Table Of ContentChristina Henkel
Interaktion und
Lebensweltgestaltung
im fremdkulturellen
Kontext
Interkulturalitätskonzepte zwischen
Theorie und Praxis
Interaktion und Lebensweltgestaltung im
fremdkulturellen Kontext
Christina Henkel
Interaktion und
Lebensweltgestaltung
im fremdkulturellen
Kontext
Interkulturalitätskonzepte zwischen
Theorie und Praxis
Christina Henkel
Göttingen, Deutschland
Zgl. Dissertation an der Georg-August-Universität Göttingen, 2019.
ISBN 978-3-662-61960-5 ISBN 978-3-662-61961-2 (eBook)
https://doi.org/10.1007/978-3-662-61961-2
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Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 1
2 KonzeptionellerRahmenund(inter-)disziplinäreEinbettung 11
2.1 GermanistikalsKulturwissenschaft . . . . . . . . . . . . 11
2.1.1 Kulturbegriff:VerortungvonKultur–Kulturals
Lebenswelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
2.1.2 Kulturthemenforschung–WanderndeBlickwinkel . 17
2.1.3 InterkulturelleGermanistikalsFremdheitsfach–
XenologieundfremdkulturellerAlltag . . . . . . . 20
2.2 (Meta-)TheoretischerRahmen . . . . . . . . . . . . . . . 23
2.2.1 DasKonzeptderAlltagsweltenunddieKonstrukti-
onvonWirklichkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . 25
2.2.2 SymbolischerInteraktionismus–Interaktion,
HandlungundBedeutung . . . . . . . . . . . . . 35
2.2.3 KonstruktivismusunddiekulturalistischeWende–
DerinteraktionistischeKonstruktivismus . . . . . 41
2.3 Zusammenführung:Beobachter*inundBlickwinkel . . . . 47
3 GroundedTheoryMethodologie(GTM) 53
3.1 KonstruktivistischeGroundedTheoryMethodologie . . . 57
3.2 DieForscher*inalsBeobachter*in . . . . . . . . . . . . . 60
3.3 ForschungalsInteraktionundKonstruktion . . . . . . . . 62
3.4 Transkriptionssysteme–TranskribierenalsTätigkeit . . . 64
3.5 KodierenalsHerzstück . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
4 Synthese: Blickwinkel der Akteur*innen – Akteur*innen als
Beobachter*innenunderzählendeKonstruktivist*innen 75
4.1 DiekonstruktivistischeBedeutungvonNarrationenfürdas
Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
VI Inhaltsverzeichnis
4.2 Sample . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
4.2.1 DasFeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
4.2.2 DieGesprächspartner*innen . . . . . . . . . . . . 80
4.2.3 Die Gespräche – Interviewverlauf, Memos, Samp-
ling,Reflexionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
5 InteraktionalsKernallerKonstruktionvonLebenswelt 89
5.1 VorstellungdesModellsderInteraktionsmatrix . . . . . . 90
5.2 Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
5.2.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
5.2.2 „Chinabild“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
5.2.3 „Kulturschock“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
5.2.4 FremdheitunddieKonstruktionvonIdentität . . . 139
5.2.5 Raum–Quartier . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156
5.2.6 Sozialwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175
5.2.7 Kommunikation(Sprache) . . . . . . . . . . . . . 195
5.2.8 Blickwinkel–VerstehenundAnerkennung . . . . 215
5.2.9 Nachhaltigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238
6 Fazit 267
6.1 Integration–Interaktion–Inklusion . . . . . . . . . . . . 267
6.2 RahmenbegriffeundihreBedeutungenfürdenStudienauf-
enthaltimAusland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269
6.3 GeltungsbereichderInteraktionsmatrix . . . . . . . . . . 277
7 Literaturverzeichnis 279
8 Anhang: Zusammensetzung des Sampling (Verzeichnis der
Gesprächspartner*innen) 301
Abbildungsverzeichnis
Abbildung1:InteraktionsmatrixalsErfahrungsschema . . . . . 91
Abbildung2:Kodenetzwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
Abbildung3:TriaszurLebensweltgestaltung . . . . . . . . . . 158
Abbildung4:Gulou-Campus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163
1 Einleitung
MenschenverlassenausdenunterschiedlichstenGründenundmitdiversen
MotivationenihreLebenswelt,umsichentwederineineranderennurkurz-
fristigaufzuhaltenoderaberauchlangfristiganzusiedeln.Inderklassischen
MigrationstheorieunterscheidetmanzwischendensogenanntenPush-und
Pull-Faktoren,dieinderRegelvoneinerdauerhaftenMigrationinKombi-
nationmitIntegrationund/oderAssimilierungausgehen.Selbstdiemoder-
ne Migrationsforschung, die sich auf transnationale soziale Räume fokus-
siert,gehtvoneinemdauerhafteren,wennauchflexiblenZustandaus(vgl.
Pries1998:79f.).DeutscheStudent*innenimBachelorundMasterstudium
ziehtesimmerwiederinsAusland,umsowohldieWeltkennenzulernenals
auchihrenLebenslaufaufzuwertenundanschließendwiederzurückzukeh-
ren. Für sie sind Auslandsaufenthalte essenziell. Nicht nur der eigene Le-
benslauf, sondern auch die Globalisierung erscheint gestaltbar. Abgesehen
vom Erwerb so genannter „hard skills“ beziehungsweise formaler Qualifi-
kationengehtesumdenGewinnvonSchlüsselqualifikationenwiezumBei-
spielInterkulturellerKompetenz(vgl.Reimann2017:27f;Lüsebrink2016:
8f.;Bolten2012;Heringer2012;Treichel/Mayer2011:273f.).Wierlacher
schreibtdazu,
„[...] interkulturelle Kompetenz sei die Fähigkeit, sich adäquat und
flexibelgegenüberdenErwartungenderKommunikationspartneraus
anderenKulturenzuverhalten,sichderkulturellenDifferenzenund
InterferenzenzwischeneigenerundfremderKulturundLebensform
bewusst zu werden und in der Vermittlung zwischen den Kulturen
mitsichundseinerHerkunftreflektierendidentischzubleiben“
(Wierlacher2003a:258).
InterkulturalitätisteindynamischesKonzept,dassichnachBolten„[...]im
WesentlichenaufdieDynamikdesZusammenlebensvonMitgliedernunter-
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch
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C. Henkel, Interaktion und Lebensweltgestaltung im fremdkulturellen
Kontext, https://doi.org/10.1007/978-3-662-61961-2_1
2 1 Einleitung
schiedlicherLebensweltenaufihreBeziehungzueinanderundihreInterak-
tion untereinander bezieht“ (Bolten 2012: 39). Kompetenz bedeutet in die-
semZusammenhangdieFähigkeit,wahrzunehmenundzubeobachten,das
AufgenommenezuverarbeitenundimIdealfallangemessendurchKommu-
nikation und Interaktion zu handeln. Immer mehr Student*innen entschei-
densichdaherfüreinenAuslandsaufenthaltinderHoffnung,entsprechende
ErfahrungenzusammelnundsichsofürdenglobalenArbeitsmarktzuqua-
lifizieren.Denn,soWierlacher:
„AnvielenOrtenzugleichfremdundheimischzusein,zähltzuden
Grunderfahrungen unserer Zeit. [...] Viele Menschen werden in Zu-
kunft freiwillig oder unfreiwillig einer Berufstätigkeit innerhalb ei-
nerfürsiefremdenKulturnachgehenundtagtäglichmitAusländern
interagieren und kooperieren müssen. [...] Folglich wird die Befä-
higungzurqualifizierteninterkulturellenKommunikationfürimmer
mehrMenschenzueinerArt’intellektuellerGrundausstattung’wer-
den“(Wierlacher1993:9).
DievorliegendeArbeitbeschäftigtsichanhandeinerFallstudiemitdenEr-
fahrungen und Wahrnehmungen von 30 deutschen Student*innen während
ihresAuslandsstudiumsinChina.DafürbietetdieInterkulturelleGermanis-
tik (im Folgenden auch IKG) einen Komplex unterschiedlicher Konzepte,
die im Verlauf der Arbeit diskutiert werden sollen. Theoretische Überle-
gungen zur Konstruktion von Wirklichkeit und zu interaktionistischen An-
sätzenermöglicheneineAnnäherungdaran,weroderwasaufwelcheWeise
Einflussaufdieobengenannte„intellektuelleGrundausstattung“ausübt.
Im Zuge der Globalisierung gehört der Wettbewerb um die klügsten Köp-
fe in der internationalen Hochschullandschaft zum täglichen Geschäft der
Hochschulen. Auf struktureller Ebene wird viel dafür getan, um jungen
Akademiker*innen Auslandserfahrung und Austausch zu ermöglichen,
denn Student*innen sollen auf die globalisierte Welt vorbereitet werden.
Als potenzielle Führungskräfte sollen sie zukünftig dabei helfen, zusam-
men mit internationalen Partner*innen Lösungen für die unterschiedlichs-
ten Probleme der Globalisierung, wie zum Beispiel Ressourcenknappheit,
Umweltfragen und Nahrungsverteilung zu finden. Zudem sollen sie durch
1 Einleitung 3
diese Integration in internationale Forschungsdiskurse die Synergieeffek-
tekulturellerVielfaltalsForschungsressourcenutzen.Und„[...]vonimmer
mehrMenschenwirdeineMehrsprachen-undMehrkulturenkompetenzund
ein begründetes Wissen von Eigenheit, Andersheit und Fremdheit als Teil
ihrer intellektuellen Grundausstattung benötigt und erwartet“ (Wierlacher/
Albrecht 2003: 280). Denn unterschiedliches Denken fördert neue Lösun-
genundStrategien.
Deutschland und China haben im Vergleich sehr auslandsmobile Student*
innenundsindbeliebteGastländerfürdieStudent*innendesjeweilsande-
renLandes(vgl.Fritsche2011:4).DieGruppechinesischerStudent*innen
istdiegrößteGruppederausländischenStudent*inneninDeutschland1.Im
Jahr2014studiertediebishergrößteZahldeutscherStudent*inneninChi-
na, nämlich 8.193 (vgl. Statistisches Bundesamt 2017: 31). Es gibt bereits
einigeVeröffentlichungenvorallemchinesischerDeutschland-Alumni,die
chinesische Student*innen in Deutschland zum Thema machen (vgl. Zhou
2010; Sun 2010; Guan 2007). Größere Untersuchungen speziell zu deut-
schen Student*innen in China und ihren Erfahrungen wurden bisher aller-
dingsnichtdurchgeführtoderveröffentlicht,abgesehenvoneinerFallstudie
übervierStudent*innenbeziehungsweisePraktikant*innen,dieinQingdao
in Gastfamilien lebten (vgl. Lauterbach 2010). Seit den 1990er Jahren gibt
es keine wissenschaftlichen Publikationen zu deutsch-chinesischen Hoch-
schulkooperationenaußerhalbdesBroschürenbereichs2.„ChinesischeUni-
versitäten als ,strategische Partner‘ gefragt“ titelt ein Artikel der Außen-
stelle Peking des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD),
der das Programm des DAADs zur Förderung der Vertiefung internationa-
1 Vgl.Fritsche(2011:4):China:ca.548.000,Indien:ca.185.000,Südkorea:ca.115.000
undDeutschland:94.000.
2 DiesergabeineLiteraturrechercheimGemeinsamenVerbundkatalog(GVK)zuden
entsprechenden Stichworten „China“, „Deutschland“, „Studierende“, „Studenten“,
„Studium“(Stand:Januar2013).
2019erschiendas„JahrbuchAngewandteHochschulbildung2016“,dasDeutschland
undChinaalsstrategischePartnerimBereichderangewandtenHochschulbildungthe-
matisiert(vgl.Cai/Lackner:2019).