Table Of ContentDeutsche Gesellschaft fur Chirurgie
Chirurgisches Forum 2002, Band 31
Springer
Berlin
Heidelberg
New York
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Hongkong
London
Mailand
Paris
Tokio
Chirurgisches Forum 2002
fur experimentelle und klinische Forschung
119. KongreB der Deutschen Gesellschaft fur Chirurgie
Berlin, 07.05.-10.05. 2002
Herausgeber
J. R. Siewert
Prasident des 119. Kongresses
der Deutschen Gesellschaft fur Chirurgie
E. Neugebauer
Vorsitzender der Sektion Chirurgische Forschung
W.Hartel
Generalsekretar der Deutschen Gesellschaft fur Chirurgie
Schriftleitung
M. D. Menger unter Mitarbeit von
M. Laschke und J. Slotta
Forum-Ausschufl:
J. R. Siewert, Munchen M. D. Menger, Homburg/Saar
(Vorsitzender) (Vorsitzender des
W. Hartel, Berlin Wissenschaftlichen Beirates)
E. Neugebauer, K6ln M. W. Buchler, Heidelberg
N. P. Haas, Berlin W. Ertel, Berlin
R. Fugger, Linz
K.W.Jauch,Regensburg
K. MeBmer, Munchen
H. K. Schackert, Dresden
1. Sunder-Plassmann, VIm
B. Vollmar, Homburg/Saar
Herausgeber: Schriftleitung:
Prof. Dr. J. R. Siewert Prof. Dr. M. D. Menger
Oirektor der Chirurgischen Klinik der TU Munchen Direktor def Abteilung
Klinikum rechts der Isar fUr Klinisch~Experimentelle Chirurgie
Ismaninger StraBe 22 Universitiit des Saarlandes
81675 Munchen 66421 HomburgfSaar
prof. Dr. E. Neugebauer
Mitarbeiler der Schri{tJeilung:
Leiter der Biochemischen
und Experimentellen Abteilung M. Laschke
II. Chirurgischer Lehrstuhl Universitat zu Koln J. Slotta
Ostmerheimer StraBe 200, 51 109 Koln Abteilung fur
Klinisch -Experimentelle Chirurgie
Professor Dr. W. Hartel Universitat des Saarlandes
Generalsekretar 66421 HomburgfSaar
der Deutschen Gesellschaft fur Chirurgie
LuisenstraBe 58f59, 10117 Berlin
Mit 37 Abbildungen und 40 rabel/en
ISBN 3-540-43300-7 Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York
Die Deutsche Bibliothek -CtP·Einheitsaufnahme
Chirurgisches Forum 2002 fUr Experimentelte und Klinische rorschungl
Hrsg.: /. R. Siewert ... Unter Mitarb. von M. Laschke und). Slotta.
Berlin; Heidelberg; New York; Barcelona; Hongkong; London;
~biland; Paris; Tokio: Springu, 2002
( ... Kongr<:$S du Deutschen Gesellschaft flir Chirurgie; 119)
(Forumband .•. 1D euts<:he Geselts<:haft fiir Chirurgie; Bd. 31)
ISBN 3-540-43300-7
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Editorial Board
Viszeralchirurgie: E. Neugebauer, Koln
H. D. Becker, TUbingen W. Oettinger, Trier
H. P. Bruch, LUbeck F. W. Schildberg, MUnchen
M. W. BUchler, Heidelberg H. U. Spiegel, MUnster
H. J. Buhr, Berlin
B. Kremer, Kiel Plastische Chirurgie:
S. Post, Mannheim E. Biemer, MUnchen
M. Rothmund, Marburg G. Germann, Ludwigshafen
N. Runkel, Villingen/Schwenningen N. P. Haas, Berlin
H. D. Saeger, Dresden W. MUhlbauer, MUnchen
J. Scheele, Jena H. U. Steinau, Bochum
V. Schumpelick, Aachen
J. R. Siewert, MUnchen Tissue Engineering:
J. Gerlach, Berlin
A. Haverich, Hannover
Laparoskopische Chirurgie:
M. Heberer, Basel
H. Becker, Gottingen
G. B. Stark, Freiburg
R. Bittner, Stuttgart
R. FUgger, Linz
Kinderchirurgie:
I. Gastinger, Cottbus
H. Halsband, LUbeck
F. Kockerling, Hannover
K.W. Jauch, Regensburg
E. MUhe, Boblingen
I. Joppich, MUnchen
H. Roth, Heidelberg
Klinische uIld molekulare Onkologie:
R. Broll, LUbeck Klinische Studien:
F. Gansauge, Ulm A. Altendorf-Hofmann, Jena
P. E. Goretzki, NeuB A. Holscher, Koln
W. Hohenberger, Erlangen W. Lorenz, Marburg
T. Junginger, Mainz E. Neugebauer, Koln
H. Kalthoff, Kiel H. K. Selbmann, Tiibingen
M. Knebel Doeberitz von, Heidelberg H. Troidl, Koln
H. K. Schackert, Dresden
P. Schlag, Berlin Organtransplantation:
N. Senninger, MUnster Ch. E. Brolsch, Essen
J. R. Siewert, Miinchen A. Encke, Frankfurt
A. Thiede, WUrzburg U. Hopt, Freiburg
K. W. Jauch, Regensburg
Schock, Sepsis: J. Klempnauer, Hannover
U. Briickner, Ulm B. Markus, Frankfurt/M.
E. Faist, Miinchen M. D. Menger, Homburg/Saar
R. Holzheimer, Halle Th. Minor, Bonn
J. Seifert, Kiel P. Neuhaus, Berlin
B. Vollmar, Homburg/Saar C. Hammer, Miinchen
En dokrinologie:
Systemische Entziindungsreaktion: H. Dralle, Halle
U. B. Briickner, Ulm K. W. Jauch, Regensburg
W. Ertel, Berlin E. Klar, Heidelberg
E. Faist, Miinchen H. Lippert, Magdeburg
R. Holzmann, MUnchen H. D. Roher, DUsseldorf
E. Neugebauer, Koln M. Rothmund, Marburg
Perioperative Pathophysiologie: Unfallchirurgie:
U. BrUckner, Ulm V. Biihren, Murnau
K. MeBmer, Miinchen N. P. Haas, Berlin
VI
G. Muhr, Bochum Thoraxchirurgie:
W. Mutschler, MUnchen D. Branscheid, GroBhansdorf
K. M. StUrmer, Gottingen H. Dienemann, Heidelberg
A. Hirner, Bonn
Poly-INeurotrauma: 1. Sunder-Plassmann, Ulm
V. BUhren, Murnau H. Toomes, Gerlingen
W. Ertel, Berlin
D. Nast-Kolb, Essen H erzchirurgie:
O. Trentz, ZUrich F. Beyersdorf, Freiburg
A. Haverich, Hannover
GetaBchirurgie: F. W. Hehrlein, GieBen
J. R. Allenberg, Heidelberg R. Hetzer, Berlin
H. Loeprecht, Augsburg I. Sunder-Plassmann, Ulm
W. Sandmann, DUsseldorf H. R. Zerkowski, Basel
T. Schmitz-Rixen, Frankfurt/M.
I. Sunder-Plassmann, Ulm
Professor Emil Sebastian Bucherl
ein visioniirer Forscher und international erfolgreicher, klinischer Chirurg
Am Donnerstag, den 28. Juni 2001 hat sich das Leben von Professor Emil Sebastian
Bucherl im 82. Lebensjahr vollendet.
"Der Mann, der das Kunstherz erfand" war in den Zeitungen der letzten Tage zu lesen.
Seine Hauptleistung, an die sich die Berliner erinnern, ist das kunstliche Herz, mit dem er
von Berlin aus eine Weltspitzenstellung hielt; sein nachhaltiges Wirken als Forscher und
Kliniker im groBen Fach Herzchirurgie ist jedoch viel breiter und bindet heute noch Pa
tienten, Kliniker, SchUler und Forscher.
Wenn es uberhaupt moglich ist, von auBen ein Menschenleben zu beurteilen, darf man
die Biographie von E. S. Bucherl kampferisch, meistens glucklich und erfolgreich nennen.
Wurde man die Geschichte der Nachkriegschirurgie in Deutschland schreiben, so be
steht kein Zweifel, daB der Name Bucherl in der Herzchirurgie als einer der ideenreich
sten, kreativsten Chirurgen einen wichtigen Platz einnehmen sollte.
E. S. Bucherl hat in vielen Bereichen - nicht nur im Gebiet kunstliches Herz/kunstli
che Organe - der Chirurgie wichtige Impulse gegeben und international mit seiner Vision
des temporaren und permanenten Organersatzes chirurgische Konzepte von Deutsch
land aus propagiert, wahrend andere chirurgische Standards vom Ausland in das kriegs
beschadigte Deutschland neu einfuhrten.
Chirurgische Forschung und klinische Chirurgie waren fUr Bucherl zwei gleichberech
tigte Seiten ein und derselben Medaille Chirurgie; er lebte diese Einheit in allen seinen
Positionen vor und machte sie zum Programm fur alle chirurgischen Mitarbeiter.
VIII
Was hat Emil Sebastian Bucherl dazu gebracht, Wegbereiter des modernen chirurgi
schen Faches zu werden, das chirurgische Forschung konzeptuell, organisatorisch und in
die klinische Entscheidungsfindung einband? Nicht das Medizinstudium wahrend der
Kriegszeit in Heidelberg, Gottingen und Rom, auch nicht die chirurgische Grundausbil
dung im Stadtischen Krankenhaus Amberg von 1945 bis 1948, sondern die Assistentenz
zeit im Physiologischen Institut der Universitat Gottingen hat ihn, gefuhrt durch den
hoch angesehenen Physiologen Hermann Rein, wesentlich gepragt.
In Gottingen waren es vor allem Fragestellungen und Methodik der Blutzirkulation
und der Lungenfunktion, in denen er Grundlagen der Hamodynamik und Organfunktion
untersuchte; es wurden die ersten Perfusionspumpen zum Studium des Lungenkreislaufs
und zur Aortenperfusion entwickelt und angewandt.
1951/52 hat er sich bei einem Forschungsaufenthalt in der Klinik von Crafford in
Stockholm mit der Pathophysiologie der Organperfusion und Hamodynamik der BIut
stromung in Aorta und im GroBkreislauf befaBt. Nach Ruckkehr bezog er eine Position
in der Gottinger Chirurgischen Klinik unter Prof. Hellner, urn von 1952 bis 1957 eine
Laufbahn als chirurgischer Forscher und Kliniker, die Hellner wesentlich unterstutze,
weiterzufuhren. Von 1957 bis 1963 war er Assistent und nach der Habilitation Oberarzt
an der Chirurgischen Klinik der FH Berlin, Klinikum Westend, die unter der Leitung von
Prof. Fritz Linder stand. Seit dieser Zeit hat E. S. Bucherl chirurgische Forschung und kli
nische Chirurgie in unermudlichem Einsatz parallel betrieben.
1964 wurde er zum Chefarzt der Chirurgischen Klinik im Stadtischen Krankenhaus
Neukolln gewahlt und 1969 auf den Lehrstuhl fur Chirurgie der Universitatsklinik und
Poliklinik im Klinikum Charlottenburg der Freien Universitat Berlin berufen.
In beiden Position en war eine seiner ersten Handlungen die Einrichtung einer nicht
selbstandigen Einheit fur chirurgische Forschung.
Wahrend an den Universitaten Koln und Munchen 1960/61 selbstandige chirurgische
Forschungseinheiten neb en den chirurgischen Kliniken - in clenen man forschen lieB -
entstanden, war Bucherls Prinzip des forschenden Chirurgen die vom Chirurgen ge
fuhrte, in die Klinik integrierte, in Forschungsgruppen strukturierte, offene Forschungs
abteilung. Charakteristisch fUr dieses Konzept war, daB der junge Chirurg, der sich urn
eine Stelle bewarb, den Klinikchef nichtetwa im Sekretariat fand, sondern in die For
schungsabteilung im Stadtischen Krankenhaus Neukolln verwiesen wurde und dort
wahrend einer Lungentransplantation ein Vorstellungsgesprach zu fuhren hatte. So erging
es mir.
Sein Hauptthema in der Forschung waren in der Zeit zwischen 1964 und 1969 die Or
gantransplantation von Herz und Lunge, die operative Therapie von Herzrhythmus
stOrungen mittels Schrittmacher, das operative Trauma sowie Sepsis. Wesentliche Arbei
ten zum Thema Herztransplantation und Lungentransplantation sowie metabolische und
hamodynamische Veranderungen durch operatives Trauma, die national und internatio
nal Bedeutung erlangten, stammen aus Bucherls Klinik im Stadtischen Krankenhaus.
Die chirurgische Technik der Transplantation von Herz und Lunge war rasch und in
standiger Diskussion mit den entsprechenden nationalen und internationalen For
schungsgruppen erarbeitet und standardisiert. Die entscheidende Hurde war die Be
herrschung der TransplantatabstoBung. Anhancl cler damals groBen Probleme bei der
Beherrschung der AbstoBungsreaktion nach Lungentransplantation kam Bucherl bereits
in den 60er Jahren zu der SchluBfolgerung, daB der temporare und permanente tot ale
Organ ersatz eine prinzipielle Alternative zur Organtransplantation darstellen kann.
IX
In die Schaffensperiode als Chirurg im Stadtischen Krankenhaus Neukolln fielen zwei
Pionierleistungen von hohem Rang, eine mit internationaler Bedeutung. Ab 1965 richtete
er im Stadtischen Krankenhaus eine herzchirurgische Einheit ein. Dies war eine gewaltige
organisatorische Leistung, da 1965 erst wenige Universitatskliniken uber eine etablierte
herzchirurgische Abteilung bzw. Einheit verfUgten. Als Ergebnis der chirurgisch-techni
schen und immunologischen Arbeiten zur Lungentransplantation wurde im Stadtischen
Krankenhaus 1968 die erste Lungentransplantation am Menschen in Deutschland ausge
fUhrt. Der Patient uberlebte 7 Tage.
Emil Sebastian Bucherl war ein ideenreicher, kreativer Denker und Chirurg. Nach sei
nem Ruf auf den Lehrstuhl fur Chirurgie der Freien Universitat Berlin im Klinikum Char
lottenburg 1969 schaffte er Forschungsgruppen fUr kunstliche Organe, insbesondere fur
temporaren und definitiven Herzersatz, kunstliche Lunge und spater auch Projektgrup
pen fUr kunstliche Trachea und kunstlichen Osophagus. Seine Forschungsschwerpunkte
verlagerten sich von der Organtransplantation zum temporaren und definitiven Herzer
satz, vor allem zum kunstlichen Herz.
Unter WeiterfUhrung der experimentellen Forschungsprogramme zur Organtrans
plantation, insbesondere Herz und Lunge, kam es zu einer raschen Vergro6erung der Mit
arbeiterzahl am Projekt "Temporarer und definitiver Herzersatz", so da6 die vielen Keller
labore - die Implantation des kunstlichen Herzens fand schon in den ersten 70er Jahren
am Gro6tier statt - zu beengt waren.
Die erste Berliner Herztransplantation am Menschen 1969 war ein begrenzter Erfolg,
da der Patient nur kurze Zeit uberlebte. Mit finanzieller Unterstiitzung der Freien Uni
versitat, von Senat und Bundesregierung wurde ein Forschungshaus geplant und reali
siert, direkt angebunden an die Chirurgische Klinik. In atemberaubend kurzer Zeit stand
das Forschungshaus fUr alle Projektgruppen mit einem Gr06tier-OP zur VerfUgung.
Zur systematischen Bearbeitung der immunologischen Probleme bei der Herz- und
Lungentransplantation, unter Einsatz immunologischer und molekularbiologischer Me
thoden, wurde eine Arbeitsgruppe mit dem Forschungsbereich Transplantationsimmu
nologie unter der Leitung von Frau Prof. Gotz in der Klinik eingerichtet.
Emil Sebastian Bucherls Verdienste mit internationalem Rang im Bereich Herzchirur
gie sind: erster klinischer und erfolgreicher Einsatz einer Herzunterstutzungspumpe
1979, weltweit erster erfolgreicher Langzeiteinsatz eines kunstlichen Herzens am Gro6-
tier; das Kalb Barbara lebte mehr als 150 Tage mit dem kunstlichen Herzen. Nachdem
De Vries 1982 erstmals in den USA erfolgreich ein kunstliches Herz einem Menschen im
plantierte, hat Bucherl es erst zwischen 1986 und 1988 gewagt, sein kunstliches Herz am
Menschen zur Uberbruckung bis zu einer Herztransplantation einzupflanzen.
1m Bereich kunstliches Herz wuchs die Arbeitsgruppe zu einem Gro6unternehmen, da
es Bucherl gelang, eine interdisziplinare Forschungsgruppe mit einem Forschungsver
bund aufzubauen, in dem Siemens, Messerschmidt-Bolko, Hellige und andere Industrie
unternehmen zusammen mit Ingenieuren interdisziplinar forschten. Es wurden ingenieur
wissenschaftliche Kompatibilitatsfragen der implantierten Biomaterialien sowie Organ
funktionsanderungen in Arbeitsgruppen interdisziplinar bearbeitet. Das "Berlin heart",
ein Ergebnis dieser Kooperation, hat bis heute als Kreislaufunterstutzungssystem seine
Bedeutung deutschlandweit behalten.
In den USA ist der Begriff "leadership" ein hoch angesiedeltes Leistungszertifikat in
Wirtschaft und Forschung. Prof. John Kotter hat einen Lehrstuhl fUr Leadership in Busi
ness und Science an der Harvard Business School in Boston inne, er definiert in seinem
x
Buch Leadership in Business and Sciences "leadership" anhand von drei Kriterien: 1. De
finition der Realitiit und Formulierung der Aufgabenl Fragen. 2. Motivierung der Mitar
be iter zur Bewaltigung dieser Aufgabe, und 3. Bewaltigung dieser Aufgabe trotz Schwie
rigkeiten. Auf E. S. Bucherl trafen diese Qualitaten der "leadership in sciences" in hohem
MaBe zu.
Emil Sebastian Bucherl war ein ehrgeiziger und hartnackiger Forscher, der von sich
und seinen Mitarbeitern, aber auch von den Verwaltungen und Politikern im Zusammen
hang mit Forschungsfinanzierung viel verlangt hat.
Er ging zur Beschaffung von Forschungsgeldern auch unkonventionelle Wege, wie zur
Finanzierung einer zweiten Herz-Lungen-Maschine Anfang der 80er Jahre.
Er nutzte dabei die Presse zu einem Aufruf an die Berliner Bevolkerung, Geld fur eine
zweite Herz-Lungen-Maschine zu sammeln, die auf normalem Weg nicht finanziert war;
in kurzer Zeit kamen die DM 250000,-zusammen, von der Berliner Bevolkerung z. T. in
pfenniggroBe gespendet, und das Gerat wurde beschafft. Diese Art der Forschungsfinan
zierung hat ihm nicht nur Freunde eingetragen.
Ein wesentlicher Faktor seiner Erfolge in der Forschung war seine Begabung, Mitar
beiter fur seine Ziele zu motivieren. Die Faszination durch seine personliche Ausstrah
lung, seine offene Diskussion von Pro und Contra eines Projektes mit dem Gesprachs
partner fuhrten dazu, da6 die me is ten Mitarbeiter langjahrig, ja uber 10-20 Jahre mit ihm
zusammen die Forschungsfragen vorantrieben.
Er war bei der Analyse von Ergebnissen auBerst kritisch und hat in der Diskussion
immer Ergebnisse und Interpretation scharf getrennt. Schwierige Probleme wurden an
der Tafel im Konferenzraum des Forschungshauses aufgezeichnet und mit einer hohen
didaktischen Fiihigkeit die Analyse bis zur Formulierung der nachsten Forschungs
frage, d. h. der Konzeptuierung einer weiterfiihrenden Untersuchungsserie, gefuhrt.
Die Diskussion urn die Losung eines Forschungsproblems im Bereich der Spitzenfor
schung ist immer international.
RegelmaBig waren daher in der Klinik und den Forschungslaboratorien im Klinikum
Charlottenburg Diskussionen mit internationalen Forschern, wie Eiseman aus Denver,
Kolf aus Salt Lake City und James Hardy oder Walter Brendel aus Munchen. Die Grun
dung der European Society of Artificial Organs war eine logische Konsequenz von
Bucherls internationalen Aktivitaten im Bereich kunstliche Organe.
Emil Sebastian Bucherl war beim Operieren wie im Lebensstil ein Asthet. Es war ein
Genu6, mit ihm am OP-Tisch zu stehen; er operierte anatomisch orientiert, blutarm und
organschonend.
Als Prufer im Staatsexamen wie in seiner Emerituszeit hat er Port rats gezeichnet bzw.
gemalt. Bei einem Besuch in seinem Haus in der WangenheimstraBe wurde mir die nahe
Verwandtschaft zwischen Chirurgie und Kunst personengebunden deutlich.
Er zeigte mir Portratzeichnungen von einigen seiner ca. 3000 Kandidaten, die er im
Staatsexamen gepruft und einige nebenbei gemalt hat; in der Emerituszeit hat er Tiere,
z. B. Enten thematisiert und Landschaften in Aquarell und 01 gestaltet.
In der klinischen Chirurgie war Emil Sebastian Bucherl immer ein Gegner selbstherr
lichen und unkritischen Handelns und verlangte von sich und seinen Mitarbeitern Be
scheidung des Chirurgen auf das, was er tatsachlich beherrscht.
Interdisziplinare Zusammenarbeit war taglich gelebte Realitat.
Dabei ist interdisziplinare Kooperation haufig ein unbequemer Weg, verbunden mit
Auseinandersetzung und Fortentwicklung der Nachbardisziplinen, der man sich in der