Table Of ContentFORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTF ALEN
Nr. 2804/F achgruppe Medizin
Herausgegeben vom Minister für Wissenschaft und Forschung
Immunologische Differenzierung lymphatischer Zellen bei
Lymphomträgern und während der Lymphomentstehung
1. Tierexperimentelle Untersuchungen
Prof. Dr. med. Gerhard R. F. Krueger . Prof. Dr. med. Victor A. Bedoya
Dr. med. Karl-Heinz Stock' Dr. med. Hans Mertens
cand. med. H. Gerhard Flesch und cand. med. Karl M. Fischer
H. Untersuchungen am Menschen
Prof. Dr. med. Gerhard R. F. Krueger' Günther Konorza, Arzt
Priv. -Doz. Dr. med. Klaus-Peter Hellriegel . Dr. med. Klaus Sesterhenn
Prof. Dr. med. Josef Zach' Prof. Dr. med. Kurt Schumacher
Dr. med. Hedayat Samii und Dr. med. veto Dharam V. Ablashi
Immunpathologische Laboratorien, Pathologisches Institut
Universität zu Köln
Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 1979
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Immunologische Differenzierung lymphatischer
Zellen bei· Lymphomträgern und während der
Lymphomentstehung. - Opladen : Westdeutscher
Verlag, 1979.
(Forschungsberichte des Landes Nordrhein
Westfalen ; Nr. 2804 : Fachgruppe Medizin)
ISBN 978-3-531-02804-0
© 1979 by Springer Fachmedien Wiesbaden
Ursprünglich erschienen bei Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen 1979
Gesamtherstellung: Westdeutscher Verlag
ISBN 978-3-531-02804-0 ISBN 978-3-663-19750-8 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-19750-8
Inhalt
I. Tierexperimentelle Untersuchungen
Gerhard R.F. Krueger, Victor A. Bedoya, Karl-lleinz stock,
Hans Mertens, G. Gerhard Flesch und Katl M. Fischer
Einl e i tung .......................................................................................... .. 5
Material und Methode ••••••••••.••••••••••••••••••••••••• 6
Ergebnisse 7
Diskussion •••••••••••••••••••••••••••••••.•••••••••••••• 10
Li teratur .............................................................................................. 12
11. Untersuchungen am Menschen
Gerhard R.F. Krueger, Günther Konorza, Klaus-Peter Hellriegel,
Klaus Sesterhenn, Josef Zach, Kurt Schumacher, Hedayat Samii
und Dharam V. Ablashi
Einlei tung ••••••••••••••••••••••••••.••••.•••••.•••••••• 15
Material und Methode •••••••••••••••••••••••••••••••••••• 16
Ergebnisse •••••••••••••••••••••••••••••••••••••.•••••••• 17
Diskussion ••••••••••••••••••••••••••••••.••••••.•••••••. 22
Li teratur .............................................................................................. 23
I. TIEREXPERIMENTELLE UNTERSUCHUNGEN
EINLEITUNG
Der Entstehung maligner Tumoren des immunkompetenten Systems
gehen offenbar störungen der immunologischen Reaktionsfähig
keit voraus (1,2,3). Dabei sind direkte Zusammenhänge zwi
schen gestörter immunologischer Reaktionsbereitschaft und be
ginnender atypischer Zellproliferation bisher nicht eindeutig
erklärbar. Es ist bekannt, daß die immunkompetenten Gewebe
aus einer inhomogenen Zellpopulation bestehen, die im Rahmen
einer normalen Immunantwort unterschiedliche Aufgaben über
nehmen (4,5,6). T-Lymphozyten, deren Ausreifung vom Thymus
kontrolliert wird, dienen der zellvermittelten Immunreaktion
sowie "Helper-" und "Suppressor-Funktionen" im Verlauf einer
Antikörperbildung. B-Lymphozyten, deren Differenzierung von
der Bursa Fabricii oder einem Bursa-Äquivalent gesteuert wird,
dienen der Antikörpersynthese. Sogenannte O-Lymphozyten (Null
Lymphozyten) stellen einen "Pool" von unreifen Vorstufen von
T- oder"B-Zellen dar oder ggf. auch ein funktionsinaktives
Zw1schenstadium an sich differenzierter Lymphozyten.
Bei den B-Lymphozyten lassen sich verschiedene Zellrassen
unterscheiden je nach ihrer prospektiven Potenz zur Immun
globulinsynthese (IgG-, IgM-, IgA-Zellen usf.). Auch T-Zellen
bestehen aus mehreren funktionell unterschiedlich aktiven
Subklassen (s.o.).
Es ist anzunehmen, daß quantitative und funktionell aualita
tive Änderungen der Zellzusammensetzung immunkompetenter
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Gewebe aufgrund nachgewiesener störungen der Immunkompetenz
einer Tumorbildung des lymphatischen Gewebes (d.i. einer
Lymphombildung) vorausgehen und daß sich die entstehenden
Lymphome einer oder mehreren der bekannten Zellrassen zu
ordnen lassen. Diese Annahme soll in den vorliegenden Unter
suchungen kontrolliert werden.
MA'rERIAL UND METHODE
Als Versuchsmodelle dienten das immunologisch, durch gleich
zeitige Immunsuppression und Immunstimulation erzeugte Mäuse
lymphom (7) sowie verschiedene Virus-induzierte Mäuse-Lym
phome (8,9).
a) Tiermaterial:
In den vorliegenden Versuchen wurden ausschliesslich neuge
borene und jugendliche Erwachsene BALB/c Mäuse verwandt aus
der Kolonie der Jackson Laboratories, Bar Harbor, Maine,
U.S.A •• Die Tiere wurden in Gruppen zu 6 gehalten und mit
Trockenfutter der Fa. Latz Euskirchen und Trinkwasser ad
libitum versorgt. Tieren zur immunologischen Lymphominduktion
wurde im Trinkwasser ein Immunsuppressivum zugesetzt (s.u.).
b) Immunologische Lymphominduktion:
Die Lymphomerzeugung in diesem Versuch erfolgte durch gleich
zeitige persistierende Verabreichung von Azathioprin im Trink
wasser (Imuran, Burroughs-'leJJ.comej 15mg/kg/Tag) und Immun
stimulation mittels Rinderalbumin (BSAj 0,2ml einer 10%igen
Lös ung 1. p. /Tag) nach bewährter r'lethode (7,10).
c) Virale Lymphominduktion:
Die virale Lymphominduktion erfolgte durch Infektion ne:.lgebo
rener I>läuse (2.-4.Lebenstag) mit folgenden onkogenen Viren:
rljoloney-Virus (r.;LS-6j 6.8 log FFV/mlj O,2ml 1.p. ),]ross
Virus (G-;'lluLV Passage A, 0,2ml 1.p. des 20~igen Original
extraktes von Prof. L.Gross, New York). Kontrollinfektion i t
'TI
dem nicht-onkogenen Gross-Virus (3T3-Zellkul t:..<rlinie AT:::C VR
Nr.190, 6,810g FFV/ml, 0,2 ml 1.p.).
- 7 -
d) Pathologisch-anatomische Auswertung:
Tiere wurden in regelmässigem 2-4 wöchentlichen Abstand ge
tötet, autopsiert und folgende Gewebe zur histologischen,
cytologischen und ultrastrukturellen Untersuchung vorberei
tet: Thymus, Lymphknoten, rclilz, Lunge, Leber, Niere sowie
in besonderen Fällen Herz, Gehirn, Knochenmark, Darm, Ova
rien und Hoden. Die Verarbeitung der Gewebe erfolgte nach
Routinemethoden der Histologie und Elektronenmikroskopie
(1l ) •
e) Immuncytologische Ausl'lertung:
Zu regelmässigen o.a. Abständen wurden anläßlich der Autopsie
Suspensionen vitaler Zellen aus Thymus, Lymphknoten und JVJilz
mit Antiseren gegen T- und B-Zellen (anti Thy-l.2, anti IgGl,
IgG2, IgJVI und IgA (12)) inkubiert emd entsprechende Ze11-
populationen unter dem Fluoreszenzmikroskop ausgezählt.
Endpunkt der Untersuchungen stellte das generalisierte,
histologisch nachweisbare Lymphom dar.
f) Immunpathologische Auswertung:
Zellen des immunologisch erzeugten Lymphoms wurden auf ihre
funktionelle Aktivität mittels Transplantationsversuche zur
Erzeugung einer Graft-versus-Host Reaktion und zur adoptiven
Immunisierung untersucht (13). Hierzu wurden vitale Tumor
zellen von z.T. vorimmunisierten Tieren auf isogene Empfänger
mit oder ohne Helferzellen Übertragen und die jeweiligen
Reaktionen histologisch geprüft (Graft-versus-Host Histologie
oder Nachweis einer zellvermittelten Immunreaktion im Intra
cutantest) •
ERGEBNISSE
Die Ergebnisse sind im Rahmen verschiedener Einzelveröffent
lichungen publiziert (12-16). Zusammengefaßt erzielten wir
folgende Resultate:
a) Lymphominduktion:
Die Häufigkeit maligner Lymphome nach persistierender gleich
zeitiger Immunsuppression und Immunstimulation betrug 60% im
Vergleich zu 0% bei Kontrolltieren innerhalb der gleichen
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Versuchsperiodej die Latenzzeit betrug 4-6 Monate.
Die Häufigkeit Virus-induzierter Lymphome war 95% nach
Moloney-Virus Infektion mit einer Latenzzeit von ca. 20
Wochen, 75% nach Gross-Virus Passage A Infektion mit einer
Latenzzeit von ca. 30 Wochen und 5% nach 3T3 Virus Infektion
mit einer Latenzzeit von 35-40 Wochen.
b) Histologische Befunde:
Erste histologisch auffallende Veränderungen bei allen Ver
suchsgruppen bestanden in einer progredienten Atrophie des
Thymus und der thymusabhängigen Partien des immunkompeten
ten Systems beginnend zwischen einem und drei rl\onaten bei
Tieren mit immunologischer Lymphominduktion und zwischen
zwei-einhalb und drei Monaten nach Virusinfektion. Tiere mit
3T3 Virus Infektion zeigten keine Thymusatrophie.
Erste Veränderungen von pathologischem Wert bestanden in
einer progredienten, im atrophischen Thymus beginnenden
Proliferation lymphatischer Blasten, bei Mäusen mit immuno
logischer Lymphominduktion vom dritten bis fUnften Monat
an, bei Mäusen mitlrtfektion onkogener Viren vom dritten bis
vierten Monat an.
Von dieser ersten herdförmigen Proliferation lymphatischer
stammzellen kam es zu sukzessiver Ausbreitung dieser Zellen
auf das perithymische Gewebe und die Ubrigen lymphatischen
Organe bis zum Nachweis eines generalisierten lymphatischen
und extralymphatischen malignen Lymphoms (Latenzzeiten s.o.).
Histologisch wurden sämtliche Tumoren als "Malignes Lymphom,
lymphoblastischer Typ" klassifiziert (17).
c) Ultrastrukturelle Befunde:
Bei Tieren mit immunologischer. Lymphominduktion zeigten
sich während der Latenzzeit im lymphatischen Gewebe ultra
strukturell nur geringe Veränderungen (abgesehen von der
histologisch bereits erkennbaren Atrophie von Thymus und
thymusabhängigen Partien). Es fanden sich leichte degenera
tive Veränderungen an verschiedenen Lymphozyten mit Zeichen
der partiellen Membran- und ZytoplasmaabschnUrung (16).
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Vereinzelte Lymphoblasten enthielten Illyelinstrukturen.
Viruspartikel waren nicht nachweisbar. Die Zellen der mani
festen malignen Lymphome zeigten eine gemischte Population
überwiegend aus mittelgrossen Lymphoblasten mit prominenten
Nukleolen, reichlich Mikrosomen, vereinzel ten anulären Jl1em
branen und vereinzelten, unregelmässig angeordneten Mikro
filamenten neben kleinen Lymphozyten, vereinzelten i'last
zellen und Histiozyten.
Bei Tieren mit Virus-Lymphominduktion fanden sich während
der Latenzzeit ähnliche Veränderungen neben Zeichen der
Replikation von C-Typ Partikeln (RNS-Viren). Auch hier be
standen Lymphomzellen überwiegend aus Lymphoblasten mit
grossen Zellkernen, grossen Nukleolen und Polysomen-reichem
Zytoplasma.
d) Immuncytologische Befunde:
Tiere mi t immunologischer Lymohomind uktion wurden \-Jährend
der Latenzzeit der Tumorentstehung lediglich stichproben
artig untersucht. Dabei zeigte sich in der 6. bis 14.Woche
nach Versuchsbeginn ein polyklonaler Anstieg der B-Lympho
zyten in Milz und Lymphknoten mit prozentualen Gesamt-B-Zell
Anteilen von 64% (r'lilz) und 36% (Lymphknoten ~ Gleichzeitig
kam eß zu einer progressiven Abnahme der T-Zellen auf 12%
im Thymus, 16% in der 11ilz und 8% im Lymphknoten. Von der
20.Woche an normalisierten sich die prozentualen B-Zell
Zahlen und T-Zellen zeigten einen langsamen Anstieg bis zum
Nachweis histologisch manifester generalisierter Lymphome,
die einen T-Zell-Charakter aufwiesen. B-Zel1en waren zu diesem
Zeitpunkt stark in ihrer Gesamtzahl erniedrigt.
Bei den Mäusen mit viraler Lymphominduktion wurden die T- und
B-Zellverschiebungen systematisch in regelmässigen Abständen
erfasst und konnten kurvenmässig wiedergegeben werden (12,14,
18). Es fand sich in Lymphknoten, fvlilz und Thymus ein signi
fikanter Abfall der Prozent-T-Zellen von der 8.Woche bzw.
12-16.Woche an bei Moloney- und Gross-Virus Passage A infi
zierten Tieren auf Werte von 5-8%. I'vläuse, die mit dem nicht
onkogenen 3T3-Virus infiziert worden waren, zeigten normale
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T-Zellwerte. B-Zell-Populationen zeigten nicht entspre
chend auffällige Änderungen ihrer prozentualen Anteile;
lediglich IgM- und IgG2-Zellen fielen im späteren Verlauf
der Erkrankung deutlich ab (zu einem Zeitpunkt, als auch
bereits histologisch erste Lymphomknoten diagnostiziert
wurden). Bei Tieren mit generalisiertem malignen Lymphom
war auch die Gesamt-B-Zell-Zahl signifikant erniedrigt.
Die Tumoren selbst hatten entsprechend der untersuchten
Kriterien durchweg O-Zell-Charakter.
e) Immunpathologische Befunde:
Zellen der durch immunologische Induktion erzeugten Lym
phome von T-Zell-Charakter wurden hinsichtlich auf i.hre
T-Zell-Funktion mittels Graft-versus-Host Test und Er
zeugung einer adoptiven Immunisierung untersucht (13).
Bei positiven Kontrollversuchen mit T-Lymphozyten von ge
sunden Spendern ließ sich in keinem Fall eine T-Zell
Funktion der Lymphomzellen nach o.a. Kriterien nachweisen.
DISKUSSION
Aufgrund der vorliegenden Untersuchungsergebnisse, ergänzt
durch weitere inzwischen publizierte Befunde (18) von Unter
suchungen mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemein
schaft (Az.Kr 476/3-4) lassen sich folgende pathogenetische
und zeitliche Verhältnisse feststellen:
a) Dem histologischen Nachweis maligner Lymphome geht in
allen Versuchsgruppen ein signifikanter Abfall von T
Lymphozyten voraus, z.T. um mehrere lilochen. B-Lympho
zyten zeigen geringere Erniedrigungen, z.T. erst bei
manifestem Tumor. D.h. die quantitative Erfassung der
T-Lymphozyten kann einen Verdacht auf ein entstehendes
malignes Lymphom bei Ausschluss anderer Ursachen und
bei evtl. gleichzeitiger Erniedrigung von B-Lymphozyten
stützen.
b) Die signifikante T-Zell-Erniedrigung ,,;urde nur nach In
fektion mit onkogenen Viren registriert, ist also zumin
dest in dem vorliegenden Ausmaß nicht Folge einer virus-