Table Of ContentJahrbuch für Sozialökonomie und Gesellschaftstheorie
Karriere oder Kochtopf?
Sonderausgabe für die
Hochschule für Wirtschaft und Politik Hamburg
Jahrbuch fur Sozialökonomie
und Gesellschaftstheorie
Karriere oder Kochtopf?
Frauen zwischen Beruf und Familie
Veröffentlichung der Hochschule rur
Wirtschaft und Politik Hamburg
Westdeutscher Verlag
© 1984 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen
Umschlaggestaltung: Horst Dieter Bürkle, Darmstadt
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Mikrokopie) oder von Teilen daraus bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages.
ISBN-13: 978-3-531-11733-1 e-ISBN-13: 978-3-322-89400-7
DOI: 10.1007/978-3-322-89400-7
Inhalt
Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 7
Sabine Raasch
Vorwort ... 9
Frigga Haug
Marxismus und Frauenpolitik oder: Was ist feministischer Marxismus? 11
PeterSaß
Die Verteilung der Arbeitseinkommen zwischen den Geschlechtern und
Besonderheiten weiblicher Berufsarbeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
Harald Mattfeldt
Doppelverdienertum und Ehestandsdarlehen 42
Sabine Gensior
Moderne Frauenarbeit, Arbeitszeitflexibilisierung und elektronische
Heimarbeit ............................... ...... . 58
Sonja Bischoff
Ökonomische Überlegungen zur Beschäftigung von Frauen in
Positionen der Unternehmensführung ............... . 76
Monika Bergen, Verena Fesel, Sibylle Raasch
Frauenquoten im Hochschulbereich ...... . 90
Erika M. Hoerning
Frauen: Eine vernachlässigte Gruppe in der Mobilitätstheorie
und -forschung .............................. . 114
Bärbel Pusback
Chancengleichheit für Frauen auf dem Zweiten Bildungsweg? 135
HelgaMilz
Zum Bewußtsein von Frauen zwischen Erwerbs- und Familienarbeit . 161
6 Inhalt
Ulla Ralfs
Frauenpolitik in den Gewerkschaften: Politik im Interesse
lohnabhängiger Frauen? ...................... . 180
Doris Gunkel-Henning
Probleme weiblicher Emigranten in der Bundesrepublik 194
Rose Marie Hansen
Zur psychosozialen Situation alleinerziehender Frauen 206
Verzeichnis der Autorinnen und Autoren
Bergen, Monika, geb. 1941; Verwaltungsjuristin, seit Ende 1980 in der Verwaltung der Universi
tät Hamburg tätig.
Bischof/. Sonja, geb. 1947; Dipl.-Kaufmann, Dr. rer. pol., Dozentin für Betriebswirtschaftslehre
an der Hochschule für Wirtschaft und Politik (HWP) Hamburg, Forschung und Lehrtätigkeit in
den Gebieten Rechnungs- und Prüfungswesen, Investitionen und Finanzierung, Unternehmens
planung; Erhebung, Autbereitung und Einsatz von Praxisfällen, veröffentlicht in: "Investitions
management - Methoden, Fälle, Lösungen", München 1980.
Fesel, Verena, geb. 1935; Professorin an der Fachhochschule Hamburg, Fachbereich Sozialpäda
gogik. Tätigkeitsschwerpunkte: Familien- und Jugendhilferecht, Rechtsfragen in psychiatri
schen Arbeitsbereichen, Frauenkriminalität.
Gensior, Sabine, geb. 1945; Dr. rer. pol., Erfahrungs- und Forschungsschwerpunkte: gewerk
schaftliche und politische Bildungsarbeit, Lehre an Hochschulen (seit 1971), Forschung u. a. am
Wissenschaftszentrum Berlin und am Berliner Institut für Sozialforschung und sozialwissen
schaftliche Praxis sowie Veröffentlichungen im Bereich der Arbeitsmarktpolitik, Industriesozio
logie/Arbeitspolitik, sozialwissenschaftliche Technikanalyse sowie Frauenarbeit.
Gunkel-Henning, Doris, geb. 1945; Dipl.-Soziologin, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der
HWP. Forschung und Lehrtätigkeit auf den Gebieten Soziologie der Entwicklungsländer,
Probleme der "Dritten Welt" und Jugendsoziologie.
Hansen, Rose Marie, geb. 1943; Dipl.-Soziologin, Dr. rer. pol. Wissenschaftliche Mitarbeiterin an
der HWP. Lehr-und Forschungstätigkeit auf den Gebieten der Konsumsoziologie, Sozialpsycho
logie, Sozialisationstheorie , Soziologie sozialer Probleme und empirischer Sozialforschung.
Haug, Frigga, geb. 1937; wissenschaftliche Mitarbeiterin an der HWP; Frauenbewegung, Frauen
forschung, Automations- und Arbeitsforschung, Verhältnis Erfahrung und Theorie, Marxismus.
Automationsarbeit und soziale Folgen - 7 Bücher, 1975-1983; Frauenformen 1. (Weibliche
Sozialisation) 1980 und 2. (Sexualisierung) 1983; Kritik der Rollentheorie 1972 und gesell
schaftliche Produktion und Erziehung, 1977.
Hoerning, Erika M. geb. 1941; Dr. rer. pol. Dipl.-Soz., wissenschaftliche Angestellte im Max
Planck-Institut für Bildungsforschung, Forschungsbereich: Bildung, Arbeit und gesellschaftliche
Entwicklung, Schwerpunkt: Lebenslauf- und Biografieforschung; Forschungsprojekt: Passagen
im Lebenslauf: Biografie und historisches Ereignis. Veröffentlichungen: "Zweiter Bildungsweg.
Auslese statt Förderung". In: Das Mitbestimmungsgespräch, Teil 1: 26 (1980), 9, 205-207,
Teil 2: 26 (1980), 10,241-243. "Biografische Methode in der Sozialforschung". In: Das Argu
ment, 123 (1980),22,677-687. mit Garms-Homolova, V., und D. Schaeffer (Hrsg.): Intergene
rational Relationships - Concepts and Findings. Toronto/Göttingen: Hogrefe, erscheint 41
1984.
8 Verzeichnis der Autorinnen und Autoren
Mattfeldt, Harald, geb. 1943; Prof. Dr. rer. poL, Dozent ftir Volkswirtschaftslehre an der HWP
- Veröffentlichungen zur Allgemeinen Wirtschaftspolitik, Geldtheorie, Konjunkturpolitik, Neu
en Politischen ökonomie. Derzeitiger Arbeitsschwerpunkt: Wirtschaftswissenschaften und Na
tionalsozialismus.
Milz, Helga A. geb. 1945; wissenschaftliche Mitarbeiterin an der HWP für Soziologie/Industrie
und Arbeit; Forschungs- und Lehrtätigkeiten in den Gebieten: Arbeitsbewußtsein, Koopera
tionsprojekte, neue gewerkschaftliche Handlungsstrukturen; Frauenbewegung, Institutionalisie
rung von Frauenstudien.
Pusback, Biirbel, geb. 1942; Diplom-Soziologin, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der HWP,
Fachgebiet Soziologie. Arbeitsgebiete: Sozialgeschichte der Arbeiterbewegung, speziell der Ar
beiterbildung, Bildungssoziologie, Probleme der Wirtschaftsordnung und der Gemeinwirtschaft,
Sozialgeschichte der Wirtschaftswissenschaften zwischen Kameralismus und Liberalismus. Ver
öffentlichungen zur Geschichte der HWP, zur Sozialgeschichte der Kameralwissenschaften an
der Universität Kiel und zur regionalen Sozialgeschichte Schleswig-Holsteins.
Raasch, Sibylle, geb. 1949; wissenschaftliche Mitarbeiterin an der HWP im Fachgebiet Rechts
wissenschaft im Bereich öffentliches Recht/Völkerrecht. Langjährige Mitarbeit in der Stu
dienre form und Auseinandersetzung mit Fragen der Wissenschaftsfreiheit. Derzeitiger Arbeits
schwerpunkt im Bereich Industrieländer - Dritte Welt - Internationale Gewerkschaftsbewegung.
Veröffentlichungen: Internationales Recht der Arbeit und Wirtschaft (mit U. Mayer); Studien
reform im Schnittpunkt von staatlicher Berufsausbildungspolitik und Wissenschafts freiheit; In
stitutionalisierung des Projektstudiums an der HWP (mit H. Spilker).
Ralfs, Ulla, geb. 1951; wiss. Angestellte und Lehrbeauftragte im Fachgebiet Soziologie der
HWP, Erfahrungen in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit der IG Metall. Veröffentlichungen
über Rationalisierung, Gewerkschaftstheorie und Geschichte, Entwicklung der Frauenarbeit und
Frauenbildungsarbeit sowie zur Geschichte der Frauenbewegung.
Saß, Peter, geb. 1936; Dr. rer. pol., Dozent für Volkswirtschaftslehre an der HWP, Veröffentli·
chungen auf den Gebieten der Einkommensverteilung, Wettbewerbs· und Profitratenanalyse,
Beschäftigungspolitik und der postkapitalistischen Ländern.
Sibylle Raascb
Vorwort
Die Hochschule für Wirtschaft und Politik Hamburg ist schon seit Jahren auf ver
schiedenste Art und Weise mit dem Thema "Frau" befaßt. Seit 1978 gibt es einzel
ne Lehrveranstaltungen mit frauenspezifischen Themenstellungen. Ab Sommerse
mester 1983 sind zwei derartige Veranstaltun~en zum festen Bestandteil des regulä
ren Kursplans geworden. Die Hamburger Frauenwoche wird seit 1981 einmal jähr
lich von der Hochschule als Mitveranstalterin zusammen mit dem Verein "Frauen
lernen gemeinsam e. V." in ihren Räumen durchgeführt. Schließlich hat sich die
Hochschule seit 1982 an dem kürzlich abgeschlossenen hochschulübergreifenden
Frauenforschungsprojekt "Bedingungen und Möglichkeiten zentraler und dezentra
ler Institutionalisierung von Frauenstudien und Frauenforschung" beteiligt und be
absichtigt, die dort vorliegenden positiven Ansätze auch gemeinsam mit den ande
ren beteiligten Hochschulen fortzuführen. Damit ist spezifische Lehre und For
schung zum Thema "Frau" bereits seit langem vermittelt über einzelne Hochschul
lehrer/innen ein Aktivitätsschwerpunkt an der Hochschule, der sich in jüngster Zeit
auch institutionell zu verankern beginnt.
Diese Entwicklung nahmen lehrende Frauen nan der Hochschule im Sommer
1983 zum Anlaß, sich zusammenzusetzen und über diesbezügliche Forschungsakti
vitäten und Arbeitsproblerne auszutauschen. Überraschendes Eregebnis war, daß
vielmehr Kolleginnen als allgemein vermutet und bekannt über frauenspezifische
Fragestellungen arbeiten. Aus dem anfänglichen Wunsch, sich innerhalb der eigenen
Gruppe über die Inhalte dieser Arbeit auszutauschen, entstand die Idee zu diesem
Jahrbuch, die in den Hochschulgremien positiv aufgenommen wurde.
In der Folgezeit kamen einige Kollegen mit ihren Beiträgen hinzu. An Punkten,
die für das historisch gewachsene Forschungsprofil der Hochschule für Wirtschaft
und Politik von besonderer Bedeutung sind, nämlich zu den Bereichen "Erwerbstä
tigkeit" und "Erwachsenenbildung", wurden zudem Beiträge von außen eingewor
ben. Im Ergebnis dokumentiert dieses Jahrbuch aber die Ansatzpunkte und den
Entwicklungsstand von Frauenforschung an der Hochschule für Wirtschaft un~
Politik getragen von der Hoffnung, daß Wissenschaft zur Erklärung und Verbesserung
der Position der Frau in unserer Gesellschaft beitragen möge.
Frigga Haug
Marxismus und Frauenpolitik
oder:
Was ist feministischer Marxismus?
1
Die Zustände sind merkwürdig. Etwa 200 Jahre nach ihrer Ausrufung gelten bürger
liche Gleichheiten vor dem Gesetz immer noch nicht überall für beide Geschlechter.
Viel entscheidender aber noch ist die praktizierte Ungleichheit, die als "Benachteili
gung", "Diskriminierung" wie Kitt die Gesellschaft zusammenhält und durchsetzt.
Das gilt nicht nur für kapitalistische Gesellschaftsformationen. Anders, aber als Un
sichtbarkeit sichtbar ist die Benachteiligung der Frauen in allen Führungspositionen
sozialistischer Gesellschaften, die fast bis zum faktischen Ausschluß reicht. Wenn
man davon ausgeht, daß Frauenunterdrückung in der Trennung des Privatem vom
Öffentlichen einen Nährboden findet und die Zuweisung des privaten Ortes an die
Frauen andere Unterdrückungspraxen begründet, wird man schließen müßen, daß
überall dort, wo die Frauen nicht selbstverständlich einen halben Teil der Öffent
lichkeit besetzen (etwa auf Kongressen, in Parlamenten, aber auch in Kneipen
usw.), ihre Unterdrückung fortdauert. Der Schritt in die Öffentlichkeit ist der
Anfang der Frauengeschichte. Frauenbefreiungsbewegung, so meint z. B. eine
trotzkistische Autorin2, beginnt dort, wo Frauen sich öffentlich artikulieren; und
umgekehrt: der Ausschluß aus der Politik begründet die Frauenfrage und verbindet
sie mit der Rassenfrage.
Nun wird kein Marxist ernsthaft die Auffassung vertreten, es sei eine Mensch
heitsbefreiung ohne Frauenbefreiung denkbar oder anzustreben. Jedoch scheint es,
als ob dieser allgemeine Konsens Folgen haben müßte - sowohl für Politiker als
auch für marxistische Theorie, wenn er nicht als ewiges Lippenbekenntnis die über
wiegend männlichen Kongreße zieren soll.
Nachdem sich in allen Ländern der Welt die ungleiche Verteilung der Geschlech
ter auf öffentliche und private Räume trotz aller Einsicht in die Notwendigkeit ei
ner Veränderung ständig reproduziert, wird zumindest offenkundig, daß es gezielter
bewußter politischer Strategien bedarf, um solche Ungleichheit zu ändern. Diese
Strategien müssen wohl auf ungleicher Behandlung beruhen, um Gleichheit zu erzie
len - in solchem Rahmen sind die Quotierungen, die in einigen Fällen angewandt
werden, um den Frauenanteil zu erhöhen, sicher ein unumgängliches Mittel. (Zur
Nachahmung propagiert sei hier der Beschluß der Parteikonferenz in Rumänien in
diesem Sommer, den Anteil der Frauen an führenden Parteipositionen von jetzt 6
auf 27 % zu erhöhen und in Bereichen der Volkswirtschaft ihre Beteiligung an Füh
rungsposten von jetzt 14 auf 30 % zu steigern.3 )