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Eckart Riehle
Interkulturelle Kompetenz
in der Verwaltung?
Kommunikationsprobleme zwischen
Migranten und Behörden
Eckart Riehle (Hrsg.)
Interkulturelle Kompetenz
in der Verwaltung?
Eckart Riehle (Hrsg.)
Interkulturelle
in
Kompetenz der
Verwaltung?
Kommunikationsprobleme
zwischen Migranten
und Behörden
Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
1. Auflage Oktober 2001
Alle Rechte vorbehalten
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2001
Ursprünglich erschienen bei Westdeutscher Verlag GmbH, Wiesbaden 2001
Lektorat: Dr. Tatjana Rollnik-Manke
www.westdeutschervlg.de
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Umschlaggestaltung: Horst Dieter Bürkle, Darmstadt
Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier
ISBN 978-3-531-13582-3 ISBN 978-3-663-08059-6 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-08059-6
Inhalt
Vorwort
Eckart Riehle ............ ......... ...... .......................... ............................ ...... 7
I. Hintergründe ................................................................................................... 11
Stolpersteine interkultureller Verwaltungskommunikation
Eckart RiehlelMichael Seifert ............................................................. 11
Ausländer in den neuen Bundesländern -Spezielle Probleme (nicht nur)
der Behördenkommunikation
Ulrich EsseriHendrik Berth ................................................................ 36
Stolpersteine der interkulturellen Behördenkommunikation
Verena Tobler ...................................................................................... 49
Verwaltungskultur im Ausländeramt
Eckart Riehle ....................................................................................... 83
11. Lösungswege ................................................................................................. 95
Interkulturelle Öffnung sozialer Dienste und Ämter - Eine
Herausforderung für die Einwanderungsgesellschaft
Sabine Jungk ....................................................................................... 95
Analyse von Weiterbildungsangeboten zur Förderung interkultureller
Kompetenz in der Verwaltung
Anke Potthoff. ...................................................................................... 116
Mediation - Ein Weg zur besseren Kommunikation?
Eckart Riehle ....................................................................................... 137
6 Inhalt
III. Ansätze ........................................................................................................ 147
Interkulturelle Öffnungsprozesse in der kommunalen Verwaltung
Erfahrungen aus Österreich
Annette Sprung .................................................................................... 147
Mut und Unmut der Behörden. Integration und die Rolle der
Verwaltungen in der Schweiz
Simone Prodolliet ................................................................................ 166
Interkulturelle Gespräche in Frankfurt am Main. Konflikt und Mediation
in der multikulturellen Stadtgesellschaft
Doron Kiesel ....................................................................................... 182
Interkulturelle Kommunikation und Verwaltungshandeln
Heinz-loachim Feuerstein ................................................................... 195
Autoren ............................................................................................................. 237
Vorwort
Eckart Riehle
Anlass für dieses Buch waren drei kleinere empirische Forschungsprojekte, die
sich mit Konflikten und Schwierigkeiten in der Beziehung und Kommunikation
zwischen Migranten und Mitarbeitern von Ämtern und Verwaltungen tagtäglich
ereignen. Offensichtlich liegen dieser Beziehung und dieser Kommunikation
Stolpersteine besonderer Art im Weg, die mit der Interkulturalität der Kommu
nikation zusammenhängen. In diesem Zusammenhang von Stolpersteinen zu
reden war die Idee der Kollegen Hendrik BerthlUlrich Esser, denen dafür an
dieser Stelle gedankt sei. Aber es geht natürlich nicht nur um ein Kommunikati
onsproblem, es ist ein soziales und ein Strukturproblem. Diesem kann man sich
aus verschiedenen Perspektiven nähern, aber allemal gilt, dass es ein Zusam
menspiel vielfältiger subjektiver und objektiver Elemente ist, welche diese Kon
flikte und Schwierigkeiten generieren. Dieser Vielfalt entspricht auch eine Viel
falt von Vorschlägen und Möglichkeiten damit umzugehen, aber eine kohärente
Strategie ist hier nicht in Sicht. Vielfältige Strategien werden gehandelt unter
der Perspektive der Förderung der interkulturellen Kompetenz der Verwaltung
und, vielleicht weitergehend, der interkulturellen Öffnung der Verwaltung.
Das Buch selbst versammelt Beiträge zu diesem Themenbereich, der drin
gend weiterer Bearbeitung bedarf. Es ist nämlich angesichts der Diskussion um
Integration und Rassismus nicht zu übersehen, dass die Verwaltung ihren de
mokratischen Auftrag für die Bürger und Bürgerinnen, womit ja nicht nur die
Staatsbürger gemeint sind, in Bezug auf die Migranten nur umsetzen kann,
wenn sie über kohärente Konzepte und Strategien verfügt.
Interkulturelle Öffnung oder interkulturelle Kompetenz der Verwaltung ist
dabei zunächst nur der Platzhalter für all jene institutionelle und personelle
Voraussetzungen und Fähigkeiten, derer es bedarf, damit Menschen aus anderen
Kulturen im Umgang mit Verwaltung in ihrem moralischen Anspruch als Men
schen und Personen geachtet und anerkannt zu werden nicht verletzt werden.
Weiterhin Platzhalter für alle jene institutionelle und personelle Voraussetzun
gen und Fähigkeiten, damit Menschen anderer Kulturen in ihren grundlegenden
Bedürfnissen und Interessen ernst genommen und angemessen berücksichtigt
werden. Wenn man der Ansicht von Axel Honneth folgt, dass moralische Ver
letzungen im Kern verweigerte Anerkennung sind, wird klar, dass diese Kon
flikte und Schwierigkeiten nicht nur auf kommunikative Defizite verweisen,
sondern dass vielfach weiter gegraben werden muss, bis man fündig wird, bei
der Haltung unter der Handlung. Nehmen wir ein aktuelles Beispiel, die redu
zierten ärztlichen Leistungen für Asylbewerber nach dem Asylbewerbergesetz,
8 Vorwort
reduziert auf Akut- und Schmerzbehandlung, eine rechtliche Vorgabe die, auch
nach Ansicht der Bundesärztekammer, jedem ärztlichen Ethos widerspricht.
Man kann also der Auffassung sein, dass in einem Kernbereich des Lebens, der
Gesundheit, moralisch gebotene Fürsorge verweigert wird? Kein Kommunika
tionstraining kann die moralischen Verletzungen überspielen, die mit dieser
Struktur verbunden sind. Kein Kommunikationstraining kann daher auch die
Konflikte präventiv vermeiden, die aus diesen Verletzungen resultieren.
Die Beiträge des Buches gliedern sich in drei Teile zu den Bereichen Kon
flikthintergrund, Lösungsangebote und Institutionalisierung interkultureller
Kompetenz. Das bedeutet nicht, dass jeder Beitrag, jeweils und ausschließlich
nur einem Bereich zuzuordnen wäre, es ist dies eher eine von außen an die Bei
träge herangetragene Einteilung.
Der Beitrag Eckart RiehlelMichael Seifert präsentiert das Ergebnis zweier
empirischer Studien, die der Frage nach Elementen und Faktoren dieser sozialen
Problematik in der Kommunikation von Migranten und Mitarbeitern der Ver
waltung nachspüren. Vor diesem Hintergrund wird versucht, weiteren For
schungsbedarf zu bezeichnen.
Der Beitrag von Verena Tobler arbeitet Strukturblindheit, Kulturblindheit
und Selbstblindheit als zentrale Stolpersteine heraus und unterbreitet den lö
sungsorientierten Gedanken der Kernkultur, der sicherlich auch Widerspruch
herausfordern wird. Ulrich Esser/Hendrik Berth gehen auf die Besonderheiten
der Situation in den Neuen Bundesländern ein. Eckart Riehle räumt der Amts
kultur einen strategisch wichtigen Ort für den Behördenumgang mit Migranten
ein. Er plädiert dafür, Prozesse interkultureller Kompetenz und Öffnung auch
auf die Amtskultur zu beziehen.
Für den zweiten Bereich vertieft Sabine Jungk die Thematik der interkultu
rellen Öffnung bezogen auf soziale Dienste. Deutlich wird, dass die Mühlen der
sozialen Dienste langsam, aber sicher mahlen, während die Problematik in an
deren Verwaltungs bereichen noch nicht einmal erkannt ist. Anke Potthoff geht
ausführlich auf interkulturelle Weiterbildungsangebote vor dem Hintergrund
theoretischer Ansätze zur Entwicklung interkultureller Kompetenz ein und ana
lysiert diese. Eckart Riehle lotet das Feld der Mediation in diesem Konfliktbe
reich aus, das notorisch unterbelichtet ist.
Für den dritten Bereich gibt Simone Prodolliet einen Überblick über die An
sätze einer Institutionalisierung interkultureller Kompetenz in der Verwaltung
der Schweiz. Annette Sprung behandelt vergleichsweise Prozesse in Österreich
und dort insbesondere in Wien, Graz und Linz und geht dabei auch auf die
Hemmungskräfte und Schwierigkeiten ein, die einem solchen Prozess entgegen
stehen. Ein Beitrag von Doron Kiesel stellt die Maßnahmen des Amts für inter
kulturelle Angelegenheit in Frankfurt a.M. dar, die dem Ziel dienen interkultu
relle Kompetenz auch in den Verwaltungsalltag einzuführen. Im abschließenden
Beitrag von Heinz-Joachim Feuerstein wird die Forschungslage zum Thema
Vorwort 9
interkultureller Kommunikation erörtert. Weiterhin wird berichtet über die Ein
beziehung des Themas Interkultureller Kompetenz in Studium und Fortbildung
für Diplomverwaltungswirte, die Themen werden inhaltlich skizziert, ihre Rele
vanz für Verwaltungsbereiche dargestellt, Erfahrungen mit Studierenden und
Verwaltungsmitarbeitem werden beschrieben.
Zum Abschluss sei all jenen gedankt, die sich an der Produktion dieses Bu
ches beteiligt haben. Das ist neben den Autoren und Autorinnen vor allem Mat
thias Zeng, der sich bereits an einer dem Buch zugrunde liegenden empirischen
Studie beteiligte, wie auch an der Schlussredaktion des Buches. Das ist weiter
hin der Ausländerbeauftragte der Thüringer Landesregierung, Eckehard Peters
und seine Mitarbeiterin Adriane Sonntag, seine Dienststelle hat durch finanziel
le Unterstützung das vorausgehende Forschungsprojekt und die Publikation
dieses Buches ermöglicht. Der Dank gilt auch den Studentinnen, welche die
trockene Arbeit des Korrekturlesens übernommen haben.
KarlsruhelErfurt im Frühjahr 2001.
I. Hintergründe
Stolpersteine interkultureller Verwaltungskommunikation
Eckart Riehle/Michael Seifert
Ausgangslage
Aus der verwaltungssoziologischen Literatur weiß man, Verwaltung beschreibt
eher ihre Umwelt als ein Problem für sich selbst, als dass sie sich als Problemlö
ser für ihre Umwelt sieht. Diese Umwelt ist das Publikum ob in individualisier
ter oder organisierter Form, ob als Bürger, Klient, Antragsteller, Leistungsbe
zieher oder wie immer seine Rolle näher ausgestaltet sein mag. Dass
Verwaltung ihre Umwelt als Problem wahrnimmt heißt aus ihrer Perspektive
dann auch, dass ihr diese Umwelt "Stolpersteine" bei der Aufgabenwahrneh
mung in den Weg stellt.
Hinzu kommt: Das sich solchermaßen von der Umwelt abgrenzende Ver
waltungssystem ist damit auch in den Diskurs einbezogen, der sich um staatli
che Selbsterhaltung und um das in Deutschland stets prekäre Verhältnis von
Staat und Nation entwickelt hat. Verwaltung und Umwelt sind durch ein mehr
oder weniger homogenisierendes Band der gemeinsamen Kultur, gemeinsamer
Werte und Normorientierungen verbunden.
Vor diesem Hintergrund ist auf das Thema der Zuwanderung einzugehen,
die sich mehr oder weniger gesteuert vollzieht. In der Bundesrepublik lebten am
31.12.1996 knapp 7,3 Millionen Ausländer und Ausländerinnen, von denen 1,8
Millionen Staaten der Europäischen Union angehörten. 14 Jahre zuvor lauteten
die Vergleichszahlen 4,7 Millionen und 511.700. Die Gründe und Ursachen,
welche die Zuwanderung veranlassen sind vielfältig, nach Angaben des
UNHCR befinden sich 20 Millionen Menschen auf der Flucht.
Während der durchschnittliche Ausländeranteil an der Wohnbevölkerung in
den alten Bundesländern bei ca. 10 % liegt, beträgt er in den neuen Bundeslän
dern ca. 2 %. Ob hier in Zukunft eine An- oder Ausgleichung stattfinden wird,
kann man bezweifeln. Mit der Zuwanderung ist das Fremde in den Verwal
tungsalltag eingezogen, andere Sprachen, Werte, Normorientierungen und
Glaubenssysteme. Migranten, das bedeutet ja nicht nur Menschen anderer Spra
che, sondern auch Menschen mit anderen Weltbildern, mit anderen emotionalen
Befindlichkeiten und anderen Glaubenssystemen.