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HEINZ LUNZER ^
VICTORIA LUNZER-TALOS -J
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ELISABETH TWOREK
«Man wirft mir vor, ich sei zu derb, zu ekelhaft,
zu unheimlich, zu zynisch und was es dergleichen
noch an soliden, gediegenen Eigenschaften gibt
- und man übersieht dabei, daß ich doch kein
anderes Bestreben habe, als die Welt zu schildern,
wie sie halt leider ist.» Ödön von Horvath
Ödön von Horvath (1901-1938) ist einer der
faszinierendsten Schriftsteller der Generation
zwischen den Weltkriegen. Zeitgenossen wie
Carl Zuckmayer oder Franz Theodor Csokor
schätzten ihn, der altösterreichisch-adelige
Familie mit bohemehaftem Charme verband.
Konservative und Reaktionäre verabscheuten
ihn.
Seine Theaterstücke werden heute an vielen
Bühnen aufgeführt, seine Romane wie «Jugend
ohne Gott» sind Schullektüre. Höchste Zeit für
eine zusammenfassende Darstellung, die den
aktuellen Wissensstand und viele noch unbe¬
kannte Dokumente zeigt: Handschriften, Foto¬
grafien von ihm und ihm wichtigen Zeitge¬
nossinnen sowie von Orten, wo er lebte und
die ihm Anregung für seine Texte waren
(München, Berlin, Wien, Murnau, die Berge).
Reich illustriert informiert das Buch über
Horvaths Biographie und seine Werke, deren
Thematik durch umfangreiches zeitgenössi¬
sches Material erläutert wird, und vermittelt
einen frischen Zugang zu Person und Werk.
Coverfoto: Ullstein Bild, Berlin
Umschlagrückseite: Bildarchiv, ÖNB Wien
Umschlaggestaltung: undercover®
ODON VON HORVATH
EINEM SCHRIFTSTELLER AUF DER SPUR
HORVATH
EINEM SCHRIFTSTELLER
AUF DER SPUR
HEINZ LUNZER
VICTORIA LUNZER-TALOS
ELISABETH TWOREK
1RENT UNIVERSUM
Residenz Verlag
PETERBOROUGH, ONTARIO
www.residenzverlag.at
©2001 Residenz Verlag, Salzburg-Wien-Frankfurt/Main
Alle Rechte Vorbehalten
Text- und Bildnachweis siehe S.158 und S.160
Originaldokumente werden in der Transkription unkorrigiert und unkommentiert
wiedergegeben.
Dem Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, danken wir für die freundliche
Abdrucksgenehmigung für Texte aus Ödön von Horvaths publizierten Werken,
Frau Elisabeth von Horvath und Herrn Dr. Hans Leiningen-Westerburg, Preßbaum / Wien
danken wir für die Erlaubnis zur Verwendung von unpublizierten Texten Ödön von
Horvaths.
Alle Aufführungs-, Sende- und Übersetzungsrechte für Ödön von Horvaths Texte liegen
ausschließlich beim Thomas Sessler Verlag, Wien und München.
Satz: Compucats, Wien
Druck und Bindung: Rema Print Druck und Verlagsges.m.b.H., Wien
ISBN 3-7017-1277-8
INHALT
6 Kindheit: Susak / Fiume - Belgrad 1901/1908 - Budapest 1908/1913
12 München 1913/1916
18 Preßburg 1916 - Budapest 1918/1919 - Wien 1919
24 München 1919 bis 1922: Zum Schriftsteller geboren
28 Mumau 1920 bis 1933: fast ein Zuhause
34 Mumau 1920 bis 1933: Horvaths Freundeskreis
38 Mumau 1924: «Sportmärchen»
43 Mumau 1927/1928: Gesuch um Einbürgemng
50 Mumau 1926/1927: «Zur schönen Aussicht. Komödie»
56 «Revolte auf Cöte 3018» 1927, «Die Bergbahn». Volksstück 1929
60 Berlin 1924 bis 1933
66 «Sladek, der schwarze Reichswehrmann». Stück 1929
73 «Der ewige Spießer. Roman» 1930
79 «Italienische Nacht. Volksstück» 1931
84 Saalschlacht in Mumau 1931
87 «Geschichten aus dem Wiener Wald. Volksstück» 1931
94 «Kasimir und Karoline. Volksstück» 1932
102 «Glaube Liebe Hoffnung. Ein kleiner Totentanz» 1933
106 Flucht aus Mumau 1933
108 Rückzug nach Wien 1933/1934
112 Filmtexter in Deutschland 1934/1935
122 «Hin und Her. Posse» 1934, Arbeit in Wien 1935/1936
126 «Mit dem Kopf durch die Wand. Komödie» 1935
130 Wien 1936/1938
136 Späte Stücke: «Figaro läßt sich scheiden», «Don Juan kommt aus dem Krieg»,
«Der jüngste Tag», «Ein Dorf ohne Männer» 1937
142 Henndorfund Salzburg 1936/1937
146 «Jugend ohne Gott», «Ein Kind unserer Zeit». Romane 1937/1938
150 Exil, Tod 1938
156 Chronik
158 Textnachweis
159 Dank
160 Bildnachweis
KINDHEIT: SUSAK/FIUME - BELGRAD 1901/1908 - BUDAPEST 1908/1913
Maria Hermine von Horvath, geb. Prehnal. Unbezeichnete Fotografie.
Die Mutter Ödöns stammte aus Siebenbürgen. Ihr Vater war Militärarzt.
Dr. Edmund Josef von Horvath, in ungarischer Uniform. Fotografie,
1910.
Carl Zuckmayer berichtete aus den 1920er Jahren:
Eines Tages sagte er uns, seine Eltern kämen zu einem Besuch
nach Berlin, ob wir sie nicht einladen möchten. [...] Die Prole¬
tarierlegende hatte er längst begraben, aber er hatte von seiner
Familie eher «murnauerisch» gesprochen. Was dann zu Besuch
kam, war die echte, unveränderte alt-österreichisch-ungarische
Aristokratie, und zwar in ihrer bescheidensten und gescheitesten,
charmantesten und liebenswertesten Form. Sie waren aus einer
anderen Zeit, aber dennoch aus unserer Welt, an der sie teilhat¬
ten durch das Medium ihrer Söhne. Natürlich war die Denkart
und Tradition der Eltern konservativ, aber alles andere als
«reaktionär»: in ihnen lebte die Liberalität eines übernationa¬
len, weltoffenen Katholizismus.
[Carl Zuckmayer: Aufruf zum Leben. 210fj
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Ödön von Horvath wurde in eine großbürgerliche Beamtenfamilie
der österreichisch-ungarischen Monarchie hineingeboren. Vater
wie Mutter stammten von Angehörigen des Militärs ab. Ihre Ju¬
gend hatten sie in Ungarn verbracht.
Die Eltern heirateten am 26. Februar 1901. Zu dieser Zeit war
der Vater Ministerial-Concepts-Adjunkt am königlich ungarischen
Gubernium in Fiume (heute Rijeka, Kroatien).
Edmund Josip (Ödön) wurde am 9. Dezember 1901 in Susak,
einem Vorort von Fiume, geboren und am 23. Dezember getauft.
Der jüngere Sohn Lajos kam am 6. Juli 1903 in Belgrad zur Welt.
Edmund Horvaths Karriere verlief rasch ansteigend. Er wurde
1909 geadelt, kurz darauf als M inisterialvizesekretär Fachbericht¬
erstatter des königlichen ungarischen Handelsministeriums in
München. Bald avancierte er zum Attache an der ungarischen
Gesandtschaft in München.
Die Familie verließ, dem dienstlichen Einsatz des Vaters ent¬
sprechend, im Sommer 1902 die Geburtsstadt Ödöns, und wohn¬
te bis 1908 in Belgrad. Von dort übersiedelte man nach Budapest.
Bereits 1909 wurde der Vater nach München versetzt. Ödön erhielt
bis 1911 in Budapest Privatunterricht, besuchte dann das Räkoczy-
Gymnasium und übersiedelte im Sommer 1913 ebenfalls nach
München.
Die Sprache, die man zu Hause verwendete, war Deutsch; die
Erziehungssprache der Hauslehrer und der Schule in Budapest
Ungarisch. Die schwachen Leistungen Ödöns in den Münchner
Gymnasien wurden erst mit den mehrsprachigen Einflüssen ent¬
schuldigt, bald jedoch ins Gesamtbild eines mäßigen Schülers Ödön Horvath. Fotografie, um 1905.
einbezogen. Nachdem er zweimal in der selben Stufe durchgefal¬
len war, konnte Ödön in München keine höheren Schulen mehr
besuchen. Daher wurde er 1916 nach Preßburg geschickt.
Das Schuljahr 1918 verbrachte er in Budapest, die letzten
Monate seiner Schulbildung im Sommer 1919 in einer privaten
Wiener Maturaschule.
Die Einkommenssituation des Vaters erlaubte der Familie den
Besitz eines Autos und eine allsommerliche Urlaubsreise in eine
Feriengegend. 1907 waren die Horvaths in Döbriach, Kärnten;
mehrere Sommer hielten sie sich in Venedig auf. In den 1920er
Jahren kam zu einer großen Stadtwohnung in München das Haus
in Mumau hinzu.
Die Eltern begleiteten den Wunsch des Sohnes, Schriftsteller
zu werden, mit freundlichem Wohlwollen und unterstützten ihn.
Der Laufbahn des Sohnes Ödön als Schriftsteller standen keine
Hindernisse entgegen. Sein Einkommen gestaltete sich nach weni¬
gen Jahren zwar vielversprechend, war aber nur für kurze Zeit vor
1933 so einträglich, daß er sich selbst mit seiner schriftstelleri¬
schen Arbeit ernähren konnte.
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Fiume (heute Rijeka, Kroatien). Blick auf den Vorort Susak.
Fotografie Karl König, 1933.
Das Kronland Kroatien-Slawonien gehörte seit dem Ausgleich 1867 zum
Königreich Ungarn; Fiume war dessen wichtigste Hafenstadt an der Adria.
Belgrad (Beograd, Serbien). Der Konak, das ehemalige serbische Königs¬
schloß. Fotografie, um 1925.
Rechts hinter dem Baum ist jener alte Teil des Schlosses zu sehen, in dem
bei einer Revolte am 11. Juni 1903 König Alexander I. und seine Frau
ermordet wurden. Horvaths wohnten in der König-Milan-Straße gegen-
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