Table Of ContentHydraulische Pressen
und Druckflüssigkeitsanlagen
Dritter Band
Hydraulische Pressen
und Druckflüssigkeitsanlagen
Von
Ernst Müller
Duisburg
Dritter Band
Pressen für die Herstellung von Rohren,
voll- und hohlprofilierten Stangen,
Drähten sowie Kabelmänteln aus NE-Metallen
Mit 189 Abbildungen
Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH 1959
ISBN 978-3-662-12036-1 ISBN 978-3-662-12035-4 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-662-12035-4
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© by Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1959
Ursprünglich erschienen bei Springer-Verlag OHG., Berlin/Göttingen/Heidelberg 1959
Softcoverreprint ofthe bardeover 1st edition 1959
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in diesem Buche berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der An
nahme, daß solche Namen im Sinne der \Varenzeichen-und Markenschutz-Gesetz
gebung alsfrei zu betrachten wären und dahervon jedermann benutzt werden dürften
Vorwort
Nach dem Erscheinen des zweiten Bandes des Buches "Hydraulische
Pressen und Druckflüssigkeitsanlagen", in dem die vielen hydraulischen
Arbeitsmaschinen zur Herstellung und Verarbeitung von Rohren und
Blechen aus Stahl sowohl in ihren unterschiedlichen Bauweisen als auch
in ihrer "Wirkungsweise eingehend beschrieben, nach ihrem Verwendungs
zweck geordnet und in bestimmte Maschinengruppen eingeteilt wurden,
erfolgt nunmehr die Herausgabe des dritten und letzten Bandes, der
über die hydraulischen Pressen für ~Ietallwerke, zur Herstellung von
Rohren, Kabelmänteln, Stangen, Profilen und Drähten aus NE-Metallen
Auskunft gibt. Die Pressen sind nicht so verschiedenartig wie die im
zweiten Bande aufgeführten Maschinen. Es war daher möglich, auf Ein
zelheiten ihrer Konstruktion einzugehen und Berechnungsbeispiele anzu
führen, die sich auf umfangreiche, in vielen Jahren praktischer Arbeit
gesammelte Erfahrungen stützen.
Das Gebiet dieser metallverarbeitenden Pressen ist außerordentlich
vielseitig, und über die technologischen Vorgänge beim Verpressen von
Metallblöcken und die metallurgischen Forschungsergebnisse sind viele
sehr lehrreiche Veröffentlichungen erschienen, die wichtige Hinweise auf
die Konstruktion der Pressen und Werkzeuge geben. Auf die Entwicklung
und Berechnung der Maschinen sowie auf die Anforderungen, die man
an die Pressen und ·Werkzeuge stellt, wird jedoch leider, wenn man
von verhältnismäßig kurzen in Zeitschriften erschienenen Aufsätzen
absieht, nicht näher eingegangen. Deshalb soll mit dem Erscheinen die
ses Buches eine bisher in der Fachliteratur vorhandene Lücke geschlossen
werden.
Das Buch wendet sich in erster Linie an die vielen Konstrukteure, die
sich mit dem Bau von Pressen zur Verarbeitung von XE-Metallen
beschäftigen und sich die Erfahrungen meist nur mühevoll - sei es durch
Auskünfte in Betrieben und Berichte von Kollegen oder aus einzelnen
in Zeitschriften erschienenen Aufsätzen - aneignen können; ferner an
den großen Kreis der Betriebsleute, die mit diesen Pressen zu arbeiten
haben und sich gern ein selbständiges Urteil über die Zweckmäßigkeit
der verschiedenen Bauweisen und Antriebsarten bilden möchten; nicht
zuletzt an zahlreiche Studierende der Hoch- und Fachschulen, um ihnen
ein Gebiet zu erschließen, auf dem auch in Zukunft weitere Entwick
lungsaufgaben zu lösen sein werden.
VI Vorwort
Um den Rahmen dieses Buches in bestimmten Grenzen zu halten,
wurde auf eine Aufnahme der zahlreichen Hilfsmaschinen und -einrich
tungen zu den Pressen verzichtet. Hierzu gehören z. B. Auslauf-und Kühl
b.etten, Transportvorrichtungen, Profilstrecker, Stangenbrechvorrichtun
gen zur Entfernung der Lunkerstellen in Stangenenden, Zugwagen für die
Auslaufbahn, Aufwickelvorrichtungen für Kabel, Drahthaspel usw.
Die Strang-und Rohrpressen werden in gleicher Ausführung in letzter
Zeit auch immer häufiger zur Herstellung von Rohren und Profilen aus
Stahl verwendet; dabei arbeitet man jedoch mit wesentlich höheren
Stempelgeschwindigkeiten und in den meisten Fällen mit besonderen
Schmiermitteln für die Werkzeuge. Eine ausführliche Darstellung dieser
Pressen ist für eine Erweiterung des zweiten Bandes in Aussicht genom
men, da sie sich dort am besten einordnen lassen.
Bei meinen Arbeiten am dritten Band habe ich von vielen in- und
ausländischen Firmen, deren Namen bei den veröffentlichten Zeich
nungen und Bildern angeführt sind, weitgehende Unterstützung erhalten.
Ihnen allen spreche ich an dieser Stelle meinen verbindlichen Dank aus.
Er gebührt aber auch vielen Kollegen und Mitarbeitern, insbesondere
Herrn Dipl.-Ing. A. HERTL in Duisburg.
Mit der Herausgabe des dritten Bandes des Buches "Hydraulische
Pressen und Druckflüssigkeitsanlagen" habe ich meine Arbeit abgeschlos
sen. Unter demselben Titel wird auch demnächst der erste Band erschei
nen, dessen zweite Auflage noch den Titel "Hydraulische Schmiedepres
sen und Kraftwasseranlagen" führt und schon seit einigen Jahren ver
griffen ist. Ich hoffe, daß der dritte Band in den Kreisen der Schwer-und
Leichtmetalle verarbeitenden Industrie eine gleich gute Aufnahme findet
und allen Lesern neue, wertvolle Erkenntnisse vermittelt.
Duisburg, im Juni 1959
Ernst Müller
Inhaltsverzeichnis
Seite
Erster Abschnitt: Pressen für die Herstellung von Rohren und Dräh-
ten aus Blei................................... . . . . . . . . . . . . . . 1
a) Bleirohrpressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
b) Bkisyphonpressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
c) Bleidrahtpressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
d) Lötzinnpressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Zweiter Abschnitt: Pressen für die Herstellung von Kabelmäntelnaus
Blei und Aluminium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
a) Bleikabelpressen für flüssigen Einsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
b) Blei-und Aluminiumkabelpressen für blockförmigen Einsatz....... 46
c) Kontinuierlich arbeitende Blei-und Aluminiumkabelpressen für flüs
sigen und blockförmigen Einsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.'5
Dritter Abschnitt: Pressen für die Herstellung von profilierten Stan
gen, Drähten und Rohren aus Schwer- und Leichtmetallen.. 61
a) Horizontale Strangpressen für das direkte Preßverfahren . . . . . . . . . . 64
b) Horizontale Strangpressen für das direkte und indirekte Preßver-
fahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
c) Horizontale kombinierte Strang-und Rohrpressen... . . . . . . . . . . . . . 97
d) Vertikale kombinierte Strang-und Rohrpressen .................. 118
Vierter Abschnitt: Größenbestimmung und Richtlinien für die Kon-
struktion der Strang- und Rohrpressen ..................... 130
a) Ermittlung der Kolbenkräfte .................................. 130
b) Flüssigkeitsdrücke ........................................... 142
c) 'Verkzeugbenennung und 'Yerkzeugstähle ....................... 143
d) Blockstauchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
e) Lochen und Auspressen des Blockes ............................ 150
f) :VIatrizen und :VIatrizenhalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
g) Lochdorne und Dornhalter .................................... 163
h) Preßtöpfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169
i) Preßtopfheizungen ........................................... 181
j) Preßstempel ................................................. 186
k) Verschlußköpfe, Querschieber und Drehscheiben ................. 187
l) Gegenholme ................................................. 191
m) Zylinderholme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196
n) Säulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
o) Bewegliche Querhaupte oder Laufholme ........................ 205
Fünfter Abschnitt: Antriebe der Pressen ............................ 205
a) Druckwasserpumpen ......................................... 209
b) Druckölpumpen .............................................. 213
c) Druckwasserspeicher ......................................... 223
VIII Inhaltsverzeichnis
Seite
Sechster Abschnitt: Hydraulische Steuerungen ...................... 228
a) Steuerungen mit Handhebelantrieb ............................. 229
b) Steuerungen mit Motorantrieb für Fern- und automatischen Betrieb 233
Siebenter Abschnitt: Dichtungen, Rohrleitungen, Beh'älter und Arma-
turen ......................................................... 239
a) Dichtungen fürfeststehende Bauteile (Flansche usw.) ............. 240
b) Dichtungen für gleitende Bauteile (Kolben usw.) . . . . . . . . . . . . . . . . 243
c) Rohrleitungen und Zubehörteile ................................ 246
Achter Abschnitt: Praktische Anwendungsbeispiele ................. 247
a) Beanspruchungen eines Preßzylinders nach Abb. 185 .............. 247
b) Berechnung der vier Säulen einer 2500-t-Metall-Rohr- und -Strang-
presse nach Abb. 186 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251
c) Größenbestimmung einer Kabelpresse .......................... 252
d) Größenbestimmung einer Rohr-und Strangpresse ................ 253
e) Abmessungen und Schrumpfmaße eines dreiteiligen Preßtopfes nach
Abb. 188 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256
Sachverzeichnis .................................................. 262
Erster Abschnitt
Pressen für die Herstellung von Rohren und Drähten aus Blei
Die Herstellung nahtloser Bleirohre ist schon lange bekannt und geht
zurück auf die Anfänge des hydraulischen Pressenbaues. Dabei ist das
Preßverfahren bis heute beinahe unverändert geblieben. Die Bohrung
eines Preßtopfes und die in seiner Achse liegende Dornstange mit dem
daran befestigten Dorn bilden einen hohlzylindrischen Raum, der mit
flüssigem Blei gefüllt wird. Das Ende der Preßtopfbohrung ist durch
eine Matrize abgeschlossen, die um den Dorn einen Ringspalt offen läßt.
Vom anderen Ende her wird das Blei nach dem Erstarren mit Hilfe
eines über die Dornstange laufenden hohlen Preßstempels, dem eine kreis
ringförmige Preßscheibe vorgelegt ist, ausgepreßt, und es tritt als Rohr
durch den Ringspalt aus.
oc.
Die Gießtemperatur des Bleies beträgt etwa 350 Der Übergang
vom flüssigen in den plastischen Aggregatzustand liegt bei etwa 320 bis
280 °C, während das Auspressen des Bleies bei einer Temperatur von
oc
etwa 200 bis 180 erfolgt.
Das Blei wird von Hüttenwerken in Blöcken mit einer Reinheit von
etwa 99,8% bezogen; vom Schmelzkessel fließt es direkt dem Preßtopf
zu. Zur Verbilligung der Rohre setzt man dem Bleibad sehr oft Altblei
zu. Reines Blei ergibt etwa 2% Bleiasche, wogegen bei Altblei mit etwa
8% Rückständen gerechnet werden muß. Die Bleiasche wird gesammelt
und von chemischen Werken weiter verarbeitet. Größere Mengen Altblei
werden in einfacher Weise durch Erwärmung auf 450 bis 500° undAb
schöpfen der Bleiasche von dem Bleispiegel raffiniert.
Der Bedarf an Bleirohrpressen war lange Zeit stark ansteigend. Diese
Entwicklung ist jedoch vor etwa 15 bis 20 Jahren zum Stillstand gekom
men, seitdem Rohre aus Stahl, Bunt- und Leichtmetallen sowie aus
Kunststoffen in Wettbewerb getreten sind.
Außer den Bleirohrpressen sind in verschiedenen Bauarten auch noch
kleinere Pressen bekannt geworden, von denen die wichtigsten zur Her
stellung von Bleirohrbogen - auch Syphons genannt -, Bleidrähten mit
rundem oder beliebig profiliertem Querschnitt sowie Lötzinndrähten
dienen.
a) Bleirohrpressen
Bereits im Jahre 1797 wurde dem Engländer BRAMAH ein Schutz
recht auf eine Bleirohrpresse erteilt, deren Konstruktion aus Abb. 1
1 Müller, Hydraul. Pressen Bd. III
2 Pressen für die Herstellung von Rohren und Drähten aus Blei
hervorgeht1 ). Danach soll aus einem Bleischmelzkessel a, der von außen
geheizt wird, flüssiges Blei beim Hochgehen des Kolbens b durch das
Ventil c in den Zylinder einströmen, aus dem es dann beim Abwärtsgang
des Kolbens b durch einen Ringspalt herausgedrückt wird. Der Ringspalt
entsteht durch einen rohrförmigen Ansatz d mit dem Dorne. Dieser Dorn
sitzt fest in dem Kessel
mantel, der für den Durch
fluß des Bleies zum Rohr
ansatz d einige Schlitze
erhält. Unmittelbar am
äußersten Ende des Ring
a spaltes erstarrt das Blei zu
einem Rohr. Der Ansatz d
wird zum Teil noch von
Heizgasen umspült.
Seit dieser Veröffent
lichung vergingen noch
/
Jahrzehnte, bis man zur
/ Ausführung der ersten hy
draulischen Pressen kam,
und erst im Jahre 1867
wurde die in Abb. 2 darge
stellte Bleirohrpresse1) des
Abb. 1. Bleirohrpresse von BRAMAH Franzosen HAMoN bekannt,
mit der die Konstruktion
der heute gebauten Pressen im Prinzip noch übereinstimmt.
Um das flüssige Blei in den Preßtopf einfüllen zu können, ist über
der Presse ein Hubzylinder a mit dem Kolben b zum Heben der Tra
verse c vorgesehen. Zum Lösen der Muttern d dienen Bajonettverschlüsse.
Mit Hilfe der Klammern e läßt sich bei einem Werkzeugwechsel auch die
Traverse f anheben. Nach dem Einfüllen des flüssigen Bleies folgt eine
Erstarrungszeit von 5 bis 10 Minuten. Die Preßtemperatur beträgt un
gefähr 210 °C.
Die Konstruktion einer modernen Bleirohrpresse geht aus Abb. 3
hervor. Sie besitzt einen unteren Zylinderholm a, der durch vier Säulen b
mit dem oberen Gegenholm c kraftschlüssig verbunden ist. Der Plunger d
läuft im Zylinder in einer Bronzebüchse und bewegt sich über einen Dorn
stangenhalter e, der fest im Zylinderboden eingesetzt ist. Die Abdichtung
des Plungers im Zylinder und an dem Dornstangenhalter erfolgt durch
Manschetten aus Leder oder vulkanisierten Geweben, die sich nach dem
Lösen eines Stopfbüchsflansches und einer Verschraubung ausbauen
1) PEARSON, C. E.: The Extrusion of Metals. London: Chapman & Hall 1953.