher ist in den meisten Versorgungsgebie
ten der Gasverbrauch im Winter wesentlich höher als im Sommerhalbjahr.
In einzelnen Versorgungsgebieten liegt die Winter-Spitzenabgabe bereits
mehr als doppelt so hoch als die durchschnittliche Sommerabgabe. Es hat
den Anschein, als ob die weitere Zukunft ein noch stärkeres Anwachsen
der Winterabgabe und damit ein stärkeres Ansteigen der Spitzen bringen
wird. Die Gasheizung bringt also eine temperaturabhängige scharfe Spitzen
belastung mit sich. Die Bewältigung dieser Spitzenbelastung kann nur
durch möglichst elastische Betriebsweise erfolgen. Neben der Gasheizung
kommt aber immer mehr auch die Ölheizung zum Zuge, wenngleich wir hier
auch erst am Anfang einer Entwicklung stehen, die sich im benachbarten
Ausland bereits in erheblichem Maße vollzogen hat. Die Gas- und Ölhei
zung gemeinsam erschweren den Koksabsatz. Dadurch wird die Wirtschaft
lichkeit der Gasversorgung in ihrer bisherigen Verfahrensweise an einer
ganz empfindlichen Stelle getroffen.
Diese Entwicklung ist für die Gaswerke keineswegs allzu erfreulich. Sie
entspricht aber durchaus den Ansprüchen der Abnehmer in Bezug auf Annehm
lichkeit, Sauberkeit, geringste Überwachung der Heizanlagen und ist ohne
(wahrscheinlich schädigende) Gewaltmaßnahmen nicht rückgängig zu machen.
Wie überall in der Wirtschaft ist letzten Endes der Wunsch des Verbrau
chers maßgeblich. Die Gastwirtschaft muß sich daher auf diese Entwick
lungstendenz einstellen, d.h. es müssen Möglichkeiten zur Erzeugung von
Spitzengas geschaffen werden, um die Heizgasspitzen zu bewältigen und
ganz generell muß bei dem künftigen Mehraufbringen von Gas darauf geach
tet werden, daß der Koksanfall weitgehend zurückgedrängt wird.
Wie groß der Unterschied zwischen Sommer- und Winterabgabe, besonders
im Hinblick auf die eigentlichen Winterspitzen sein kann, soll an Hand
einiger Beispiele des Gasversorgungsgebietes Düsseldorf gezeigt werden.
Der Durchschnitt der werktäglichen Abgabe (Mittelwert aus 6 - 7 Wochen)
lag im Sommer 1953 bei etwa 310 000 m3 und im Winter 1953/54 bei etwa
520 000 m3• Die absolut höchste Tagesabgabe betrug 642 000 m3•
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Forschungsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein-Westfalen
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Nov. 53 Dez. 53 Jan. 54 Febr. 54
A b b i 1 dun g 1
Tagesabgabe und Temperaturverlauf Winter 1953/54
Abbildung 1 zeigt den Verlauf der Gasabgabe im Winter 1953/54 von Mitte
November bis Ende Februar. Die direkte Abhängigkeit der auftretenden
Spitzen von der Außentemperatur ist aus der Darstellung klar ersichtlich.
In Abbildung 2 ist die mittlere Tagesabgabe im Jahresdurchschnitt, die
Tagesabgabe im Durchschnitt der höchsten Wochenabgabe und die absolut
höchste Tagesabgabe für den Zeitraum von 1949 bis zum Winter 1953/54
dargestellt.
Man ersieht daraus, daß die Jahresspitzenabgabe der Jahresdurchschnitts
abgabe in der Entwicklung deutlich vorauseilt.
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Forschungsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein-Westfalen
640 000
Febr. 54
600 000 600 000
535 000
523 000
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478 871
457 600
420 557
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361 000
351 000
346 000
314 700
305 009
300 000
268 785
259 313
228 673
200 000
100 000
1949 1950 1951 1952 1953 1954
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Tagesabgabe im Jahresdurchschnitt -----------
Tagesabgabe im Durchschn. d. höchsten Wochenabg.===========
Höchste Tagesabgabe
A b b i 1 dun g 2
Höchste Tagesgasabgabe
In Abbildung 3 ist die Zahl der Gasheizungen und der zugehörige Gasver
brauch für die Zeit ab 1950 dargestellt. Obwohl die Zahl der Gasheizungen
im Verhältnis zur Gesamtzahl der Abnehmer (125 000 Abnehmer) noch relativ
gering ist, sind die Belastungen, die auf das Konto der Gasheizung gehen,
doch schon recht beachtlich.
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Forsohungsberiohte des Wirtsohafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein-Westfalen
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m3 Abnehm.
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Heizgasverbrauch
Besonders eklatant sind vor allen Dingen die Unterschiede in Bezug auf
den Gasverbrauch bei Einzelheizungen gegenüber Sammelheizungen (Gaszen
tralheizung). Eine mehr als doppelt so große Anzahl von Gaseinzelheizun
gen verbraucht in der Spitze nur ungefähr den dritten bis vierten Teil
des Gases der Sammelheizungen. Gassammelheizungen verursachen also wesent
lich höhere Spitzenbelastungen als Gaseinzelheizungen.
In Abbildung 4 schließlich ist im oberen Teil die gesamte Gasabgabe und
im unteren Teil die Gasabgabe für tarifmäßig besonders erfaßte Gashei
zungen dargestellt. Addiert man in der oberen Gesamtabgabe-Kurve über
dem Sommerteil den Gasverbrauch von Gaseinzel- und Gassammelheizungen,
so sieht man, daß bis zur Spitze noch ein Differenzbetrag fehlt. Diese
Restmenge ist ebenfalls Heizgas, aber nicht solches, welches auf Grund
tariflicher Einstufung getrennt erfaßt werden kann, sondern es handelt
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15,4
15,2
14,8
14,4
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Forschungsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein-Westfalen
sich um Gas, welches im Rahmen von Industrie- und Gewerbegaslieferungen
zu Heizzwecken verbraucht wird. Damit ist klar erwiesen, daß die Gas
heizung nicht nur auf das Konto der Haushaltverbraucher zu buchen ist,
sondern in einem recht erheblichem Umfang auch auf Industrie- und Gewerbe
gasverbraucher.
Es muß hier ausdrücklich betont werden, daß die im Düsseldorfer Versor
gungsgebiet schon recht unangenehm auftretenden Heizgasspitzen nicht
etwa auf eine vorausgegangene Werbung für Heizgas zurückzuführen sind.
Sie sind vielmehr ausschließlich das Ergebnis einer anhaltenden Nach
frage von Seiten der Abnehmer, während von Seiten des Versorgungsunter
nehmens eine allzu stürmische Entwicklung in dieser Richtung nach Mög
lichkeit gebremst wurde.
Welche Möglichkeiten sind nun den Gaswerken an Hand gegeben, um die auf
tretenden Winterbelastungen zu bewältigen?
D'ie Gaserzeugungsöfen sind wenig geeignet, sich kurzfristig (d.h. täg
lichen und wöchentlichen) Belastungsechwankungen anzupassen. Die Öfen
müssen unter möglichst gleichbleibenden Betriebsbedingungen gefahren
werden. Öftere und rasche Änderung der Betriebsbedingungen, insbesondere
der Ofentemperaturen, schädigt die Öfen und vermindert die gesamte Be
triebsdauer einer Anlage. Dagegen ist der Ofenbetrieb in der Lage,
saisonbedingten Belastungsschwankungen in gewissem Umfang zu folgen.
Dieses gilt besonders für den Kokerei-Verbundofen, der sich in Bezug auf
die Verlängerung oder Verkürzung der Ausstehzeit in verhältnismäßig wei
ten Grenzen variieren läßt. Auch besteht zum mindesten theoretisch, die
Möglichkeit, die Öfen im Winter mit Schwachgas und im Sommer mit Stark
gas zu beheizen. Hiervon kann allerdings in der Praxis nur in geringem
Umfang Gebrauch gemacht werden, entweder wegen Beschränkung der Kohle
darbietung (Kohlenmangellage) oder wegen begrenzter Koksabsatzmöglich
keiten.
Immerhin bietet der Verbundofen grundsätzlich die Voraussetzung, sich
in gewissem Bereich erzeugungsmäßig dem wechselnden Gasbedarf zwischen
Sommer und Winter in etwa anzupassen. In Erkenntnis dieser Vorteile haben
in den letzten Jahren Großgaswerke, soweit ein Neubau in Frage kam, sich
generell für diesen Ofentyp entschieden.
Zur eigentlichen Spitzengasdeckung dagegen sind Gaswerksöfen (auch Ver
bundöfen) ungeeignet. Für die Spitzendeckung kommt nach dem derzeitigen
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Forschungsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein-Westfalen
technischen Stand in erster Linie das Wassergas in Frage und zwar vor
zugsweise Kokswassergas. Die Gründe hierfür sind: Geringere Investitions
kosten im Vergleich zu einer Ofenanlage, hohe Elastizität, ständige Be
triebsbereitschaft, Unempfindlichkeit gegen häufige Außerbetriebsetzung
und nicht zuletzt Verringerung der Koksabsatzschwierigkeiten durch Steige
rung des Kokseigenverbrauches. Im Ausland sind außerdem karburiertes
Wassergas und Kohlenwassergas häufiger in Gebrauch. Bei uns bestehen in
bezug auf die beiden letzteren Verfahren zurzeit noch gewisse rohstoff
liche oder verfahrenstechnische Schwierigkeiten, die zu beheben sind.
Der Zusatz von Wassergas zum Steinkohlengas ist aber bekanntlich stets
nur in einem bestimmten Mischungsverhältnis möglich und zwar im Hinblick
auf die Einhaltung eines gleichbleibenden Stadtgasheizwertes (die Ein
haltung eines gleichmäßigen Stadtgasheizwertes wird umso zwingender, falls
man im Bundesgebiet in Kürze zur thermischen Verrechnung kommen sollte).
Ein vermehrter Einsatz von Wassergas zur Spitzendeckung ist also nur
möglich, wenn während dieser Zeit durch geeignete Maßnahmen der Heizwert
des Wassergases oder der des Steinkohlengases angehoben wird.
In den letzten Jahren sind in Deutschland zwei besondere einfache Karbu
rationsverfahren zur Anwendung gekommen, die bei auftretender Spitzen
belastung einen vermehrten Einsatz von Wassergas gestatten, nämlich der
Einsatz von Flüssiggas zur Kaltkarburation von Wassergas, Generatorgas
und Luft sowie der Zusatz von Öl zur Entgasungskohle. Der Ölszusatz zur
Kohle ist eine relativ billige und einfache, andererseits aber auch eine
verhältnismäßig beschränkte Maßnahme. Für die Bewältigung scharfer und
kurzfristig auftretender Belastungsspitzen hat sich der Einsatz von Flüs
siggas bestens bewährt.
Die Erzeugung von Spitzengas ist aber nicht nur ein Mengenproblem, son
dern ebenso sehr ein solches der Qualität. Ein Spitzengas soll in seinen
Brenneigenschaften nicht allzu stark von dem normalerweise zur Verteilung
gelangenden Gas (Stadtgas oder Kokereigas) abweichen.
Die Einstellung des üblichen Heizwertes von Spitzengasen ist verhältnis
mäßig einfach, dagegen lassen sich in den meisten Fällen gewisse Abwei
chungen in bezug auf Dichte, Wasserstoffgehalt und Gehalt an Inerten
nicht vermeiden. So ergeben sich beispielsweise bei Verwendung von Flüs
siggas als direktes Karburationsmittel für ein Trägergas (Wassergas,
Generatorgas oder Luft) auf Grund der physikalischen Eigenschaften der
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