Table Of ContentTeubner-Reihe Wirtschaftsinformatik
JOrgen Sauer
Intelligente Ablaufplanung in lokalen
und verteilten Anwendungsszenarien
Teubner-Reihe Wirtschaftsinformatik
Herausgegeben von
Prof. Dr. Dieter Ehrenberg, Leipzig
Prof. Dr. Dietrich Seibt, K61n
Prof. Dr. Wolffried Stucky, Karlsruhe
Die "Teubner-Reihe Wirtschaftsinformatik" widmet sich den Kernbereichen und den aktu
ellen Gebieten der Wirtschaftsinformatik.
In der Reihe werden einerseits LehrbOcher fOr Studierende der Wirtschaftsinformatik und
der Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunktfach Wirtschaftsinformatik in Grund-und
Hauptstudium ver6ffentlicht. Andererseits werden Forschungs- und Konferenzberichte,
<
herausragende Dissertationen und Habilitationen sowie Erfahrungsberichte und Hand·
lungsempfehlungen fOr die Unternehmens-und Verwaltungspraxis publiziert.
Jurgen Sauer
Intelligente Ablaufplanung
in lokalen und verteilten
Anwendungsszenarien
1m
Teubner
B. G. Teubner Stuttgart· Leipzig· Wiesbaden
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet uber <http://dnb.ddb.de> abrufbar.
Priv.-Doz. Dr. JOrgen Sauer
Geboren 1959 in Gudensberg / Hessen. Studium der Informatik in Dortmund von 1979 bis 1986. Von
1986 bis 1987 DV-Planer im Rechenzentrum Kassel der Daimler-Benz AG. Von 1987 bis 1992 Wissen
schaftlicher Mitarbeiter im FB Informatik der Universitat Oldenburg, Promotion 1993 (wissensbasierte
Ablaufplanung). Von 1993 bis 2003 Leiter des Software-Labors im FB Informatik der Universitat
Oldenburg, Habilitation 2002 (Multi-Site Scheduling). Seit September 2003 Leiter des Hochschul
rechenzentrums der Universitat Oldenburg.
1. Auflage August 2004
Aile Rechte vorbehalten
© B. G. Teubner Verlag / GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2004
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jedermann benutzt werden durften.
Umschlaggestaltung: Ulrike Weigel, www.CorporateDesignGroup.de
Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier.
ISBN-13:978-3-519-00473-8 e-ISBN-13:978-3-322-80076-3
DOl: 10.1007/978-3-322-80076-3
Vorwort
In der Ablaufplanung (Scheduling) werden Probleme der zeitlichen Zuordnung von Ak
tivitliten - z.B. zur Herstellung von Produkten - zu Ressourcen betrachtet, wobei ver
schiedene Nebenbedingungen (Hard und Soft Constraints) - z.B. technische Produkti
onsvorschriften und gleichmliBige Ressourcenauslastung - beachtet werden mtissen und
bestimmte Ziele erreicht bzw. optimiert werden sollen. Ablaufplanungsprobleme sind in
unterschiedlichen, vorrangig betriebswirtschaftlichen Anwendungsbereichen zu finden.
Charakteristisch fUr die in der Ablaufplanung zu losenden Problemstellungen sind ein
kombinatorisch gro8er Suchraum, un sic heres Wissen und ein sich dynamisch lindemder
Problembereich. Die Komplexitlit des Suchraums wird bestimmt durch die Ftille mogli
cher Altemativen ftir Ablaufplline und der dabei notwendigen Synchronisation einer
Vielzahl von Aktivitliten, Bedingungen und Zielvorgaben. Unsicheres Wissen spielt
dabei auch eine wesentliche Rolle, da oft nur mit schlitzbaren Werten, z.B. fUr AusfUh
rungszeiten, und ungenauen Vorgaben aus tibergeordneten Planungssystemen gearbeitet
werden muss. Die Dynamik des Problembereichs resultiert aus Ereignissen und Storun
gen, die stlindig neue Planungssituationen schaffen und entsprechend verarbeitet werden
mtissen.
Bei den in der Literatur vorgestellten Ablaufplanungsproblemen und ihren Losungsan
slitzen dominieren lokale, isolierte Problemstellungen, z.B. fUr einen einzelnen Produk
tionsbetrieb. In diesem Buch werden nicht nur lokale Problemstellungen betrachtet,
sondem mit Multi-Site Scheduling wird diese Sichtweise erweitert auf verteilte Produk
tionsstandorte und weitere Einheiten wie Zulieferer und Transportuntemehmen, die ins
gesamt an der Erstellung eines Produkts beteiligt sind. Damit wird eine neue Dimension
in die Ablaufplanungsproblematik eingefUhrt. Neben den bisher bearbeiteten Aufgaben
komplexen der prlidiktiven, reaktiven und interaktiven Planung spiel en jetzt abgestufte
Planungsprobleme auf verschiedenen Ebenen und deren Koordination eine entscheiden
de Rolle.
Das vorliegende Buch gibt einen Uberblick tiber die zur intelligenten Modellierung und
Losung von Ablaufplanungsproblemen in lokalen und verteilten Anwendungsszenarien
eingesetzten Techniken und prlisentiert mit dem Multi-Site Scheduling Konzept einen
Ansatz, der die riickgekoppelte koordinierte Ablaufplanung tiber mehrere hierarchische
Ebenen bei einer verteilten Produktion untersttitzt. Speziell werden dabei die bisher we-
6 Vorwort
nig untersuchte Planung auf "hOheren Ebenen" und die Koordination betrachtet sowie
geeignete Modellierungs- und L6sungsverfahren vorgestellt.
Dem Buch liegt die Habilitationsschrift "Multi-Site Scheduling - Hierarchisch koordi
nierte Ablaufplanung auf mehreren Ebenen" des Autors zugrunde, auf deren Basis das
Habilitationsverfahren im Juni 2002 erfolgreich abgeschlossen wurde.
Oldenburg, April 2004 Jurgen Sauer
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung ......................................................................................................... 9
1.1 Probleme des Multi-Site Scheduling .................................................... '" .......... 12
1.2 LOsungsanslitze ftir Multi-Site Scheduling ........................................................ 14
1.3 Aufbau des Buches .......................................................................................... 16
2 Ablaufplanung in lokalen Anwendungsszenarien ......................................... 18
2.1 Prlidiktive, reaktive und interaktive Ablaufplanung .......................................... 18
2.2 Ablaufplanung im betriebswirtschaftlichen Kontext.. .......................................2 9
2.3 Modellierung von Ablaufplanungsproblemen ................................................... 37
2.3.1 Modellierung mit mathematischen Modellen ............................................. 37
2.3.2 Modellierung auf Basis von Objekten und Constraints ............................. .40
2.4 Verfahren zur Losung von Ablaufplanungsproblemen ...................................... 55
2.4.1 Ablaufplanung mit Heuristiken .................................................................. 56
2.4.2 Ablaufplanung mit Constraints .................................................................. 62
2.4.3 Ablaufplanung mit Fuzzy-Techniken ......................................................... 67
2.4.4 Ablaufplanung mit Neuronalen Netzen ...................................................... 70
2.4.5 Ablaufplanung mit iterativen Verbesserungstechniken .............................. 76
2.4.6 Ablaufplanung mit Genetischen Algorithmen ............................................ 80
2.4.7 Ablaufplanung mit Methoden der Verteilten KI ......................................... 82
2.4.8 Meta-Ablaufplanung ................................................................................. 86
2.4.9 Eignung von Verfahren fur Planungsprobleme .......................................... 87
2.5 Ablaufplanungssysteme ................................................................................... 89
2.5.1 Anforderungen an ein Ablaufplanungssystem ............................................ 89
2.5.2 Leitstlinde .................................................................................................. 92
2.5.3 Darstellungsmoglichkeiten ftir Planungssysteme ....................................... 95
2.5.4 MEDICUS: Beispiel eines lokalen Ablaufplanungssystems ....................... 98
3 Ablaufplanung in verteilten Anwendungsszenarien
(Multi-Site Scheduling) ................................................................................ 10 6
3.1 Charakteristika des Multi-Site Scheduling ...................................................... 106
3.2 Anforderungen an ein Multi-Site Scheduling System ..................................... 113
3.3 Bisherige Anslitze im Bereich des Multi-Site Scheduling ............................... 127
3.4 MUST: Ein umfassendes Multi-Site Scheduling Konzept ............................... 134
3.4.1 Das Planungskonzept .............................................................................. 134
3.4.2 Koordination und Kommunikation im MUST-Konzept ........................... 142
3.4.3 Das Architekturkonzept ........................................................................... 143
3.4.4 Modellierung und algorithmische Losung ................................................ 145
3.5 Globale Planung im MUST-Konzept.. ............................................................ 148
3.5.1 Modellierung des globalen Ablaufplanungsproblems ............................... 148
3.5.2 Global prlidiktive Planung mit Fuzzy-Konzepten ..................................... 158
3.5.3 Global prlidiktive Planung mit Heuristiken .............................................. 164
8 Inhaltsverzeichnis
3.5.4 Vergleich der Verfahren zur global pradiktiven Planung .......................... 169
3.5.5 Global reaktive Planung .......................................................................... 171
3.6 Koordination und Kommunikation im MUST-Konzept.. ................................ 176
3.7 Lokale Planung im MUST-Konzept ............................................................... 180
3.7.1 Erweiterte lokale Ereignisverarbeitung .................................................... 181
3.7.2 Integration neuer Aufgaben am Beispiel der Transportplanung ................ 183
3.8 Erste Prototypische Realisierung: das MUST-System ..................................... 192
3.8.1 Die Komponenten des MUST-Systems ................................................... 193
3.8.2 Koordination, Kommunikation und Ereignisverarbeitung im
MUST-System ........................................................................................ 198
3.8.3 Globale Planung im MUST-System ......................................................... 204
3.8.4 Lokale Planung im MUST-System .......................................................... 206
3.9 Zweite prototypische Realisierung: DROPS ................................................... 210
3.9.1 Architektur des Systems .......................................................................... 211
3.9.2 Die Komponenten des DROPS-Systems .................................................. 212
3. 10 Diskussion der beiden Prototypen .................................................................. 217
Literatur ................................................................................................................ 222
Glossar ................................................................................................................ 236
Index ................................................................................................................ 247
1 Einleitung
In der Ablaufplanung (Scheduling) werden Probleme der zeitlichen Zuordnung von Ak
tivitaten zu limitierten Ressourcen betrachtet, wobei unterschiedliche Nebenbedingun
gen (Hard/Soft Constraints) zu berucksichtigen sind und bestimmte Ziele erreicht bzw.
optimiert werden sollen [Sau97, Smi92]. Wichtigstes Charakteristikum realer Planungs
szenarien ist die Dynamik der Planungsumgebung, d.h. dass haufig auf SWrungen im
Planungsumfeld reagiert werden muss. Der Ablaufplan ist dann die terminliche Zuord
nung der einzelnen Aktionen zu Ressourcen, mit der die gegebenen Nebenbedingungen
und Zielsetzungen erftillt werden.
Charakterisiert werden konnen Ablaufplanungsprobleme daher durch ihre AktivWiten,
Auftrage, Ressourcen, Hard und Soft Constraints, Zielfunktionen und die zu behandeln
den Ereignisse. Auch die Interaktionen des Benutzers wie z.B. das Verschieben eines
Auftrags mtissen beachtet werden und konnen z.B. als weitere Ereignisse betrachtet
werden.
Charakteristisch ftir die Ablaufplanung sind ein kombinatorisch sehr groBer Suchraum,
unsicheres Wissen und ein dynamischer Problembereich [Smi92]. Die Komplexitat ent
steht durch die Ftille moglicher Altemativen fUr Ablaufplane und aus der Synchronisa
tion einer Vielzahl von Aktivitaten, Bedingungen und Zielvorgaben. Unsicheres Wissen
ergibt sich u.a. aus den oft nur schatzbaren Werten fUr Ausftihrungszeiten und ungenau
en Vorgaben aus tibergeordneten Planungssystemen. Die Dynamik des Problembereichs
resultiert aus Ereignissen und SWrungen, die sHindig neue Planungssituationen schaffen.
Zur Losung von Ablaufplanungsproblemen werden vor allem zwei Aufgabenkomplexe
unterschieden, die auch in dieser Reihenfolge historisch entstanden sind. Bei der priidik
tiven Ablaufplanung wird der Plan vorausschauend ftir einen bestimmten Zeitabschnitt
unter Annahme einer statischen Planungsumgebung erstellt. In der reaktiven Ablaufpla
nung steht die Anpassung des Plans an neue Situationen im Mittelpunkt, wobei mog
lichst viel vom bestehenden Plan erhalten bleiben solI.
Losungen fUr Ablaufplanungsprobleme kommen sowohl aus dem Bereich des Operati
ons Research (OR) als auch aus der Ktinstlichen Intelligenz (KI) [SMOO, SWM95]. 1m
Bereich des OR werden bereits seit Anfang der 50er Jahre Ablaufplanungsprobleme
untersucht, wobei der Schwerpunkt auf die Optimierung einzelner Zielfunktionen gelegt
10 Einleitung
wird. Da bereits einfache Problemstellungen NP-hart sind, werden hier im Allgemeinen
idealisierte Probleme (z.B. Flow-Shop- oder Job-Shop-Scheduling, siehe Abschnitt
2.3.1) betrachtet, die speziell fiir Komplexitatsbetrachtungen gedacht sind und der Su
che nach geeigneten Heuristiken dienen. In realen Produktionsumgebungen sind die
Ergebnisse nur schwer oder nur fUr spezielle Anwendungsgebiete nutzbar, hier dominie
ren noch einfache Verfahren wie Netzplantechnik oder Prioritatsregeln.
Seit Anfang der 80er Jahre werden Methoden der KI eingesetzt, urn die Losung praxis
relevanter Ablaufplanungsprobleme vor aHem durch neue Modellierungs-und Problem
losungstechniken zu unterstiitzen. In der Modellierung werden Frame-basierte, regelba
sierte und vor allem Constraint-basierte Ansatze eingesetzt. Sie erlauben u.a. die expli
zite DarsteHung und Verarbeitung von anwendungsspezifischem Problemlosungswis
sen. Zur Generierung oder Anpassung von Ablaufpliinen werden folgende "AIgorith
menklassen" [SauOO, SMOO, Smi92, SWM95] verwendet:
• Heuristische Verfahren:
Sie umfassen allgemeine heuristische Prinzipien wie Problemzerlegung und heuristi
sche Suchverfahren wie Beam-Suche, Suche mit Prioritatsregeln, Constraint-basierte
oder opportunistische Suche. Heuristiken werden sowohl im OR als auch in der KI
untersucht.
• Constraint-basierte Verfahren:
1m Mittelpunkt stehen hier die zu bertlcksichtigenden Constraints. Ablaufplanung
wird als Constraint Satisfaction Problem betrachtet und mit entsprechenden Metho
den, insbesondere Sprachen der Constraint-Logik-Programmierung, beschrieben und
gelOst.
• Verfahren des Soft Computing und zur iterativen Verbesserung:
Sie werden in den letzten Jahren verstiirkt untersucht, so z.B. Fuzzy-Logik zur Ver
arbeitung des in der Ablaufplanung vorhandenen unsicheren Wissens oder Neuronale
Netze zur Auswahl einzuplanender Aktivitaten oder der Bewertung von Situationen.
Genetische Algorithmen und iterative Verbesserungstechniken wie Threshold Excep
tion, Simulated Annealing oder Sintflut-Algorithmen werden zur Verbesserung von
Planen und als Niiherungsverfahren fUr Optimierungsprobleme eingesetzt.
• Verteilte KI:
Urn die haufig organisatorisch verteilte Losung von Ablaufplanungsproblemen in
den Anwendungsgebieten nachzubilden, werden vor allem Multi-Agenten-Systeme